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wußt, daß dieselbe in der hier gebotenen Form nicht unmittelbar dem religiösen Gefühl zu genügen vermag, sondern zu diesem Bchuf einer Transformation für die Bedürfnisse des Gemüths und der Anschauung bedarf; aber er hegt zugleich die Ueberzeugung, daß sie nichts enthält, was einer solchen Umbildung widerstrebte, ja daß die in ihr niedergelegten Ideen ihrem Gehalt nach durchaus solche sind, die bereits in den als göttliche Offenbarungen betrachteten Documenten der positiven Religionen auch ihren Herz und Gemüth befriedigenden Ausdruck gefunden haben. Man lese z. B. die poetischen Ergüsse in den Psalmen, die Reden und Parabeln Christi und die Sendschreiben der Apostel in den heiligen Urkunden des Christenthums, man lese die Veden und Epen der Inder, die Weisheitssprüche der alten Perser, die orphischen und homerischen Hymnen der Griechen, die religiösen Lieder der Araber, kurz die heiligen Bücher und die den höchsten Fragen geweihten Dichtungen aller Zeiten und Völker, øder man nehme eine Charakteristik und Auswahl derartiger Glaubenszeugnisse zur Hand, wie sie z. B. in trefflicher Zusammenstellung „Die Kunst im Zusammenhang der Culturgeschichte" von Carriere und desselben Autors „Erbauungsbuch für Denkende“ bietet und man wird im Kern und Wesen gerade derjenigen Gedanken und Vorstellungen, welche sich hier als die überall wiederkehrenden, dem Geist und Gemüth mit unwiderstehlicher Gewalt sich aufdrängenden religiösen Anschauungen erweisen, dieselben Ideen wiederfinden, welche auch den wesentlichen Gehalt der in dieser Schrift gebotenen Gottund Weltanschauung bilden. Je mehr sich aber diese Anschauung als eine solche kennzeichnet, die von rein wissenschaftlichen Gesichtspunkten aus gewonnen ist, um so gewisser erhellt hieraus, daß für das Aechte und Wesentliche in der Religion von der Wissenschaft nichts zu befürchten steht und daß mithin weder für die Staaten noch für die Individuen irgend ein Grund existirt, in dem jezt zwischen der Wissenschaft und der römischen Kirche entbrannten Kampfe aus Besorgniß für die religiösen Wahrheiten auf die Seite Roms zu treten.

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VIII.

Staat und Kirche.

Die vorstehenden Betrachtungen haben zu dem Ergebniß geführt, daß es zwar für das menschliche Bewußtsein zwei verschiedene Gottund Weltanschauungen giebt, eine religiöse, die unmittelbar im gläubigen Gefühl wurzelt, und eine wissenschaftliche, welche sich aus der kritischen Erkenntnißthätigkeit entwickelt, daß aber troß des schroffen Gegensatzes, der unter Umständen zwischen beiden besteht, und troz der heftigen Conflicte, welche sie miteinander durchzufämpfen haben, der Unterschied zwischen denselben nicht ein grundwesentlicher, sondern nur ein formeller ist, indem der innerste Kern und Gehalt dessen, worin das religiöse Gefühl -unter was für seltsamen Verhüllungen auch immer den Inbegriff des Wahren, Beseligenden und Heilbringenden erblickt, schließlich auf dasselbe hinausläuft, worin auch die wissenschaftliche Erkenntniß das Höchste und Vollkommenste erkennen muß.

Von ungleich feindseligerem und unversöhnlicherem Charakter ist der zwischen Staat und Kirche bestehende Gegensag: denn hier stehen sich nicht bloß zwei principiell verschiedene Anschauungen, sondern auch zwei thätlich einander widerstreitende Bestrebungen, zwei um die Superiorität kämpfende Lebensmächte gegenüber; der Kampf zwischen ihnen kann und wird also nicht eher aufhören, als bis eine die andere vollständig überwunden und sich untergeordnet hat. Ein Compromiß, dem ähnlich, wie er zwischen Religion und Wissenschaft geschlossen werden kann, ist zwischen ihnen nicht möglich,

oder kann wenigstens immer nur die Bedeutung eines Waffenstillstandes oder eines faulen, von beiden Seiten unehrlich gemeinten Friedens haben.

