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Überlieferungen, wie sie in den kosmologischen Werken, den Epen, Mythen und Legenden Babyloniens enthalten sind, sind gewiss in gleichem Masse das Eigentum Assyriens wie seiner südlichen Vettern. Ebenso sind die Anschauungen, welche den Zaubertexten, Hymnen, Gebeten und Omina zugrunde liegen, im grossen und ganzen für den Norden wie den Süden die gleichen, obschon sie zuerst im Süden niedergeschrieben worden sind. Die Unterschiede, die wir zwischen der babylonischen und assyrischen Religion gefunden haben, lassen den Kern der religiösen Literatur unberührt. Der Charakter der assyrischen Literaturwerke bekundet den babylonischen Ursprung. Durch fast alle bisher bekannt gewordenen religiösen Texte des Nordens weht der Geist des Südens. Nur in einigen Gebeten, Orakeln und Omina, die sich in die historischen Inschriften assyrischer Könige eingeschaltet finden oder besonders überliefert sind, vermögen wir von spezifisch assyrischem Geiste getränkte Schöpfungen assyrischer Literaten zu erkennen. Ferner lässt sich vielleicht in der Gestalt, welche die Erzählungen von der Schöpfung der Götter und Menschen schliesslich erhalten haben, eine assyrische Beeinflussung des babylonischen Denkens entdecken. Es wären das Zugeständnisse an gewisse dem Norden eigene religiöse Anschauungen, die man diesem während der Dauer seiner Oberhoheit gemacht hätte.

Aber der Einfluss Assyriens macht sich in diesen Fällen nur indirekt geltend. Wir dürfen Aschurbanapals Versicherung wörtlich nehmen, die von ihm gesammelten Literaturwerke seien Kopien derjenigen, welche man in den grossen literarischen Archiven des Südens vorgefunden habe: sie sind dort nicht nur vorgefunden, sondern auch abgefasst. In Nachahmung des Südens hat man jedenfalls in Niniveh, Arbela und anderswo Schulen zur Erziehung von Priestern, Schreibern und Richtern gegründet, jedoch haben diese es anscheinend nie bis zur Unabhängigkeit von ihren babylonischen Vorbildern gebracht, abgesehen vielleicht von Kleinigkeiten, die hier nicht in Betracht kommen können. Dieses enge Verhältnis zwischen dem geistigen Leben Babyloniens und Assyriens zeigt sich nicht nur in der religiösen Literatur, sondern auch in der religiösen Kunst und dem Kulte, die beide, wie wir noch sehen werden, gleich der Literatur das deutliche Gepräge ihres südlichen Ursprungs an sich tragen, nur mit einigen Modifikationen, welche sie auf der Wanderung vom Süden zum Norden erfahren haben.

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XVI. Kapitel.

Die Zaubertexte.

Wir wenden uns nunmehr zu der ersten Unterabteilung der babylonischen religiösen Literatur. Es handelt sich dabei um Formeln und Anweisungen, die dazu dienen sollten, über die Geister, von deren Einfluss man sich stets abhängig fühlte, Macht zu gewinnen, und die wir demgemäss als Zaubertexte oder Beschwörungsformeln mit Ritualvorschriften bezeichnen. Die uns erhaltenen Reste lassen darauf schliessen, dass derartige Texte in grossen Mengen vorhanden gewesen sind.

