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grenzt wie dieses war die Wandelfähigkeit seiner Sprache und lyrischen Form. Mit Ausnahme des geistlichen und patriotischen Liedes hat er alle Gattungen der Lyrik gepflegt und ist in allen vorbildlich geworden. Die singbare Weise des Volksliedes, die schlichten Reimverse des Hans Sachs, Klopstocks freie Rhythmen, antike Versmaße und italienische Strophen beherrschte er mit gleicher Sicherheit und vergriff sich nie in der Wahl der metrischen Form. Dabei leitete ihn weder Theorie noch Überlegung, sondern einzig sein natürliches Gefühl. » Der Takt,« sagte er einmal, kommt aus der poetischen Stimmung, wie unbewußt. Wollte man darüber denken, wenn man ein Gedicht macht, man würde verrückt und brächte nichts Gescheites zustande. <<

Ganz verschieden an Charakter, Begabung und Lebenserfahrungen war Goethes großer Genosse JOHANN FRIEDRICH SCHILLER. Goethe war wie wenige vom Schicksal begünstigt. Seine Eltern waren wohlhabend, seine Erziehung sorgfältig; er genoß alle Vorteile, die ein verfeinertes Leben bieten kann. Er konnte sich frei entwickeln, unbedrückt von kleinlichen Sorgen, konnte sich ausleben und ausreifen: er lebte dreiundachtzig Jahre und bewahrte seine Schaffenskraft bis zuletzt.

Wie leicht ward er dahin getragen!
Was war dem Glücklichen zu schwer?
Wie tanzte vor des Lebens Wagen
Die luftige Begleitung her!
Die Liebe mit dem süßen Lohne,
Das Glück mit seinem goldnen Kranz,
Der Ruhm mit seiner Sternenkrone,
Die Wahrheit in der Sonne Glanz!

Schiller dagegen kam aus kleinen, ärmlichen Verhältnissen; keine Schönheit umgab seine Jugend; Sorge und

Er

Not waren tägliche Gäste im Hause seiner Eltern.
litt unter dem Zwange eines tyrannischen Erziehungs-
systems, das mehr geeignet war Seele und Charakter zu
verkrüppeln als zu entwickeln. Sein Leben war ein
beständiger Kampf mit Hindernissen aller Art, und noch
weit von dem Ziele, das er sich gesteckt hatte, übereilte
ihn der Tod. Goethe schuf leicht, er schrieb nur, wenn
er sich angeregt fühlte. Schiller dagegen rang mit seinen
Stoffen und zwang sich zur Arbeit selbst bei lähmender
Krankheit und Schwäche.

Goethe, ein glücklicher Mensch, behaglich im Schaffen
genießend,

Während der andere sich, darbend, im Schaffen verzehrt.

Schiller hat viel über das Wesen und die Formen der Dichtung nachgedacht und immer die höchsten Anforderungen an sich und seine Kunst gestellt. Aber er ist der Natur nie so nahe gekommen, wie Goethe ihr von Haus aus war. Das persönliche Element, das in Goethes Dichtungen so stark hervortritt, fehlt bei Schiller fast ganz. Goethes Gedichte, in zeitlicher Folge an einander gereiht, enthüllen die Geschichte seiner inneren Erlebnisse ; Schillers Gedichte, in derselben Weise geordnet, zeigen. nur die Entwicklung seiner Kunst und das Reifen seines Denkens. Schiller teilt uns nicht eigentlich seine Empfindungen sondern seine Gedanken darüber mit. Während zum Beispiel aus Goethes Maiied Glück und Freude uns unmittelbar entgegenklingen, gibt uns Schillers Gedicht An die Freude nur begeisterte Betrachtungen darüber. Ebenso bezeichnend wie Goethes Ausspruch » daß ein volles, ganz von einer Empfindung volles Herz den Dichter macht ist Schillers Warnung: Ein Dichter

nehme sich ja in acht, mitten im Schmerz den Schmerz zu besingen. Aus der sanfteren und fernenden Erinnerung mag er dichten, aber ja niemals unter der gegenwärtigen Herrschaft des Affekts. <<

