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Briefes mit der Weisung, daß sie zu dem Ende sich selber allesammt Nüchternheit, d. i. vorsichtiges Maßhalten lehren, und auch selbst darinnen wandeln sollen; eine Weisung welche, wie der ganze Inhalt dieses Kapitels, zugleich das Nächstfolgende vorbereiten und den Philippern für das richtige Verfahren in Betreff des vorliegenden Einzelfalles Maß geben soll.

11. Nunmehr kommt Polykarpus auf den Aeltesten Valens, gegen den, wie aus dem Folgenden erhellt, Anklage der Geldgier, der Unkeuschheit und Unwahrhaftigkeit vorlag. Wahrscheinlich an dem ersten und leßten dieser Vergehen war dessen Weib mitschuldig. Polykarpus behandelt den Fall mit großer Zartheit und seelsorgerischer Weisheit. Er verdammt nicht, schilt auch nicht; durch sein eignes Verhalten zeigt er den Philippern, wie sie die Sache nehmen sollen: Er ist sehr betrübt darüber, daß Valens seine Aeltestenwürde so gar nicht erkannt hat, und indem er die Philipper selbst vor dessen Vergehen warnt, zeigt er ihnen, daß sie sich dieselben zuvörderst selbst zur Warnung dienen lassen sollen. Fein und rücksichtsvoll ist es, daß er die zu strafenden Sünden nur bei dieser Warnung nennt, nicht mit dem Namen des Valens verbindet. Durch diese Schonung konnte er gewiß seyn, den unglücklichen Mann um so eher zur Buße zu locken.

Aber bei aller liebevollen Milde und Sanftmuth ist er doch fern von unzeitiger weichlicher Nachsicht. Wer sich in solchen Dingen selbst nicht beherrschen kann, sagt er offen, wie will der Andern Selbstbeherrschung predigen? Er darfs nicht, denn er kanns nicht, weil christliche Predigt nicht eine Wissenschaft lehrt, die, wie etwa die Mathematik, an sich einleuchtend und wahr bleibt, wenn auch der Lehrer sittlich nich taugt, sondern Gnade, Glauben und Gerechtigkeit nur aus e

ner Erfahrung oder gar nicht bezeugen kann. Denn das Christenthum ist nicht eine Lehre, sondern eine Sache, nicht Wissen, sondern Leben. Ein predigender Aeltester muß vor Allem selbst ein aufrichtiger Christ seyn. Man kann nicht Gott dienen und dem Mammon. Wer sich der Geldgier hingegeben, der hat einen andern Gott neben dem Herrn, das Geld ist sein Göße, sein Idol, durch dessen Dienst er sich befleckt, und er muß daher für einen Heiden gehalten werden. So wird des Herrn Gericht über ihn ergehen. Wer aber kennet es nicht schon jet ?

In dem angeschloffenen Sage: „Wissen wir nicht, daß die Heiligen die Welt richten sollen, wie Paulus (1. Kor. 6, 2) lehrt?" scheint ein hier beabsichtigter Doppelsinn zu liegen. Einerseits kann damit gesagt seyn, daß, wer über Sünden und Verirrungen, die von der Welt sind, in der Gemeinde richten wolle, auch ein Heiliger und kein Heide seyn müsse; anderseits kann es der Gemeinde einschärfen, daß sie berufen sey, über den Fall des Valens zu richten. Möglich, daß sie damit gezögert, daß sie vielleicht selbst erst die Meinung des Polykarpus darüber hatte hören wollen. Es wäre ganz in seiner zarten Weise, sie dergestalt indirect an ihre versäumte Pflicht zu mahnen, zumal er sie sofort erinnert, daß ihnen dergleichen Sünden doch von Anfang an ferne gewesen.

Die Aeußerung, Polykarpus selbst habe nichts dergleichen an ihnen verspürt, läßt vermuthen, daß er selbst früher in Philippi gewesen sey. Er bezieht sich wegen der vorigen Zeit auf das Lob, das ihnen Paulus gleich am Anfange seines Briefes an sie ertheilt. Der angeschlossene Saz: „Denn von euch rühmt er in allen Gemeinden, die allein dazumal Gott kannten; wir aber kannten ihn noch nicht" ist vermuthlich durch Schuld des lateinischen Uebersezers nicht ganz klar. Daß er in der gegenwärtigen Zeit von Paulus spricht: „von euch rühmet er," müßte schließen lassen, daß dieß in den Briefen

Pauli geschähe. Allein in ihnen allen wird Philippi nicht erwähnt, außer 1. Theff. 2, 2, wo aber von dem Ruhme der Gemeinde nichts steht. Ebensowenig finden wir davon etwas in der Apostelgeschichte. Die Stelle bleibt daher unklar. Da es ferner sehr wahrscheinlich ist, daß die Smyrnäer doch schon bei dem langen Aufenthalte und der weitreichenden Wirksamkeit des Paulus in Ephesus zur Erkenntniß Gottes gebracht seyen, so müßte sich das damals" in jener Stelle auf die vorher liegende Zeit beziehen, vom Jahre 52 an, wo Paulus. die Gemeinde zu Philippi gründete, bis zum Jahre 57 oder 58, wo er von Ephesus aus wirkte. Polykarpus meint mit den Gemeinden, welche damals noch allein Gott erkannt hatten, dann diejenigen, welche bestanden vor denen in der Asia proconsularis. Aus dieser Zeit könnte ihm auch ein uns unbekanntes Zeugniß vorgelegen haben, woraus hervorgegangen, daß Paulus den Glauben und die Lauterkeit der Philipper überall rühme. Möglich bleibt es immerhin, daß die smyrnäische Gemeinde überhaupt erst nach Pauli Zeiten gestiftet worden sey.

