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staatlicher Verbände zur Folge. Der Gegensatz von Nordbabylonien mit den Städten Sippar, Borsippa, Babylon, Kutha und Südbabylonien mit den Städten Uruk, Lagaš, Larsa, Ur, Eridu tritt schon in der ältesten Zeit hervor. Nippur, das zwischen dem südbabylonischen und nordbabylonischen Gebiet liegt, wird von dem Wechsel des Uebergewichts der nördlichen und südlichen Staaten am meisten betroffen worden sein. Der Belstempel von Nippur bezeugt die Zugehörigkeit Nippurs zu dem ältesten nordbabylonischen (Sargon) und zu den ältesten südbabylonischen Reichen (Dynastie von Ur und Isin). Die nordbabylonischen Herrscher Sargon von Agade und sein Sohn Naram-Sin haben auch Südbabylonien unterworfen. In Südbabylonien lösen sich die Dynastien von Ur, Isin und Larsa ab. Durch die Gudeainschriften und die Funde von Telloh sind die Priesterkönige und Vasallenfürsten von Lagas bekannt geworden. Der letzte König von Larsa wird von Hammurabi von Babylon, dem 6. König einer eingewanderten und schnell emporkommenden Dynastie, besiegt. Von der Zeit ab ist Babylon das politische und kulturelle Zentrum von Gesamtbabylonien. Südbabylonien ist nicht wieder selbständig geworden, bis von Chaldäa aus das babylonische Weltreich zerstört und Norden und Süden noch einmal für kurze Zeit zu dem neubabylonischen Weltreich vereint worden ist.

Die Bedeutung der Lokalkulte ist von dem politischen Wechsel nur in bedingtem Masse abhängig gewesen. Die alten Kulte haben auch unter der Suprematie Babylons ihre Geltung und Eigenart behauptet. Ihre Entstehung ist nicht von der politischen Bedeutung des Kultorts abhängig zu denken. Sie liegt völlig im Dunklen. Die geschichtlichen Dokumente lassen den reinen ursprünglichen Charakter der Lokalkulte nur vermuten, sie stammen aus einer Zeit der Entwicklung, in welcher die lokale Gottheit schon in ein System eingegliedert ist. Aber mit Grund lässt sich annehmen, dass die Stadtgottheiten, mögen es Mond-, oder Sonnen-, oder Venuserscheinungen sein, als himmlische Regenten gedacht sind, wie die westsemitischen Ba'alim. Die ältesten Zeugnisse bekunden eine hohe religiöse Auffassung von der Natur und der Macht der Gottheit. Untereinander werden die Lokalkulte sehr ähnlich gewesen sein, zumal die Sonnenkulte von Sippar, Babylon, Borsippa, Kutha (auch Nebo von Borsippa und Nergal von Kutha sind Sonnengötter), sodann die Ištarkulte der Himmelskönigin von Agade und Uruk. Die Eigentümlichkeit der einzelnen Kulte darf vielleicht aus dem Charakter geschlossen werden, den im Pantheon die einzelnen Götter der Hauptkultorte als besondere Erscheinungsformen der Sonne haben. In Südbabylonien dominiert der Mondkult

von Ur und der von allen diesen Lokalkulten wesentlich verschiedene Eakult von Eridu.

Die babylonischen Götter haben immer die weibliche Gottheit als Gemahlin zur Seite. Selbständig besteht der Kult einer Himmelskönigin und Göttermutter. Es scheint, dass die weiblichen Gottheiten in der ältesten Zeit eine grössere Rolle gespielt haben als später, wo sie, von der in besonderem Kult verehrten Ištar abgesehen, zu einer . blossen Ergänzung der männlichen Gottheit herabsinken. Die alten Inschriften lassen auf das hohe Ansehen verschiedener Kulte weiblicher Gottheiten schliessen. Besondere Verehrung gebührt der Göttin Ba'u. Schon in der Inschrift eines Königs von Isin wird neben Nannar Ba'u, die grosse Herrin, die Mutter des Alls, die Lebensspenderin und Schöpferin des Alls erwähnt.

