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hingen Sinnbilder, an Ulsters Vergangenheit gemahnend. Es war alles wohl geordnet, schlicht und feierlich; gut bürgerlich, nüchtern und ohne Pose. Auch die Reden, die nach einigem die Spannung besänftigendem Orgelspiel einseßten, waren auf den gleichen Ton gestimmt. Nüchtern und fachlich wurde von den materiellen Interessen Ulsters gesprochen, die unter Home Rule notleiden müßten, was von oratorischem Schwung vorhanden war, es war wenig genug lieferten die englischen Gäste; es war troß Fahnen, Hiße und Musik beinahe langweilig. Aber gerade das war es, was einem den tiefsten Eindruck machte, daß diese feiertäglich ausschauende Menge andachtsvoll den Reden lauschte, die ihr weder der Form noch dem Inhalt nach etwas Neues boten, die sie aber in äußerster Spannung hielten. Die Worte der Redner löften bei den Hörern keine unbewußten Vorstellungen aus; sie waren nur die laute Wiedergabe von Gedanken, die jeder von ihnen täglich dachte und fühlte. Und einmal gab es einen großen Augenblick. Der Meister der Belfaster Drangeloge trat plöglich an die Rampe und entfaltete ein etwas zerschliffenes gelbes Banner mit rotem Kreuz und schwarzem Stern. „Das Banner," sagte er, das ich jezt in Händen halte, ist das alte Panter, das der große Vorkämpfer bürgerlicher und religlöser Freiheit in der Schlacht am Boyne am 1. Juli alten Stils, 222 Jahren trug. Es hat im friedlichen Besitz der Nachkommen des tapferen Offiziers, Leutnant Watson, geschlummert, der es an jenem Tage König Wilhelm in der Schlacht am Boyne vorantrug. Seine Nachkommen glauben, die Zeit sei gekommen, es aus seiner Ruhe hervorzuziehen, damit es noch einmal seinen Plaz in der Vorhut der Freiheit einnehme.“

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Damit übergab er das Banner Sir Edward Carson. Es war das gewiß eine theatralisch wohl vorbereitete Szene, der die historische Betrachtung nicht viel Geschmack abgewinnen kann, zumal ja einstweilen die Ähnlichkeit zwischen Sir Edward Carson und König Wilhelm noch recht problematisch ist. Aber was echt an der Sache war, das war das lebendige Gefühl der Zusammenge. hörigkeit, das diese Kinder des 20. Jahrhunderts, Großgrundbesizer und Fabrikanten, Angehörige der freien Berufe und Gewerkvereinler, Kaufleute und Taglöhner mit den Kämpfern des 17. verbindet. Sie waren in dem Augenblicke, da das alte Panter vor ihnen entfaltet wurde, von der Überzeugung erfüllt, daß sie in absehbarer Zeit den Kampf der Zivilisation gegen geistige und wirtschaftliche Barbarei von neuem kämpfen müßten, den ihrer Ansicht nach ihre Ahnen, die englisch-schottischen Kolonisten Ulsters, vor 222 Jahren gegen die keltischen Eingeborenen Jrlands gekämpft hatten.

Der folgende Tag, ein Samstag, war zur Unterzeichnung des Bundes in ganz Ulster bestimmt. Ein feierlicher Gottesdienst sollte sie einleiten. Zum Zeichen der Zusammengehörigkeit aller „Ulsterleute“ fand neben den Feiern in den einzelnen Kirchen in der Ulfterhalle ein gemeinsamer Gottesdienst der pro

testantischen Kirchen statt. Eine merkwürdige Andacht war es, die die Angehörigen der irischen Bischofskirche mit Presbyterianern und Methodisten ver. einte, denen sie noch vor 40 Jahren die Gleichberechtigung hatten versagen wollen! Auf der großen Bühne, auf der am Tage zuvor die leidenschaftlichsten Reden erklungen waren, saßen in den vordersten Reihen die Würdenträger der drei Kirchen; zwischen ihnen Sir Edward Carson, der nach außenhin verant. wortliche Führer der ganzen Bewegung; dahinter, ohne Rücksicht auf ihre Zugehörigkeit zu einer der verschiedenen Kirchen, Vertreter der Stadt und die Führer des wirtschaftlichen wie des geistigen Lebens von Ulster. Auf beiden Seiten der großen Plattform stand die Ehrenwache, die Sir Edward Carson begleitete, die eine Hälfte aus den Mitgliedern der Orangelogen bestehend, mit breiten gelben Bändern, auf der andern die Vertreter der unionistischen Klubs mit blau-weiß-roten Schärpen.

