ÀҾ˹éÒ˹ѧÊ×Í
PDF
ePub

Wahrnehmbare gilt uns als Fetisch, sondern nur die einzelnen, wir möchten sagen zufälligen, Objekte, auf welche die Aufmerksamkeit fällt. Gegen SCHULTZE möchten wir die Himmelskörper davon ausschliessen und bloss irdische Objekte als Fetische betrachten, aber mit SCHULTZE anerkennen, dass der Mensch aufhört, Fetischdiener zu sein, sobald er den Geist von dem materiellen Objekt unterscheidet. Auch so gefasst, bleibt der Begriff noch weit genug: es gibt Fetische einzelner Personen, Familien, Dörfer, Staaten, grosse bleibende Fetische, und andere, mehr zufällige, die nur kurze Zeit und zu einem bestimmten Zweck verehrt werden.

Eine andere weitverbreitete Erscheinung ist der Totemismus. Der Name ist einer der Indianersprachen Nordamerikas entlehnt und deutet eine religiöse und soziale Lebensform an, die seitdem auch bei vielen andern Völkerschaften ausser Amerika gefunden ist. Auch hier, wie bei Animismus und Fetischismus, sind wir also unter den Wilden. Aber während Animismus und Fetischismus von den Erfahrungen und Vorstellungen der Individuen ausgehen, ist der Totemismus mit dem Leben des Stammes, Clan, eng verwachsen; während es sich dort um Vorstellungen handelt, so liegen den totemistischen Gedanken allerlei Bräuche und Riten zu Grunde. Die zwei Gruppen von Erscheinungen liegen also auseinander; und als Prinzip religionsgeschichtlicher Erklärung bilden diese zwei Richtungen zwei weit verschiedene Schulen. Ist der Glaube oder ist der Brauch, der Ritus das Prius? sind die Vorstellungen einzelner Individuen oder die Sitten des Clan Ausgangspunkt?

Im Totemismus betrachtet der Clan irgend eine Tiergattung, bisweilen auch Pflanzensorte, ausnahmsweise auch ein einzelnes Tier oder Pflanze, als mit dem Leben des Stammes und all seiner Glieder eng verwachsen. Dieses Tier ist das heilige Tier, Ahne des Clan, man darf es nicht töten noch essen, ausser denn bisweilen in gewissen heiligen Opferriten; die Glieder des Stammes schmücken sich mit den Insignien, den Federn, der Haut des heiligen Tieres, bei Zeremonien, namentlich wenn in der Pubertät die jungen Leute ganz dem Stamme einverleibt werden, feiert man das Ahntier mit Tänzen, oder wird der einzelne durch das Blut der Stammgenossen dem Stammesbund einverleibt. Diese totemistische Stammverfassung geht zusammen mit eigentümlichem Eherecht (matriarchat, exogamy, d. h. die Verwandtschaft allein von seiten der Mutter und Heirat, soweit es denn Heirat gibt, ausser dem Stammverband). Allerlei Verbote von Speisen, Heirat usw., die hieraus hervorgehen, heissen Tabuverbote: der Tabuismus, dessen Sphäre sich freilich nicht ganz mit der des Totemismus deckt, besteht

in der Isolierung heiliger, vom gewöhnlichen Leben und Gebrauch ausgeschlossenen Dinge.

Es ist deutlich, dass der Totemismus viel weiter und viel tiefer greift wie der Animismus, insofern er das Stammesleben umfasst und das der Individuen in allen wichtigsten Momenten des Lebens begleitet. Es ist, wie gesagt, Glaube und Sitte zugleich. Und, indem er eine wesentliche Verwandtschaft zwischen dem Menschen und dem Objekt seiner Verehrung stiftet, und eine Gemeinschaft zwischen allen Gliedern des Stammes in den religiösen Riten betätigt, so enthält er schon, freilich in rohen Anfängen und ganz magisch, den Keim der mystischen und sakramentalen Religionsformen'.

Den Charakter des Polytheismus zu erklären ist hier überflüssig, da seine verschiedenen Formen und Stufen bei den einzelnen Religionen beschrieben werden sollen. Aehnlich verhält es sich mit der Mythologie. Um deutlich zu machen, dass die Rätsel dieser vielfach verworrenen Wissenschaft nicht durch einen Schlüssel werden geöffnet, sondern dass von vielen Seiten her die Vorstellungen stammen, die das Komplex einer grossen Mythologie bilden, wäre es erwünscht, eine Uebersicht zu geben von der Geschichte der Mythendeutung. Dies ist hier weder am Platz, noch nötig, da Mythen weit besser in den einzelnen Teilen, national, zeitlich, örtlich bestimmt, werden erklärt.

