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Die Gefahr kam erst, als Konstantin die christliche Neligion zur Reichsreligion gemacht hatte. Solange unter heidnischen Kaisern die Kirche gedrückt, verfolgt und verachtet war, solange es eine Gefahr und Schmach war, „der Sekte, der an allen Orten widersprochen ward," anzugehören, stand die Kirche in einem fortwährenden Läuterungsfeuer, wodurch die fremden Bestandtheile ausgeschmolzen wurden. Nur innerlich wahrhaft Bekehrte, vom Ernst Gottes und Christi Gnade geistlich überwundene Menschen traten in die Kirche ein; nur von Herzen Gläubige, dem Herrn unlöslich Angehörige blieben ihr treu unter dem Drohen und Wüthen der Widersacher; nur diejenigen, die in der apostolisch bezeugten Lehre einfach und fest gegründet waren, fielen nicht den verführerischen, mächtig umhergreifenden Irrlehren anheim. Glieder einer solchen Kirche mußten wissen, wofür sie täglich ihr Leben einseßten. Es mußte ihr höchstes Anliegen seyn, die Perle und den Schaß im Acker, wofür sie Alles hingaben, rein, ganz und gewiß zu besißen. Da sie dieselbe aber durch die apostolische Ueberlieferung erhalten hatten, so kam ihnen Alles darauf an, daß sie diese, die ihnen die großen Hauptsachen des Glaubens immer gegenwärtig und lebendig hielt, auch unverfälscht und unverkürzt bewahrten. Es kommt hinzu, daß die mündliche Ueberlieferung auch ihrem Ursprunge noch näher war. Irenäus hatte noch von Polykarpus Zeugniß von den Lehren, Reden und Erzählungen des Johannes und andrer apostolischen Männer erhalten, und sein Zeugniß konnte in derselben Weise noch einigen Geschlechtern wieder bezeugt werden. Aehnliches wiederholte sich natürlich auf vielen Seiten. Endlich aber badete sich die Ueberlieferung jener Zeit immer wieder im reinen und frischen Quell ihres Ursprungs in der heiligen Schrift, wie uns dieß schon der Brief Polykarps zeigte und -lle Schriften von Jrenäus, Clemens von Alexandrien, Orige8, Tertullianus, Cyprianus u. A. beweisen.

Als aber das Christenthum Reichsreligion, als die Kirche aus einer Kirche Erweckter und Gläubiger, aus einer Gemeinde der Heiligen zur Massenkirche geworden war, als sie, durch kaiserliche Macht zur sichern Herrschaft gelangt, gleich jenem Neße gesunde und faule Fische umschloß und nun das ganze Weltwesen mehr oder weniger ein Abkommen mit der Kirche zu treffen suchte, da ließ allmählich auch die eifersüchtige Achtsamkeit auf die Reinheit der Ueberlieferung nach, die in den entgegengesetzten Zuständen gewurzelt hatte. Die großen Hauptsachen des Glaubens galten als ausgemacht und hinreichend festgestellt, und es fanden nun auch die damit nicht streitenden Ansichten und Anforderungen einflußreicher Personen Zugeständniß, es wurden auch die Neigungen und Wünsche der Menge berücksichtigt, indem man ihnen christliche Unterlage und Gestalt zu geben suchte. Dergleichen war anfangs fromme Meinung, breitete sich aus, wurde von Späteren vorgefunden, fortüberliefert, vorzügliche oder mächtige Männer vertraten es, und nach und nach ward es Bestandtheil der kirchlichen Tradition. Und so bildete sich in den mittleren Zeiten allmählich eine kirchliche Ueberlieferung aus, welche zulezt geradezu den Anspruch machen mußte, der heiligen Schrift übergeordnet zu seyn, da es ihr allerdings nicht mehr möglich war, sich durch Uebereinstimmung mit derselben auszuweisen.

Dadurch aber war die Ueberlieferung mit sich selbst in Widerspruch gerathen. Denn ihr Wesen besteht eben darin, daß sie ihrem Anfange nicht ungleich wird. Wie sie im Anfange war, das wird zuhöchst durch die heilige Schrift, dann durch die Kirchenschriftsteller der ersten drei Jahrhunderte bezeugt. Und alles Ueberlieferte, das in diesen Quellen keinen Anhalt und Ausweis findet, ist späteren Ursprungs, also nicht apostolisch, nicht katholisch; als solches daher auszuscheiden und zu ververwerfen.

Hiermit ist nur gesagt, daß der von der ersten Pfingste

predigt Petri bis auf unsere Tage herabrollenden Glaubensüberlieferung Uebereinstimmung mit sich selbst zuzumuthen, ihre eigne Urzeit ihr als Maßstab anzulegen, nach dem Bestande derfelben, namentlich wie er in der heiligen Schrift authentisch vorlegt, der Bestand aller späteren Ueberlieferung zu beurtheilen, zu reinigen, zum Ursprünglichen zurückzuführen ist. Allein von dem gesunden ächten Stamme der Ueberlieferung, welche, sey sie ursprünglicher oder abgeleiteter Natur, apostolischer Kern oder kirchliche Entfaltung, diese Kritik verträgt, von diesem Zusammenhange der Ueberlieferung sich abzutrennen, die darin aufgesammelten Erwerbnisse der tiefsten Geistesarbeit in Christo wegzuwerfen, sich gleichsam autochthonisch allein auf die heilige Schrift stellen zu wollen, - das ist ein ganz unkatholisches, unorganisches und ungeschichtliches Verfahren, welches sich allemal, auch wo es in reinster Absicht und mit dem edelsten Willen geschehen, durch den Verlust unschäzbarer Gnadengeschenke des Herrn bestraft hat.

