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Die Israeliten.

Von Prof. Dr. J. J. P. VALETON jr. (Utrecht),

Literatur. Wir lassen die Einleitungen in das Alte Testament, sowie die Unmasse der Kommentare zu den verschiedenen kanonischen und apokryphischen Büchern beiseite. Denkmäler riesigen Fleisses auf diesem Gebiete sind das auf dem jetzigen Standpunkte der alttestamentlichen Wissenschaft freilich wenig brauchbare Vollständige Bibelwerk für die Gemeinde in drei Abteilungen von C. C.J. BUNSEN (5 Bde, 1858-- 60) und nicht weniger E. Reuss, La Bible nouvellement traduite sur les textes originaux avec une introduction à chaque livre, des notes explicatives sur l'A. T. et un commentaire complet sur le N. T. (7 vol., 1874-81), sowie das nach seinem Tode von ERICHSON und HORST herausgegebene Werk desselben Verfassers: Das A. T. übersetzt, eingeleitet und erläutert (7 Bde, 1892–94). Vorzügliche Hilfsmittel für die des Hebräischen weniger Kundigen bieten E. KAUTZSCH, Die H. Schrift des A. T., in Verbindung mit andern Gelehrten herausgegeben (2. mehrfach berichtigte Ausgabe, 1896); in den Beilagen findet sich eine Uebersicht über die Geschichte der Israeliten von Moses bis Ende des 2. Jahrh. v. Chr., sowie ein Abriss der Geschichte des alttestamentlichen Schrifttums; und: Het Oude Testament op nieuw uit den grondtekst overgezet en van inleidingen en aanteekeningen voorzien door Dr.A.KUENEN, Dr. J. HOOYKAAS, D. W. H. KOSTERS, en Dr. H. OORT (2 dln, 1899—1901).

Hauptwerke für die Geschichte Israels sind aus etwas früherer Zeit H. GRATZ, Geschichte der Juden (11 Bde, 1861), und namentlich das klassische, wenn auch nicht mehr auf der Höhe der gegenwärtigen Wissenschaft stehende Buch H. EWALDS, Geschichte des Volkes Israel (7 Bde, 3. Aufl., 1864– 68), neben welchem von demselben Verfasser die Dichter des A. B. (3 Tle, 2. Aufl., 1866--67) und die Propheten des A. B. (3 Tle, 2. Aufl., 1861--68) erwähnt werden müssen. — Aus neuester Zeit sind zu nennen ausser den betreffenden Abschnitten in M. DUNCKER, Geschichte des Altertums, und E. MEYER, Geschichte des Altertums: das prinzipiell wichtige, von der sog. GRAFschen Hypothese ausgehende Werk J. WELLHAUSENS, Geschichte Israels (I 1878), später erschienen unter dem Titel: Prolegomena zur Geschichte Israels (4. Ausg ), daran sich anschliessend: Abriss der Geschichte Israels und Judas (in den Skizzen und Vorarbeiten 3. Hft., 1884, und Israelitische und jüdische Geschichte (2. Ausg., 1895); B. STADE, Geschichte des Volkes Israel (2 Bde, die 2. Hälfte des 2. Bdes: das Ende des jüdischen Staatswesens und die Entstehung des Christentums von O. HOLTZMANN, 1887-88), ungemein anziehend; E. RENAN Histoire du peuple d'Israël (5 vol. 1887-94), geistreich, aber ohne historisch-kritische Grundlage; R. KITTEL, Geschichte der Hebräer (bis zum babylonischen Exil, 2 Bde, 1888–92), auf dem Standpunkte DILLMANNS stehend; H. WINCKLER,

