daß alles, was Schleiermacher gesprochen, nachgeschrieben worden sein sollte, und schon daraus läßt sich erklären, daß manches dunkel bleiben mußte, wenn der Herausgeber nicht unbefugter Weise seinen Standpunkt verlassen wollte, und es bleibt nun dem geneigten Leser überlassen aus dem Zusammenhange und den Varianten selbst zu diviniren oder zu konjekturiren; a) da nun auch der Stundenplan von Schleiermacher's Hand nur flüchtig hingeworfen war, so kann der Herausgeber nur versichern, daß Schleiermacher's Bild vom Leben Christi im Ganzen und Groken klar und wahr wieder erscheint, im einzelnen jedoch, betreffe es Verknüpfung oder Ausdrukksweise, worauf bei Schleiermacher's Bestimmtheit und dialektischer Schärfe freilich viel ankommen müßte, die Authentizität nicht verbürgt werden kann, was allerdings für die unkritischen Kritiker unangenehm sein wird, weil es dem zur Mode gewordenen Kizel, über Schleiermacher sich zu erheben, die Spize abbricht; dafür können sie aber, wenn es ihnen der Mühe werth scheint, sich an dem Herausgeber schadlos halten, welcher mit den Freunden der Ansicht ist, daß das Erscheinen des Schleiermacherschen "Lebens Jesu“ auch in solcher Fassung von großem Werthe bleiben und nur zu a) Auch dafür wird man die Herausgabe eher loben als tadeln, daß sie den Stil, in welchem die Vorträge gesprochen wurden, lieber hat wiedergeben als ändern wollen. Es kam ja eben darauf an, die lezte Vorlesung herzustellen wie sie gehalten worden, damit auch von dieser Weise der Wirksamkeit des großen Theologen ein charakteristisches Bild festgehalten würde, denn eben diese fich den Neulingen hingebende dialogische Gesprächsform trug bei allen ihren Mängeln zur regen beharrlichen zuweilen aufs Höchste gespannten Aufmerksamkeit wie zur Verständlichkeit wesentlich bei. wünschen sein wird, daß es nicht auch noch jezt zu früh komme, um als ergänzendes Glied die tiefer eindringende Wirfung der Geistesgabe, welche der unsterbliche Gottesgelehrte aus hohen Gnaden empfangen hatte, auf dem Gebiete des kirchlichen Lebens fördern zu helfen. Ein anderer Punkt ist der, welcher die Kritik der Quellen betrifft, die in dem verflossenen Menschenalter eine außerordentliche Thätigkeit entwikkelt hat, so daß es scheinen könnte, als ob in dieser Beziehung Schleiermacher's Leben Jesu zu spät komme; aber wiewol Schleiermacher selbst die Lösung der Aufgabe abhängig machte von der fortschreitenden Aufklärung über die Entstehung der Evangelien, und dem entsprechend die betreffende Literatur seitdem überaus reichhaltig geworden, so sind doch die neueren Ergebnisse nicht von der Art daß nicht auch in dieser Beziehung Schleiermacher's Anschauung immer noch wenigstens der Berükksichtigung werth sein sollte, und das positive, was von einzelnen Schulen oder Kritikern seitdem aufgestellt worden, trägt noch so sehr den Charakter des hypothetischen, als daß ein darauf errichtetes "Leben Jesu dem eigenthümlichen Werthe der aus Schleiermacher's Geist und Sinn hervorgegangenen Darstellung Eintrag zu thun vermöchte. Da jedoch die geringscheinende wiewol dreijährige Arbeit der Verbesserung und Vervollständigung bedarf, wenn sie ihren Zwekk ganz erreichen soll, so werden aus dem schriftlichen Nachlasse und den vorliegenden zum Theil sehr werthvollen Kollegienheften von 1829/30, 1823, 1821 und 1819/20, sowie aus nunmehr hoffentlich noch eingehenden Nachschriften in einem so Gott will in Jahresfrist erscheinenden Supplemente dieses Werkes Berichtigungen, Erläuterungen und ergänzende Nachträge folgen, um so die Bahn zu brechen für die Erreichung eines Ganzen in des verewigten Jonas Sinne, und es würde sehr förderlich sein wenn die Freunde des "Lebens Jesu, durch öffentliche oder vertrauliche Ausstellungen, Fra- gen, Wünsche, Berathung und Belehrung mich gütigst unter- stüzen wollten ; das Gute gelingt ja nur durch „Wahrheitsuchen in Liebe. Doch würden auch die Urtheile Anderer gern berükk- sichtigt werden, sofern sie nicht darauf ausgehen, die Gesinnung Schleiermacher's zu verdächtigen: solche Geister können die Antwort Schleiermacher's pag. 86. 90 finden, je nachdem sie gelernt haben das Sittliche vom Unsittlichen zu unterscheiden, wozu ihnen Schleiermacher selbst die beste In Betreff der Rechtschreibung und Interpunktion bes rufe ich mich auf Vorreden zu früher erschienenen Theilen Schließlich noch verbindlichen Dank dem Herrn Pastor dation der Einleitung und den lieben Freunden welche soust durch Mühewaltung und Ermunterung mitgewirkt haben, vor allem aber der treuen Bruderliebe deffen, der bei Lesung dieser Zeile den wärmsten Händedrukk fühlen wird. Neu-Lewin in der Pfingstwoche 1864. Rütenik. Idee einer Lebensbeschreibung S. 1—37. Gegensaz von Chronik und Geschichte: die Einheit zum Ein- zelnen, das Innere zum Aeußeren, die Einheit zum Inneren. Kalkulus und seine Grenzen. Der Einzelne unter der Po- Die spezifische Dignität als Voraussezung des Glaubens lei- det unter der Berechnung nicht, diese ist vielmehr um der Vorbildlichkeit willen nothwendig. Christus könnte keinen dominirenden Einfluß auf alle Völker und Zeitalter haben, wenn er nicht irgend wie unter der Potenz der Volksthüm- lichkeit gestanden hätte. Zum wahren menschlichen Leben gehört die wahre menschliche Entwikkelung. Können wir Christum nicht in andere Zeiten übertragen, so läßt sich die Vorbildlichkeit nicht zur sinnlichen Anschauung erheben, aber indem wir aus dem wirklichen Leben seine Maximen kennen lernen, lassen sich doch diese in Anwendung bringen Vom Glauben allein ausgehen genügt der Aufgabe nicht son- dern widerspricht ihm und ihr; es ist unparteiische Kritik der freundlichen wie der gegnerischen Ansichten über die Per- son Christi erforderlich: ist die Person nicht zu halten so muß das Christenthum als solches aufgegeben werden. . 18-24 Man darf die Nazaräer (Ebioniten) nicht verwechseln mit unsern heutigen, welche Christo eine pia fraus beilegen und |