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Eigentümer alles Grundes und Bodens, aller Habe, ja der Untertanen selbst auffasst, also direkt dem Privateigentum des vaterrechtlichen Hausvaters an Habe, Haus, Hof und an den Seinen entspricht zu bringen. Am Beginn der Dinge aber stand anscheinend der Häuptling unter seinen Stammesgenossen in ähnlicher Stellung, wie der Hausälteste grauer Vorzeit unter seinen Hausgenossen. So ist das Bild des Königtums, das uns die homerischen Dichtungen zeigen, wo nicht Agamemnon allein, sondern die Ratsversammlung der Fürsten entscheidet, und auch daheim der König in der Volksversammlung nur den Ehrensitz hat1). Ebenso muss es aber auch im ältesten Rom gewesen sein: wenigstens wurde dem Romulus als Übermut und Frevel ausgelegt, dass er allein Strassenräuber verurteilte, ohne hierzu einen Beirat aus dem Volk zuzuziehen"); und L. Tarquinius erhielt den Beinamen Superbus, weil er ebenfalls ohne Beirat die Strafsachen allein entschied und über die wichtigsten Staatsangelegenheiten (bellum, paces, foedera, societates) ohne den Rat der Hausältesten aus den Geschlechtern (Senat) beschloss3). Wieviel hiervon nun Sage, wieviel Geschichte sein mag jedenfalls wurde die Entwickelung des Königtums bei den Römern da unterbrochen, wo es einen energischen Anlauf zum absoluten Despotismus nahm. Der römische Bauer lernte seinen Rücken nicht beugen und er hat es auch niemals gelernt; denn, als das Cäsarentum aufkam, war der alte Bauernstand längst durch die ewigen Kriege und durch die Latifundien zu Grunde gerichtet.

Von den Germanen zu den Zeiten des Tacitus ist vorhin schon gesprochen. Dieser sagt von ihnen ausdrücklich, die

1) Od. 2, 14: (Τηλέμαχος) ἕζετο δ ̓ ἂν πατρὸς θώκῳ, εἶξαν δὲ γέροντες. 2) DIONYS 2, 56.

3) LIVIUS 1, 49; vergl. ZUMPT, Kriminalrecht der römischen Republik, Bd. 1 S. 14, 123. Über die Zusammensetzung des Senats aus den Häuptern der Gentes, BÜDINGER in Denkschriften der Wiener Akademie der Wissenschaften, Bd. 36 (1888) S. 98.

Macht ihrer Könige sei keineswegs unbeschränkt oder absolut gewesen 1). Und die Erinnerung hat sich noch lange in späte Zeiten erhalten. Es braucht nur das Verhältnis Gunthers zu seinen Mannen erwähnt zu werden, das mehr auf Treue von Mann zu Mann bis in den Tod, als auf Unterwürfigkeit gebaut war. So hielt die Sage die menschlich schönen Züge einer fernen Vergangenheit fest.

Nicht anders war es bei den Indianern Nord- und Südamerikas. Man kann geradezu aussprechen, dass bei ihnen der Häuptling in Friedenszeiten wenig zu sagen hatte, und nur was wir bei andern Völkern schon nachdenklich betrachtet haben - die Kriegsläufte seine Machtbefugnisse steigerten. Hierfür fehlt es nicht an reichlichen Belägen 2). Ebenso ist von absoluter Macht des Häuptlings keine Rede bei den Eskimos 3); und das Gleiche hören wir von den Papuas auf NeuGuinea1).

So war die Macht des Häuptlings in alter Zeit durch die Volksversammlung und den Beirat der Hausältesten der Geschlechter (den Senat der Römer) sehr wesentlich eingeschränkt.

1) Germania C. 7: nec regibus infinita aut libera potestas. C. 43: Gotones regnantur, paulo jam adductius quam ceterae Germanorum gentes, nondum tamen supra libertatem. Auf Anfänge des absoluten Despotismus und ihre Bekämpfung scheinen die Nachrichten über den Tod des Arminius hinzudeuten (TACITUS, Annales 2, 88; vergl. auch daselbst 11, 16). Auch in Tracht und Kleidung unterschieden sich die ältesten deutschen Könige wenig von den übrigen Freien ihres Volks (GRIMM, Rechtsaltertümer, S. 239).

2) DARGUN in Zeitschrift, Bd. 5, S. 41 ff., der die Stellen aus CharleVOIX, SCHOOLCRAFT und CATLIN anführt; vergl. auch KOHLER ebenda, Bd. 12, S. 357 ff.; für Brasilien MARTIUS, Beiträge zur Ethnographie Amerikas, S. 65, 66; für Guyana SCHOMBURGK, Reise in Britisch-Guayana, Bd. 2, S. 321.

3) Zeitschrift, Bd. 12, S. 362.