Im Wort Monotheismus soll mono nicht bloss Zahlwort sein, sondern eine Qualität andeuten, des geistigen Gottes, der seinem Wesen nach einzig ist. In dem Sinne gibt es nur eine monotheistische Religion: der jüdische Jahvismus mit seinen zwei Töchtern, das Christentum und der Islam.

Schliesslich wollen wir noch ein neuerdings sehr beliebtes Wort prüfen: Henotheismus. Wenn nicht das Wort, so stammt doch der Gedanke von SCHELLING, der einen relativen Monotheismus als Prinzip der ursprünglichen Einheit der Menschheit annahm. Dieser relative Monotheismus erkennt nur einen Gott an, aber diese Einheit ist zufällig, nicht wesentlich: dem einen kann sich ein zweiter anreihen, wie auf der andern Seite dieser relative Monotheismus sich zum reinen ausbilden kann. In diesem ersten Stadium liegt also der Anfangspunkt der weiteren Entwicklung, sowohl zum Polytheismus als zum Monotheismus. Hat diese Konstruktion nirgends in der Geschichte einen Anhaltspunkt, so verhält es sich anders mit der Ansicht M. MÜLLERS, welcher gerade für eine bestimmte, historische Form der Religion den

'Dieser Gedanke ist entwickelt in W. ROBERTSON SMITH Lectures on the religion of the Semites (Burnett Lectures 1889).

[ocr errors]

SCHELLING, Einleitung in die Philosophie der Mythologie, Vorl. VI.

Namen Henotheismus (oder Kathenotheismus) anwendet. Es ist die Religion der Hymnen des Rig-Veda, welche sich dadurch auszeichnet, dass bei der Anrufung die einzelne Gottheit ausschliesslich das Gemüt des Betenden erfüllt; ohne die Existenz anderer Götter zu leugnen, hat der Betende nur den einzelnen Gott, bald diesen, bald jenen, vor Augen; diesem schreibt er jedesmal alles Göttliche zu. Die Anbetung einzelner Götter (,, worship of single Gods") nun ist weder Polytheismus noch Monotheismus, sondern Henotheismus. Dagegen ist aber mit Recht erinnert worden, dass die Frömmigkeit überall (nicht bloss in den Rig-Vedahymnen) das Objekt, das sie verehrt, über alles erhebt. und ausschliesslich betont, weshalb es nicht angehe, für diese Erscheinung eine besondere Klassifikation zu machen. Andere geben dem Begriff des Henotheismus eine weitere Anwendung und einen mehr philosophischen Inhalt. So voN HARTMANN, der allerdings den Henotheismus ungefähr im Sinne M. MÜLLERS fasst, aber ihn nicht zu einer besonderen Erscheinung macht, sondern als Ausgangspunkt der ganzen religiösen Entwicklung aufstellt. Ganz anders ASMUS, der die Religion der indogermanischen Völker als henotheistisch beschreibt, da sie in der Vielheit der göttlichen Personen eine Einheit des göttlichen Wesens erkennen. Wieder anders PLEIDERER, der unter Henotheismus den nationalen oder relativen Monotheismus versteht, der bei Israel die Vorstufe zum wahren Monotheismus wurde. So ist ersichtlich, dass ein fester Begriff mit dem Worte nicht verbunden ist, und dass auch keinerlei Bedürfnis danach vorliegt. Da es also nur die Unklarheit fördern kann, so wäre es erwünscht, das Wort Henotheismus ganz zu beseitigen.

Die Religionsgeschichte gliedert sich aber am besten, wie schon oben bemerkt, nicht nach sachlichen Gesichtspunkten, sondern nach dem ethnographischen und historischen Zusammenhang der Völker. Wir begegnen zuerst mehreren Rassen, die kein eigentlich historisches Leben geführt haben, keine geordneten Zustände und zusammenhängende Anschauungen besitzen. Wir dürfen diese Wilden und Barbaren, die sog. Naturvölker, die keine eigene Literatur haben und nur aus Berichten der Reisenden und Missionare bekannt sind, keineswegs von unserer Darstellung ausschliessen. Wir betonen aber, dass jede Beschreibung ihrer Religionen mehr oder weniger den Charakter abgerissener und willkürlich gewählter Notizen trägt. Auf wirklich historischem Boden befinden wir uns erst bei den Kulturvölkern, wo eine eigene Literatur von der Entwicklung auch des religiösen Bewusstseins zeugt.