Die Andacht begann mit der Hymne "O God our help in ages past", einer Hymne, die nicht nur in Ulster gesungen wird, die aber dort in anderer Melodie erklingt als anderswo. — Ein den Worten nach demütiges Schutzgebet ver. wandelt sich durch Rhythmus und Intonation in einen Schlachtgesang nicht inbrünstig und wild, wie es die Lieder sind, die das keltische Volk erheben und begeistern, es tönt hart, klar und bestimmt ein Lied, aus dessen Rhyth. mus der Marschtritt organisierter Bataillone herauszuklingen scheint. Die Töne verstummen; ein paar Worte des Vorsizenden - ein Gottesdienst mit einem Borsigenden! - in denen er bittet von allen Beifallsbezeugungen abzustehen, und die Predigt hebt an. Es ist im wesentlichen wenn sie auch von einem religiösen Terte ausgeht, eine politische Rede. Sie feiert das große Zivili. sationswerk, das die protestantischen Kolonisten im Ulfter des 17. Jahrhunderts vollbracht haben, ein Zivilisationswerk, das durch die Erfüllung des keltischen Traumes von der Unabhängigkeit Jrlands gefährdet werden würde. Das Zivilisationswerk ist nach des Predigers Meinung protestantisch. Protestan tismus und Kultur sind ihm gleichbedeutend und nach ihm durch Home Rule gemeinsam gefährdet. Die irische Frage ist im innersten Wesen ein Krieg gegen den Protestantismus; es ist der Versuch, eine römisch-katholische Vorherrschaft in Irland zu begründen. Dieser Versuch, der Redner spricht von Ver schwörung, darf und wird nicht glücken, denn Ulster weiht sich „dem Dienste unseres Gottes, der Religion und unseres Landes“. Damit ist die Predigt, im kampflustigsten Tone vorgetragen, beendet; die Nationalhymne wird ange. stimmt, der Saal leert sich, die Ehrengarden treten zusammen, und in schnellen festen Schritten geht's hinaus, um teilzunehmen an dem großen Umzuge, der ganz Belfast und einen großen Teil des umliegenden Landes nach der Stadt. halle bringen soll, wo der Bund unterzeichnet wird.

Dieser Marsch durch die Straßen Belfasts ist der Höhepunkt des Ulster.

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tages. Belfast ist heute eine Großstadt geworden, deren breite Hauptstraßen mit ihren gewaltigen Steinbauten den Eindruck gefestigten Wohlstands machen. Es ist über das Zeitalter der bloßen Zweckmäßigkeitsbauten herausgewachsen ; das mächtige Rathaus auf dem Donegal-Platz ist ein echtes Sinnbild seiner Stärke geworden. Dorthin lenken sich, von verschiedenen Seiten kommend, die Züge des organisterten Ulster, die den Bund unterschreiben wollen. Eine dichte Menschenmasse meist aus Frauen und Mädchen im Sonntagsstaat bestehend - füllt die Straßen, deren Häuser mit blau-weiß-roten Farben geschmückt sind. Durch fie hindurch muß die Menge der organisierten Ulster. leute. Acht Mann breit kommen sie daher, mit festen schnellen Schritten; rechts je vier Mann, Mitglieder des Orange-Ordens mit orangefarbigen Binden, links neben ihnen, ebenfalls vier Mann mit blau-weiß-roten Schärpen, die Mitglieder der unionistischen Klubs.

