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Diese Lehren" (die nehmlich Florinus aufgestellt), „sind, daß ich schonend spreche, von keiner gesunden Richtung; diese Lehren sind nicht im Einklang mit der Kirche und stürzen ihre Anhänger in die größte Gottlosigkeit; diese Lehren haben auch die außerkirchlichen Häretiker nie vorzubringen gewagt; diese Lehren haben die Aeltesten vor uns, welche auch mit den Aposteln umgegangen sind, dir nicht überliefert. Denn ich habe dich gesehen, da ich noch ein Knabe war, in Niederasien bei dem Polykarpus, als du in glänzenden Verhältnissen standest am kaiserlichen Hofe, und du versuchtest sein Wolwollen zu erwerben. Denn deß von damals erinnere ich mich besser, als des kürzlich Geschehenen. Denn die Erfahrungen aus der Kindheit wachsen mit der Seele zugleich und werden eins mit ihr; so daß ich noch den Ort angeben kann, an dem der selige Polykarpus saß und redete, und sein Ausgehn und Eingehn, und seine Lebensweise und Leibesgestalt, und die Reden die er hielt vor der Gemeinde, und wie er von seinem Verkehr mit Johannes erzählte und mit den Uebrigen die den Herrn gesehen, und wie er ihrer Worte gedachte, und was es sonst über den Herrn war das er von ihnen gehört, sowol über seine Wunder als über seine Lehre; wie nach der Mittheilung von den Augenzeugen des Lebens des Worts Polykarpus Alles einstimmig mit der Schrift erzählte. Dieß hörte ich auch damals durch die Barmherzigkeit Gottes, die mir widerfahren, emsig an und schrieb es zum Gedächtniß nicht auf Papier, sondern in meinem Herzen an, und erinnere mich desselben durch Gottes Gnade noch immer ganz genau; und kann bezeugen vor Gott, daß jener selige und apostolische Aelteste, wenn er so etwas gehört hätte, würde aufgeschrieen, auch seine Ohren zugehalten und nach seiner Gewohnheit gerufen haben: "O guter Gott, auf welche Zeiten hast du mich behalten, daß ich das ertragen muß!" und würde auch von dem Orte ge=

flohen seyn, wo er gesessen oder gestanden und solche Reden gehört hätte. Auch aus seinen Briefen, die er theils an die benachbarten Kirchen geschrieben um sie zu stärken, theils an etliche Brüder um sie zu ermahnen und anzutreiben, kann es deutlich erwiesen werden."

Diese schönen und herzlichen Erinnerungen eines dankbaren großen Schülers reden für sich selbst und geben uns nur noch zu wenigen Bemerkungen Anlaß.

Sie zeigen uns zuvörderst Polykarpus, der schon fünfzig Jahre früher mit dem Gedanken einer Reise nach Antiochien umging, nun noch in seinem hohen Alter auf der Fahrt nach der großen Weltstadt, ergriffen von dem allgemeinen Zuge in der Christenheit nach Erhaltung und Durchführung der katholischen Einheit. Da dieß zur Zeit des römischen Bischofs Anicetus war, welcher frühestens im Jahre 157 dem Bischof Pius zu Nom nachfolgte, so war Polykarpus damals bereits ein neunzigjähriger Greis. Bei der großen Geistesfrische und Lebhaftigkeit, die er sich nach des Jrenäus Schilderung bewahrt hatte, und die auch auf eine rüstige Leibesbeschaffenheit schließen läßt, kann es uns nicht wundern, daß er in so hohem Alter diese Reise noch unternahm. In ganz Rom war wol Niemand mehr, der die Apostel selbst noch gesehen und gehört hatte und von ihrer Rede und Lehre aus Selbsterfahrung zeugen konnte. Die Erscheinung dieses treuen Zeugen voriger Geschlechter mußte daher bei der römischen Gemeinde einen großen Eindruck machen, und er war für die Bestätigung der in ihr geltenden kirchlichen Ueberlieferung als ächter apostolischer Lehre eine hohe und unverwerfliche Autorität. Es ist ganz erklärlich, daß ein solches mit Ernst, Bestimmtheit und Lebhaftigkeit abgelegtes Zeugniß gar Manche, die in abweichende Ansichten gerathen waren, - zur Besinnung brachte, daß sie ihre Irrthümer aufgaben und in die Kirche zurücktraten.

Dem römischen Bischof tritt Polykarpus durchaus als Gleichgestellter und Gleichberechtigter gegenüber und von einer Unterordnung unter denselben findet sich nicht die Leiseste Spur. Die Streitpunkte, die denn auch zwischen ihnen nicht fehlen, werden sehr bald ausgeglichen, wobei das hohe Ansehen des greisen Apostelschülers sicherlich zur raschen Verständigung beitrug. Die Frage wegen der Osterfeier, welche sich übrigens auch mit auf die Art und den Schluß der Fasten erstreckte, trennt die würdigen Männer nicht. Sie suchen einander zwar zu überzeugen, da dieß jedoch keinem gelingt, läßt Jeder den Andern bei seiner Ansicht, indem Beide erkennen, daß die kirchliche Einheit nicht in Einerleiheit der Bräuche bestehe. Wie ganz Anicetus seinen Gast als Gleichen betrachtete und ihn dergestalt ehrte, wird auch dadurch erwiesen, daß er ihm bei Abhaltung der Abendmahlsfeier seinen Plaß abtrat (πapeɣúpeσεv).

