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den Grad der Schwere, andererseits den der Leichtbeweglichkeit bezeichnen, sich also zwischen zwei einander entgegengesezten Polen in einer und derselben Scala bewegen.

Nichts aber bezeugt die wesentliche Einheit und Gleichheit des Universums inmitten seiner höchsten quantitativen Verschiedenheit und formellen Mannigfaltigkeit schlagender als die Thatsache, daß selbst der eben genannte, alle Differenzen in sich schließende polare Gegensaß zwischen Schwere und Leichtbeweglichkeit, Dichtigkeit und Flüchtigkeit nur ein relativer, weil nur ein solcher ist, wie er innerhalb der an sich gleichen Richtung einer und derselben geraden Linie zwischen den nur in ihrer Beziehung zu einem beliebigen Punkt dieser Linie als einander entgegengesetzt aufzufassenden Richtungen besteht. Nicht minder evident läßt sich dieser Sachverhalt daraus erkennen, daß sich dasselbe Geseß, welches die Schwerkraft und die materielle Masse beherrscht, auch in den Gebieten der höchsten Beweglichkeit als das regulirende Princip erweist, ja daß dasselbe seiner wesentlichen, universellen Bedeutung nach durchaus kein anderes ist als dasjenige, welches sogleich im Anfang dieser Uebersicht auch als das Grundgesetz der räumlichen Ausdehnung bezeichnet werden mußte und als solches in dem einfachen Sage besteht, daß sich sowohl die Oberflächen zweier Kugeln, wie auch die Flächenräume zweier Kreise, also überhaupt die um einen Mittelpunkt herum oder von einem Mittelpunkt aus sich gleichmäßig ausbreitenden Raumflächen zu einander verhalten wie die Quadrate ihrer Halbmesser, also wie die Quadrate der zwischen ihrem Mittelpunkt und ihrer Oberfläche, resp. Peripherie bestehenden Distanzen.

Daß dieses Gesetz, welches im Gebiet der rein mathematischen Größen auch für die Oberflächen der regulären Polyeder und für den Flächeninhalt der regulären Polygone, mithin für alle regulär umgränzten Raumquanta gilt, ja überhaupt das Grundgeset ist, aus welchem sich alle übrigen Säße der Geometrie, z. B. die der Kreisfunctionen, der Curvenbestimmung zc. ableiten lassen, wirklich auch für die innerhalb des Raumes sich bewegende Substanz die Bedeutung eines ordnenden und maaßgebenden Fundamentalgesetzes besigt, kann schon darum nicht anders sein, weil ja eben jede Bewegung der Substanz in einem gewissen Raume und binnen einer

Zeising, Religion und Wissenschaft.

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gewissen Zeit vor sich geht, mithin die Größe der Raumausdehnung stets eine von denjenigen beiden Größen ist, aus deren Verbindung und gegenseitigem Verhältniß die Bewegung selbst und insbesondere das Maaß ihrer Geschwindigkeit, sowie die Dichtigkeit und Flüchtigkeit der in ihr begriffenen Substanz resultirt. Außerdem aber ist die universelle Bedeutung dieses Gesetzes auch durch die übereinstimmenden Resultate der Erfahrungswissenschaft festgestellt worden. Zuerst ist dieselbe am Gravitationsgeseße nachgewiesen, welches seinen allgemeinen Ausdruck bekanntlich in dem Sage findet, daß die Kraft, mit welcher zwei Körper (unter sonst gleichen Umständen) einander anziehen, in demselben Verhältniß abnimmt, in welchem das Quadrat ihrer Entfernung zunimmt, oder mit anderen Worten, daß sich die gegenseitige Anziehungskraft zweier Körper in demselben Verhältniß vergrößert, in welchem sich das Quadrat ihrer Entfernung vermindert, mithin die Zunahme ihrer Leichtbeweglichkeit dem wachsenden Quadrat der Entfernung direct, dagegen die Zunahme der Schwerbeweglichkeit demselben umgekehrt proportional ist. Schon in dieser unmittelbar an der wägbaren Materie nachweisbaren Erscheinungsform beherrscht dieses Gesetz das gesammte Universum; aber nicht minder mächtig waltet es auch in dem Gebiet aller übrigen Kräfte, sofern dieselben von einem Mittelpunkt aus in allen Richtungen wirken, namentlich im Bereich des Magnetismus, der Elektricität, der Wärme, des Lichts 2. Außerdem stehen mit demselben noch sehr viele andere Naturgesetze im engsten Zusammenhange, z. B. das dritte Keppler'sche Gesez, das Gesetz der Schwungkraft, das Gesez vom Parallelogramm der Kräfte, das Mariette'sche Gesetz, das Gesetz über die Ausflußgeschwindigkeit der Gase und der Flüssigkeiten, das Gesetz für die Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Schalls, das Gesetz der Pendelschwingungen, der Wellenbewegungen, der Krystallisation u. s. w., ja man kann sagen, daß jedes Gesetz, welches sich in Zahl-, Maaß- und Gewichtsbestimmungen oder durch eine mathematische Formel ausdrücken läßt, zu jenem allgemeinen Raumgesetz in irgend einer näheren oder ferneren Beziehung steht, weil geradezu alle überhaupt möglichen Größen und Größenverhältnisse im Bereich der Kugel- und Kreisfunctionen und der in Form irgend einer Potenz sich darstellenden Zahlenwerthe enthalten sind.

