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feglicher Mord im öffentlichen und Privatleben, wie die scheußlichsten Laster und Verbrechen und blutige Belustigungen an der Tagesordnung waren in jener mächtigen Stadt, welche alle Schäße, Ehren, Götter, Wissenschaften und Künste der alten Welt bei sich versammelt hatte. Und das Volk dieser Stadt, damals das civilisirteste, das weltbeherrschende, hatte seinen Genuß daran, festlich geschmückt, zu vielen Tausenden, von prachtvollen, kreisförmig aufsteigenden Sizreihen herab zuzuschauen, wenn die edelsten christlichen Gestalten, Jünglinge, Männer, ehrwürdige Greise, zum Thierkampf auf den Schauplay in seiner Mitte hinausgestoßen und dort von den Löwen zerrissen wurden. Zahlloser noch entsetzlicherer Gräuel zu geschweigen.

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Auch nachdem sich jenes dämonische, ja satanische Weltwesen unter Nero auf die sinnverwirrendste Weise ausgetobt hatte und sich dann unter dessen Nachfolgern in satter Befriedigung an geringeren Blutthaten begnügte, auch als endlich mit dem edlen alten Nerva, mit dem liebenswürdigen, milden, klugen und besonnenen Trajanus eine Reihe besserer Kaiser gerechteren und milderen Geist in das Regiment brachte, blieb dennoch das Christenthum folgerecht Verbrechen und die grausamste Hinrichtung seiner Bekenner öffentliche Volksbelustigung.

Die Ansicht selbst edlerer römischer Naturen von den Christen, und die Lage der Letteren in dem heidnischen Weltstaate gleich nach Johannis Tode zeigen am deutlichsten ein paar Briefe aus der Correspondenz des Kaisers Trajanus mit dem ihm befreundeten Plinius Secundus, den er als Landpfleger in die nordöstlich an die Asia proconsularis gränzende Provinz Bithynien geschickt hatte. Wir schalten die beiden denkwürdigen, etwa um das Jahr 104 gewechselten Briefe hier ein, um auch die damaligen Verfolger des Christenthums in ihrer mildesten Gestalt sich selbst aussprechen zu lassen.

C. Plinius an den Kaiser Trajanus.

„Es ist meine Gewohnheit, Herr, Alles worin ich zweifelhaft bin an Dich einzuberichten. Denn wer kann besser meine Bedenklichkeit leiten, meine Unwissenheit zurechtweisen? Den Untersuchungen gegen Christen habe ich niemals beigewohnt, weiß daher nicht, was und inwieweit sowol gestraft als untersucht zu werden pflegt. Auch bin ich nicht wenig ungewiß gewesen, ob das Alter einen Unterschied mache, oder ob noch so Zarte sich von den Kräftigeren in nichts unterscheiden; ob der Neue Verzeihung gegeben werde, oder ob es dem, der überhaupt einmal Christ gewesen, nichts helfe zurückgetreten zu seyn; ob der Name schon an sich, auch in Ermangelung von Verbrechen, oder ob mit dem Namen zusammenhangende Verbrechen gestraft werden. Einstweilen habe ich bei denen, welche mir als Christen angezeigt wurden, dieß Verfahren befolgt: Ich habe sie befragt, ob sie Christen wären, habe die Geständigen zum andern und dritten Male, unter Androhung der Todesstrafe, befragt, habe die dabei Beharrenden hinzuführen befohlen. Denn ich zweifelte nicht, welcher Art auch wäre, was sie bekenneten, die Hartnäckigkeit wenigstens und der unbeugsame Starrsinn müsse gestraft werden. Einige waren ähnlichen Wahnsinns, welche ich, weil sie römische Bürger waren, zur Absendung in die Hauptstadt aufmerkte. Bald, da sich bei der Verhandlung selbst, wie's zu geschehen pflegt, die Anschuldigung ausbreitete, kamen verschiedene Fälle vor. Es ist die Anklageschrift eines ungenannten Verfassers vorgelegt worden, enthaltend die Namen Vieler, welche leugnen, Christen zu seyn oder gewesen zu seyn, und da sie, wie ich es ihnen vorsprach, die Götter anriefen und Deinem Bildnisse, das ich hierzu sammt den Götterbildern herbringen lassen, mit Weihrauch und Wein Verehrung bezeugten, überdem Christe fluchten, zu welchem Allen man die nicht soll bringen könne