Wir haben schon oben ausgeführt, wie die Zauberformeln sich zu mehr oder minder festen Tempelritualen umbildeten. Dadurch erklärt sich die Tatsache, dass diese gewöhnlich mit bestimmten Bräuchen, Gebeten und Vorstellungen verbundenen Sprüche zu einem fortlaufenden Ganzen, gewissermassen zu Bänden von verschiedener Länge, wie 9, 10, 12, 20 oder mehr Tafeln vereinigt wurden. Man ist allgemein der Ansicht, dass die Zaubertexte den ältesten Zweig der religiösen Literatur der Babylonier darstellen. So ohne jede Einschränkung ist diese Annahme indes schwerlich richtig; denn aus den uns vorliegenden Zaubertexten ergibt sich deutlich, dass sie seit ihrer Entstehung vielfachen Einflüssen späterer Zeiten unterworfen gewesen sind. Vorstellungen, die ihnen ursprünglich ganz fern lagen, sind nachträglich in sie hineingeraten; sie haben eine Form erhalten, die uns zu einer Scheidung zwischen ihren Grundideen und deren Verquickung mit den Auffassungen jüngerer und vielfach höher entwickelter Perioden zwingt. Die Zaubertexte sind gewiss nicht älter als die Omina, ja manche von ihnen werden zeitlich nicht über einzelne Teile des Schöpfungsepos zurückgehen, das gleich anderen Zweigen der religiösen Literatur genau so alte und primitive Bestandteile wie die Omina und Zauberformeln enthält. So viel aber ist sicher, dass die Zaubersprüche das früheste Ritual des babylonischen Kults darstellen, und dass die ihnen zugrunde liegenden Vorstellungen volkstümlichem Denken oder, wenn man lieber will, volkstümlicher Phantasie primitivster Art entstammen. Und zwar finden sich in ihnen mehr Spuren Jastrow, Religion.

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solches primitiven, populären Denkens, als in anderen Zweigen der religiösen Literatur, die Omina ausgenommen. Denn die späteren Umarbeitungen haben ihren ursprünglichen Charakter weniger beeinträchtigt, als man erwarten sollte. erwarten sollte. Es erklärt sich dies vornehmlich aus der Zähigkeit, mit der man an den Anschauungen fest hielt, aus denen diese Texte erwachsen waren.

Man darf aus der Tatsache, dass es trotz des verstümmelten Zustandes, in dem die meisten Zaubertexte gefunden worden sind, gelungen ist, sie häufig zu längeren oder kürzeren Serien zusammenzustellen, einstweilen den Schluss ziehen, es sei dies für derartige Texte die allgemein übliche oder doch wenigstens eine beliebte Form der Überlieferung gewesen. Im Gegensatze zu der sonstigen Gewohnheit, eine Gruppe von Täfelchen nach der Anfangszeile der ersten zu benennen, erhielten die Zaubertexte einen besonderen Titel, der die betreffende Gattung allgemein bezeichnete oder auf den speziellen Inhalt hindeutete. So hiess eine Gruppe von wenigstens 161) Täfelchen „Die bösen Dämonen", da die Zaubersprüche auf ihnen vor verschiedenen Gattungen von Dämonen schützen sollten. Eine andere führte den Titel „,Kopfschmerz", weil sie, wenn auch nicht ausschliesslich, verschiedene Übel betraf, die ihren Sitz im Hirn hatten. Zu ihr gehörten nicht weniger als 9 Täfelchen 2) und eine dritte, die den Namen,,Fieberkrankheit" trug, bestand aus mindestens 12 Tafeln3). Eine vierte Serie, die es hauptsächlich mit der Beschwörung eines weiblichen dämonischen Wesens namens Labartu zu tun hatte, trug den Namen dieser Dämonin 4). Zwei weitere andere führten die ziemlich gleichbedeutenden Namen „Schurpu" und „Maklu“ („Verbrennung"), weil sie vornehmlich das Thema der Verbrennung von Zaubererbildern nebst den bei solchen symbolischen Handlungen üblichen Zaubersprüchen behandelten. Makluzyklus umfasste 8 Tafeln, nach Tallqvists Berechnung mit ursprünglich c. 1550 Zeilen und gegen 9000 Worten 5). Der Schurpuzyklus) scheint etwas kürzer gewesen zu sein, obwohl er 9 Tafeln umfasste.

