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symbolischen Erklärungen mildern die fetischistischen Kultusformen. Die Sonnentheologie sucht auch die Totenwelt zu erobern; nicht nur wird Osiris in einen Sonnengott umgedeutet, eine in Theben entstandene Lehre macht, wie oben näher dargelegt ist, Râ zum Pharao des ganzen Totenreiches; auch die alten primitiven Anschauungen vom Ka sind jetzt, wenn nicht in der Form, so doch wahrscheinlich in Wirklichkeit verlassen. Die Verbindung mit Asien und den semitischen Kulturen wird im neuen Reiche sehr rege. Tausende von semitischen Kriegsgefangenen werden nach Aegypten geschleppt, wo nach und nach eine ansehnliche semitische Bevölkerung aufwächst. Semitische Gottheiten werden auf diese Weise auch nach Aegypten geführt, und bekommen besonders in Unterägypten selbständige Kulte, ohne doch wesentlich auf die ägyptische Religion einzuwirken.

Die kriegerischen Könige der 19. Dynastie waren alle sehr eifrig in der Förderung der Kulte der grossen Hauptgötter; mehr und mehr wird es die Aufgabe des Staates, die Götter und die Priester zu unterhalten. Die Priester, vor allen die des Amon-Râ, wurden die mäch tigsten Personen im Lande, die tote Hand hatte sich ungeheure Ländereien angemasst. Der Oberpriester des Amon-Râ konnte einen schwachen König nach seinem Belieben leiten, zuletzt riss er sogar die Krone an sich, und die Theokratie war begründet. Diese dauerte aber nicht lange; verschiedene nordägyptische Dynastien kamen an die Regierung, und die legitimen Amonsdiener fanden einen Zufluchtsort in Aethiopien. Jetzt treten unterägyptische Gottheiten mehr hervor, aber Amon-Ra wird fortwährend im ganzen Lande verehrt. Mehrere von Aethiopien ausgehende Versuche, Aegypten wieder der orthodoxen Theokratie zu unterwerfen, scheiterten; das äthiopische Königreich wurde isoliert, und die da herrschende ägyptische Kultur konnte sich auf die Dauer gegen die barbarischen Elemente nicht rein behaupten. Auch in der Oase El-Chargeh entstand in der Spätzeit eine Hauptstätte des Amondienstes, und die Inschriften an den bewahrten Resten des Tempels beweisen, dass die monotheistisch-pantheistische Theologie mit Amon-Râ als Zentrum hier weiter arbeitete.

Ein Restauration trat jetzt ein, die schon mit der Verlegung der Residenz von Theben nach Unterägypten angefangen hat, aber erst mit der 26. saitischen Dynastie vollendet worden ist. Man griff auf die uralten Zeiten der Pyramidenerbauer zurück, die auch ihren Hauptsitz in Unterägypten gehabt hatten. Die Pyramidenzeit wird in allem als Muster genommen; die alten religiösen Texte kommen wieder auf, obschon sie gewiss nur halb verständlich waren. Der Totendienst der Könige der 4. Dynastie wird wieder aufgenommen, ihre Pyramiden

werden restauriert, die alten Titulaturen, die seit mehr als zweitausend Jahren vergessen waren, kommen wieder in Gebrauch, die Kunst wendet zu der soliden und realistischen Richtung des alten Reiches zurück. Wahrscheinlich ist jetzt das Totenbuch kodifiziert worden. Die Theologie folgt ihren gewöhnlichen Bahnen. Eine Restauration, wie die saitische, gehört eigentlich zum Merkwürdigsten in der ganzen ägyptischen Kulturgeschichte, und sie ist die beste Illustration von dem Konservatismus des ägyptischen Volksgeistes. Eine Revolution oder eine Evolution, die die Formen antasten wollte, konnte in Aegypten nimmer gelingen; eine Restauration wie diese drang siegreich durch.