Geschichte Israels in Einzeldarstellungen (I, 1895; II, 1900), auch die Altorientalische Forschungen (1. Reihe 1893-97, 2. Reihe 1898-1900, 3. Reihe I, II, 1901-02) desselben Verfassers, sowie seine alttestamentlichen Untersuchungen (1892) liefern wichtige Beiträge; A. KLOSTERMANN, Geschichte des Volkes Israel bis zur Restauration unter Esra und Nehemia (1896); C. H. CORNILL, Geschichte des Volkes Israel von den ältesten Zeiten bis zur Zerstörung Jerusalems durch die Römer (1898); H. GUTHE, Geschichte des Volkes Israel (1899); K. BuddE, Die Religion des Volkes Israel bis zur Verbannung (1900). Für die späteste Zeit kommt namentlich in Betracht das äusserst wertvolle Buch von E. SCHÜRER, Geschichte des jüdischen Volkes im Zeitalter Jesu Christi (3. Aufl., 3 Bde); J. WELLHAUSEN, Die Pharisäer und Sadducäer (1874); W. BOUSSET, Die Religion des Judentums im neutestamentlichen Zeitalter (1903). Die Geschichte der israelitischen Religion geben, nach den viel älteren Werken VATKES Religion des A. T. (I, 1835) und BR. BAUERS Religion des A. T. in der geschichtlichen Entwicklung ihrer Prinzipien dargestellt (2 Bde, 1838–39): A. KUENEN, De godsdienst van Israël tot den ondergang van den joodschen staat (2 dln, 1869–70), die erste ausführliche Entwicklungsgeschichte der israelitischen Religion auf Grund der sog. GRAFschen Hypothese; zu vergleichen sind von demselben Verfasser die kritische Bijdragen tot de geschiedenis van den israëliet, godsdienst (in den verschiedenen Jahrgängen der Theol. Tijdschr.) und namentlich Volksgodsdienst en Wereldgodsdienst (Hibb. Lect. 1882); C. G. MONTEFIORE, Lectures on the origin and growth of religion, as illustrated by the religion of the ancient Hebrews (Hibb. Lect. 1892); R. SMEND, Lehrbuch der ATI. Religionsgeschichte (1893); C. P. TIELE, Geschiedenis van den godsdienst in de oudheid tot op Alexander den groote (I 272—347, 1893); nur kurz. — Partielle Bearbeitungen liefern F. E. KÖNIG, Die Hauptprobleme der altisraelit. Religionsgeschichte gegenüber den Entwicklungstheoretikern (1884); F. BAETHGEN, Beiträge zur semit. Religionsgeschichte (1888); J. ROBERTSON, The early religion of Israel as set forth by biblical writers and by modern critical historiars (1892); A. H. SAYCE, The early history of the Hebrews (1897); E. SELLIN, Beiträge zur israel. und jüd. Religionsgeschichte (I, 1896 II, 1. Hälfte 1897); Serubbabel, ein Beitrag zur Geschichte der messian. Erwartung und der Entstehung des Judentums (1898)-und: Studien zur Entstehungsgeschichte der jüd. Gemeinde nach dem babylon. Exil (I, II, 1901). Ein gutes Handbuch ist: C. THOMAS, Geschichte des Alten Bundes (1897).

Theologisch wertvoll, für die Geschichte der israel. Religion aber weniger bedeutend sind die nachfolgenden, von verschiedenen Standpunkten aus geschriebenen Werke: H. EWALD, Die Lehre der Bibel von Gott (4 Bde, 1871–76); G. F. OEHLER, Theologie des A. T. (2 Bde, 1874, 3. Aufl. in einem Band, besorgt von TH. OEHLER, 1891); H. SCHULTZ, ATI. Theologie (2 Bde, 1869; 5. völlig umgearbeitete Aufl. 1896), der Hauptsache nach seit der 2. Aufl. auf dem Standpunkte der sog. Grafschen Hypothese stehend und dementsprechend mit jeder folgenden Auflage in steigendem Masse historisch angelegt; A. KAYSER, Die Theologie des A. T. in ihrer geschichtl. Entwicklung dargestellt, nach des Verf. Tode herausgegeben von E. REUSS (1886; 3. Aufl., bearbeitet von K. MARTI 1897); F. HITZIG, Vorlesungen über biblische Theologie und messianische Weissagungen des A. T., herausgegeben von J. J. KNEUCKER (1880); A. DILLMANN, Handb. d. ATl. Theologie, aus dem Nachlasse des Verfassers herausgegeben von R. KITTEL (1895).

Ueber die Propheten und die Prophetie als das Hauptmoment der israelitischen Religion handeln: das viel ältere Buch von A. KNOBEL, Der Prophetismus der Hebräer (2 Tle, 1837); G. BAUR, Geschichte der ATl. Weissagung (I, 1861), Chantepie de la Saussaye, Religionsgeschichte. 3. Aufl. I. 25

behandelt nur die Vorgeschichte; KUPER, Das Prophetentum des A. B. übersichtl. dargestellt (1870); E. RIKHм, Die messianische Weissagung; ihre Entstehung, ihr zeitgeschichtl. Charakter und ihr Verhältnis zu der NTI. Erfüllung (1875); B. DÙнм, Die Theologie der Propheten als Grundlage für die innere Entwicklungsgeschichte der israel. Religion (1875); A. KUENEN, De profeten en de profetie onder Israël (2 dlu, 1875); C. von Orelli, Die ATI. Weissagung von der Vollendung des Gottesreiches in ihrer geschichtl. Entwicklung dargestellt (1882); S. MAYBAUM, Die Entwicklung des israel. Prophetentums (1883); W. ROBERTSONSMITH. The Prophets of Israel and their place in history to the close of the eight century Bl. (1882; auch in holländischer und deutscher Uebersetzung). Nicht weniger wertvoll ist von demselben Verf. The O. T. in the jewish Church (1881); gehört aber mehr zu dem Gebiete der Einleitung; J. J. P. VALKTON jr., Viertal voorlezingen over profeten des O. Verbonds (1886); Amos en Hosea een hoofdstuk uit de geschiedenis van Israels godsdienst (1894); J. DARMESTETER, Les prophètes d'Israel (1891); C. H. CORNILL, Der israel. Prophetismus (2. Aufl., Ausserdem eine grosse Menge Monographien über einzelne Propheten,