M. MÜLLER, History of anc. sanskr. Literature, p. 532, Chips I, Hb. Lect. VI., dagegen W. D. WHITNEY, Le prétendu hénothéisme du Veda (R. H. R. 1882 II).

Die sogenannten Naturvölker.

Unter Mitwirkung von Dr. THOMAS ACHELIS (Bremen).

17

Allgemeine Literatur über die sog. Naturvölker. Hierzu gehört die geographische und die Missionsliteratur in ihrem weitesten Umfang: Zeitschriften, allgemeine Uebersichten, Reisebeschreibungen usw. Für die Religionswissenschaft besonders ergiebig sind: Zeitschrift für Ethnologie, seit 1869, Zeitschrift für Völkerpsychologie und Sprachwissenschaft, 1869-1890); Internationales Archiv für Ethnographie seit 1888; Archiv für Religionswissenschaft (J.C. B. MOHR, seit 1904 Teubner).

Für die Anthropologie sind die Werke von PRICHARD, DARWIN, Huxley, DE QUATREFAGES besonders wichtig. Eine reiche Tätigkeit sowohl auf anthropologischem als auf ethnographischem Gebiet hat der vielgewanderte A. BASTIAN entwickelt, der sowohl in systematischen Arbeiten (Der Mensch in der Geschichte, 3 Bde, 1860, Grundzüge der Ethnologie, 1884) als in zahlreichen und ausführlichen Werken über einzelne Gebiete das reiche Material, das er in allen Weltteilen gesammelt, verarbeitet hat, leider aber in so abstrusem Stil und in so ungeordneter Massenhaftigkeit, dass seine Bücher mit wenigen Ausnahmen unlesbar sind. Anregend, wenn auch vielfach zum Widerspruch reizend, ist der erste, leider einzige Band von G. GERLAND, Anthropologische Beiträge (1875); auch dessen Atlas der Ethnographie (1876) ist wertvoll. Von grossem Interesse sind die Sammlungen von R. ANDREE, Ethnographische Parallelen und Vergleiche (1878, 1889). Von den allgemeinen Uebersichten sind zu empfehlen: E. B. TYLOR, Anthropology (1881); derselbe schrieb auch den Artikel Anthropology in Enc. Br.; O. PESCHEL, Völkerkunde (1874); auch die andern Arbeiten dieses Verfassers über Erdkunde sind sehr ergiebig; FR. MÜLLER, Allgemeine Ethnographie (1873, 2. umgearb. Aufl. 1879); derselbe verfasste auch die Ethnographie für den anthropologischen Teil der Reise der österreichischen Fregatte Novara um die Erde (1868); TH. ACHELIS, Moderne Völkerkunde. Deren Entwicklung und Aufgaben (1896).

Von grösseren Werken ist G. KLEMM, Allgemeine Kulturgeschichte der Menschheit (10 Bde, 1843—1852) durch die zahlreichen Nachrichten aus Reisebeschreibungen, die es enthält, noch immer wertvoll. KLEMM ist aber weit überholt durch TH. WAITZ, Anthropologie der Naturvölker (6 Bde, 1859-1872; der erste Band: Ueber die Einheit des Menschengeschlechtes und den Naturzustand des Menschen, in 2. Aufl. 1876, VII und VI nicht mehr von WAITZ, sondern von G. GERLAND), ein unentbehrliches Hauptwerk, mit reicher, wiewohl jetzt bei dem jährlichen Zuwachs schon etwas veralteter Literatur; dem Material ist durchaus zu vertrauen, das Urteil über religiöse Verhältnisse, namentlich bei WAITZ, jedoch nicht immer zutreffend. Den etwas wunderlichen Gedanken, das anthropologische und ethnographische Material, sowohl in Betreff der Wilden, als der alten und neuen Kulturvölker, in TabellenChantepie de la Saussaye, Religionsgeschichte. 3. Aufl. I. 2