Von nun ab ist die nationale Entwicklung fertig. Perser, Griechen und Römer wurden nacheinander die Beherrscher des Landes. Die Religion freilich bleibt unangetastet, aber das nationale Leben. leidet und dadurch auch das religiöse. Die Texte aus der Ptolemäerund Römerzeit sind, soweit sie neu sind, Ausdrücke einer unfruchtbaren Spekulation, die oft mystisch-pantheistisch gefärbt ist. Von Entwicklung ist keine Rede. Bemerkenswert ist es, dass die Söhne in zwei der Haupttriaden, Chonsu und Imhotep, jetzt die Väter AmonRâ und Ptah überflügeln; fremde Gottheiten, wie Bes, werden allgemein verehrt, und der Serapiskultus steht in besonderem Ansehen. Griechische Anschauungen haben keinen Einfluss auf den ägyptischen Gedankengang ausgeübt. Die ägyptische Religion bestand dem Namen nach noch Jahrhunderte fort, hatte aber ihre Bedeutung für die geistige Entwicklung verloren. Auch dieser Scheinexistenz machte. Theodosius I. ein Ende; mit dem prächtigen Serapeion in Alexandria verschwand der letzte Rest der altägyptischen Religion (391 n. Chr.).

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Semitische Völker in Vorderasien.

Von Dr. FRIEDRICH JEREMIAS (Dresden-Trachenberge),

§ 1. Semitische Völkerwanderungen in Vorderasien. Semitische Völker bewohnen in ältester historischer Zeit das vorderasiatische Gebiet bis zu den Ausläufern des Taurus und des armenischen Hochlands im Norden und bis zu den elamitischen Bergen im Osten. Der Sammelname Semiten ist der Völkertafel I Mos 10 entnommen, die meisten der dort als Nachkommen Sems genannten Völker gehören mit den Babyloniern zu einer abgesonderten Völkergruppe. Für die Religionsgeschichte handelt es sich hier mit Ausschluss von Arabien und von Israel, welche in gesonderten Abteilungen des Lehrbuchs behandelt sind, um die ältesten Bewohner Babyloniens, von denen wir geschichtliche Nachrichten haben, um die Assyrer im Gebiet des oberen Tigris, um die über Mesopotamien, die syrische Wüste und das nördliche Palästina verstreuten Aramäer und um die nichtisraelitischen Bewohner Kanaans einschliesslich der Phönizier. Man unterscheidet vielfach vom geographischen Gesichtspunkt aus diese semitischen Völker als Nordsemiten von den Arabern als Südsemiten. Diese Einteilung ist irreführend. Arabien ist als unerschöpfliche Völkerkammer der Ausgangspunkt grosser Völkerwanderungen gewesen, welche sich über das ganze vorderasiatische Gebiet erstreckt haben. Die neueren Entdeckungen und Forschungen auf dem Gebiet des vorislamischen Arabiens haben völlig neue Anschauungen über die völkergeschichtliche Entwicklung in Vorderasien ergeben, obgleich die altarabischen Schriftdenkmäler einer verhältnismässig späten Zeit angehören und erst zum kleinen Teil veröffentlicht sind. Es zeigt sich religionsgeschichtlich ein enger Zusammenhang der arabischen, kanaanäischen und aramäischen Völker, denen die Babylonier, obwohl auch sie von westsemitischen Völkerströmungen überflutet worden sind, entgegengestellt werden können.

Inwiefern auch Aegypten in diesen Zusammenhang einzubeziehen ist, steht hier nicht in Frage.

Die Babylonier sind uns aus Urkunden bekannt, die über das 3. Jahrtausend hinausreichen, aber eine lange Kulturentwicklung voraussetzen. Sie kennzeichnen schon die Zeit des Niedergangs nach einer hohen Kulturstufe. Nimmt man als Ureinwohner Babyloniens in vorhistorischer Zeit ein nichtsemitisches Volk, die Sumerer (s. § 4 Anm.) an, welche die Erfinder der Keilschrift und die Träger jener in die Vorzeit reichenden hohen Kulturentwicklung gewesen seien, so wären die aus den ältesten Inschriften redenden semitischen Babylonier Eroberer und es müsste eine semitische Völkerwanderung angenommen werden, für welche irgend ein inschriftliches Zeugnis nicht zu erbringen ist.

Obwohl für die älteste Zeit, in welche inschriftliche Zeugnisse zurückführen, die quellenmässige Kenntnis semitischer Kultur auf Babylonien beschränkt bleibt, geht doch aus den Urkunden hervor, dass die kulturellen Beziehungen Babyloniens sich schon damals über das ganze westsemitische Gebiet bis über das Mittelmeer hinaus erstreckt haben. Die direkte Verbindung Babyloniens mit Arabien und der Mittelmeerküste ist durch die syrisch-arabische Wüste gesperrt und immer unsicher gewesen. Die alte Kulturstrasse nach dem Westen führt in einem grossen Bogen über Mesopotamien. Harran, die Stadt des Mondkults, von der erst im 2. Jahrtausend sichere geschichtliche Kunde kommt, muss schon in vorgeschichtlicher Zeit der Durchgangspunkt der Völkerbewegungen gewesen sein.