gewesen seyn sie's Andre seit mehrern

die wirklich Christen sind, so meinte ich sie entlassen zu sollen. Andre von einem Angeber Namhaftgemachte sagten, sie seyen Christen, und bald darauf leugneten sie's: zwar, aber zurückgetreten, Einig seit drei, Jahren, Etliche auch vor zwanzig schon. Alle verehrten auch Dein Bildniß, sowie die Götterbilder; diese fluchten auch Christo. Sie versicherten aber, das sey das Ganze ihrer Schuld gewesen, oder ihres Irrthums, daß sie an einem feststehenden Tage gepflegt hätten vor Tagslicht zusammenzukommen, ein Loblied Christo, als ihrem Gott, wechselweis miteinander zu singen, und sich durch heiligen Eid nicht zu irgend einem Verbrechen, sondern dazu zu verpflichten, daß sie weder Diebstahl. noch Raub, noch Ehebruch begingen, noch ihr Wort brächen, noch Anvertrautes auf Anfordern verleugneten; dieß geschehn, hätten sie den Brauch gehabt auseinanderzugehn und wiederum zusammenzukommen und Speise zu nehmen, gewöhnliche jedoch und unschuldige; und selbst das zu thun hätten sie aufgehört seit meiner Kundmachung, wodurch ich Deinem Befehle gemäß die Geheimbünde verboten. Desto mehr hielt ich für nöthig, aus zwei Mägden, welche Dienerinnen genannt wurden, auch durch die Folter herauszubringen, was daran wahr sey. Aber ich habe nichts Andres entdeckt, als einen verdrehten, maßlosen Aberglauben. Darum habe ich mich beeilt, unter Ausseßung der Untersuchung Deinen Rath einzuholen. Denn die Sache ist mir der Rathfrage werth erschienen, vornehmlich wegen der Anzahl der Gefährdeten. Viele nämlich jedes Alters, jedes Standes, auch beiderlei Geschlechts kommen in Gefahr und werden hineinkommen. Denn nicht die Städte bloß, sondern auch die Dörfer und das platte Land hat jenes Aberglaubens Ansteckung durchzogen, die doch scheint aufgehalten und geheilt werden zu könnnen. Soviel steht wenigstens fest, daß die schon fast verlassenen Tempel wieder besucht und lang unter

laffene Opfer wieder gebracht zu werden anfangen, verschiedentlich auch Opferthiere kommen, für die sich bisher höchst selten ein Käufer fand. Woraus leicht abzunehmen ist, welch eine Masse Menschen gerettet werden kann, wenn der Neue Plaz gegeben wird."

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Trajanus an Plinius.

Ein Verfahren, ganz wie Du solltest, mein Secundus, hast Du in Behandlung der Sachen derjenigen, welche als Christen bei Dir angezeigt worden sind, befolgt. Denn im Allgemeinen kann darüber nichts, was gleichsam bestimmte Form hätte, festgestellt werden. Aufzusuchen sind sie nicht; werden sie angezeigt und überführt, so sind sie zu strafen, so jedoch, daß, wer Christ zu seyn leugnet, und dieß auch durch die Sache selbst beweist, d. i. durch Anrufung unsrer Götter, wie verdächtig er auch wegen der Vergangenheit seyn möge, doch durch Reue Verzeihung erlange. Ohne Namen des Verfaffers vorgelegte Anklageschriften sollen jedoch bei keiner Anschuldigung Plaz greifen. Denn das ist von schlimmstem Beispiele, auch nicht für unsre Zeit."

So gerecht und milde dem Römer diese Weisung des Kaisers erscheinen mußte, so blieb es doch bestehen, daß überführte Christen mit dem Tode bestraft wurden. Andere Provinzialstatthalter verfuhren jedoch weniger bedenklich, als Plinius. Fortwährend erfolgten Verhaftungen, Verurtheilungen, Hinrichtungen christlicher Bekenner.

Wir räumten ein, der Götterglaube, die auf ihn gegründete Volksgesellschaft, der heidnische Staat, habe nicht wol anders verfahren können. Wir müssen weiter gehn. Auch sofern das Heidenthum und die daraus hervorgegangene Weltordnung sich bereits ausgelebt hatte, konnten die Menschen dem Christenthum gegenüber nicht in Gleichgültigkeit verharren. Sie mußten ihm zufallen und es lieben, oder es haffen und

verfolgen. Nur der Christ kann den Christen verstehen und lieben. Dem in das bloß natürliche und weltliche Wesen eingesenkten und von ihm beherrschten Menschen ist die innere Weltfreiheit des Christen, seine Emporrichtung zu Gott, der Letzte Beweggrund all seines Thuns, sein Seelenfrieden, seine Heiterkeit, Genügsamkeit, Unsträflichkeit, Geduld und Demuth so vollkommen unbegreiflich, daß er gar nicht anders kann, als je nach den Umständen - darin Schwärmerei, Unsinn, Thorheit, oder Heuchelei zu sehen. Da aber eine solche Erscheinung immer doch ein stummer Vorwurf, eine schweigende Anklage, ja Verurtheilung für ihn ist, dazu seinen Neid, seine Eifersucht aufregen muß, so kann sie ihn nicht gleichgültig lassen, er muß sich gegen sie richten, um sie zu beseitigen, zu vernichten, er muß sie hassen, befeinden, verfolgen. Auch dabei ist der dem Weltwesen Verfallene gewissermaßen in seinem Rechte. Er vertheidigt seine moralische Existenz, welche er durch das in den Personen ihm entgegentretende christliche Prinzip aufs höchste bedroht und angegriffen fühlt. Auch hieraus erklärt sich der „Haß des ganzen menschlichen Geschlechts" ge= gen die Christen, welcher die Kraft des gläubigen Heidenthums überdauert hat. Kamen nun diesem Haffe Staat und Gesezgebung zu Hülfe, so konnte es natürlich an Angeberei, Verfolgung und Martyrthum nicht fehlen.

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Die auch zu Trajans Zeit fortdauernde Verurtheilung eingeständiger Christen führte den Besuch eines höchst ausgezeichneten Mannes in Smyrna herbei. Dieser unfreiwillig und doch mit hoher Freudigkeit erscheinende Gast war der

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