ÀҾ˹éÒ˹ѧÊ×Í
PDF
ePub

er am Ende selbst hingekommen ist, oder einen Boten gesandt hat, wissen wir nicht.

Weiter erfahren wir, daß die Philipper gewünscht hatten, Polykarpus möge ihnen die Briefe des Ignatius an ihn und seine Gemeinde, sowie die andern, die er in Händen habe, abschriftlich mittheilen, auch daß er diesen Wunsch eben bei Sendung des gegenwärtigen Schreibens erfüllt habe. Seine Empfehlung, sein Lob dieser Briefe wird man in aller Weise gerechtfertiget finden.

Die Bitte um Mittheilung etwaiger näherer Nachrichten über Ignatius und dessen Gefährten liegt, sowie der Ueberrest des Briefes, wieder nur in alter lateinischer Uebersetzung vor. Sie zeigt, daß sichere Nachrichten von dem Martyrtode des Heiligen Ignatius noch nicht nach Smyrna gelangt waren, und daß Polykarpus im neunten Kapitel den großen Bischof von Antiochien nur unter die Seligen gerechnet hatte, weil er vorausseßte, derselbe habe sein Loos bereits erfüllt. Da Jg= natius im August 107 in Smyrna gewesen und die Nachricht allen Glauben verdient, daß er am 20. December desselben Jahres zu Rom geendet habe, so darf angenommen werden, daß der Brief des Polykarpus im Spätherbst oder Winter 107 oder zu Anfang des Jahres 108 geschrieben sey. Denn bei dem lebhaften Verkehr, den so bedeutende Städte wie Smyrna und Philippi mit der Hauptstadt des Reichs hatten, würde jene Kunde wol schon in wenigen Wochen dahin gelangt seyn. Auch ist kaum zu denken, daß Polykarpus und die Smyrnäer die von Ignatius so dringend gewünschte Absendung eines Boten nach Antiochien bis weit in das folgende Jahr hinein verzögert haben würden.

14. Das kurze

Schlußkapitel empfiehlt den Philippern den Ueberbringer des Briefes, Crescens. Vermuthlich hatte Polykarpus sie durch eine andre Gelegenheit, etwa ihren eigenen zurückgehenden Boten, wissen lassen, er werde ihnen Antwort auf ihren Brief durch diesen Crescens übersenden, den er dann schon im Voraus auf den Tag seiner Ankunft empfohlen hatte. Er versezt sich mit seiner Schreibweise, nach der lebhaften Art der Alten, in den Augenblick, wo sein Brief in der Gemeinde, an die er gerichtet war, vorgelesen wird, und sagt deßhalb, er habe auf den gegenwärtigen Tag hin den Crescens empfohlen und empfehle ihn auch jetzt. Er begründet diese Empfehlung damit, daß Crescens durch seinen unbescholtenen Wandel in Smyrna ihm die Zuversicht gebe, er werde sich ebenso in Philippi bewähren. Auch dessen Schwester empfiehlt er. & scheint, daß das Geschwisterpaar von Smyrna nach Philippi sich übersiedelt habe.

Die Endwünsche, daß sie, die Philipper, im Herrn Jesu Christo unversehrt, geistlich und leiblich wolbehalten bleiben und daß die göttliche Gnade mit ihnen Allen seyn möge, füh ren zu dem Schlußamen des Briefs.

Fernere Betrachtungen.

Es ist im Vorstehenden versucht worden, Sinn und Zusammenhang des Polykarpischen Briefes zu entwickeln und die Aeußerungen des Verfassers, welche in einem Schreiben von so geringem Umfange natürlich nur Einzelheiten aus dem Ganzen seines christlichen und kirchlichen Bewußtseyns enthalten konnten, aus der Fülle der evangelischen und apostolischen Anschauungen zu erläutern, in welchen er, wie sein Brief theils ausspricht, theils unabsichtlich verräth, mit ganzer Seele lebte.

Erwägen wir den Inhalt des Schreibens, die erwecklich lehrende und mahnende Form, die Stellung, die es recht in der Mitte der christlichen Grundprinzipien nimmt, die Art, wie es dieselben überall und für Alle zur lebendigen Anwendung forttreibt, so begreifen wir wol, wie es Jahrhunderte lang ein öffentliches kirchliches Lesestück in jenen Gegenden bleiben konnte, wo Polykarps langes segensreiches Leben, sein Ansehen als Apostelschüler, sein ruhmwürdiges Ende einen tiefen Eindruck hinterließ, die Erinnerung an ihn dauernd wach erhielt, und dann selbst wieder durch die wiederholte Lesung immer von neuem angefrischt wurde.

Wir sehen, wie Polykarpus ganz eigentlich gefüllt und durchsättigt ist von der apostolischen Lehre. Die Unmittelbarkeit der ersten mündlichen Ueberlieferung, deren er selbst wiederholt gedenkt, steht in ihm noch frisch und lebendig, und durch sie gliedert sich Alles, was die heiligen Schriften ihm bieten, zu einem vollen Ganzen. So klingen dann die Grundevangelien, sodann Petrus, Paulus, Johannes überall durch und verbinden ihre mannigfaltigen Töne in ihm zur klaren Harmonie. Er selbst giebt, lehrt und mahnt unmittelbar aus dieser Fülle heraus, als aus einem Gegebenen. Die tiefe Beschaulichkeit eines Johannes, das scharfe Gedankendurchringen eines Paulus liegen ihm fern. Er fühlt sich befriedigt in dem Reichthum des Besißes der überkommenen Offenbarung, und sein Streben und Ringen geht nur auf dessen volle Hineinwendung in das Leben des Glaubens, der Liebe und des Wirkens.