Der Bestand der ältesten semitischen Kultur Babyloniens zeigt bereits die Anzeichen einer neuen Bewegung. Sie hat auch Aegypten in Mitleidenschaft gezogen (Hyksos) und hat sich Babyloniens bemächtigt, ist auch über Babylonien nach Elam gedrungen. Die erobernden Völkerscharen sind in der alten Kultur Babyloniens aufgegangen, aber sie haben auch Spuren ihrer Eigenart der babylonischen Kultur aufgeprägt. Seit Mitte des 3. Jahrtausends finden sich westsemitische Götternamen häufiger in babylonischen Eigennamen. Die Vereinigung von Nord- und Südbabylonien unter Babylon als Metropole bezeichnet den Höhepunkt der neuen Einwanderung. Die Dynastie, aus welcher Hammurabi, der Begründer des babylonischen Weltreichs, hervorgeht, weist mit ihren Namen auf arabischen Ursprung. Babel wird das Kulturzentrum der alten Welt. Die Umwälzungen auf kanaanäischem Boden, welche die Literatur der Amarnabriefe widerspiegeln, bezeichnen die letzten Wellen dieser Völkerwanderung. Sie wird vielfach mit einem unzulänglichen und

irreführenden Namen die kanaanäische genannt, weil die altkanaanäische Kultur einschliesslich der phönizischen ihren Charakter am reinsten erkennen lässt. Der Ausgangspunkt ist in Arabien zu suchen. Ein Strom dieser Völkerwanderung ist vermutlich von dem ostarabischen Gebiet ausgegangen, aus dem im 11. Jahrh. die Chaldäer auftauchen. Der in der biblischen Tradition bezeugte Zug Abrahams, der zeitgeschichtlich mit dem Höhepunkt der sog. kanaanäischen Völkerwanderung zusammenfällt, bezeichnet den einen Weg, den sie genommen haben muss, nämlich von Südbabylonien (Ur) über Mesopotamien (Harran) und dann vom Norden umbiegend nach Westen und Süden, dem Mittelmeer zu. Danach wäre die Bewegung besser als altchaldäisch zu bezeichnen. Aber die Amarnabriefe zeigen neben den Ausläufern einer solchen Völkerwanderung, wie sie sich geschichtlich in dem von den Suti unterstützten Vorgehen des Amoriters Aziri noch nachweisen lassen, auch eine vom Südosten nach Palästina eindringende Beduinenwanderung, die der Habiri, welche Kanaan von Süden her bedrohen, und es ist fraglich, ob die Wurzeln dieses entgegengesetzt verlaufenden Völkerstroms auch in Ostarabien zu suchen sind.

Um dieselbe Zeit, also um die Mitte des 2. Jahrtausends, während vom kleinasiatischen Norden her die nichtsemitische hethitische Völkerwanderung einbricht, zeigen sich auch die Spuren einer neuen semitischen Völkerwanderung. Aramäische Nomaden breiten sich über ganz Mesopotamien und Assyrien aus; ihre Heimat lässt sich nicht nachweisen. Aber es ist wahrscheinlich, dass auch diese Bewegung von Arabien und zwar Ostarabien ausgeht. Denn sie verläuft anscheinend auf dem Wege, den die biblische Tradition Abraham gehen lässt, vom südbabylonischen Chaldäergebiet über Mesopotamien nach dem nördlichen Palästina. Die Babylonier bezeichnen das ganze von aramäischen Stämmen durchsetzte Gebiet rechts und links vom Euphrat mit dem Namen Suri. Derselbe wird als Syrien auf die um das Jahr 1000 entstehenden aramäischen Staatenbildungen im nördlichen Palästina übertragen. Zu den Aramäern gehören auch die Nomaden der syrischen Wüste, welche inschriftlich mit dem Sammelnamen Suti bezeichnet werden. Vom 11. Jahrh. an datiert das geschichtlich bezeugte Eindringen der Chaldäer aus Ostarabien nach Babylonien.

Diese Völkerbewegungen haben selbstverständlich einen Einfluss auf die religionsgeschichtliche Entwicklung zur Folge gehabt, wenngleich die Eroberer immer der Macht der alten Kulturen in den eroberten Ländern erlegen sind. Ueber die Ergebnisse der politischen Umwälzungen auf kulturellem Gebiet gewinnen wir aus den Inschriften

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