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enthalten viele Allegorien und phantastische Lehren, welche teilweise alten heidnischen Spekulationen entnommen sind. Wir teilen daraus nur mit, dass in der Weltgeschichte 70 Perioden angenommen werden; in jeder dieser Perioden findet eine Inkarnation der Gottheit statt, deren letzte Hakim war. Dieser wird am Ende der Zeit wiederkommen und der drusischen Religion den endgültigen Sieg bringen. Die Einheit Gottes wird ebenso ausdrücklich betont, als die Unmöglichkeit, dessen Wesen zu ergründen, weshalb die fünf Mittler oder Minister Gottes in der Theologie mehr hervortreten. Die drusische Moral wird sehr gelobt; die Frauen werden bei ihnen höher geachtet als sonst im Orient der Fall ist; die Polygamie ist sogar verpönt.

Eine ähnliche religiöse Erscheinung ist diejenige der ebenfalls in Nordsyrien ansässigen Nusairier, obgleich in den heiligen Schriften der Drusen gegen deren Vorstellungen heftige Polemik geführt wird. Der Name wird gewöhnlich von einem gewissen Mohammed ibn Nusair hergeleitet, doch soll er nach DUSSAUD viel älter sein und schon in der von Plinius erwähnten Tetrarchie Nazarini stecken. Auch von den Nusairiern gilt, dass in ihren heiligen Schriften alte heidnische Vorstellungen angetroffen werden, doch im grossen und ganzen ist ihre Lehre am nächsten mit derjenigen der persischen Ali-ilahis (Ali-Vergötterer) verwandt. Nicht Hakim, sondern Ali ist in ihrem System Gott und diesem werden Mohammed und Salman al-Farisi beigesellt. Danach ist das grosse Geheimnis Ain-mim-sin zu erklären, indem Ali mit dem Buchstaben Ain, Mohammed mit Mim und Salman mit Sin anfängt. Uebrigens trägt auch ihre Lehre einen esoterischen Charakter, doch verbietet uns der verfügbare Raum in mehrere Details zu treten. Ueberhaupt ist das syrische Bergland ein fruchtbarer Boden für allerlei Ketzereien und gnostische Sekten, wie wir noch im folgenden sehen werden.

Die berüchtigste Erscheinung, welche zum nämlichen Ideenkreis gehört wie die Theorien der Karmaten und der Ismaïliten, ist diejenige der Assassinen, so genannt, weil sie ein berauschendes Hanfpräparat geniessen, das auf arabisch haschisch heisst. Diese Gesellschaft wurde im 11. Jahrh. begründet von einem gewissen Hassan ibn Sabbah und trieb zuerst ihr Unwesen in Persien, besonders in den schwer zugänglichen Gebirgen im Süden des kaspischen Meeres, woselbst die Assassinen einige Bergfesten, z. B. das Adlernest Alamut, den gegen sie ausgesandten Truppen zum Trotz während ungefähr zweier Jahrhunderte zu behaupten wussten, bis der Mongolenfürst Hulagu im 13. Jahrh. ihnen den Garaus machte. Ihre Macht stützte sich aber nicht allein auf die Unzulänglichkeit ihrer Verstecke, auch nicht auf

Chantepie de la Saussaye, Religionsgeschichte. 3. Aufl. 1.