Sie ziehen in sonntäglichem Feierstaat brüderlich vereint nebeneinander her, Ortsloge nach Ortsloge, Gruppe nach Gruppe; an der Spize der einzelnen Abteilungen marschiert ein Musikkorps; bald Trommler eines unionistischen Arbeiter. oder Temperenzlervereins, bald, in der alten schottischen Nationaltracht in Tartan und Kilt mit dem schwingenden Schritt der Hochländer ein Trupp schottischer Pfeifer, die alten Kampfesweisen spielend. Vor den Grup pen marschteren die Offiziere, häufig Geistliche - neben ihnen, mit Helle. barden versehen, die Unteroffiziere, die als Ordner tätig sein müssen. Ohne Stockung und Aufenthalt geht es in flottem Marschtempo vorwärts. Kein Spalier hält den Marschierenden die Bahn frei; die Polizei ist nicht vor. handen; sie steht für Notfälle bereit an den Eingängen der Nebenstraßen, die Ordnung des ganzen Zuges dem Volke von Belfast selbst überlafsend. Und ohne Zwischenfälle geht alles glatt vor sich. Manchmal tönt ein kurzes Kom. mandowort. Hier und da, an einer Straßenkreuzung, scheint sich die umstehende Menge gar zu sehr zu stauen und den Durchzug unmöglich zu machen. Ein Hellebardier schiebt sie ein wenig zurück, und glatt und unaufhaltsam rinnt der Strom weiter, die Menschenmenge zu beiden Seiten als Ufer benugend, die seinen Lauf leiten, aber nicht hindern. Stets öffnet sich die Menge und läßt Raum für diese seltsam organisierte Prozession, die zwar noch kein Volk in Waffen darstellt, aber ein Volk zeigt, das waffengewohnt und waffenbereit ist. Sie ziehen heute ohne Waffen ernst und stramm daher, selbst diszipliniert und ohne Prahlerei, ihren Führern sich fügend, weil sie ihnen vertrauen. Sie werden nicht zu Hause bleiben, wenn der Ruf an sie ergehen sollte - um, wie fie innerlich fühlen, das Werk zu vollenden, das ihrer Meinung nach weder Oliver Cromwell noch Wilhelm von Oranien ganz zu Ende bringen durften endgültig Ordnung in Irland zu schaffen. Sie werden dabei nicht im Vertrauen auf die Taten ihrer Väter unorganisiert

fich einem Feinde stellen; fie vertrauen ihrem Gott, aber sie zweifeln nicht, daß fie ihre Organisation selbst ausbauen müssen.

Von drei Seiten rollen die Züge dem Rathaus zu, einander begegnend und einander ausweichend; und ohne Zusammenstöße und ohne Konflikte ziehen am Abend die Vereine mit klingendem Spiel in ruhiger, selbstsicherer Ordnung wieder in die entfernten Vorstädte ab, soweit sie nicht ihrem Führer, der zu Schiff Belfast verläßt, das Abschiedsgeleit geben.

Es liegen ein paar Betrunkene am Wege,—fie zählen kaum zu den Organtsterten und man weiß nicht, zu welcher Partei sie gehören; sie sind das einzige sichtbare Zeichen von Unordnung. Das katholische Belfast — Belfast zählt über 60000 Katholiken — verläßt seine Bezirke nicht, die dicht an die Straßenzüge angrenzen, durch die der Hauptmarsch nach dem Rathaus ging. Es gehorcht dem Gebot seiner Führer und weicht jeder Herausforderung aus. Auf beiden Seiten hält die Organisation den glühenden Haß zurück. Aber besorgt frägt mancher Einsichtige, ob sie dem zunehmenden Druck der Leidenschaften gewachsen sein wird, ob nicht ein unglücklicher Zufall eines Tages eine Entladung her. beiführen wird. Das katholische Irland pflegt Ulfter den „Schwarzen Nor. den" zu nennen. Es wird diesem Namen an dem Tage entsprechen, an dem die Schranken einer Selbstdisziplin niederbrechen, die heute überwältigend und darum doppelt beängstigend erscheint.

Der nächste Tag war ein Sonntag, der einförmig still nach schottischer Sitte verbracht wird; ehe er anbricht, sind die äußeren Spuren des vergangenen Tages, Papierschnitzel, farbige Läppchen usw. längst beseitigt; sauber, doch ausgestorben liegen die großen Straßenzüge da, durch die sich noch eben die Menschenmengen wälzten, um sich in feierlichem Gelöbnis zum Bürger. krieg zu verpflichten.

