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Entkräftung des vom Papismus vor allen andern gepflegten Dogma's, im Besitz einer übermenschlichen und überirdischen Wahrheit und Machtvollkommenheit und darum über aller Weisheit der Wissenschaft und aller Majestät der Staaten hoch erhaben zu sein. Vieles und Wichtiges ist in dieser Hinsicht schon geschehen, doch hat man die Sache noch nicht vom tiefsten Grunde aus angegriffen; namentlich ist in der Polemik der altkatholischen Bewegung, aus leicht erklärlichen und in mehrfachem Betracht zweckgemäßen Gründen, noch nicht mit der nothwendigen Entschiedenheit und Schärfe hervorgehoben und zur Geltung gebracht, daß es überhaupt eine unmittelbar göttliche Wahrheit und Machtvollkommenheit in dem Sinne, wie die römische Kirche sie beansprucht, auf Erden gar nicht giebt, daß vielmehr alle Lehren und Machtbefugnisse derselben ganz ebenso, wie die der Wissenschaften und Staaten, rein menschlichen und weltlichen Ursprungs sind, mithin seitens ihres Ursprungs auch nicht um ein Haarbreit mehr Anspruch auf eine höhere Autorität als diese besitzen, seitens ihrer nachweisbaren und zweifellosen Gewißheit aber auf einer ungleich tieferen Stufe der Glaubwürdigkeit und Wahrscheinlichkeit stehen, ja gerade in denjenigen Behauptungen, auf welche das Papalsystem das größte Gewicht legt, als schlechthin bodenlose Irrthümer und verwerfliche Anmaßzungen nachzuweisen sind.

Zur vollständigen Erkenntniß oder Anerkennung dieser Thatsache hat man sich selbst in gebildeten Kreisen noch nicht allseitig aufgerafft; auch in ihnen ist man noch vielfach von der grundlosen Besorgniß beherrscht, als seien durch dieses Zugeständniß nicht nur die römische Hierarchie, sondern auch die ewigen Wahrheiten des Christenthums, ja die Religion überhaupt gefährdet. Darum erscheint es geboten, das wirklich zwischen Wissenschaft und Religion, Staat und Kirche bestehende Verhältniß zunächst für die Kreise der Gebildeten einer nach allen Seiten gerechten, sich streng an die wirklichen Thatsachen haltenden Erörterung zu unterwerfen, und indem wir versuchen wollen, zur Lösung dieser Aufgabe in vorliegender Schrift einen Beitrag zu liefern, wollen wir unsere Aufmerksamkeit zunächst dem zwischen Religion und Wissenschaft bestehenden Verhältniß zuwenden.

Zeising, Religion und Wissenschaft.

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II.

Gegensatz zwischen den kirchlichen und den wissenschaftlichen

,,Wahrheiten."

Den eigentlichen Mittelpunkt des Kampfes zwischen Religion und Wissenschaft bildet die Streitfrage, welche der beiden streitenden Mächte im Besitz der Wahrheit ist. Gemeinhin spricht man von religiösen und wissenschaftlichen als von zwei verschiedenen und nichtsdestoweniger gleich existenzberechtigten Wahrheiten, und sofern man hiebei unter Wahrheiten" nur verschiedene Manifestationen und Ausstrahlungen einer und derselben Grundwahrheit versteht, kann man diesen Sprachgebrauch gelten lassen.

In schärferem Sinne will die römische Kirche den Unterschied zwischen den Glaubens- und Vernunftwahrheiten gefaßt wissen. In der,,Constitutio dogmatica", welche Pius IX. in der dritten Sizung des vaticanischen Concils erlassen hat, bestimmt sie denselben am Anfang des vierten Capitels also: „Auch daran hielt und hält fortwährend die katholische Kirche in ununterbrochener Uebereinstimmung fest, daß es eine doppelte Erkenntnißordnung giebt, verschieden nicht nur dem Princip, sondern auch dem Gegenstande nach; dem Princip nach, weil wir in der einen kraft unserer natürlichen Vernunft, in der anderen kraft göttlichen Glaubens erkennen; dem Gegenstande nach, weil uns außer den Wahrheiten, welche die natürliche Vernunft erfassen kann, Geheimnisse zu glauben vorgestellt werden, welche in Gott verborgen sind und nicht anders als durch göttliche