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die grosse Zahl ihrer Anhänger oder auf die Originalität ihrer Ideen, sondern auf ihre Organisation und die Rücksichtslosigkeit der von ihnen angewandten Mittel. Die Assassinen bildeten nämlich eine geheime Gesellschaft, deren Mitglieder dem Grossmeister, in europäischen Chroniken gewöhnlich der „Alte vom Berge" genannt, unbedingten Gehorsam schuldeten. Das Mittel, welches sie anwandten, war der Meuchelmord, wozu die jüngeren Glieder der Gesellschaft förmlich abgerichtet wurden, angeblich in der Weise, dass man sie, wenn sie vom Haschischgenuss berauscht waren, in schöne Gärten führte, welche ihnen Paradiesesfreuden darboten, und sie dadurch anhielt, ihr Leben freiwillig zu opfern, um als Märtyrer sogleich für ewig ähnliche Genüsse zu schmecken. Solche Leute heissen Fidaïs (die sich selbst Opfernden) und bekamen vom Grossmeister den Auftrag, diesem oder jenem mächtigen Feinde der Gesellschaft aufzulauern und ihn gelegentlich niederzustossen. Der Grossmeister hatte auch wohl die Gefälligkeit, mächtigen Freunden, welche er sich verpflichten wollte, seine Leute zur Verfügung zu stellen, wenn diese sich gern eines persönlichen Feindes entledigt hätten, was dann ebenso gewissenhaft ausgeführt wurde, als wäre der Betreffende ein Feind des Ordens. Darum erlangten die Assassinen eine furchtbare Macht und konnten sich so lange behaupten, ja sogar in Syrien festsetzen, wo die Kreuzfahrer ihre Bekanntschaft machten. Die religiösen Vorstellungen dieser Leute können wir übergehen; es genügt, zu bemerken, dass sie sich grosse Mühe gaben, ihre Ansichten durch allegorische Interpretationen als mohammedanisch zu legitimieren, weshalb sie bei einheimischen Schriftstellern gewöhnlich Batinija genannt werden, d. h. Leute, welche einen innerlichen verborgenen Sinn annehmen neben dem gewöhnlichen, äusserlich zu Tage tretenden. In diesem Sinne gibt es noch Ismaïliten im Orient, z. B. in Syrien, doch das blutige Handwerk früherer Zeiten haben sie aufgegeben. Auch die noch jetzt in Syrien lebenden Metawile hegen ähnliche Vorstellungen.

Eine Zeitlang schien es wirklich, als würden die Schiiten sich auf solchen und ähnlichen Irrwegen verlaufen, denn mit dem zwölften Imam, der, wie sie behaupten, nicht gestorben, sondern nur aus dem Auge der Sterblichen durch einen unterirdischen Durchweg in Samarra im Jahre 941 verschwunden ist, war die Reihe der irdischen Imame abgeschlossen. Seitdem gab es bloss einen verborgenen Imam, und war den Betrügereien solcher Leute, welche behaupteten, den Verkehr mit ihm vermitteln zu können, Tür und Tor geöffnet. Schliesslich aber, als eine Enttäuschung der andern folgte, gab man zwar die Hoffnung. dass der Imam zu jeder Zeit als Maldi erscheinen könne, nicht ganz

auf, bequemte sich aber, diese Zeit ruhig abzuwarten und indessen die einzig wahre Lehre, wie diese von den Imamen überliefert war, fleissig zu beobachten. Die Schiiten verwarfen nämlich die sonnitischen Traditionssammlungen und behaupteten, dass die gotterleuchteten Imame die einzig berufenen Ueberlieferer und Ausleger der Meinungen ihres Ahnherrn, des Propheten, seien. Sie haben also ihre eigenen kanonischen Sammlungen, welche aber in Bezug auf historische Treue weit hinter denen der Sonniten zurückstehen, ja sogar grösstenteils als Fälschungen verrufen sind. Uebrigens haben sie weder in der Glaubenslehre (mit Ausnahme der Imamatsfrage), noch im religiösen Gesetz etwas Originelles geschaffen und stimmen in den Hauptfragen ziemlich mit den Sonniten überein. Was sie kennzeichnet, die Lehre von der geistlichen Zurückhaltung (ketman) und die Mietehe, gereicht ihnen nicht zur Ehre, und auch die überschwengliche Verehrung der Imame war der religiösen Entwicklung keineswegs förderlich. Wir würden aber irren, wenn wir mit A. MÜLLER diese einzig und allein aus dem Nationalhass der Perser gegen die Araber herleiten und in ihnen nur die Träger einer legitimistischen Theorie sehen wollten, wie einige französische Parteien einen Ludwig XVII. und Napoleon II. zählen. Dieser Hass existiert allerdings, und nebenbei mögen die Imame für die Perser auch die Periode der nationalen Erniedrigung unter arabischer Herrschaft verdecken, doch das Hauptmotiv ist die den Persern eigentümliche Menschenvergötterung, oder, wenn man will, das Bedürfnis, dem abstrakten Gott des Islam durch Mittelwesen näher zu treten. Dabei spielt das Leiden dieser frommen Männer bei ihnen gewissermassen die nämliche Rolle wie die Vorstellungen des leidenden. Christus bei den Christen, wie es z. B. hier und dort die Entstehung religiöser Passionsspiele veranlasst hat, welche die Perser am Sterbetage von Husain (10. Muharram) überall in grosser Aufregung feiern. Es mag sein, wie man behauptet hat, dass die Gebräuche dieses religiösen und nationalen Festtages zum Teil uralt sind und dem Heidentume ihren Ursprung verdanken, die etwaige ursprüngliche Bedeutung ist jedenfalls den Schiiten völlig abhanden gekommen: für sie spiegelt sich im Märtyrertode Husains das Leiden der Menschheit, näher der iranischen Menschheit ab.