Polykarpus erinnert die Gemeinde an diesen ihren alten und seines Wissens bisher bewahrten Ruhm, theils damit sie sich selbst prüfen soll, wie der Fall des Valens bei ihr habe vorkommen können, denn auch dergleichen Einzelfälle stehen immer mit dem Zustande der ganzen Gemeinschaft, in der sie vorkommen, im Zusammenhang, und auf ihn fällt immer ein gewisser Theil der Mitschuld, theils damit sie ihren vorigen Ruhm auch jezt aufrecht zu halten suche, da die Vergehen des Valens ihn gefährden. Die Gemeinde mußte nun erwarten, daß er etwa fortführe: Darum übt keine unzeitige Schonung, und gedenket, daß ihr die Aergernisse von euch hinausthun follt. Allein er hatte die Strafwürdigkeit des Schuldigen schon vorher ausgesprochen und den Philippern die Befugniß zuer

kannt, darüber zu richten; jezt sucht er sie mit Weisheit und Milde zur Mäßigung gegen den gefallenen Bruder zu leiten, indem er seine eigne Bekümmerniß über ihn und sein Weib erwähnt, sowie seinen Wunsch, daß ihnen Gott aufrichtige Buße geben wolle. Mit solchen Gefühlen sollen auch sie in dieser Angelegenheit maßvoll, nüchtern vorgehn, und die Schuldigen nicht sogleich als Feinde erachten (II. Theff. 3, 15), sie nicht von sich stoßen, als hätten sie nichts mehr mit ihnen gemein; denn dadurch würden weder jene gebessert, noch der Schaden der Gemeinde, und wenn Brüder fallen, so werden unsre Pflichten gegen sie ja nicht aufgehoben, sondern nur ge= ändert; vielmehr sollen sie nicht aufhören, die Gefallenen als Glieder anzusehen, sie aber als kranke und irrende Glieder wieder zurückbringen, damit der ganze Leib der Gemeinde wieder geheilt werde, der durch die Krankheit der Glieder an seiner eignen Gesundheit Schaden hat. Gewiß schwebte Polykarpus, als er dieß schrieb, eine Erinnerung an die Lehren des heiligen Ignatius vor. Auch Paulus hatte schon gesagt, so Ein Glied leide, litten alle Glieder mit. Die Einheit und organische Ganzheit der Gemeinde konnte dann aber nicht schöner und schärfer bezeichnet werden, als wenn er nun sagt, daß sie nur sich selber erbaueten, wenn sie durch Heilung der kranken Glieder den ganzen Leib heil machten. Es sind das Wahrheiten und Aufassungen, die wir gegenwärtig erst wieder zu lernen haben.

12. Auch zu Anfang dieses Kapitels scheint der Text in der lateinischen Ueberseßung gelitten zu haben. Das rechte Verständniß und der Zusammenhang des ersten Sazes mit dem Vorhergehenden dürfte wol so zu fassen seyn. Polykarpus hatte die Philipper soeben ermahnt, die beiden Gefallenen als leidende und irrende Glieder zurückzurufen. Er hofft, daß sie

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dazu gerüstet seyen, denn er traut ihnen einerseits hinreichende Uebung in heiligen Schriften zu, um aus ihnen zu entnehmen. was sie zu diesem Zweck bedürfen, um auf sie sich berufen zu können, anderseits auch genügende Kenntniß der Sachlage, so daß ihnen nichts davon verborgen sey. Ihm ist es nicht verstattet, jene zurückzurufen und so selbstthätig sich der Sache anzunehmen; darum überläßt er dieß in solchem Vertrauen den Philippern felbst; indeß sollen sie nicht vergessen, daß in denselbigen Schriften auch gesagt sey: „Zürnet und sündiget nicht, und laffet die Sonne über euern Zorn nicht untergehen.“ Er preiset, um sie noch mehr hieran zu mahnen, den felig, welcher deß eingedenk ist, was die heiligen Schriften sagen, und reizet sie zum Gehorsam damit, daß er seinen Glauben ausspricht, so sey es bei ihnen. Wenn man die Worte: „mir aber ist es nicht verstattet" von der Schriftkenntniß hat verstehen wollen, deren sich Polykarpus nicht erfreue, so steht dem entgegen, daß Polykarpus, wie eben unsre Stelle, die sich auf Eph. 4, 26 bezieht, zeigt, unter den heiligen Schriften auch schon die neutestamentlichen versteht, und daß es eine sonderbare Bescheidenheit gewesen wäre, in einem Briefe, wo fast jedes Kapitel Anführungen aus den heiligen Schriften enthält, zu sagen, es fehle ihm an deren Kenntniß.

Die aus Eph. 4, 26 angeführte Schriftstelle bezieht sich auf Pf. 4, 5 zurück, wo sich der erste Theil: „Zürnet und fündiget nicht," findet. Die Ausleger sind an beiden Stellen uneinig, ob dadurch der gerechte Zorn geboten und nur das Sündigen in demselben untersagt, oder mit dem Sündigen auch das Zürnen verboten werde. Lezteres entspricht wol dem. Gange und Sinne des Psalmes, nicht der Anwendung des Paulus, der die Worte nach dem Griechischen der Siebenzig anführt. Ueberdem ist es dort ein Zuruf an tadelnswerthe Gegner, hier eine Mahnung an die heilige Gemeinde. Nach

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