Zaghafte, unentschiedene Naturen, die einem derartigen Entscheidungskampfe ausweichen möchten, werden hiegegen einwenden, es hätten ja viele Jahrhunderte hindurch Staat und Kirche als zwei gleich souveräne Mächte neben einander bestanden, also müsse doch, wenn auch nicht ein Ausgleich ihrer beiderseitigen Principien, doch die Herstellung eines friedlichen modus vivendi zwischen ihnen möglich sein, und dies sei jedenfalls einer Weiterspinnung oder gar Verschärfung des gegenwärtigen Zwiespalts vorzuziehen. Dies beruht aber auf einer höchst kurzsichtigen und oberflächlichen Auffassung sowohl der historischen Entwicklung, wie der dermaligen Sachlage. Allerdings haben Staat und Kirche mit gleichen Ansprüchen auf die oberste Souveränetät Jahrhunderte lang neben einander gelebt. Aber wie? - Das Zusammenleben von Hund und Kaze kann in Vergleich mit dem ihrigen ein friedliches genannt werden. Scheinbare Eintracht herrschte zwischen ihnen immer nur so lange, als der Staat entweder sich zum unterthänigen Knecht der Kirche hergab, oder ihr in so energischer Weise die Zähne wies, daß sie es vorzog, bis zu einem geeigneteren Momente ihre Krallen in ihren Sammetpfötchen zu verstecken. Es ist nicht zu viel behauptet, wenn man sagt, daß der weitaus größte Theil des Jammers und Elends, welches die Völker in diesen Jahrhunderten zu ertragen gehabt haben, aus dem von vornherein unnatürlichen und heillosen Mißverhältniß zwischen Staat und Kirche hervorgegangen ist. Es heißt also die verderblichste Quelle des Unheils in Fluß erhalten wollen, wenn man für die Fortexistenz eines solchen Mißverhältnisses wirken zu müssen glaubt. Gerade jezt aber, wo die Kirche selbst den Fortbestand des bisherigen Scheinfriedens zwischen ihr und den weltlichen Mächten als unmöglich erkannt und demzufolge selbst dem Staate den Fehdehandschuh zu einem Kampf um die Oberherrschaft hingeworfen hat, würde eine Politik, die bloß um des lieben Friedens willen den neuesten kirchlichen Tendenzen sich fügsam erweisen wollte, geradezu nichts Anderes für den Staat bedeuten, als eine Unterzeichnung seines eigenen Todesurtheils. Ein Staat aber, der sich

dem Kampf um seine Existenz auf ebenso ehr- wie gewissenlose Weise zu entziehen suchte, würde sich damit zugleich einer unverantwortlichen Preisgebung aller der erhabenen Lebensziele schuldig machen, die sich schlechterdings nur unter seinem Schuß, niemals aber unter dem Druck der ihnen im Princip seindseligen Kirche erreichen lassen. Ein Friedensschluß mit der Kirche auf Grund der von ihr jezt gestellten Forderungen und Bedingungen würde mithin nicht nur eine vollständige Vernichtung der staatlichen Macht und Würde, sondern auch eine gewaltsame Unterdrückung aller Freiheit und Bildung, aller Cultur und Civilisation zur Folge haben.