Hat man sich im Eifer für die Lehre der Rechtfertigung aus dem Glauben nicht abgeneigt gezeigt, dem Briefe Werkgerechtigkeit vorzuwerfen, so wäre es nicht zu verwundern, von andrer Seite den Tadel zu hören, daß er das Verdienst der Werke an den Heiligen doch eigentlich nirgends gehörig betone.

Der Stoff seines Schreibens, die Gerechtigkeit des Christenlebens, hätte leicht dahin führen können, daß er jenen Vorwurf verdient, diesen Tadel vermieden hätte. Wir sahen jedoch, wie er sich dabei in völlig apostolischer Weise durchaus im glücklichen Gleichgewicht zeigt, wie er, alles Heil zurückführend auf die göttliche Gnade in Chrifto, kein Gerechtverhalten kennt ohne die Liebe, keine Liebe ohne den Glauben und ohne diesen keine Wegnahme der Sünden, keine Rechtfertigung. Mit dem Allen wurzelt seine ganze Seele so tief und innig in dem Gottesleben Christi, und hiervon ist sein Brief ein so klarer und voller Ausdruck, daß wir keinen Anstand nehmen, denselben für ein Werk des heiligen Geistes zu erkennen.

Um so auffallender ist es, daß gerade des heiligen Geistes auch mit keiner Sylbe von ihm gedacht ist, da dieser es doch ist, der durch den Glauben das Leben Christi in uns zeugt, so daß die Früchte der Gerechtigkeit geradezu Früchte des Geistes heißen. Auch ist die Lehre vom heiligen Geist in den von Polykarpus angeführten biblischen Büchern so reichlich enthalten, und die von Anfang an feststehende Taufformel erinnert so nachdrücklich daran, daß dieß Schweigen dadurch um so auffallender wird. Aber gerade das berechtigt uns nicht, aus dem Schweigen zu schließen, daß die Lehre vom heiligen Geist dem Polykarpus fremd gewesen sey. Die Zeit ihrer kirchlichen Durcharbeitung war nur noch nicht gekommen. Sie stand noch im Hintergrunde. Sie mußte erst angetastet werden, um sie zum Gegenstande der Reflexion zu machen und in gleiche Reihe mit den übrigen Grundlehren herauszuführen. Für jeßt mußten die noch immer jungen Gemeinden nur erst in Christo recht gegründet und festgehalten werden, und dabei kam es auf das unmittelbare Walten und Wirken des lebendigen Gottesgeistes an. Der Herr kennt seine Zeit. Der Geist weiß, wann es besser ist, daß er im Stillen mächtig sey, und wann er er

kannt werden wolle. So, wie die Lehre von Christo, ist die Lehre vom heiligen Geiste bis heute noch nicht durchgearbeitet worden und harrt ihrer Zukunft. Auf den Glauben und die Erkenntniß Christi kam es aber zu allen Zeiten an, und wie Polykarpus (auch den Irrlehrern gegenüber) die Gottmenschheit Christi, die allumfassende Bedeutung seines Leidens, Todes und Auferstehens zur Verfühnung und Erneuerung der Menschheit, sein ewiges Hohespriesterthum, sein göttliches Walten und Wirken in der Verherrlichung mit dem Vater, insbesondere in der Kirche, wie er die Heimsuchung seines Bluts an den Ungläubigen, sein Weltrichteramt, seine ewige Beseligung der Gläubigen, die er auferweckt und heimführt, erkannt hat und predigt, das haben wir gefehen.

Die ganze Art und der Gang des Briefes zeigt uns aber auch, daß Polykarpus kein Mann ringender Denkarbeit oder geistlicher und kirchlicher Hervorbringungskraft war. Er steht, wie schon bemerkt, in der Fülle apostolischer Glaubensüberlieferung und hat sich dieselbe innerlichst angeeignet, aber ohne, wie Ignatius, tiefer hineinzugraben und neue Schäße zur ausgebreiteteren kirchlichen Verwendung herauszufördern und selbst zur Anwendung zu bringen. Wie ein reines Gefäß hat er die lautere Welle aus den apostolischen Brunnenröhren in sich aufgenommen und sprengt sie so auch unverseht wieder aus, gerade, einfältig und unschuldig. Indem er aber dergestalt das Gegebene anwendet, trifft er immer das Nichtige. Und bemerken wir, mit welcher ächten Hirtenweisheit, mit welcher feinen Klugheit und wirkungsvollen zarten Rücksichtnahme er lehrt, mahnt, zurechtweist und den besonderen Fall behandelt, so glauben wir ihm eine hohe Begabung zur kirchlichen Leitung im Ganzen und zur rechten Seelenführung im Einzelnen, sowie ein großes Lehrgeschick zuerkennen zu müssen.

« ¡è͹˹éÒ´Óà¹Ô¹¡ÒõèÍ
 »