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Weberlieferung und Autorität.

II.

Ueberlieferung kann nur auf Autorität hin angenommen werden. Allein ewige und allgemeine Wahrheiten bedürfen keiner Autorität; und haben wir sie einmal erkannt, so kann uns eine ihnen widersprechende Annahme ebensowenig durch Autorität aufgedrungen werden. Ja jeder Versuch, dergleichen zu thun, würde, wenigstens in dieser Beziehung, die Autorität für uns vernichten. Nun werden uns zwar in und mit dem Christenthum auch ewige und allgemeine Wahrheiten überliefert, aber theils nehmen wir diese nicht um der Autorität, sondern um ihrer eigenen

Evidenz willen an, theils besteht das Wesen des Christenthums nicht in ihnen. Es war ganz følgerecht, daß eine Zeit, die das Wesen des Christenthums nur in richtige Begriffe von Gott, Tugend und Unsterblichkeit setzte, von Autorität nichts wissen wollte, weder von kirchlicher, noch apostolischer.

Allein das Christenthum, wie es an uns herankommt, ist keine Wissenschaft, kein Lehrgebäude, kein Geseß, kein Denkprozeß, auch kein Resultat desselben. Und nennt man es Offen= barung, so muß man sich sogleich verwahren, daß es auch nicht Offenbarung bloßer allgemeiner, ewiger Wahrheiten und höchster Begriffe sey. Das Christenthum ist Thatsache, Geschichte, Begebenheit. Es ist das, was sich zwischen Gott und der Menschheit ereignet hat durch menschliches und göttliches Thun und das Heraustreten eines innergöttlichen Vorganges als geschichtlicher Thatsache innerhalb der Menschheit zu deren Heil. €3 ist die geschichtliche Thatsache selbst der Offenbarung Gottes im Fleisch, seines Leidens und Sterbens, seiner Auferstehung, Himmelfahrt und Geistesausgießung; die geschichtliche Thatsache der Versöhnung des Vaters, der Vollendung und Verklärung des Sohnes, der unser Bürge gewesen von der Welt her, der Herabkunft des heiligen Geistes, der Erlösung, Rechtfertigung, Heiligung, mit einem Worte der Wiedereinseßung der Menschen, die da glauben wollen, in die Kindschaft. Geschichtliche Thatsache, wohin man sieht. Eine geschichtliche Thatsache aber kann nicht aus Begriffen demonstrirt, sie kann nur durch Autorität derer, die sie erlebt haben, als wahr bezeugt werden, und sie ist uns nur Wahrheit, sofern wir sie glauben. Mithin kann die Wahrheit des Christenthums nicht anders angenommen und empfangen werden, als durch den Glauben an eine Autorität.

Freilich Autorität im höchsten und ursprünglichen Sinne kann nur Gott seyn, mithin Christus. Auch hat alle andre Autorität nur zum Zweck und Ziel, daß wir endlich sagen:

„Wir glauben nun fort nicht um deiner Rede willen; wir ha ben selbst gehört und erkannt, daß dieser ist wahrlich Christus, der Welt Heiland." Alle andre Autorität ist daher nur eine vermittelnde. Aber von dieser ist hier auch allein die Rede. Und da fragt es sich um die Autorität für die Kirche, um die Autorität der Kirche, und um die Autorität in der Kirche.

1. Für die Kirche gab es und giebt es noch keine andre Autorität, als die Apostel, d. i. die apostolische Ueberlieferung, deren authentische Quelle die heilige Schrift ist. Denn durch ihre Schriften reden die Apostel heute noch und zeugen, was fie gesehen und gehört haben und was ihnen Christus befohlen hat zu sagen und zu thun, sowol da er noch sichtbar bei ihnen war, als, nach seinem Aufgange, durch den heiligen Geist, den er ihnen zur Leitung in alle Wahrheit verheißen, auch gesendet, der von dem, das Christi war, nahm und ihnen verkündigte, so daß dadurch erfüllt wurde, was ihnen der Herr zuvor gesagt hatte: Wer euch höret, der höret mich." Denn auch ihnen allein und Niemand anders hatte er gesagt: „Gleich wie mich der Vater gesendet hat, so sende ich euch.... darum gehet hin und lehret alle Völker .... und prediget das Evangelium aller Kreatur." Christi Erwählung, Befehl, Verheißung und Gabe machte daher alles amtliche Wort der Apostel durch den heiligen Geist zu seinem, d. i. Gottes Wort, mochten sie dasselbe reden oder schreiben. Und darum ist die heilige Schrift Gottes Wort, und wie die Apostel zu ihren Lebzeiten persönlich die oberste Autorität für die Kirche waren, so sind sie es mittelst der Schrift noch heute, da dieselbe an Ursprünglichkeit und Glaubwürdigkeit Alles übertrifft, was apostolisch genannt werden mag. Denn nichts andres von den Aposteln Ueberliefertes besißen wir in deren eigenen vom heiligen Geiste erfüllten und geleiteten Worten und Feststellungen. Daer hat sich die Kirche denn auch in jeder Beziehung unter die

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