Wann und wo die erzählte Begegnung mit dem gnostischen Irrlehrer Marcion stattgefunden habe, ist nicht auszumitteln. Derselbe war aus Pontus, trieb sich in Kleinasien eine Zeitlang umher und ging um 150 nach Rom. Die Geschichte könnte sich daher ebensowol vor 150 in Smyrna, als während Polykarps Besuch in Rom ereignet haben. Sie beweist, wie Ignatius selbst bemerkt, „welche Scheu die Aposteljünger vor den Verfälschern der Wahrheit hatten, daß sie sich auch nicht einmal in ein Gespräch mit ihnen einließen, wie denn auch Paulus sagt: Einen kegerischen Menschen meide, wenn er einmal und abermal ermahnt ist, da du weißt, daß ein solcher verkehrt ist und sündiget, als der sich selbst verurtheilt hat." So heilig und unantastlich galt auch Polykarp die Wahrheit, und wir können daraus schließen, mit welcher Sorgfalt er sowohl bei seiner Gemeinde als bei seinen besonderen Schülern über die Reinheit der Lehre und die Fernhaltung verleitender Irrthümer gewacht habe. Wie wir denn die

Erfolge einer solchen Lehrtreue sowol bei dem trefflichen Jrenäus, als auch bei der smyrnäischen Gemeinde wahrnehmen, deren zunächst mitzutheilender Brief sie durchaus fest und klar in der reinen apostolischen Ueberlieferung zeigt.

Am lebhaftesten vergegenwärtigt uns der Brief an Florinus den frischen und kräftigen Altvater, wie er troß seiner hohen Jahre noch rüstig ein und ausgeht, bei innerer Bewegung Lebhaft aufspringt, unermüdlich mittheilsam ist in dem, was er von solchen, die den Herrn selbst noch gesehen, über dessen Thaten und Reden gehört, wie jede Verkehrung der Wahrheit ihn sofort aufregt.

Obwol er aber ein Alter erreichte, das die gewöhnlichen Gränzen des menschlichen Lebens schon erheblich überschritt, so sollte er doch noch seinen Herrn mit dem Martyrtode preisen.

Im Jahre 161 war auf dem römischen Kaiserstuhle dem Antoninus Pius Marcus Aurelius gefolgt, der stoische Philosoph im Purpur, ein Mann, dessen stolzer und edler, nahrungsbedürftiger und gedankenreicher Geist sich für den Verlust des alten heiteren Götterglaubens, der gleichwol seinen dunkeln Bann über ihn behielt, durch eine Philosophie zu ents schädigen suchte, welche einen abstracten, problematischen Gott lehrte, eine selbstgenügsame strenge Tugend in Selbstbeherrschung, Enthaltsamkeit, Gerechtigkeit und kalter Leidenschaftslosigkeit als das Höchste und um sein selbst willen zu Erstrebende voranstellte, und die künftige Fortdauer der Seele für einen Wahn schwacher Gemüther erklärte. Für die tieferen Geister unter den römischen Kraftmenschen war der Stoicismus die einzige Philosophie in dieser Zeit des sterbenden Götterglaubens. Aber gerade einem Stoiker, gerade einem Marcus Aurelius mußten die Christen eine unverständliche und widerwärtige Erscheinung seyn. Ihre demüthige Sündenerkenntniß mußte seinen Tugendstolz, ihr glühender Enthusiasmus seine kalte Selbstbeherrschung,

ihre Glaubensfülle und Todesfreudigkeit seine zweifelnde, hochmüthig verzichtende Vernunft beleidigen und abstoßen. Das ganze Christenthum mußte ihm als ein abenteuerlicher eigensinniger Aberglaube erscheinen, der die nähere Beachtung eines denkenden Mannes gar nicht verdiene. So gedenkt er denn in seinen ganzen zwölf Büchern Betrachtungen, die er für sich selbst aufzeichnete, der Christen auch nur ein einziges Mal. Er sagt daselbst sehr charakteristisch: „ was ist das für eine Seele, die bereit ist vom Leibe, wenn's seyn muß, sich sofort zu trennen, möge sie dabei verlöschen oder zerstäuben, oder fortdauern! und was vorzüglich dann, wenn diese Bereitschaft das Ergebniß eignen Nachdenkens ist! Dann geht sie dem Tode nicht wie die Christen aus bloßer Hartnäckigkeit, sondern mit Ueberlegung, mit Würde, und um auch Andre dafür zu gewinnen, ohne tragischen Prunk entgegen.“ Alle Tugend, Edelmüthigkeit und Menschenliebe, die Marcus Aurelius nicht nur sich selber reichlich vorhielt, sondern auch wirklich übte, hörte daher den verachteten Christen gegenüber völlig auf. Eine auch unsern Zeiten nicht fremde und nicht unerklärliche Erscheinung. Kaum aber war man im römischen Reiche dieser Gesinnung an höchster Stelle gewiß, so brach auch der widerwillig zurückgehaltene natürliche Haß der heidnischen Bevölkerungen gegen die Christen wieder hervor und forderte deren Verfolgungen und Hinrichtungen von den römischen Obrigkeiten, welche, auch wo sie billiger dachten, doch für Nachsicht und Milde beim Kaiser keine Unterstüßung mehr erwarten durften, daher dem tumultuarischen Verlangen der Massen meist nachgaben und nur dabei die prozessualischen Formen nothdürftig wahrten.

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Wie in anderen Theilen des Reichs, so entfesselte sich auch in Kleinasien, auch in Smyrna der Ingrimm des heidnischen Volkes wider die Christen und richtete sich vor Allem gegen den berühmten Lehrer, den Vater der Christen, den

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