Im Gebiet der geistigen Erscheinungen läßt sich dasselbe zwar nicht mehr in exacter Weise nachweisen; gleichwohl ist auch hier die Allgemeinheit seiner Bedeutung nicht zu verkennen. Wie in der Natur entscheidet auch hier die Größe des Gehalts und des Umfangs und das Verhältniß zwischen beiden über den Grad der ästhe tischen, logischen und ethischen Bedeutung, den ein geistiger Act innerhalb der Geisteswelt besigt; Gewicht und Leichtbeweglichkeit, Zugkraft und Flugkraft, Gediegenheit und Genialität sind auch hier die Grundeigenschaften, auf deren verschiedener Größe und Combination die Macht und Leistungsfähigkeit aller Gefühls-, Denk- und Willensthätigkeit beruht; und im Gebiet der ästhetischen Empfindungen und Urtheile läßt sich sogar eine directe Abhängigkeit ihrer Werthbestimmungen von den exact zu bestimmenden Größen und Größenverhältnissen der die Empfindungen und Urtheile hervorrufenden Objecte nachweisen. Mögen wir unseren Blick auf das geistige Leben der Individuen oder auf das der Völker und Nationen, auf den Entwicklungsgang der gesammten Cultur- und Sittengeschichte richten, wir werden in allen Wandlungen und Umwälzungen nur das Walten jenes allgemeinen Grundgeseßes wiedererkennen und die Ueberzeugung gewinnen, daß auch die im Fortschritt des Wahren, Schönen und Guten sich documentirenden Principien der geistigen Weltordnung in ihrem tiefsten Grunde und Wesen keine anderen als die der natürlichen Weltordnung sind.

Dies etwa sind die allgemeinsten Grundzüge der Weltanschauung, wie sie sich vom gegenwärtigen Standpunkt der exacten und empirischen Wissenschaften ergiebt, und wir sind daher nun in den Stand gesetzt zu untersuchen, einerseits in wie weit schon diese Weltanschauung den verschiedenen Bedürfnissen der Menschheit, und insbesondere denen des religiösen Gefühls zu genügen vermag, andererseits in wiefern dieselbe, um namentlich in letter Beziehung die volle Befriedigung gewähren zu können, einer Ergänzung, sei es durch Forschungen einer auch metaphysische Probleme in ihr Gebiet ziehenden Wissenschaft, sei es durch die Glaubenslehren der religiösen Ueberlieferung, bedürftig ist. Der Beleuchtung dieser Fragen sei unsere nächste Betrachtung gewidmet.

VI.

Grundzüge einer wissenschaftlichen Weltanschauung vom Standpunkt der Philosophie.