1896).

sowie über bestimmte Unterteile ihrer Theologie,

Wertvolle Beiträge hefern weiter S. MAYBAUM, Die Entwicklung des altisrael. Priestertums (1880), und W. W. Graf Baudissty, Die Geschichte des ATI. Priestertums (1889), und auf ausserbiblischem Gebiet F. WEBER, System der altsynagogalen palästinischen Theologie aus Targum, Midrasch und Talmud (nach des Verf. Tode herausgegeben von FRANZ DELItzsch und G. SCHNEDERMANN 1880; 2. Aufl. unter dem Titel Jüdische Theologie 1897).

Ueberdies findet man in den verschiedenen theologischen Zeitschriften deutscher, englischer, französischer und holländischer Sprache eine überreiche Zahl Abhandlungen über die meist verschiedenartigen Gegenstände auf dem Gebiete der israel. Religionsgeschichte, sowie der ATI. Wissenschaft überhaupt. Als Fachzeitschriften müssen hervorgehoben werden die Zeitschrift für die ATI. Wissenschaft, herausgegeben von B. STADE (seit 1881), und Hebraica, managing editor W. R. HARPKR (seit 1884 85), -- Ganz neu ist: Vierteljahrsschrift für Bibelkunde, talmudische und patristische Studien, herausgegeben von DR. M. ALTSCHÜLER (I, 1903).

Für die Archäologie vgl. K. F. KKIL, Handbuch der bibl. Archäologie (2 Tle, 1858–59); M. W. L. de Wette, Lehrbuch der hebr.-jüd. Geschichte (4. Aufl., bearbeitet v. F. J. RABIGER 1864); J. BENZINGER, Hebr. Archäologie (1893); W. NOWACK, Lehrbuch der hebr. Archäologie (2 Bde, 1894). Zu einer wirklichen Durcharbeitung des Stoffes unter dem geschichtlichen Gesichtspunkte ist es auch in den beiden letztgenannten Werken nicht gekommen.

§ 1. Name und Periodeneinteilung.

Unter den semitischen Religionen nimmt die israelitische eine eigene Stellung ein. Dieselbe ist Verehrung des Jahve und demzufolge Jahvismus. Ihre geschichtliche Entwicklung wird von der darin gegebenen Gotteserkenntnis beherrscht.

Mit diesem Namen hat der Name Mosaismus als zusammenfassende Bezeichnung der israelitischen Religion gleichen Umfang. Gewöhnlich gebraucht man ihn von der Zeit zwischen dem Auszug aus Aegypten und der Ansiedlung in Kanaan. Die folgenden Perioden

werden dann als Prophetismus und Judaismus von jenem unterschieden. Man geht dabei von der falschen Voraussetzung aus, dass der Pentateuch der Hauptsache nach über die Zeit des Moses berichtet. Untersuchungen von mehr als hundert Jahren haben die Unhaltbarkeit dieser Ansicht in ein stets helleres Licht gestellt. Was in dem Pentateuch vorliegt, ist nicht das Eigentum einer einzelnen Periode, sondern umfasst Jahrhunderte. Die vor- und nachexilische Zeit ist darin in künstlicher Weise zur Einheit gebracht. Die Hervorhebung einer eigenen mosaischen Periode verliert damit alle Berechtigung. Was über die Zeit des Moses geschichtlich feststeht, zeichnet sich dafür zu wenig scharf gegen das unmittelbar Folgende ab. Dagegen sind sämtliche, nicht nur die älteren, sondern auch die jüngeren, Bestandteile des Pentateuch: Dekalog, Bundesworte, das sog. Bundesbuch, besser: das Buch der Rechtssatzungen, Deuteronomium, das Heiligkeitsgesetz, der Priesterkodex, sowie der Pentateuch als Ganzes und in gewissem Sinne auch Mischna, Gemara, Tosefta von Moses", d. h. mosaisch. Mit diesem Worte steht es wie mit den Worten „christlich“, „mohammedanisch" u. dgl. Dasselbe vergegenwärtigt die Einheit der israelitischen Religion. Es spricht sich darin die Ueberzeugung aus, dass, wie gross die Unterschiede in den verschiedenen Zeiten auch sein mögen, Israels Religion doch immer dieselbe geblieben ist. Die Bewegung schreitet fort, hat aber nur so weit Recht, als sie die Entwicklung des von Moses Gegebenen ist. Auch das Christentum ist in gewissem Sinne darunter begriffen; man darf das Wort Joh 5 46 in dieser Weise umschreiben: ,, wenn ihr wirklich Mosaisten wäret, so wäret ihr auch Christen."

