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freilich ward dies auch jezt noch nicht zugestanden, vielmehr stellten sie auf das Entschiedenste die Existenz irgend welcher feindlicher Hintergedanken in Abrede, bestritten die Staatsgefährlichkeit des neuen Dogma's, betheuerten, daß die Mutter Kirche immer nur auf das wahre Heil und Wohl der Staaten bedacht sei, und erklärten Alles, was man ihnen jest als eine vaterlandsfeindliche Haltung auslege, nur für einen Act der Nothwehr, indem sie die Miene annahmen, als ob sie selbst unschuldig verfolgte, gewaltthätig unterdrückte Märtyrer wären, und die Handlungsweise der weltlichen gegen die firchliche Autorität in einem Lichte darstellten, als ob es mindestens darauf abgesehen wäre, nicht nur den ganzen Katholicismus, sondern das gesammte Christenthum, alle Religion und Sittlichkeit mit Stumpf und Stiel auszurotten.

Um so offner aber, ja mit nur allzu schamloser Aufrichtigkeit trugen die plumperen und minder gut geschulten Spießgesellen jener verkappten Ritter ihren fanatischen Haß und Ingrimm gegen das deutsche Reich als den Hort deutscher Cultur und Gesittung zur Schau, und was sie in ihrer Zügellosigkeit und Frechheit von den wahren Gesinnungen ihrer Partei verriethen, ward durch die Thatsachen nur allzu handgreiflich bestätigt. Ließ sich doch nicht verhüllen, wie eifrig die römische Curie sammt ihrem Anhang bemüht war, auf's Neue mit Frankreich und allen sonstigen deutschfeindlichen Elementen das frühere herzliche Einverständniß wiederherzustellen, wie sie, jenachdem gerade der Wind wehte, bald mit dieser, bald mit jener Partei liebäugelte, zuweilen selbst den Bund mit den Internationalen und den Radicalen nicht verschmähte, am eifrigsten aber für die WiederHerstellung derjenigen Dynastie agitirte, welche stets nicht nur ihre treueste Bundesgenossin, sondern zugleich Deutschlands eingefleischteste Erbfeindin gewesen ist. In gleich unableugbarer Weise fraternisirte sie in Luxemburg und Belgien mit den französisch gesinnten Elementen, in Spanien mit den Carlisten, in Destreich mit den Tschechen, in Preußen und Deutschland selbst mit den Welfen, Polen, verbissenen Particularisten und Socialdemokraten kurz wo es nur irgend malcontente, zu subversiven Tendenzen geneigte, wenn auch noch so verkommene Elemente gab, sie hielt es nicht unter ihrer Würde, mit denselben in ihrem Haß gegen deutsche Zucht und Sitte zu sympathisiren.

Selbst ihren Groll gegen Rußland überwand sie und verstand sich zu lange verweigerten Zugeständnissen, in der Hoffnung, dasselbe in geeignetem Augenblicke zu einem Bündniß mit Frankreich bewegen und einen allgemeinen deutschen Krieg herbeiführen zu können, der das ihr verhaßte Reich, wenn nicht vollständig zermalmen, doch jedenfalls dergestalt schwächen mußte, daß es sich ihren eigenen Plänen nicht länger widersetzen durfte.

So etwa ist der Stand der Verhältnisse zwischen den beiden sich gegenseitig bekämpfenden Mächten noch heute. Ohne Frage hat sich der Gegensatz zwischen beiden noch weit schroffer und drohender gestaltet, als in den ersten Stadien des Conflicts.

Aus dem ursprünglich rein theoretischen Streit dissentirender Lebensanschauungen ist ein in Thaten wie in Worten gleich energisch sich bethätigender Ringkampf der beiden höchsten und universellsten Lebensmächte, ein Kampf der geistlichen und weltlichen, der kirchlichen und staatlichen Gewalt geworden, ohne daß er darum aufgehört hätte, zugleich ein Kampf des gebundenen Glaubens und freien Forschens, der sich für göttlich ausgebenden Offenbarung und der menschlichen Vernunft zu sein. Trotzdem ist, wie wir schon oben ausgesprochen, der gegenwärtige Standpunkt der ursprünglichen Constellation gegenüber als ein erfreulicher Fortschritt zu begrüßen. Vor Allem hat sich die Situation geklärt. Es stehen sich nicht mehr zwei in ihrer Einseitigkeit gleich unhaltbare Extreme, deren Gegensatz eine vermittelnde Weltanschauung vergeblich zu versöhnen bemüht war, sondern im Gegentheil eine Coalition aller excessiven Elemente einerseits und die Repräsentanten der rechten Mitte andererseits gegenüber.

