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Im Hinblick darauf ist der Werth der geschichtlichen Verwirklichung des Primats nichts genug zu schäßen, wenngleich das gegenwärtige Papstthum an Gewalt und Ansprüchen sehr viel mehr, an Weite und Umfassung sehr viel weniger ist, als es seyn sollte und könnte. Jezt ist der Primat von der lateis nischen Kirche allein in Beschlag genommen, mit ihren Anmaßungen eins geworden, hat sich an sie verloren, in sie beschränken lassen, und in dieser Gestalt kann ihn die deutsche, die lutherische Kirche nicht anerkennen. Aber nicht bloß den Lateinern, der ganzen Christenheit gehört der Primat *).

Die Verehrung und Anrufung der Heiligen.

Der Heiligendienst, mit welchem ein überaus großer Theil der Christenheit, man kann wol sagen, geschlagen ist, gehört zu den merkwürdigsten Erscheinungen und ist nicht so leicht zu erklären, wie sowol seine Gegner als auch seine Vertheidiger anzunehmen geneigt sind. Denn von dem liebenden und ehrenden Gedenken begnadigter Heiligen und Martyrer nach ihrem Tode, bis zu ihrer Anrufung als lebendiger überirdischer Mächte, die der Menschen Verlangen und Wünsche bei Gott vermitteln und mit einer Art Allanwesenheit die Anrufenden in der ganzen Welt vernehmen, ist ein ungeheurer Schritt.

Fragen wir, welches die in der lateinischen Kirche über Diesen Gegenstand geltende Lehre sey, so heißt es in den Beschlüssen der 25. Sigung des tridentinischen Concils:

*) Vergl. K. Lechler, neuteft. Lehre vom heil. Amte. 1857. S.

122-155.

„Die heilige Synode gebietet allen Bischöfen und übrigen mit Lehramt und Seelsorge Beauftragten, daß sie nach katholischer und apostolischer Kirche Gebrauch, von ältesten Zeiten christlichen Glaubens her angenommen, auch nach der heiligen Väter Uebereinstimmung und der heiligen Concilien Beschlüffen, vor Allem über der Heiligen Fürbitte und Anrufung.... die Gläubigen fleißig unterweisen, sie belehrend, daß die zugleich mit Christo herrschenden Heiligen ihre Bitten für die Menschen Gott darbringen, daß es gut und nüßlich sey, sie demüthig anzurufen, und zu Erlangung der Wohlthaten von Gott durch seinen Sohn Jesum Christum, der allein unser Erlöser und Heiland ist, zu derselbigen Bitten, Beistand und Hülfe Zuflucht zu nehmen; daß aber jene gottlos denken, welche leugnen, daß die der ewigen Seligkeit im Himmel genießenden Heiligen anzurufen seyen, oder welche behaupten, daß dieselben für die Menschen nicht bitten, oder daß ihre Anrufung, auch für uns Einzelne zu bitten, Gößendienst sey, oder daß es streite mit dem Worte Gottes und widerstrebe der Ehre des einigen Mittlers zwischen Gott und den Menschen, Jefu Christi, oder daß es thöricht sey, die im Himmel Herrschenden mit der Stimme oder in Gedanken anzuflehen."

Die Anschauung ist demnach folgende: Die gestorbenen Heiligen haben schon jetzt in der himmlischen Seligkeit Theil an der Herrschaft Christi; sie vermögen deshalb dort zu bewirken, daß Gottes Wolthaten durch Christum den Menschen zu Theil werden, und sie bewirken dieß durch Fürbitte, Beistand und Hülfe; werden sie darum angerufen, so vernehmen fie es aller Orten, auch wenn es nur in Gedanken (mente) geschähe, erhören es auch; und deßhalb ist solches Anrufen gut und dienlich. Diese Anschauung soll ferner mit der heiligen Schrift im Einklang stehen, in den ältesten Zeiten der Kirche vorhanden gewesen und übereinstimmend von den Vätern und

Concilien bezeugt seyn. - Zu bemerken ist noch, daß es unbestimmt ausgedrückt ist, ob neben der Fürbitte der Beistand und die Hülfsleistung (ops et auxilium) der Heiligen nur in der Intercession bei Gott bestehe, oder von ihnen selbstthätig den Bittenden gewährt werde, welches lettere bekanntlich eine weitverbreitete Meinung in der lateinischen Kirche ist und auch wol in den Worten liegen kann, obgleich sonst immer nur von der Fürbitte geredet wird *).

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Die Bezugnahme auf das Wort Gottes ist nicht glücklich. Zuvörderst weiß dasselbe nichts von einem bereits vorhandenen Mitherrschen der Seligen mit Christo. Es sagt zwar: „Sind wir nun Kinder (Gottes), so sind wir auch Erben, nehmlich Gottes Erben und Miterben Christi, so wir anders mitleiden, damit wir auch mitverherrlichet werden" (Röm. 8, 17.); und:

*) Eine merkwürdige Zurechtlegung des angeführten Beschlusses des Tridentinums findet sich in Franz Veron's „Glaubensregel oder Scheidung des zum katholischen Glauben Gehörigen und Nichtgehörigen." Nach ihm folgt aus jenem Beschlusse, daß es nicht zum Glauben gehöre, daß die Heiligen im Himmel die Bitten hören, die von den Lebenden an fie ergehen; ebensowenig gehöre zum Glauben, daß die Heiligen die wir anrufen, heilig und selig seyen; denn da beides nicht ausdrücklich zu glauben vorgeschrieben, so sey auch die entgegengesette Meinung zulässig. Es bedarf keiner Hinweisung, welch entseßliche Unwahrheit und Unsittlichkeit dadurch einer Kirche aufgedrungen wird, welche in allen ihren öffentlichen Diensten, sogar bei der Eucharistie, die Heiligen anruft, und gestatten sollte zu glauben, daß die Angerufenen nicht einmal Heilige seyen, und wenn sie es wären, die Anrufungen doch nicht hörten. Das genannte Büchlein ist voll solcher Sophismen und Abmarktungen an der Ehrlichkeit des lateinischen Kirchenglaubens, wodurch der Verfaffer (geb. 1575, geftorb. 1649 zu Charenton) den Glauben an die Kirchenlehre und den Nücktritt zur lateinischen Kirche erleichtern wollte! Leider befindet es sich in Frankreich wie in Deutschland in den Händen vieler Geistlichen und ist auch in neueren Zeiten öfter gedruckt worden,

,,Wiffet ihr nicht, daß die Heiligen die Welt richten werden?... wisset ihr nicht, daß wir über die Engel richten werden?“ (1.Kor. 6, 2. 3.) ferner: „Das ist je gewißlich wahr: Sterben wir mit, so werden wir auch mitleben; dulden wir, so werden wir auch mitherrschen“ (II. Tim. 2, 11. 12.). Allein daffelbe Wort Gottes seßt dieß Witherrschen erst in die letzte Periode der Weltentwicklung, wenn der Satan gebunden und _im_Abgrunde versiegelt ist tausend Jahre. Von dem Beginn dieser tausend Jahre heißt es: „Ich sah Stühle, und sie seßten sich darauf, und Gericht ward ihnen gegeben; und die Seelen der Enthaupteten um des Zeugnisses Jesu und um des Worts Gottes willen, und die nicht angebetet hatten das Thier, noch sein Bild, und nicht genommen hatten sein Malzeichen an ihre Stirn und auf ihre Hand, und sie lebten und herrschten mit Christo tausend Jahre. Die anderen Todten aber wurden nicht wieder lebendig, bis daß die tausend. Jahre vollendet wurden. Dieß ist die erste Auferstehung. Selig ist der und heilig, der、 Theil hat an der ersten Auferstehung: über solche hat der andere Tod keine Macht, sondern sie werden Priester Gottes und Christi seyn, und mit ihm herrschen tausend Jahre." (Offenb. 20, 4.-6.). Darnach folgt die Losbindung Satans, der lezte Kampf gegen die Heiligen, die Verzehrung der bösen Mächte, die zweite allgemeine Auferstehung, das letzte Gericht, die Welterneuerung, die Herabkunft des neuen Jerusa= lems, in welchem dann die Knechte Gottes und des Lammes herrschen werden von Ewigkeit zu Ewigkeit." (Off. 22, 3-5.). Das ist die Schriftlehre von dem Herrschen der Heiligen mit Christo. Darf man nun behaupten, jenes Jahrtausend, jene Fesselung Satans, jene erste Auferstehung seyen bereits eingetreten *)? Sind sie das aber nicht, so leben wir noch in dem *) Freilich ist dieß geschehen, aber erst seit dem 5. Jahrh., wie es scheint auf Augustins Anstoß, der die tausend Jahre von Anfang

Zeitverlauf, von dem die Schrift sagt: „Selig sind die Todten, die in dem Herrn sterben von nun an. Ja der Geist spricht, daß sie ruhen von ihrer Arbeit; aber ihre Werke folgen ihnen nach" (daf. 14, 13.); sie sind bei Christo, sie sind daheim beim Herrn, aber sie sind noch nicht auferstanden, noch nicht verherrlichet, herrschen noch nicht mit. Gerade die Martyrer sollen ruhen, bis alles Martyrthum ein Ende hat (Off. 6, 9-11.). Mit dieser von der Schrift gelehrten seligen Ruhe der Heiligen in Christo *) verträgt es sich schwerlich, daß sie fürbittend, beistehend, hülfeleistend, sich aller menschlichen Angelegenheiten derer annehmen sollten, die sie darum anrufen. Nur das darf vorausgesezt werden, daß ihr Gebet nicht aufhöre für die Kirche Gottes auf Erden, daß sein Name geheiliget werde, sein Reich komme, sein Wille geschehe. Davon, daß die Seelen der abgeschiedenen Heiligen zu dieser Welt noch Beziehungen haben, daß sie in dieselbe gar einwirken, oder doch diejenigen hören, die sie anrufen, davon weiß mithin die Schrift nicht nur nichts, sondern es verträgt sich nicht einmal mit den Andeutungen, die sie uns über den nächsten Zustand der Seligen giebt.

der christlichen Kirche an rechnet und unter der ersten Auferstehung die Erweckung zum Glauben versteht. Juftinus, Irenäus, Apollinarius, Tertullianus und Lactantius seßen noch sämmtlich die tausend Jahre an das Ende dieses Weltlaufs, und sehen in der Auferstehung der Enthaupteten u. s. w. mit Recht eine reale Auferstehung vom Tode, was auch der ganze Zusammenhang verlangt. Gegenüber den großen weltgeschichtlichen Gräueln und Völkerverführungen aller bisherigen Jahrhunderte kann Niemand sagen, daß bereits eine Periode dagewesen, in welcher Satan gebunden, verschloffen und zugefiegelt gewesen sey; hiermit steht aber das Auferstandenseyn und Herrschen der Martyrer im unlösbaren Zusammenhange. Vergl. v. Hofmanns Schriftbeweis II, 2. S. 652 ff.

*) Singt_doch selbst die lateinische Kirche noch über den Gräbern ihrer Entschlafenen: Requiem aeternam dona eis, Domine!

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