Der Umfang dieser Texte gibt uns das Recht, von,,Beschwörungsritualen" zu sprechen. Augenscheinlich hielt man sie für bestimmte Gelegenheiten in Bereitschaft. Hatten sich gewisse Formeln einmal als wirksam erwiesen, so war es begreiflicherweise von Wichtigkeit, sie genau in dieser Form für den weiteren Gebrauch zu bewahren. Doch half eine Formel immer nur für einen besonderen Fall oder allenfalls für eine Gruppe gleichartiger Fälle; um auf alle Eventualitäten vorbereitet zu sein,

1) Ungefähr die Hälfte dieser Serie jetzt in Cuneiform Texts from Babylonian Tablets etc. in the British Museum. Parts XVI und XVII veröffentlicht. 2) Teile der 3., 6., 8. und 9. Tafel veröffentlicht a. a. O. Part. XVII. 3) Teile der 1., 3., 9., 11. und 12. Tafel veröffentlicht a. a. O. Part. XVII. 4) D. W. Myhrman, Die Labartu-Texte, Zeitschr. f. Assyr. XVI, 141–200. 5) Die assyrische Beschwörungsserie Maqlû S. 14.

6) Zuletzt von Zimmern herausgegeben in dessen Beiträgen zur Kenntnis der babylonischen Religion I (Leipzig 1896).

musste man daher möglichst viel verschiedene Formeln sammeln. Die Priester, welche das Bannen besorgten, hatten ein Interesse daran, solche Sammlungen zu veranstalten; wir dürfen also annehmen (wie wir bereits andeuteten), dass jeder Tempel sich seine eigene Sammlung, ein Beschwörungsbuch zum Gebrauche seiner Priester, angelegt haben wird. Ganz natürlich mussten diese Sammlungen von Geschlecht zu Geschlecht, wenn auch nicht rasch, so doch stetig anwachsen. Unvorhergesehene neue Fälle traten ein, für die man neue Formeln und Vorschriften verfassen musste, oder die Beschwörer eines Tempels lernten anderswo erprobte Mittel kennen und fügten diese ihrer Sammlung ein. Kurz, das Anwachsen solcher,,Zauberritualien" vollzog sich wohl ähnlich, wie die Religionsvorschriften der Heiligtümer des alten Israel mit Rücksicht auf die praktischen Bedürfnisse Erweiterungen erfuhren, ein Prozess, der schliesslich zur Vereinigung der verschiedenartigen Gesetze und Vorschriften geführt hat, die wir im Pentateuch zusammengestellt finden.

Das Ansehen, welches Ea und sein Lieblingssitz, Eridu, in den Zaubertexten geniesst, legt die Vermutung nahe, dass viele von ihnen in letzter Linie auf Eas ehemaligen Tempel in dieser Stadt zurückgehen. Ist dies richtig, so würden wir darin einen weiteren Beweis für das hohe Alter der Beschwörungen in Babylonien haben. Allerdings müssen wir, wie wir bereits nachdrücklich betont haben, zwischen der ursprünglichen und der jüngeren Form der Zeremonien unterscheiden. So rühren z. B. diejenigen Teile eines Rituals, in denen Girru oder Nusku eine Hauptrolle spielen, ursprünglich wohl von Priestern eines Tempel dieser Götter her. Da nun das Beschwörungswesen überall in Babylonien verbreitet war, so wird es kaum einen Tempel gegeben haben, der keine derartigen Formeln besessen hätte. Bei ihrer Vereinigung zu einem Rituale behandelte man die Namen der angerufenen Götter natürlich mit gebührender Rücksicht, und so entstanden die langen Listen von Gottheiten, welche sich häufig in den einzelnen Beschwörungen finden. Im einzelnen lässt sich die Entwickelung jetzt nicht mehr verfolgen, aber im allgemeinen ist klar, dass sich dabei eine Neigung zu immer grösserer Kompliziertheit geltend gemacht hat. Man bemühte sich, alles irgendwie zugängliche Material zu sammeln. Daher die ungleichartigen Bestandteile der Texte, die diese zwar interessanter machen, aber zugleich ihr Verständnis erschweren. Die heterogenen Elemente lassen nur schwer ein Grundprinzip erkennen, das die Sammler einer Beschwörungsserie geleitet haben mag. Oft kann man sogar in einer und derselben Serie noch verschiedene grössere Gruppen unterscheiden. So findet sich einmal eine ganze Gruppe in Beschwörungen ausgehender Gebete an den Feuergott, worauf eine Serie von Beiwörtern der sieben Geister folgt, die ähnlich als Eingang zu Beschwörungen dienen soll; der Grund dieses Überspringens von einem Gegenstand auf den andern ist jedoch nicht ersichtlich. Die Übergänge selbst sind jedenfalls stets ganz unvermittelt.