form zu bringen, hat H. SPENCER gefasst und unter seiner Leitung und nach dem Schema seiner Philosophie ausführen lassen. Davon sind erschienen unter dem allgemeinen Titel Descriptive Sociology: 1. English by J. COLLIER; 2. Ancient Mexicans, Central Americans, Chibchas and ancient Peruvians by R. SCHEPPIG; 3. Types of lowest races, Negritto Races and Malayo-Polynesian Races by D. Duncan; 4. African races by D. DUNCAN; 5. Asiatic races by D. DUNCAN; 6. American races by D. DUNCAN; 7. Hebrews and Phoenicians by R. SCHEPPIG; 8. French by J. COLLIER. Obgleich das Material nicht immer aus den besten Quellen zusammengebracht und durchaus nach doktrinären Gesichtspunkten geordnet ist, so wird man doch, namentlich von den Sammlungen DUNCANS, mit Nutzen, aber immer vorsichtig, Gebrauch machen können. Eine angenehm geschriebene und gediegene Uebersicht über die Religionen der Wilden gibt A. REVILLE, Les religions des peuples non civilisés (2 vol., 1883), wo man die besten Quellen angeführt und gebraucht findet. Im Dienste der katholischen Polemik gegen die Entwicklungslehre, mit interessantem Material, schrieb W. SCHNEIDER, Die Naturvölker; Missverständnisse, Missdeutungen und Misshandlungen (2 Bde, 1885— 1886).

Dieser Uebersicht wäre als Ergänzung etwa noch hinzuzufügen: A. VIERKANDT, Natur- und Kulturvölker (Berlin 1896); L. FROBENIUS, Weltanschauung der Naturvölker (Weimar 1898); von mehr ethnographischen Untersuchungen: E. B. TYLOR, Urgeschichte der Menschheit (Leipzig 1870); derselbe, Anfänge der Kultur (2 Bde, Leipzig 1873); derselbe, Einleitung in das Studium der Anthropologie (Braunschweig 1883); LUBBOCK, Vorgeschichte der Zivilisation (2 Bde, Jena 1874); derselbe, Entstehung der Zivilisation (Jena 1876); BRINTON, Anthropology and Ethnography (Philadelphia 1886); derselbe, The Aims of Anthropology (Salem 1895); derselbe, Religions of primitive peoples (Newyork 1897); voN HELLWALD, Kulturgeschichte (2 Bde, 2. Aufl., Augsburg 1876); derselbe, Naturgeschichte des Menschen (Stuttgart 1882); CASPARI, Urgeschichte des Menschen (2 Bde, Leipzig 1873); HORNES, Urgeschichte des Menschen. (Wien 1892); LIPPERT, Seelenkult (Berlin 1881), derselbe, Die Religionen der europäischen Kulturvölker (Berlin 1881); derselbe, Christentum, Volksglaube und Volksbrauch (Berlin 1884); derselbe, Allgemeine Geschichte des Priestertums (2 Bde, Berlin 1883); derselbe, Kulturgeschichte der Menschheit (2 Bde, Stuttgart 1887); Die Bücher von LIPPERT sind alle mit grösster Vorsicht zu benutzen, noch mehr gilt dieses von LETOURNEAU, L'évolution religieuse (Paris 1897); derselbe, La psychologie ethnique (Paris 1901); viel solider ist De La Grasserie, La psychologie des religions (Paris 1899); derselbe, Des religions comparées (Paris 1899); l'année sociologique (herausgegeben von E. DURKHEIM, Paris, besonders 1899 verschiedene wichtigere Abhandlungen).

§ 3. Die afrikanischen Naturvölker.

Literatur. Im zweiten Band des Werkes von TH. WAITZ findet sich eine ziemlich umfangreiche Aufzählung von Quellennachweisen. Dazu kommt die gerade in den letzten zwei bis drei Decennien sehr starke ethnographische Literatur (der dunkle Erdteil war modisch geworden, ausserdem fanden die jüngsten europäischen Kolonialerwerbungen gerade hier statt), die freilich das eigentlich Religionswissenschaftliche nicht gerade häufig oder wenigstens nicht in erster Linie berührt). Die bekanntesten dieser Reisenden und Sammler sind etwa: BAKER, BARTH, BAUMANN, BURTON, CAMERON, BASTIAN, BUCHNER, DE CHAILLU, LETOURNEUX, VON GOETZEN, HOLUB, KLUNZINGER, THEOPH. HAHN, JUNKER, LIVINGSTONE, MEEREN

« ¡è͹˹éÒ´Óà¹Ô¹¡ÒõèÍ
 »