Diejenigen freilich, welche die Staaten zu solchem selbstmörderischen Schritte verführen möchten, suchen ihnen die Tendenzen, welche die römische Kirche in den jüngsten Jahren verfolgt und mit dem Concilsbeschluß vom 18. Juli 1870 vorläufig zum Abschluß gebracht hat, in möglichst harmlosem, ja verlockendem Lichte darzustellen. Die Unfehlbarkeit des Papstes sei ja schon längst von allen gläubigen Katholiken geglaubt worden; die Erhebung derselben zum Dogma sei ja also nichts weiter als ein formeller Act, durch welchen an dem wirklichen Sachverhalt gar nichts geändert werde. Auch beschränke sich ja dieselbe lediglich auf das Gebiet des Glaubens und der Sitten; die Kreise des Staatslebens würden also durch sie in keiner Weise gefährdet. Im Gegentheil, die Concentration und Stärkung der kirchlichen Macht könne den Staaten nur heilsam sein; denn je mächtiger die Kirche in ihrer Sphäre sei, um so mehr sei sie im Stande, das Volk der Staatsgewalt gegenüber in Gehorsam und Unterthänigkeit zu erhalten. Hätten doch stets die Staaten den subversiven, revolutionären Elementen gegenüber an der Kirche die treueste und mächtigste Bundesgenossin gehabt und seien doch dieselben eben jetzt den Bestrebungen der Socialdemokratic und der Internationale entgegen ganz besonders einer solchen Hülfe bedürftig. Die Kirche mit ihrer vollen, ungeschwächten Macht zur Freundin zu haben, müsse sich daher jeder Staat nicht bloß um des ewigen Heils, sondern auch um seiner eigenen Existenz willen zur Pflicht machen.

Alle diese und ähnliche Redensarten sind jedoch nichts als Sophismen und Sprenkel für die Drosseln. Geradezu Lüge ist die

Behauptung, daß die Unfehlbarkeit des Papstes schon früher allgemein geglaubt sei. Dies beweisen u. A. die ausdrücklichen Erklä= rungen unanfechtbarer Autoritäten, z. B. der bekannte Ausspruch des heiligen Bonifacius:,,Papa a nemine judicandus nisi a fide devius"; ferner die feierlichen Versicherungen der irischen Bischöfe der großbritannischen Regierung gegenüber, die darauf bezüglichen Paragraphen firchlich anerkannter Katechismen und vor Allem die Thatsache, daß die Curie selbst es für nöthig erachtet hat, diese bisher nur theilweise geglaubte und unverbindliche Lehre zu einem allgemein gültigen und verpflichtenden Glaubensartikel zu erheben und daß sich gegen dieses Vorhaben von dem Augenblick an, wo es be= kannt wurde, in allen katholischen Ländern eine weit verbreitete und energische Opposition erhob, an der sich selbst eine große Anzahl gerade der bedeutendsten und einflußreichsten Bischöfe betheiligte und welche noch auf dem Concil selbst in dem Non placet von 88, die Mehrheit der katholischen Christenheit repräsentirenden Concilsmitgliedern ihren unableugbaren Ausdruck fand.

Ebenso lügenhaft ist auch die Behauptung, daß in und mit der förmlichen Dogmatisirung der päpstlichen Unfehlbarkeit nur ein Act von unwesentlicher, rein formeller Bedeutung vollzogen sei. Vor dem Concilsbeschluß des 18. Juli stand es, wie bereits vom baierschen Cultusminister ausgesprochen, jedem katholischen Staatsbürger frei, einen den Staatsgeseßen zuwiderlaufenden Ausspruch des Papstes unberücksichtigt zu lassen, ohne dadurch mit seinem religiösen Gewissen in Collision zu gerathen. Zezt aber befindet sich ein solcher in einer wesentlich anderen Lage. Entweder muß er, um seinen Staatspflichten genügen zu können, gegen sein religiöses Gewissen handeln, oder er muß, um dieses zu befriedigen, seine dem Staat geschworenen Eide brechen. Jedenfalls ist also der Staat in Folge des neuen Dogma's weit leichter als früher der Gefahr ausgesetzt, daß sich ein Theil seiner Staatsbürger in einer derartig kritischen Lage von ihm abund einer ihm feindlichen Macht zuwendet. Diese Gefahr ist aber für ihn um so größer, als in Folge desselben Dogma's auch sämmtliche Bischöfe und der gesammte Clerus zu völlig willenlosen Werkzeugen der römischen Curie herabgesezt und auf Grund der kirchlichen Disciplin gezwungen sind, selbst gegen ihre innere Ueber

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