Zwar der crasse Spiritualismus und Dogmatismus auf der einen Seite ist noch unverändert derselbe, der er damals war; aber an die Stelle des crassen Materialismus, der ihm früher gegenüberstand, ist jetzt, sofern es den Kampf um die Wahrheit gilt, die Wissenschaft überhaupt getreten. Die vorherrschend idealistische und die vorherrschend materialistische Richtung derselben haben von einzelnen Unüberzeugbaren abgesehen die unmittelbare Zusammengehörigkeit und gegenseitige Ergänzungsbedürftigkeit beider Richtungen erkannt und sich beiderseits immer enger und fester um die exacte

Forschung geschaart, die ebenso gewissenhaft im Verwerfen, wie im Behaupten ist, und sie bilden nun, mit ihr vereint, eine einzige geschlossene Phalanx, während der Kern der ihr mit unversöhnlicher Feindseligkeit gegenüberstehenden Macht noch immer aus der schwarzen Schaar des vorgeblich für Religion und Sitte, in der That aber nur für allgemeine Verdummung und Geistesknechtung kämpfenden Ultramontanismus besteht.

Demzufolge hat sich auch in der dem Kampf früher nur mit lauem Interesse oder völlig apathisch zuschauenden Volksmasse ein heilsamer Gährungs- und Klärungsproceß vollzogen. In dem Augenblick, wo es galt, zunächst den Kampf mit dem weltlichen Bundesgenossen des Papismus aufzunehmen, war es mit dem Indifferentismus zu Ende. Hie Welf, hie Waibling!" hieß es jezt, und nun zeigte es sich, wie arg man sich in Rom und Paris trotz aller jesuitischen und napoleonischen Schlauheit im Kern und Wesen der deutschen Nation verrechnet hatte, wie klein und ohnmächtig sich das Häuflein erwies, welches den Versuch machte, sich als Welfenpartei zu gebärden. Die Erfolge des Krieges waren nur geeignet, für die von der klerikalen Partei stets mit schlecht verhehltem Ingrimm verfolgte Sache noch wärmere Begeisterung und umfangreichere Sympathien zu erwecken, und wie sauer es sich der Ultramontanismus später auch hat werden lassen, durch Verleumdungen und Verdächtigungen seiner Gegner, durch Mißbrauch der Kanzel und Beichte, der Preß- und der Redefreiheit, durch Excommunicationen und Verweigerung der kirchlichen Spenden, durch erlogene Jeremiaden und possenreißerische Kapuzinaden, kurz durch Lock- und Schreckmittel jeder Art eine Umstimmung im Volke zu erzeugen, er hat bis jezt nur eine schmähliche Niederlage nach der anderen erlitten. Die Regierungen, die nur allzulange glaubten, sich auf ihn oder ähnliche Systeme stüßen zu müssen, haben ihn in seiner Staatsgefährlichkeit erkannt; wer nur noch eine Ahnung von Wahrheit und Recht, von Sitte und Anstand hat, wendet sich empört von ihm ab, und nur in den Kreisen der höchsten Beschränktheit leiht man ihm noch das Ohr, nur Elemente, die sonst nirgends aus und ein wissen, die in der Lage sind va banque spielen zu müssen, klammern sich — nicht aus Sympathie für ihn, sondern um eigner, selbstsüchtiger Interessen

willen an ihn an, und daß er genöthigt ist, solche Bundesgenossen anzunehmen, ist der schlagendste Beweis, wie schlecht es um seine eigene Sache bestellt ist.

Nicht also um einen Conflict gleich berechtigter und gleich achtunggebietender Mächte handelt es sich jetzt noch. Der noch auszufechtende Kampf ist nicht etwa ein Kampf der Wissenschaft mit der Religion, des Fortschritts mit einem berechtigten Conservatismus, der Freiheit mit dem Princip der Ordnung und Gesetzmäßigkeit, sondern ein Kampf der Wahrheit gegen die mit Wissenschaft und Religion gleich unvereinbare Lüge, ein Kampf des Lebens gegen Stagnation und Verwesung, ein Kampf der gesetzmäßig begründeten Freiheit gegen absolute Geistesdespotie und Willkür. Sofern also irgend das Vertrauen berechtigt ist, daß das Wahre und Gute über das Falsche und Böse schließlich den Sieg davon tragen müssen, darf die für jene Güter streitende Partei um den Ausgang des Kampfes nicht besorgt zu sein.