Offenbarung zu unserer Kenntniß gelangen können." Ausdrücklich also ist hiemit der Unterschied zwischen religiöser und wissenschaftlicher Wahrheit nicht bloß als ein in der Erscheinungsweise hervortretender, sondern als ein principieller und wesentlicher hingestellt und damit zugleich ausgesprochen, daß die religiöse Wahrheit, weil unmittelbar von Gott stammend, als die höhere und trotz ihrer Unbegreiflichkeit schlechthin unanzweifelbare, dagegen die wissenschaftliche Wahrheit, weil nur aus der natürlichen Vernunft entfließend, die niedere und jener unbedingt untergeordnete Wahrheit sei.

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Daß es wirklich so gemeint ist, bestätigt das Folgende: „Obschon aber der Glaube - heißt es daselbst — über die Vernunft erhaben ist, so kann doch niemals zwischen Glauben und Vernunft ein wirklicher Widerspruch stattfinden; hat ja derselbe Gott, welcher die Geheimnisse offenbart und den Glauben eingießt, dem menschlichen Geiste auch das Licht der Vernunft gegeben; unmöglich aber kann Gott sich selbst verneinen, noch kann jemals das Wahre dem Wahren widersprechen. Jeder derartige vermeintliche Widerspruch ist leerer Schein und hat vornehmlich darin seinen Grund, daß man entweder die Glaubenslehren nicht im Sinne der Kirche verstanden und ausgelegt hat, oder aber eingebildete Meinungen für das Ergebniß vernünftigen Denkens ansieht. Daher erklären wir jeden Saz, welcher der Wahrheit des erleuchteten Glaubens widerspricht, für durchaus falsch. Ferner hat auch die Kirche, welche zugleich mit dem apostolischen Lehramte den Auftrag erhielt, die Hinterlage des Glaubens zu wahren, von Gott her das Recht und die Pflicht, eine Afterwissenschaft zu ächten, damit Niemand durch Weltweisheit und leeren Trug verführt werde. Darum ist es allen Christgläubigen nicht nur untersagt, derartige Meinungen, welche der christlichen Lehre widersprechen und als solche erkannt werden, besonders wenn sie von der Kirche verworfen sind, als berechtigte wissenschaftliche Lehrsäge zu vertheidigen, sondern sie sind vielmehr durchaus gehalten, solche als Irrthümer anzusehen, die sich bloß mit dem trügerischen Schein der Wahrheit ausstatten.“

Liest man bloß die ersten dieser Säße, so könnte man fast

glauben, es sei darin ein Zugeständniß der Kirche enthalten, auf Grund dessen die Wissenschaft sich weiter mit ihr verständigen könnte. Augenscheinlich sind dieselben der Ausfluß der auch von der Kirche nicht abzuweisenden Erkenntniß, daß die Wahrheit in ihrem Wesen und tiefsten Grunde nur eine sei, daß es daher zwei principiell verschiedene und einander wirklich widersprechende Wahrheiten gar nicht geben könne und daß daher, wenn sich gleichwohl zwei mit einander in Widerspruch stehende Lehren geltend zu machen suchen, von denen jede beansprucht die Wahrheit zu sein, nothwendig, wenn nicht beide, die eine von ihnen auf Irrthum oder Lüge beruhen müsse. Wäre also dieser Erkenntniß in den obigen Sätzen wirklich ohne Vorbehalt und Hintergedanken Ausdruck gegeben, so würde sich in diesem Fundamentalgedanken die Wissenschaft mit der Kirche vollkommen im Einklange befinden. Leider aber ist dies nicht geschehen. Schon der vorausgeschickte Concessivsay, und noch mehr die auf ihn gestützten Folgefäße enthalten Behauptungen, welche den Inhalt jenes Gedankens lediglich zu Gunsten der Kirche ausbeuten, ja selbst die untergeordnete Befähigung, welche die Wissenschaft zur Erkenntniß der Wahrheit haben sollte, so gut wie auf Null herabsetzen, indem sie von vornherein jede wissenschaftliche Lehre, welche sich mit der kirchlichen Lehre nicht in Einklang bringen läßt, für leeren Trug erklären, demgemäß auch die Entscheidung über die Zulässigkeit oder Verwerflichkeit einer wissenschaftlichen Lehre allein der Kirche zuerkennen und mithin die Wissenschaft zu einer Existenz erniedrigen, in welcher sie an und für sich selbst schlechterdings Nichts, sondern nur die zu unbedingtem Sclavendienst verurtheilte Magd der Kirche ist. Daß eine Aufstellung solcher Grundsäge irgend eine Verständigung mit der Kirche von Anbeginn unmöglich macht, leuchtet ein. Indem sich die Kirche dabei lediglich auf die von ihr als un= anzweifelbar behauptete Identität ihrer Lehre mit der göttlichen Offenbarung stügt, hat sie damit von vornherein jeden etwa von der Wissenschaft gegen sie zu erhebenden Widerspruch zurückgewiesen. In der That argumentirt sie einfach so: Findet trotzdem, daß es zwei einander widersprechende Wahrheiten nicht geben kann, zwischen den Doctrinen der menschlichen Wissenschaft und den göttlichen Offenbarungen ein unvereinbarer Widerspruch Statt, so kann die