M. J. Bonn.

Prinz Ludwig.

er Mann, der am 12. Dezember 1912 an die Stelle des Prinz-Regenten Luitpold getreten ist, hat fast fiebzig Jahre alt werden müssen, bis er das Ziel erreichte, nach dem jeder Thronfolger sich sehnt. Zwar hat Prinz Ludwig von Bayern in den lezten Jahren in Ansprachen an Künstler mehrmals gesagt, er selbst werde wohl nicht mehr die Staatsgeschäfte übernehmen, und hat dabei auf seinen Sohn verwiesen, den Prinzen Rupprecht, den Erben der Kunstliebe des verstorbenen alten Herrn. Das mag Resignation des Alternden gewesen sein, aber nichts berechtigt zu der Annahme, der zum Herrschen Berufene und auch Befähigte habe nicht den heißen Wunsch gehabt zur Herrschaft zu gelangen. Und nun ist alles den normalen Weg gegangen. Seit ein paar Monaten wußte

man, daß der Tag des Prinzen Ludwig kommen würde; und wenn er durch das Ereignis selbst überrascht worden ist: auch ihm war bekannt, wie gering schließ. lich die Zuversicht der Ärzte war, den müde und unbeweglich gewordenen Greis noch festzuhalten an einem Leben, das ihm ohne Natur- und Kunstgenuß schwer. lich lebenswert erschien.

Zu den ersten Regierungshandlungen des neuen Herrn gehörte die Prokla. mation über die „Fortsetzung der Reichsverwesung“ und die in solchen Fällen übliche Vertrauenskundgebung an die Staatsminister, und dann kamen allerlei Erlasse über Landestrauer, Hoftrauer, Armeetrauer und dergleichen, so daß man bei all dem altertümlich höfischen Zeremoniell fast hätte vergessen können, wie Prinz Luitpold, dieser Schlichteste der Schlichten, in seiner alten Lodenjoppe auf dem Totenbette lag, und fast hätte glauben können, sein Nachfolger sei ein Fürst, der Pracht und strenge Etikette liebt. Dem ist aber nicht so. Man weiß ja, daß die Prachtentfaltung an den Fürstenhöfen viel weniger der Neigung der Herrscher als der ihres Volkes entspricht, das in der Regel zufrieden ist, wenn es sich am Thronesglanz „satt sehen“ kann und großen Wert darauf legt, daß der Hof an den großen Feiertagen nach außen hin recht viel hermache. Jm speziellen Falle wäre es doppelt verkehrt, anzunehmen, daß Prinz Ludwig sich in seinem Wesen ändern und etwa Formen des äußerlichen Hofbetriebes wünschen wird, wie sie in Berlin oder Potsdam üblich sein mögen. Vom Standpunkt einer guten bayerischen Tradition, die nur einmal, durch König Ludwig II., unter brochen worden ist, wäre das auch nicht zu wünschen; denn Prinz Ludwig, der in seiner Erscheinung nichts Bestrickendes, Bezauberndes, Faszinierendes hat, verdankt den von ihm bisher erreichten, übrigens noch nicht ausnehmend hohen, Grad von Beliebtheit eben der Einfachheit und Bürgerlichkeit seines Auftretens und den von ihm stets geübten Tugenden eines tüchtigen, sparsamen und be sorgten Hausvaters, der sich seiner vielköpfigen Familie widmet und mit dem Volke des Werktags denkt.

Außerhalb Bayerns kann man sich nicht leicht eine Vorstellung machen von den intimen Beziehungen des neuen Regenten zur Öffentlichkeit und von der Selbstverständlichkeit dieser sympathischen, weil nie mit Würdelosigkeit ver bundenen Intimität. Prinz Ludwig ist Zivilist vom Scheitel bis zur Sohle. In Uniform hat man ihn nicht oft gesehen, und wenn er als Vertreter seines Vaters die seltsame Parade über die Münchener Garnison abnahm, wo die Schweren Reiter mit dem schweren Pallasch im Arm stolz zu Fuß dahermar. schierten, so sah man ihm an, daß er höhere Güter kennt als seinen Rang als Feldmarschall. Ein Kriegsheld war Prinz Ludwig nie und er wird es nie sein. Und da der Prinz selbst herzlich darüber gelacht hat, mag in diesem Zusammen. hang an die famose Karikatur von Gulbransson im Simplizissimus erinnert werden; jene Darstellung des Prinzen inmitten der Schiedsrichter bei einem

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