In den Inschriften des Gudea von Lagas wird Ba'u als Erdmutter und Gemahlin des Ningirsu gefeiert. Das Neujahrsfest ist das Siegesfest und Hochzeitsfest des Sonnengottes, zugleich der Tag der feierlichen Schicksalsbestimmung. Auch in der alten Zeit sind die Göttinnen Vertreter der zeugenden Naturkräfte, die Göttinnen der Fruchtbarkeit, die grossen Mütter, die den Himmelsherren als Erdgottheiten gegenüberstehen.

In den nordbabylonischen Städten ist der Sonnenkultus vorwiegend. In Sippar, der Königsstadt der ältesten nordbabylonischen Herrscher, sind neue Ausgrabungen veranstaltet worden. Von der frühesten bis in die jüngste neuchaldäische Zeit wurde hier der Gott Samas in seinem „Sonnenhaus" genannten Tempel verehrt. Eine in Sippar gefundene Inschrift enthält eine interessante bildliche Darstellung: Šamaš sitzt auf einem Thron im Tempel. Vor ihm der Altar mit einer grossen Sonnenscheibe, über ihm Mond und Venus. Die Gemahlin (Braut) des Šamaš ist die lebenspendende Göttin Aja, die Göttin der Menschen, das ist die Venus. Sippar der Anunit heisst die Stadt, weil hier auch die mit Ištar identische Anunît verehrt wurde, die Göttin des Morgensternes, als Göttin üppiger Fruchtbarkeit und als Kriegsgöttin. Der früheste Kult der Anunit befand sich in Akkad (Agade); vielleicht ist es Sippar der Anunit, es muss jedenfalls unweit Sippar gelegen haben. Anunit wird auch als Gemahlin des Šamaš genannt.

In Nippur, der Stadt Bêls, dauern die amerikanischen Ausgrabungen an. Bel ist der Erdgott. Sein uralter Tempel E-kur ist von den Amerikanern bis auf das Fundament aus vorhistorischer Zeit ausgegraben worden. Er ist das Abbild des Weltbergs, in welchem Bel seinen Wohnsitz hat. Die atmosphärischen Kräfte, die Sturmwind

dämonen, sind die Diener und Boten Bels. Er heisst der Herr schlechthin. Neben ihm wird Beltis, die Herrin, die grosse Mutter und Erdgöttin, als seine Gemahlin verehrt.

Babel tritt erst in später Zeit hervor. Erwähnt wird es schon in der Zeit Sargon I., der vielleicht Babel erbaut hat. Ueber den alten Lokalkult von Babel lässt sich nur soviel bestimmt sagen, dass es ein Sonnenkult gewesen ist; die Inaugurierung des Mardukkults, wie ihn die Hammurabizeit zeigt, wäre sonst undenkbar. Babels Schwesterstadt Borsippa hat vor der babylonischen Weltherrschaft den Vorrang vor Babel gehabt und Nebo (Nabû), der Lokalgott Borsippas. den Vorrang vor dem babylonischen Lokalgott. Später ist Borsippa in völliger Abhängigkeit von Babel und der Nebokult dem Mardukkult untergeordnet. Marduks Gemahlin ist Sarpanit, die strahlende Göttin der Lebenskraft, die Personifikation der Morgenröte.

In Kutha wird Nergal verehrt. Er ist Sonnengott, mit seiner Gemahlin Allatu (Ereskigal) teilt er die Herrschaft über die Unterwelt. Diese wird selbst als die Stadt der Toten nach Nergals Kultort Kutha genannt. Auch als Unterweltgötter sind Nergal und Allatu schöpferische Götter des Lebens und der Fruchtbarkeit.

