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Drittes Capitel.

Vorstehender wunderlicher Brief war freilich schon lange geschrieben und hin und wieder getragen worden, bis er endlich, der Aufschrift gemåß, dießmal abgege= ben werden konnte. Wilhelm nahm sich vor mit dem ersten Boten, dessen Absendung bevorstand, freundlich, aber ablehnend zu antworten. Hersilie. schien die Entfernung nicht zu berechnen, und er war gegenwärtig zu ernstlich beschäftigt, als daß ihn auch nur die mindeste Neugierde, was in jenem Kästchen befindlich seyn möchte, håtte reizen dürfen.

Auch gaben ihm einige Unfälle, die den derbsten Gliedern dieser tüchtigen Gesellschaft begegneten, Gelegenheit sich meisterhaft in der von ihm ergriffenen Kunst zu beweisen. Und wie ein Wort das andere gibt, so folgt noch glücklicher eine That aus der andern und wenn dadurch zuletzt auch wieder Worte veranlaßt werden, so sind diese um so fruchtbarer und geisterhebender. Unterhaltungen waren daher so belehrend als ergdßlich, denn die Freunde gaben sich wechselseitig Rechenschaft vom Gange des bisherigen Lernens und Thuns, woraus eine Bildung entstanden war, die sie wechselseitig ers

Die

staunen machte, dergestalt daß sie sich untereinander erst selbst wieder mußten kennen lernen.

Eines Abends also fing Wilhelm seine Erzählung an: Meine Studien als Wundarzt suchte ich sogleich in einer großen Anstalt der größten Stadt, wo sie nur allein möglich wird, zu fördern; zur Anatomie, als Grundstudium, wendete ich mich sogleich mit Eifer.

Auf eine sonderbare Weise, welche niemand errathen würde, war ich schon in Kenntniß der menschlichen Gestalt weit vorgeschritten und zwar während meiner theatralischen Laufbahn; alles genau besehen spielt denn doch der körperliche Mensch da die Hauptrolle, ein schöner Mann, eine schöne Frau! Ist der Director glücklich genug ihrer habhaft zu werden, so sind Komödienund Tragödiendichter geborgen. Der losere Zustand, in dem eine solche Gesellschaft lebt, macht ihre Genossen mehr mit der eigentlichen Schönheit der unverhüllten Glieder bekannt als irgend ein anderes Verhältniß; selbst verschiedene Costums nöthigen zur Evidenz zu bringen, was sonst herkömmlich verhüllt wird. Hievon hått' ich viel zu sagen, so auch von körperlichen Mängeln, welche der kluge Schauspieler an sich und andern kennen muß, um sie, wo nicht zu verbessern, wenigstens zu verber= gen, und auf diese Weise war ich vorbereitet genug, dem anatomischen Vortrag der die äußern Theile näher kennen lehrte eine folgerechte Aufmerksamkeit zu schenken ; so wie mir denn auch die innern Theile nicht fremd waren,

indem ein gewisses Vorgefühl davon mir immer gegenwårtig geblieben war. Unangenehm hindernd war bei dem Studium die immer wiederholte Klage vom Mangel der Gegenstände, über die nicht hinreichende Anzahl der verblichenen Körper, die man zu so hohen Zwecken unter das Messer wünschte. Solche, wo nicht hinreichend, doch in möglichster Zahl zu verschaffen, hatte man harte Gesetze ergehen lassen, nicht allein Verbrecher, die ihr Individuum in jedem Sinne verwirkten, sondern auch andere körperlich geistig Verwahrlos'te wurden in Anspruch genommen.

Mit dem Bedürfniß wuchs die Strenge und mit dieser der Widerwille des Volks, das in sittlicher und religioser Ansicht seine Persönlichkeit und die Persönlichkeit geliebter Personen nicht aufgeben kann.

Immer weiter aber stieg das Uebel, indem die verwirrende Sorge hervortrat, daß man auch sogar für die friedlichen Gråber geliebter Abgeschiedener zu fürchten habe. Kein Alter, keine Würde, weder Hohes noch Niedriges war in seiner Ruheståtte mehr sicher; der Hügel, den man mit Blumen geschmückt, die Inschriften, mit denen man das Andenken zu erhalten getrachtet, nichts konnte gegen die einträgliche Raubsucht schüßen; der schmerzlichste Abschied schien auf's grausamste gestört und indem man sich vom Grabe wegwendete mußte schon die Furcht empfunden werden, die geschmückten beruhig

ten Glieder geliebter Personen, getrennt, verschleppt und entwürdigt zu wissen.

Aber dieses kam wiederholt und immer durchgedroschen zur Sprache, ohne daß irgend jemand an ein Hülfsmittel gedacht håtte oder daran håtte denken können, und immer allgemeiner wurden die Beschwerden, als junge Männer die mit Aufmerksamkeit den Lehrvortrag gehört, sich auch mit Hand und Auge von dem bisher Gesehenen und Vernommenen überzeugen und sich die so nothwendige Kenntniß immer tiefer und lebendiger der Einbildungskraft überliefern wollten.

In solchen Augenblicken entsteht eine Art von unnatürlichem wissenschaftlichem Hunger, welcher nach der widerwärtigsten Befriedigung wie nach dem Anmuthigsten und Nothwendigsten zu begehren aufregt.

Schon einige Zeit hatte ein solcher Aufschub und Aufenthalt die Wissens und Thatlustigen beschäftigt und unterhalten, als endlich ein Fall, über den die Stadt in Bewegung gerieth, eines Morgens das Für und Wider für einige Stunden heftig hervorrief. Ein sehr schönes Mädchen, verwirrt durch unglückliche Liebe, hatte den Tod im Wasser gesucht und gefunden; die Anatomie bemächtigte sich derselbigen; vergebens war die Bemühung der Eltern, Verwandten, ja des Liebhabers selbst, der nur durch falschen Argwohn verdächtig ge= worden. Die obern Behörden, die so eben das Gesetz geschärft hatten, durften keine Ausnahme bewilligen;

auch eilte man so schnell als möglich die Beute zu bes nußen und zur Benutzung zu vertheilen.

Wilhelm, der als nächster Aspirant gleichfalls berufen wurde, fand vor dem Size den man ihm anwies, auf einem saubern Brete, reinlich zugedeckt, eine bedenkliche Aufgabe; denn als er die Hülle wegnahm lag der schönste weibliche Arm zu erblicken, der sich wohl je= mals um den Hals eines Jünglings geschlungen hatte. Er hielt sein Besteck in der Hand und getraute sich nicht es zu eröffnen, er stand und getraute nicht niederzusißen. Der Widerwille dieses herrliche Naturerzeugniß noch weiter zu entstellen stritt mit der Anforderung, welche der wissensbegierige Mann an sich zu machen hat und welcher sämmtliche Umhersihende Genüge leisteten.

In diesen Augenblicken trat ein ansehnlicher Mann zu ihm, den er, zwar als einen seltenen, aber immer als einen sehr aufmerksamen Zuhörer und Zuschauer bemerkt, und demselben schon nachgefragt hatte; niemand aber konnte nåhere Auskunft geben; daß es ein Bildhauer sey, darin war man einig; man hielt ihn aber auch für einen Goldmacher, der in einem großen alten Hause wohne, dessen erste Flur allein den Besuchenden, oder bei ihm Beschäftigten zugänglich, die übrigen såmmt= lichen Räume jedoch verschlossen seyen. Dieser Mann hatte sich Wilhelmen verschiedentlich genåhert, war mit ihm aus der Stunde gegangen, wobei er jedoch alle weitere Verbindung und Erklärung zu vermeiden schien,

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