Es lässt sich mithin nur soviel sagen, dass die Sammler in erster Linie darauf bedacht gewesen sind, ihr Thema möglichst zu erschöpfen. Sie fügten in ihre Sammlungen alles ein, was sie nur irgend auftreiben konnten. Dem Beschwörer machte es keine Mühe, sich in der zusammengewürfelten Masse zurecht zu finden. Er suchte sich einfach den Abschnitt heraus, der seinem jeweiligen Bedürfnis entsprach und kümmerte sich nicht viel um das, was folgte oder vorherging. Überdies waren die einzelnen Abschnitte durch Trennungsstriche deutlich von einander geschieden, wie sich noch auf den Tontäfelchen erkennen lässt. Diese äusseren Abschnitte entsprechen so genau der inneren Einteilung in verschiedene Gegenstände, dass sich der rein praktische Zweck der Texte gar nicht verkennen lässt; andererseits aber liefern sie auch ein weiteres Zeugnis dafür, dass es sich bei ihnen um Kompilationen handelt.

Für die Entstehungszeit dieser Texte ergibt sich als terminus a quo, über den hinaus wir ihre endgültige Formulierung nicht rückwärts datieren dürfen, die Einigung der babylonischen Staaten unter Hammurabi, da deren notwendiges Ergebnis, die Oberhoheit Marduks, fast überall in ihnen zum Ausdruck kommt. Andererseits folgt aus sprachlichen Indizien, dass die abschliessende Redaktion der Beschwörungsformeln, wie sie uns heute vorliegen, kaum später als um 2000 v. Chr. angesetzt werden darf, obwohl natürlich die Abschriften, welche die assyrischen Schreiber für ihre königlichen Auftraggeber nahmen, um viele Jahrhunderte jünger sind.

Die Nachrichten von der Auffindung einer reichhaltigen Bibliothek religiöser Texte in den Tempelarchiven von Nippur 1), die alle älter als Hammurabi sein sollen, berechtigen zu der Hoffnung, dass wir bald imstande sind, die Abfassungszeit dieser Literatur chronologisch genauer zu bestimmen. Voraussichtlich werden die Nippurschen Texte in vielen Fällen Duplikate bereits bekannter liefern oder ihrem Inhalte nach solchen wenigstens nahe stehen, wie neuerdings mehrfach in altbabylonischer Schrift abgefasste Paralleltexte zu bereits bekannten Mythen und Sagen in Aschurbanapals Sammlung aufgetaucht sind 2) darunter ein

wichtiges Bruchstück aus dem Gilgameschepos"). Diese Funde liefern zwar eine Bestätigung der Vermutung, dass ein grosser Teil der religiösen babylonischen Literatur über das Jahr 2000 v. Chr. hinausgeht, für fernere Schlüsse müssen wir indessen noch weitere Veröffentlichungen alter Urkunden abwarten.

Jedenfalls darf man nicht mehr annehmen, dass alle diese Texte einer und derselben Zeit entstammten oder dass im Laufe der Jahre keine neuen Abschriften genommen und die Formeln nicht weiter um1) Siehe oben S. 10 u. vergl. jetzt die Beschreibung bei Hilprecht, Explorations in Bible Lands, S. 509-532.

2) Zimmern, Zeitschr. f. Assyr. XIV, 278/9 (vergl. auch Kapitel XXIV), sowie Scheil, Recueil de travaux XX, 55-59 und XXIII, 18—23.

3) Meissner, Ein altbabylonisches Fragment des Gilgameschepos (Berlin 1902).

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