Ungebrochen ist der Einfluss der südbabylonischen Lokalkulte geblieben. In Ur, dem Zentrum des ältesten südbabylonischen Reichs, wurde der Mondgott unter dem Namen Nanuar, der Erleuchter, verehrt. Er heisst der gewaltige Stier des Anu und der erste Sohn Bels schon in den alten Inschriften. Der Kultus von Ur hat immer eine grosse Rolle gespielt. Es wird eine Zeit gegeben haben, in der der Mondkult die erste Stelle einnahm. Auf einem alten Siegelzylinder von Ur ist der Mondgott thronend abgebildet, über ihm schwebt die Mondsichel. Seine Gemahlin ist Nanna, die grosse Herrin, die später, wie alle babylonischen Hauptgöttinnen, mit Istar gleichgesetzt wird. Die Beziehungen zwischen Ur und Harran müssen in die Vorzeit zurückreichen, lassen sich aber noch nicht durchschauen.

Die Ausgrabungen von Lagas (Telloh) enthalten die ältesten südbabylonischen Inschriften. Die Inschriften der Priesterkönige von Lagaš geben von einem verzweigten Pantheon und einem reich ausgebildeten Kultus Zeugnis. Die Verehrung weiblicher Gottheiten wird in einer Weise betont, die in der späteren Zeit ungewöhnlich ist. Der Lokalgott von Sirpurla ist NINGIRSU (Ninib), d. i. der Herr von Girsu, wobei Girsu wohl den Stadtteil bezeichnen wird, welcher den Tempel des Gottes enthielt. Er ist ein kriegerischer Sonnengott, der Herr der Waffe, der gewaltige Kämpe Bels. In dem Traumbild Gudeas, des berühmten Patesi von Lagaš um 3000, wird er beschrieben als ein Gott,

gross wie der Himmel und gross wie die Erde, ihm zur Seite der Göttervogel, zur Rechten und Linken ein Löwe. Seine Gemahlin ist Ba'u, die Mutter der Götter, die gütige Frau, das Kind Anus, des Himmelsherrn. In einer älteren Inschrift eines Königs von Isin wird sie als NIN-IN-SI-NA genannt. Das Neujahrsfest wird als das Vermählungsfest des Ningirsu und der Ba'u gefeiert. Eine Schwester des Ningirsu, die Wassergöttin Nina, also eine Göttin der Fruchtbarkeit, später Ištar gleichgesetzt, geniesst gleichfalls hohe Verehrung in Lagas. Sie wird das Kind von Eridu genannt. Ihr Schiff ankert vor der Stadt. Dem Gudea erklärt sie den Traum, in welchem ihm Ningirsu den Bau eines Tempels befohlen hat.

Die eine Hauptgottheit von Uruk ist der Himmelsgott Anu. Seine Gemahlin heisst Antu. Von dem Kult des Anu berichtet die Ueberlieferung wenig, sie beschäftigt sich vielmehr mit der Ištar von Uruk, welche den Namen Nana führt. Sie wird als Göttin des Abendsterns verehrt und heisst Herrin des Himmels. Ihr Tempel heisst Himmelshaus. Der Nanakult von Uruk ist mit dem Ištarkult von Agade nahe verwandt. Als Heldin des Gilgamešepos ist sie auf altbabylonischen Zylindern von Uruk und Agade dargestellt. Sie ist Kriegsgöttin und beherrscht das Naturleben wie Anunit. Nur tritt bei ihrem Kultus der Charakter als Göttin der sinnlichen Liebe stärker hervor und dementsprechend hat sie den finsteren Charakter der todbringenden Gottheit.