4) Ausland 1880, S. 128 nach VON ROSENBERG: »Auch die Häuptlinge geniessen nur geringes Ansehen und unterscheiden sich im gewöhnlichen Leben in nichts vom geringsten Dorf bewohner.<

Aber noch eine andere bedeutende Schranke ist zu erwähnen, die aus dem Alten Testament uns allen wohlbekannte Stellung der Priester. Freilich setzt dies schon eine vorgeschrittene Kulturstufe voraus. Denn in ältester Zeit ist, wie ich in den vorigen Blättern oft betont habe, der Hausvater selbst der Priester an dem Herd als Hausaltar, wie in gleicher Weise anscheinend auch der Häuptling für den Stamm; und der Berufspriester hat auf primitiver Stufe der Völker zunächst oft nur die wenig würdige Stellung des Zauberers, der die Macht der Götter, zu nützen oder zu schaden, zu Gunsten des Stamms beeinflussen und, wenn ein Übel geschehen ist, den Schuldigen, der den Zorn der Götter erregt hat, ausfindig machen soll. Erst, sobald der Priester die Opfer selbst übernimmt und er allein dadurch als der berufene Diener und Mittler der Götter erscheint, hebt sich die Macht des Priesterstandes. So gehören die Priester und Propheten des alten Bundes mit ihrem strengen, auch gegen die Könige gerichteten Zorn, diese mächtigen Gestalten, die die Geschicke Israels vielleicht noch mehr gelenkt haben als seine Könige, bereits einer hohen Kulturstufe. Und ebenso in Indien, wo das Gesetzbuch des MANU den König zwar den >Herrn der Erde« nennt1), aber durch seine Bestimmungen sehr deutlich zeigt, wie sehr er an die Mitwirkung der Priester auch hier gebunden war. So sollte er die Streitsachen unter Zuziehung der Brahmanen prüfen und zu diesem Richteramt gelehrte, rechtskundige und wahrheitsliebende Männer wählen; er konnte sich auch selbst durch einen Brahmanen vertreten lassen 2). So war auch bei den Azteken Mexikos der Priester zugleich der Richter, und seine Stelle neben der des Königs. Aber auch hier handelt es sich um eine bereits sehr fortgeschrittene Kultur mit ausgedehntem Beamtenapparat (sogar Staatsrat und Minister), Appellations

1) Buch 8, V. 39.

2) BERNHÖFT in Zeitschrift, Bd. 2, S. 306, 307.

instanzen und manchen Anzeichen einer späten Entwickelungsstufe1). Und für solche Zeiten lassen sich, wie wohlbekannt, die Beispiele eines Gegenübertretens von weltlicher und geistlicher Macht auch sonst reichlich belegen.

Hiermit haben wir die ältesten Kulturstufen bereits verlassen. Ich kann aber von diesem Rechtsgebiet nicht scheiden, ohne eine höchst merkwürdige Staatsverfassung erwähnt zu haben, die der Indianerstämme der Irokesen. Sie bildeten nach unseren Begriffen eine völlige Föderalrepublik; das oberste Organ war eine Art Bundesrat, zu dem jede Nation (Stamm) einen Vertreter schickte und dessen Beschlüsse mit Einstimmigkeit gefasst werden mussten. Alle Männer waren frei und gleich, Sklaven gab es nicht, jedes Dorf bildete eine unabhängige Republik. Exekutive und Strafgewalt kannte man nicht; höchster Lohn war die Wertschätzung der Stammesgenossen, ihre Verachtung schwerste Strafe. Und all dies in einem Stamm von Wilden! Man hat mit Begeisterung die Weisheit dieser staatlichen Einrichtungen gepriesen, sie mit dem Amphiktyonenbund der Griechen verglichen und darauf aufmerksam gemacht, dass die heutige Verfassung der Vereinigten Staaten in wesentlichen Punkten eine Parallele bildet). Jedenfalls ein seltsames Beispiel, wie bei noch verhältnismässig geringer Kultur aus der Stammesverfassung ein geradezu an moderne Staatenbildungen gemahnender Stammesbund sich entwickeln kann.

So sehen wir in alter Zeit die Keime, aus denen unsere heutigen Staaten und Staatenbünde erwuchsen. Wenn wir aber nun diese Anfänge überblicken: was für Klüfte liegen auf dem Wege von dem Häuptlingtum, das den führenden Mann nur wenig von den Gefährten abhob, zu dem Fetisch-Königtum der

1) KOHLER ebenda, Bd. 11, S. 19 ff.

2) SCHOOLCRAFT, History etc. of the Indian tribes, Bd. 3, S. 182 ff.

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Morgenländer; und wie weite Wege haben zu den von hier aus noch weltenfern ab liegenden Zielen geführt, die bis jetzt erreicht sind, so vor allem zu dem, was uns lieb und teuer ist

dem, was ich Hohenzollerntum nennen möchte, dem auf strenger eigener Pflichterfüllung und liebevoller Entfaltung aller Kräfte beruhenden modernen Königtum!

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