33 Ludwig Hölty Frühlingslied ie Luft ist blau, das Tal ist grün, Die kleinen Maienglocken blühn, Und Schlüsselblumen drunter; Der Wiesengrund Ist schon so bunt Und malt sich täglich bunter. Drum komme wem der Mai gefällt, Die solche Pracht Hervorgebracht, Den Baum und seine Blüte. 1748-76 34 Der alte Landmann an seinen Sohn b immer Treu' und Redlichkeit Bis an dein kühles Grab Und weiche keinen Finger breit Von Gottes Wegen ab! Dann wirst du wie auf grünen Aun Durchs Pilgerleben gehn, Dann kannst du sonder Furcht und Graun Dem Tod ins Antlig sehn. Dann wird die Sichel und der Pflug Dann singest du beim Wassertrug, Der Teufel treibt ihn hin und her Der schöne Frühling lacht ihm nicht, Er ist auf Lug und Trug erpicht Und wünscht sich nichts als Geld.. Der Wind im Hain, das Laub am Baum Saust ihm Entseßen zu; Er findet nach des Lebens Raum Im Grabe keine Ruh. Üb immer Treu und Redlichkeit Bis an dein kühles Grab Und weiche keinen Finger breit Von Gottes Wegen ab! Dann suchen Enkel deine Gruft Und weinen Tränen drauf, Und Sommerblumen, voll von Duft, Blühn aus den Tränen auf. 35 Johann Wolfgang von Goethe Heidenröslein Sah ein Knab' ein Röslein stehn, Röslein auf der Heiden, War so jung und morgenschön, Knabe sprach: „Ich breche dich, Und der wilde Knabe brach Röslein, Röslein, Röslein rot, 1749-1832 36 Willkommen und Abschied Es schlug mein Herz, geschwind zu Pferde! Der Abend wiegte schon die Erde, Der Mond von einem Wolkenhügel Dich sah ich, und die milde Freude Und Zärtlichkeit für mich ihr Götter! 37 Doch ach, schon mit der Morgensonne Mit einem gemalten Band Kleine Blumen, kleine Blätter Streuen mir mit leichter Hand Gute junge Frühlingsgötter Zephyr, nimm's auf deine Flügel, Sieht mit Rosen sich umgeben, Fühle, was dies Herz empfindet, Und das Band, das uns verbindet, |