Indessen es hat lange Zeit gewährt, ehe es den Schiiten gelang aufzukommen. Zwar begünstigten sie die Bujiden und in gewissem Sinne auch die Fatimiden, doch als die Türken die Erbschaft der Araber antraten, war der Sieg der sonnitischen Orthodoxie vollständig, denn diesem ehrlichen Soldatenvolke waren die unklare Lehre und die geistliche Zurückhaltung zuwider. Unter der Mongolenherrschaft

wurden die Zustände zwar besser, doch erst unter der Dynastie der Safawiden, welche von 1499-1736 in Persien regierte, wurde der Schiitismus dort Staatsreligion. Die Gründer dieser Dynastie, Scheik Seif ed-din Ishak und Scheik Heider, welche ihren Stammbaum auf Musa, den siebenten Imam zurückführten, waren selbst sufische Heilige, und erst Ismail, der Sohn Heiders, nahm den königlichen Titel an. Aus Verfolgten wurden die Schiiten jetzt Verfolger; sie führten Religionskriege mit den sonnitischen Uzbegen und osmanischen Türken, in denen beiderseits mit furchtbarer Grausamkeit gegen die Andersgläubigen gewütet wurde, so dass der von alters her zwischen beiden Richtungen des Islam bestehende Hass seitdem unheilbar wurde und sich zum Fanatismus steigerte. Zwar schienen mit der afghanischen Eroberung unter der Regierung Nadirschahs (1736-1747) für die Sonniten in Persien bessere Zeiten gekommen zu sein, allein die Reformversuche dieses Fürsten zu Gunsten der Sonniten scheiterten schliesslich an dem Widerstande der nationalen Partei.

Im allgemeinen muss man die religiösen Zustände bei den Schiiten als recht traurige bezeichnen, obgleich es natürlich individuelle Ausnahmen gibt. Die Mollas, welche man etwa die Rabbinen des Islam nennen kann, sind grösstenteils unwissend und fanatisch, dennoch gelingt es ihnen nur mit grosser Mühe, die äusserlichen Formen der Verehrung aufrecht zu erhalten. Die Frömmigkeit ist meistens eine geheuchelte, der Unglaube das eigentliche innerliche Wesen, der Wahrheitssinn scheint den Leuten ganz abhanden gekommen zu sein, ohne dass sie sich selbst dessen bewusst sind, weil die unklaren Phrasen des Sufismus, welche sie immer im Munde führen, die allegorischen Deuteleien und der systematisch betriebene Ketman (s. oben S. 531) den Verstand verwirrt und die Sittlichkeit untergraben haben. Dennoch ist der Fanatismus bei ihnen viel stärker entwickelt als bei den Sonniten und der Aberglaube gar nicht selten; philosophische Spitzfindigkeiten sind des Erfolges sicher, doch nichts schätzt der Perser mehr als ein gelungenes Gedicht, welches von unnatürlichen und barocken Vergleichungen und Redeweisen strotzt, ohne dass er sich an dem gotteslästerlichen oder zotigen Inhalt im geringsten stiesse.

§ 9. Ueberblick über die jetzigen Zustände.