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Gleichwohl wird der Kampf kein leichter, kein gefahrloser sein. Der römischen Hierarchie steht in dem vieltausendköpfigen, über die ganze Erde verbreiteten Klerus ein so trefflich organisirtes und disciplinirtes Heer zu Gebote, wie es im Bereich geistiger Kämpfe kein zweites giebt. Dazu hat sie über eine Masse von Mitteln zu verfügen, gegen die ein Widerstand um so schwieriger ist, als sie sich großentheils im Dunkeln und Verborgenen anwenden lassen. Was ihr aber vor Allem die Stärke einer schwer überwindlichen Macht verleiht, ist der Nimbus der Heiligkeit und Göttlichkeit, mit dem sie seit Jahrtausenden ihr Haupt zu umgeben gewußt hat. Hat auch derselbe im Lichte der Neuzeit viel von seinem ehemaligen Glanze eingebüßt, so übt er doch auch jezt noch auf Unzählige eine unwiderstehliche Macht aus. Hat doch Jeder, der im Schooß der katholischen Kirche erzogen und aufgewachsen, die Lehren von ihrem göttlichen Ursprung, ihrer Untrüglichkeit, ihrer allein seligmachenden Kraft, ihrem unbeschränkten obersten Richteramt im Himmel und auf Erden schon mit der Muttermilch in sich aufgenommen! Sind ihm doch dieselben im engsten Zusammenhange mit den wirklich unantastbaren und ewigen Wahrheiten der christlichen Sittenlehre als ebenso unantastbare Wahrheiten, als unmittelbare Ausflüsse der

göttlichen Offenbarung oder des heiligen Geistes eingeimpft worden. und auf das Innigste mit seinem ganzen Sein und Wesen, seinem Empfinden, Denken und Wollen verwachsen! - Wie also sollten nicht Alle, die sich über derartige Fragen nicht selbst ein klares Urtheil zu bilden vermögen, von einer heiligen Scheu und Verzagtheit ergriffen werden, wenn die Forderung an sie herantritt, sich von diesen in ihnen zu Fleisch und Blut gewordenen Anschauungen loszumachen und solchen Lehren und Mächten zuzuwenden, welche selbst von sich bekennen müssen, nur Ergebnisse menschlicher Weisheit und weltlicher Machtbefugniß zu sein? Ist es zu verwundern, wenn sich diejenigen, deren ganze Lebensanschauung sich nur auf Grund einer Autorität aufgebaut hat, im kritischen Moment sich für diejenige Autorität entscheiden, die sie von Kindesbeinen an als die höhere zu betrachten gewohnt sind, zumal die Vertreter dieser Autorität fort und fort Himmel und Hölle in Bewegung setzen, diesen Glauben in ihnen lebendig zu erhalten und ihnen schon die bloße Anhörung der von der menschlichen Wissenschaft und den weltlichen Mächten ausgehenden Truglehren als einen Abfall in die Neße des Satans und den Abgrund ewiger Verdammniß darzustellen? Mag ihnen ihr natürliches Gefühl, ihr gesunder Menschenverstand auch sagen, daß in gar vielem Betracht das Recht auf Seiten der Wissenschaften und der Staaten ist, so werden doch immer die Schlagwörter der Hierarchie: Wie der Himmel über der Erde, so erhaben seien die göttlichen Offenbarungen der Kirche über der Schulweisheit der menschlichen Wissenschaft“ und „Man müsse Gott mehr gehorchen als den Menschen“ eine den Geist betäubende und den Willen lähmende Wirkung von fast magischer Gewalt auf die ungebildeten Massen üben; und da sie sehr wohl fühlen, daß im tiefsten Grunde doch nur eine Wahrheit existiren kann, also von zwei einander im Princip widersprechenden Lehren nothwendig die eine falsch sein muß, werden sie, wenn es gilt, sich für eine von beiden zu entscheiden, nur allzu geneigt sein, sich von der Macht jener Schlagwörter beherrschen zu lassen.

Hierin also liegt für die Sache der Wissenschaft und der Staaten die größte Gefahr und nichts ist daher für deren Sieg eine so wesentliche und unerläßliche Vorbedingung als die Bekämpfung und

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