Der Wild- und Rheingraf stieß ins Horn: ,,Hallo, hallo zu Fuß und Roß!" Sein Hengst erhob sich wiehernd vorn ; Laut rasselnd stürzt' ihm nach der Troß; Laut klifft' und klafft' es, frei vom Koppel,
Durch Korn und Dorn, durch Heid' und Stoppel.
Vom Strahl der Sonntagsfrühe war Des hohen Domes Kuppel blank. Zum Hochamt rufte dumpf und klar Der Glocken ernster Feierklang. Fern tönten lieblich die Gefänge Der andachtsvollen Christenmenge.
Rischrasch quer übern Kreuzweg ging's Mit Horrido und Hussasa!
Sieh da! Sieh da, kam rechts und links Ein Reiter hier, ein Reiter da.
Des Rechten Noß war Silbersblinken, Ein Feuerfarbner trug den Linken.
Wer waren Reiter links und rechts ? Ich ahn' es wohl, doch weiß ich's nicht. Lichthehr erschien der Reiter rechts Mit mildem Frühlingsangesicht. Graß, dunkelgelb der linke Nitter Schoß Blitz' vom Aug' wie Ungewitter.
,,Willkommen hier zur rechten Frist, Willkommen zu der edlen Jagd! Auf Erden und im Himmel ist Kein Spiel, das lieblicher behagt! Er rief's, schlug laut sich an die Hüfte Und schwang den Hut hoch in die Lüfte.
Schlecht stimmet deines Hornes Klang,“' Sprach der zur Rechten sanften Muts, ,,Zu Feiergloc' und Chorgesang. Kehr um! Erjagst dir heut nichts Gut's. Laß dich den guten Engel warnen Und nicht vom Bösen dich umgarnen!
,,Jagt zu, jagt zu, mein edler Herr!" Fiel rasch der linke Nitter drein. ,,Was Glockenklang? Was Chorgeplärr? Die Jagdlust mag Euch baß erfreun! Laßt mich, was fürstlich ist, Euch lehren Und Euch von jenem nicht bethören ! “
,,Ha, wohl gesprochen, linker Mann! Du bist ein Held nach meinem Sinn. Wer nicht des Waidwerks pflegen kann, Der scher' ans Paternoster hin! Mag's, frommer Narr, dich baß verdrießen, So will ich meine Lust doch büßen!
Und hurre, hurre, vorwärts ging's, Feld ein und aus, Berg ab und an. Stets ritten Reiter rechts und links Zu beiden Seiten neben an.
Auf sprang cin weißer Hirsch von ferne Mit sechzehnzackigem Gehörne.
Und lauter stieß der Graf ins Horn, Und rascher flog's zu Fuß und Noß; Und sieh! bald hinten und bald vorn Stürzt' einer tot dahin vom Troß. ,,Laß stürzen! Laßz zur Hölle stürzen ! Das darf nicht Fürstenlust verwürzen.“ Das Wild duckt sich ins Ährenfeld Und hofft da sichern Aufenthalt. Sieh da! Ein armer Landmann stellt Sich dar in kläglicher Gestalt. „Erbarmen, lieber Herr, Erbarmen ! Verschont den sauren Schweiß des Armen ! ‘*
Der rechte Ritter sprengt heran
Und warnt den Grafen sanft und gut. Doch baß hetzt ihn der linke Mann Zu schadenfrohem Frevelmut.
Der Graf verschmäht des Nechten Warnen Und läßt vom Linken sich umgarnen.
,,Hinweg, du Hund!" schnaubt fürchterlich Der Graf den armen Pflüger an. ,,Sonst het' ich selbst, beim Teufel! dich. Hallo, Gesellen, drauf und dran! Zum Zeichen, daß ich wahr geschworen, Knallt ihm die Peitschen um die Ohren ! '
Gesagt, gethan! Der Wildgraf schwang Sich übern Hagen rasch voran,
Und hinterher, bei Knall und Klang, Der Troß mit Hund und Noß und Mann; Und Hund und Mann und Roß zerstampste Die Halmen, daß der Acker dampfte.
Vom nahen Lärm emporzescheucht, Feld ein und aus, Berg ab und an Gesprengt, verfolgt, doch unerreicht, Ereilt das Wild des Angers Plan Und mischt sich, da verschont zu werden, Schlau mitten zwischen zahme Herden.
Doch hin und her durch Flur und Wald, Und her und hin durch Wald und Flur, Verfolgen und erwittern bald
Die raschen Hunde seine Spur. Der Hirt, voll Angst für seine Herde, Wirst vor dem Grafen sich zur Erde.
,,Erbarmen, Herr, Erbarmen! Laßt Mein armes, stilles Vieh in Ruh ! Bedenket, lieber Herr, hier graft So mancher armen Witwe Kuh. Ihr Eins und Alles spart der Armen ! Erbarmen, lieber Herr, Erbarmen ! “
Der rechte Nitter sprengt heran Und warnt den Grafen sanft und gut. Doch baß hetzt ihn der linke Mann Zu schadenfrohem Frevelmut.
Der Graf verschmäht des Rechten Warnen Und läßt vom Linken sich umgarnen.
,,Verwegner Hund, der du mir wehrst! Ha, daß du deiner besten Kuh
Selbst um- und angewachsen wärst, Und jede Bettel noch dazu!
So sollt' es baß mein Herz ergözen, Euch stracks ins Himmelreich zu heßen,
,,Hallo, Gesellen, drauf und dran!
Jo! Doho! Hussasasa ! “
Und jeder Hund fiel wütend an, Was er zunächst vor sich ersah. Bluttriefend sank der Hirt zur Erde, Bluttriefend Stück für Stück die Herde.
Dem Mordgewühl entrafft sich kaum Das Wild mit immer schwächerm Lauf. Mit Blut besprengt, bedeckt mit Schaum, Nimmt jetzt des Waldes Nacht es auf. Tief birgt sich's in des Waldes Mitte In eines Klausners Gotteshütte.
Nisch ohne Rast mit Peitschenknall, Mit Horrido und Husfasa
Und Kliff und Klaff und Hörnerschall Berfolgt's der wilde Schwarm auch da. Entgegen tritt mit sanfter Bitte Der fromme Klausner vor die Hütte.
,,Laß ab, laß ab von dieser Spur! Entweihe Gottes Freiftatt nicht! Zum Himmel ächzt die Creatur
Und heischt von Gott dein Strafgericht.
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