1. Ein Blick in die Begriffswelt überhaupt.

Unter den Männern der Wissenschaft, namentlich unter denen, deren Thätigkeit sich mehr oder minder ausschließlich innerhalb der Gränzen der naturwissenschaftlichen Disciplinen bewegt, dürften ver= hältnißmäßig nur wenige zu finden sein, denen nicht eine Weltanschauung, wie die im vorigen Abschnitt skizzirte, auch für die Bedürfnisse ihres religiösen Gefühls vollständig zu genügen vermöchte, und zwar nicht bloß darum, weil etwa bei Personen dieser Richtung das religiöse Gefühl minder stark entwickelt ist, sondern hauptsächlich deßhalb, weil in dieser Weltanschauung selbst bereits, wie wir später speciell nachweisen werden, gerade die Haupt- und Fundamentalwahrheiten desjenigen Ideenkreises, aus welchem das religiöse Gefühl Erbauung, Trost und Erhebung schöpft, ihrem wesentlichen Inhalt nach enthalten sind und als solche nothwendig auch auf das Gemüth dieser Personen die ihnen inwohnende Kraft ausüben müssen, selbst wenn sie demselben nicht in einer dem Gemüth unmittelbar ent sprechenden Form zufließen, ja den Personen selbst gar nicht als Wahrheiten, die neben ihrer wissenschaftlichen auch eine religiöse Bedeutung besigen, zum Bewußtsein kommen sollten. Wem eben die Erforschung der Wahrheit als seine höchste Lebensaufgabe gilt, dem ist die Wissenschaft selbst eine Art Religion, denn er muß sich noth

wendig durch sie mit dem großen unendlichen Ganzen, in welchem er lebt und webt, unabtrennbar verknüpft und demzufolge in allen Lebenslagen gekräftigt und gehoben fühlen; und selbst die nüchternsten und trockensten seiner Studien und deren Ergebnisse können auf ihn einen so herz- und gemüthergreifenden Eindruck machen, wie ihn auch die ausgesuchtesten Bewegungs- und Erregungsmittel des religiösen Cultus nicht zu erzeugen vermögen. Wird doch z. B. von Kant berichtet, daß er einst, als er die mannigfaltigen Größenverhältnisse der verschiedenen Kreisfunctionen untersucht hatte, von der überraschenden Harmonie und Gesezmäßigkeit derselben bis zu Thränen gerührt worden sei; ja läßt sich doch selbst in dem Eifer, mit welchem selbst erklärte Materialisten für ihre vorgeblich atheistische Weltanschauung thätig sind, ein gewisser religiöser und dogmatischer Zug nicht verkennen, welcher beweist, daß die wissenschaftliche Ueberzeugung nicht bloß eine Sache des Verstandes, sondern auch des Gemüthes ist.

Gleichwohl würde man sich einem Irrthum hingeben, wenn man aus dieser Thatsache schließen wollte, es könne die vom naturwissenschaftlichen Standpunkt zu gewinnende Weltanschauung, so wie sie ist, dem religiösen Bedürfniß auch in außerwissenschaftlichen Kreisen genügen. Sie kann dies in zweifacher Beziehung nicht. Einerseits vermag sie dem religiösen Gefühl dasjenige, was sie demselben an ihm entsprechenden Wahrheiten zu bieten hat, nicht in der ihm angemessenen Form zu bieten; andererseits giebt es neben der unübersehbaren Masse der durch sie gelösten Probleme doch auch noch eine große Anzahl von Fragen, auf die sie keine Antwort zu geben vermag, ja deren Erwägung aus dem Bereich der exacten Untersuchungsmethode ganz und gar ausgeschlossen ist; und in die Kategorie dieser Fragen fallen gerade diejenigen Probleme, auf deren mehr oder minder überzeugende Lösung es dem religiösen Bedürfniß ganz besonders ankommt. Es gehören dahin z. B. die Fragen über die Existenz Gottes, über die göttlichen Eigenschaften, über das Verhältniß Gottes zur Welt und zum Menschen, über den Ursprung und die Bestimmung des Menschen, über die Entstehung, das Wesen und die Fortdauer der menschlichen Seele, über die Freiheit des menschlichen Willens, über Pflicht und Gewissen, Verantwortlichkeit und Zurechnungsfähigkeit, über eine sittliche Weltordnung u. s. w.,

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