Die Lyrik im engeren Sinne war, wie Schiller es selbst ausdrückte, » sein Exilium, nicht seine Provinz«; dagegen erschloß er in seiner Gedankenlyrik, in der er philosophische Ideen in poetischer Fassung aussprach, der deutschen Dichtung ein fast völlig neues Gebiet und wurde durch seine dramatische Gestaltungskraft von höchster Bedeutung für die Entwicklung der Ballade. Goethe knüpfte in seinen Balladen, ebenso wie Bürger, an die Volkspoesie an. Nicht nur durch ihre einfache Form und Sprache, sondern auch durch ihre Stoffe, die, obwohl frei erfunden, an volkstümliche Sagen und Märchen anklingen, erinnern seine älteren Balladen, wie Der König in Thule, Der Fischer, Der Erlkönig, an die Volksdichtung. Ihren besonderen Charakter aber erhalten sie durch die lyrische Stimmung, die Goethe aus solchen Stoffen zu lösen wußte. Schiller wählte für seine Balladen mit Vorliebe handlungsreiche Episoden aus der Geschichte oder Überlieferung. Er wandte seine Kunst vor allem an das dramatische Entfalten der Handlung in einer Reihe bewegter Szenen und die Belebung der Vorgänge durch eine schwungvolle, bilderreiche Sprache. Er war aber auch bestrebt, durch seine Darstellung menschlicher Geschicke das Walten sittlicher Gesetze in Geschichte und Leben zu zeigen, und hinzuweisen auf die sieghafte Macht des Wahren, Guten, Schönen.

Unter den Kräften, die im letzten Viertel des achtzehnten Jahrhunderts das geistige Leben in Deutschland

bewegten, wurden besonders drei für die Dichtung wichtig: Herders Wiedererschließung der Volkspoesie, die Neubelebung griechischer Kunstideale durch Winckelmann und Lessing, und Kants Philosophie. Herders Einfluß erreichte seine höchste Wirkung in Goethes Liederdichtung, erlag aber dann mehr und mehr der klassischen. Gegenströmung, die auch Goethe ergriff und in Verbindung mit Kants Philosophie für Schillers Entwicklung bestimmend wurde.

Der Glaube an die Ideale der griechischen Kultur wurde bei FRIEDRICH HÖLDERLIN beinahe Religion. Von krankhafter Schwermut niedergedrückt, durch harte Schicksalsschläge verschüchtert, unzufrieden mit dem engen Leben, das ihn umgab, flüchtete er bald in ein erträumtes Land klassischer Schönheit, bald in die große Natur, die er mit griechischer Frömmigkeit verehrte und belebte. Hatte er anfangs in Anlehnung an Schillers Gedankenlyrik gereimte Gedichte geschrieben, so bewog ihn später seine wachsende Liebe für das Griechentum, den Reim und deutsche Versmaße, wie einst Klopstock, zu verschmähen. Aber unter seinen Händen verloren die antiken Formen alles Fremdartige und füllten sich mit einem musikalischen Wohllaute, den Klopstock nie erreicht hatte.

Ähnlich verträumt und weltfremd wie Hölderlin war Friedrich von Hardenberg, der unter dem Namen NOVALIS dichtete. Auch ihn zog die Sehnsucht hinweg aus der Wirklichkeit. Aber sie galt nicht der entschwundenen Welt der Griechen, sondern dem Jenseits des Irdischen. Der Tod seiner Braut und eigene schwere Krankheit hatten ihn früh mit dem Tode vertraut gemacht und

steigerten sein religiöses Empfinden zu mystischer Schwärmerei. Dabei bewahrte er sich eine seltene Heiterkeit des Gemütes und einen kindlich frommen Glauben, den er in geistlichen Liedern mit rührender Innigkeit und Schlichtheit aussprach.

Die Abwendung vom Leben der Zeit, das sehnsüchtige Versenken in erträumte bessere Welten waren wesentliche Züge der romantischen Bewegung, die an der Wende des Jahrhunderts in der deutschen Literatur einsetzte. Sie erklären sich zum großen Teil aus der Trostlosigkeit der damaligen politischen Zustände, aus dem Scheitern aller Hoffnungen, mit denen man die französische Revolution begrüßt hatte, aus dem Erstarken der absoluten Regierungsgewalten und der Einengung des staatlichen und kirchlichen Lebens. Im deutschen Mittelalter, das man sich phantastisch ausmalte und poetisch verklärte, glaubte man endlich alles zu finden, was man in der Gegenwart vermißte. Indem man sich aber in die Vergangenheit des eigenen Volkes vertiefte, erwachte aufs neue das Gefühl für das Einheimische und Nationale, das dann unter den vernichtenden Schlägen der Napoleonischen Kriege zu glühender Vaterlandsliebe erstarkte.

Die Dichter der jüngeren Romantik, allen voran CLEMENS BRENTANO, wurden die Träger und Verkünder der neuen Stimmung. Die Sammlung alter deutscher Lieder, die er unter dem Namen Des Knaben Wunderhorn in den Jahren 1805-1808 mit Achim von Arnim herausgab, trug die Freude am eigenen Volkstum und an der heimatlichen Landschaft in weite Kreise und lenkte die Lyrik wieder in die Bahnen, auf die einst Herder hingewiesen hatte. Wie tief Brentano selbst in

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