In dieser Entwicklung machen sich sofort zwei grosse Abschnitte bemerklich, welche man der Bequemlichkeit wegen als vor- und nachexilisch bezeichnen kann. Die eigentliche Grenze beider ist die Wirksamkeit des Nehemia (zweite Hälfte des 5. Jahrh. v. Chr.). Doch reichen die Anfänge des zweiten noch einige Jahrhunderte weiter hinauf; dieselben datieren von der Einführung des deuteronomischen Gesetzbuches (621 v. Chr.).

In dem ersten dieser Abschnitte ist das israelitische Volk, in dem zweiten die jüdische Gemeinde das Subjekt der Religion. Im Zusammenhang damit bekommt der Gottesbegriff einen stets ausgeprägteren transzendenten Charakter. Im ersteren ist Jahve der Gott Israels, dessen Macht über die Völker, wie im allgemeinen über Natur und Geschichte, immer mehr anerkannt wird. Im zweiten ist er im vollen Sinne Weltgott, der Israel zu seinem Volke, d. h. zu einer heiligen Gemeinde gemacht hat.

Die vorexilische Zeit zertällt in religiöser Hinsicht in zwei Hauptperioden, deren Grenze nach aussen der Untergang der Dynastie Omris und der Regierungsantritt des Hauses Jehu in Nord-Israel bildet, 842 v. Chr., ein Ereignis, dessen Nachwirkungen auch in Juda fühlbar wurden. Nach innen steht dazu das Auftreten der grossen schriftstellernden Propheten des 8. Jahrh., wenn auch nicht in direkter, so doch in sachlicher Beziehung. Nur im Hinblick auf diese schriftstellerischen Propheten können beide Perioden, wie gewöhnlich geschieht, als vorprophetische und prophetische bezeichnet werden. Doch hat es Israel auch in ersterer nicht an Propheten gefehlt.

In der ersten Hauptperiode handelt es sich um die Handhabung des Jahvismus den andern in Kanaan herrschenden Religionen gegenüber. Drei kleinere, wenn auch zeitlich sehr ungleiche Perioden lassen sich hier unterscheiden: 1. von Moses bis zur Alleinherrschaft Davids, die Zeit der Kämpfe um die Hegemonie des Jahvismus, welche in der Eroberung der Festung Jebus zum Abschluss kommen; 2. die Zeit Davids und Salomos, also der unbestrittenen Oberherrschaft Jahves; 3. von der Reichsspaltung bis zur Revolution Jehus, die Zeit der Behauptung des bis jetzt Errungenen im Gegensatz teils zum politischen Absolutismus, teils zum religiösen Synkretismus.

In der zweiten Hauptperiode hat der Jahvismus einen mehr innerlichen Prozess durchzumachen. Der sittlich-geistige Kern der Religion fängt an, die naturwüchsigen, in gewisser Hinsicht heidnischen Elemente auszuscheiden. Dadurch wird ein Kampf zwischen den volkstümlichen und den prophetischen Anschauungen hervorgerufen, dessen Ende der Untergang des israelitischen Volksbestandes bildet. Marksteine sind in dieser Periode: 1. die Verlegung des Schwergewichts der israelitischen Religion von Nord-Israel nach Juda, welche allmählich vorbereitet, durch den Fall Samarias 722 zum Abschluss kommt; 2. die Auffindung und Einführung des deuteronomischen Gesetzbuches 621, als Versuch, die prophetische Predigt in eine bestimmte gesetzliche Gestalt zu bringen; 3. die Aufhebung der politischen Bedeutung Israels durch das Exil; 4. das Wiederaufleben des religiösen Bewusstseins in der zweiten Hälfte des 6. Jahrh.

Mit der Wirksamkeit Nehemias fängt die neue Zeit an. Dieselbe wird durch die Berührung mit der griechischen Welt, ca. 333, in zwei Hälften geteilt. In der ersten, der vorgriechischen, ist die Bildung und Weiterentwicklung einer heiligen jüdischen Gemeinde unter der Herrschaft des Gesetzes die Hauptsache, in der zweiten ist es der Kampf mit dem Hellenismus, welcher im Makkabäerkriege seinen Höhepunkt erreicht.

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