Unwahrheit schlechterdings nur auf Seiten der menschlichen Wissenschaft liegen: denn Gott der Allwissende ist keines Irrthums, keiner Täuschung fähig; alles menschliche Wissen dagegen ist nur Stückwerk; Irrthum und Täuschung heften sich an alle menschlichen Anschauungen. Wo also die Ergebnisse der menschlichen Erkenntniß mit den Offenbarungen Gottes in Widerspruch stehen, müssen nothwendig die ersteren vor den letteren weichen, oder, wenn sie sich dagegen behaupten wollen, mit allen wirksamen Mitteln bekämpft und ausgerottet werden."

Dem oberflächlichen Verstande und dem zum Glauben geneigten Gemüth wird auch dies noch ganz plausibel klingen, ja sie werden geneigt sein, in der entgegengesetten Ansicht geradezu eine freche Selbstüberhebung und Gotteslästerung zu erblicken.,,Wie?" - wird man einer solchen Meinungsäußerung gegenüber ausrufen ,,die beschränkte, kurzsichtige, menschliche Weisheit, die uns nicht zu sagen vermag, was morgen für Wetter sein wird, will flüger sein, als Gott der Allwissende? Welch ein lästerlicher Blödsinn! Welch ein frevelhafter Wahnwiß!" Diese Art zu schließen liegt der großen Masse, die weit mehr vom Inhalt der Glaubenslehren, als den Ergebnissen der Wissenschaft in sich aufgenommen hat, nur allzu nahe, und sie würde als solche wirklich sich kaum widerlegen lassen, wenn sie nicht in der völlig grund- und haltlosen Voraussetzung wurzelte, als ob jeder Artikel der kirchlichen Glaubenslehre, auch wenn er mit Vernunft und Wissenschaft im schroffsten Widerspruch steht, eine schlechthin unanzweifelbare Offenbarung der göttlichen Allwissenheit selbst, dagegen jede mit den kirchlichen Dogmen nicht übereinstimmende Lehre der Wissenschaft, auch wenn für ihre Wahrheit der unwiderleglichste Beweis geliefert werden kann, lediglich eine Ausgeburt des in Irrthum befangenen Menschenverstandes sei.

Oder stützt sich etwa diese Annahme auf irgend eine erwiesene oder nachweisbare Thatsache? Haben wirklich die Glaubenssäße der Religion lediglich darum, weil sie eben nicht im Wissen, sondern nur im Glauben wurzeln, Anspruch darauf, im Gegensaß zu den Erkenntnissen der menschlichen Wissenschaft für unmittelbar göttliche Offenbarungen zu gelten? Wenn dies so sein sollte, müßte vor Allem nachzuweisen sein, daß es überhaupt unmittelbar göttliche

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