Wie Ur so steht auch Eridu, die hehre Stadt, mit ihrem Eakult als altheilige Stadt Babyloniens an erster Stelle. Sie lag wohl ursprünglich am Meer, an der Mündung der Ströme Euphrat und Tigris ins persische Meer. Ea, der Gott der Wassertiefe, des Ozeans, ist der Gütige und der Hüter unergründlicher und geheimnisvoller Weisheit. Von Eridu her stammen die starken Beschwörungen. Bei keinem der Lokalkulte ist die Gottheit so mit ihrer ursprünglichen Kultstätte verwachsen und so unzertrennlich auch in der volkstümlichen Anschauung verbunden, wie Ea, der Gott des apsû, des Ozeans, mit Eridu. Im astralen System hat Ea auch in der himmlischen Welt sein Machtbereich. Ursprünglich ist diese Vorstellung von Ea als einem himmlischen Regenten, die sonst bei allen babylonischen Kulten massgebend ist, nicht. Das Wasser, die Quelltiefen, ist mit der Erde zu fruchtbarer Verbindung vermählt. Damkina, Eas Gemahlin, ist die Herrin der Erde und als ihr Gemahl führt auch Ea den Titel Herr der Erde. Ueber den Kult von Eridu siehe noch § 16.

§ 6. Die babylonische Astralreligion.

Literatur: Vgl. § 4 B; zu Einzelheiten JENSENS, Kosmologie; HOMMEL, Aufsätze und Abhandlungen; WINCKLER, Altorientalische Forschungen, derselbe in MVAG VI 4 und 5, und AO III, 2 und 37; JENSEN in KB VI 1; ZIMMERN in KAT3; A. JEREMIAS gibt in ATAO S. 1 ff. erstmalig ein zusammenhängendes System der babylonischen Astralreligion.

Die babylonischen Hauptgötter treten in den Gestirnen in die Erscheinung. Den Wandel der Gestirne zu beobachten ist die Wissenschaft der Priester. Denn die himmlischen Vorgänge in der Sternenwelt sind die Offenbarungen der Götter. Astrologie ist Religion und Wissenschaft zugleich. Alle Wissenschaft und Kunst hat in der Astrologie ihren Ursprung. Alles Irdische ist ein Abbild des Himmlischen und alle Weltereignisse sind Widerspiegelungen der himmlischen Geschehnisse. Die Konstellationen der Gestirne sind göttliche Weissagungen für die Entwicklung der irdischen Dinge. Alles Geschehen ist vorausbestimmt. Der höchste Gott, der die Schicksalstafeln auf der Brust trägt, bestimmt am Anfang des Jahres die Geschicke der Götter und Menschen. Vermutlich sind die Schicksalstafeln als astrologische Tafeln gedacht gewesen.

Bei dieser Grundanschauung, welche ebenso die Götterlehre wie das religiöse Denken überhaupt beherrscht, muss sich das Hauptinteresse dem Tierkreis zuwenden. Dort wandeln Sonne, Mond und die fünf Planeten, nach babylonischer Anschauung die sieben Planeten, und bewirken die Veränderung der Himmelsbilder. Sonne, Mond und Venus, das leuchtende Morgen- und Abendgestirn, gehen den übrigen Planeten voran. Sie sind das den Menschen zugewandte Angesicht der Gottheiten. Ihr Lauf und ihre Stellung untereinander und im Tierkreis verkündigt den Willen der Götter. Sie bestimmen die Weltgeschicke und Weltzeiten, das Jahr in seinem Lauf und den Kreislauf des Tages in gleicher Weise. Das astrale System, welches sich auf den Beobachtungen des gestirnten Himmels aufbaut, reicht so weit zurück wie die bisher aufgefundenen Inschriften. Der Ursprung des Systems aber weist weit in die vorhistorische Zeit zurück. Einen Anhaltspunkt für das Alter der babylonischen Astrallehre in der überlieferten Form ergibt der Umstand, dass die altbabylonische Götterlehre auf eine Zeit deutet, in welcher die Sonne bei der Tagund Nachtgleiche des Frühlings und der Frühjahrsneumond in den Zwillingen standen. Das ist zwischen dem 6. und 3. Jahrtausend der Fall gewesen. Die Babylonier haben von der Präzession der Sonne auf dem Weg der Beobachtung Kenntnis gehabt: etwa in 25000 Jahren durchläuft der Frühjahrspunkt, d. h. der Punkt, in welchem die Sonne

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