Literatur. H. JANSEN, Verbreitung des Islams. . . in den verschiedenen Ländern der Erde (1897); ARNOLD, The preaching of Islam (1896). A. Arabien: C. SNOUCK HURGRONJE, Mekka (2 Bde, mit Bilderatlas, 1888-1889); in Bezug auf die Wahhabiten vgl. BURCKHARDT, Notes on the Bedouins and Wahabys (1813 Deutsch 1830-1831) und ferner die Reisebeschreibungen von PALGRAVE (Deutsch 1867–1868), LADY BLUNT, DOUGHTY u. a.

B. Uebrige sonnitische Länder Asiens und Afrikas: Aus den vielen Reisewerken sind für die Kenntnis des Islam am wichtigsten: LANE, An account of the manners and customs of the modern Egyptians (2 vol., 1835); deutsch von ZENKER (3 Tle., 1856); H. VAMBÉRY, Reisen in Mittelasien (1864); derselbe, Der Islam im 19. Jahrh. (1875). — Ueber die Mohammedaner in China ist zu vergleichen: P. DABRY DE THIERSANT, Le mahométisme en Chine et dans le Turkestan oriental (2 vol., 1878). Für den malaiischen Archipel: L. W. C. VAN DEN BERG, Le Hadhramout et les colonies arabes dans l'Archipel indien (1886); C. SNOUCK HURGRONJE, De Atjehers (2 dl., 1893-1894); C. POENSEN, Brieven over den Islam uit de Binnenlanden van Java (1886). Für Marokko: G. HÖST, Nachrichten von Marókos und Fes (1781). Für Algerien: RINN, Marabouts et Khouan, Etude sur l'Islam en Algérie (1885); DOUTTÉ, Notes sur l'Islam Maghribin in Revue de l'hist. des religions XL et XLI. Für den Sudan: OHRWALDER, Aufstand und Reich des Mahdi im Sudan (1892); SLATIN PASCHA, Feuer und Schwert im Sudan (1896); A. LE CHATELIER, L'Islam dans l'Afrique occidentale (1899).

C. Persien und die Bab'is: DE GOBINEAU, Les religions et les philosophies dans l'Asie centrale (1900); E. G. BROWNE, A year amongst the Persians (1893); derselbe, A travellers narrative written to illustrate the episode of the Bab (2 vol., 1891); derselbe, A new history of the Bab (1893). Für Britisch-Indien: GARCIn de TASSY, Mémoire sur les particularités de la religion musulmane dans l'Inde (1869). Vgl. die oben S. 468 angeführten allgemeinen Werke über den Islam.

Die Gesamtzahl der Mohammedaner setzt man in der Jetztzeit auf 200 oder sogar 260 Millionen an, doch braucht kaum gesagt zu werden, dass diese Schätzung nur für einige Länder auf genauen oder nahezu genauen Zählungen beruht. Die Mohammedaner bilden aber kein einheitliches Ganze, sondern zerfallen in die zwei grossen Gruppen, die Sonniten und Schiiten. Einige Sekten, welche streng genommen weder zur einen noch zur andern Abteilung gehören, sind zu unbedeutend, um hier in Betracht zu kommen. Der Schwerpunkt der Sonniten liegt im Osmanischen Reich, an welches sich Nordafrika mit Aegypten anschliesst, die Schiiten sind wesentlich auf Persien und Britisch-Indien beschränkt.

Von den Sonniten lässt sich nicht viel sagen; sie sind weder im Ritualgesetz noch in der Dogmatik viel von dem Standpunkte abgewichen, den bereits die Häupter der verschiedenen Riten, al-Asch'ari und Ghazali, früher eingenommen haben. Freilich wird dieser Umstand von vielen christlichen Autoren, die sich mit dem Islam befasst haben, etwas zu stark betont und als Beweis für die Starrheit, ja Kulturfeindlichkeit des Islam geltend gemacht. Sind aber im allgemeinen die mohammedanischen Völker seit vielen Jahrhunderten in ein Stadium der Stabilität getreten, so liegen die Ursachen dieser Erscheinung in verschiedenen Umständen, welche wir hier nicht erörtern können.

Ein völliger Stillstand hat seit Asch'ari und Ghazāli auch bei den Sonniten nicht stattgefunden. Erstens hat die mohammedanische

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