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Gestalt und Aussehen der Götter.

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Männer vom erstaunten Volk geradezu für Asen angesehen werden. So heisst es in der Landnáma 3 Kap. 10 von den Söhnen des Hjalti: wie sie zum Ding kamen, waren sie so wol angethan, dass die Leute meinten, die Asen seien gekommen; und in der Volsungasaga Kap. 26 meint einer von den Leuten des Gjuki, da er den Sigurd anreiten sieht, einer der Götter fahre daher. Die schöne lichte Farbe wird bei Heimdall, Baldr und bei der Idun, der weissarmigen (Lokasenna 17) hervorgehoben, Sif Thors Frau trägt herrliches Goldhaar, im Übrigen aber erhalten wir keine besondern Einzelschilderungen. Unter den Göttern sind ältere und jüngere gedacht. Odin ist ein älterer, bärtiger Mann, doch keineswegs gebrechlich, greisenhaft, vielmehr stattlich und ehrfurchtgebietend im Waffenschmuck, wie ein bejahrter, vielerfahrener, aber noch rüstiger und waffenfähiger Volkskönig, Thor ist eine blühende Mannesgestalt mit rotem Bart, Baldr ein strahlender, jugendschöner Held. Nach der Geburt wachsen die Göttersöhne oft wunderschnell zu grosser Kraft hervor, eine Nacht alt macht sich Wali Odins Sohn zur Rache Baldrs auf, drei Nächte alt befreit Magni Thors Sohn den Vater von der ungeheuren Last des über ihn gestürzten Hrungnir. Es finden sich Spuren, dass die Götter besondere Nahrung genossen. Zwar halten sie Biergelage und Thor isst gierig Lachse und Ochsenbraten, die wandernden Asen sieden Ochsenfleisch. Aber andererseits bedarf Odin keiner Kost, mit seinem Teil von Eberfleisch, das den Einherjern in Walhall vorgesetzt wird, füttert er seine Wölfe, er selber lebt allein von Wein. Idun verwahrt Äpfel, durch deren Genuss die alternden Götter sich verjüngen. Odrerir, der begeisternde Dichtertrank, ist vielleicht ursprünglich ein Verjüngungstrank, der das Altern verhindert. 1)

Es liegt im lebenskräftigen Götterglauben begründet, dass der Gott ein höheres, längeres Leben führt als der Mensch. Unsterblichkeit und Ewigkeit im Vergleich zum kurzlebigen Menschen gebührt dem Gott. Tiefere Denker mögen allmälig auch das Göttliche als endlich erkennen. So sind die griechischen Götter ewig, aber neben dieser vorherrschenden Betrachtung taucht auch der Gedanke an ihren Untergang auf. Über die Sterblichkeit oder Unsterblichkeit der germanischen Götter wissen wir nichts;

1) Diese Auslegung Odrerirs schlägt Bugge, Studien über die Entstehung der nordischen Götter und Heldensagen S. 563 f. vor.

denn die nordischen Verhältnisse dürfen nicht verallgemeinert werden. In der nordischen Göttersage freilich sind fast alle Götter dem Waltode geweiht, zuerst wird Baldr getötet, am Weltende aber erwartet die Walhallgötter der Schlachttod. Da der Untergang der nordischen Götter mit dem Weltuntergang zusammenhängt, letzterer aber ungermanisch ist, dürfen wol auch die germanischen Götter wie die griechischen und indogermanischen ewig gedacht werden.

Die germanischen Götter erscheinen reitend oder gehend, nur Thor fährt auf seinem mit zwei Böcken bespannten Wagen. Darum werden Namen verschiedener Götterpferde aufgezählt. Selbst göttliche Frauen bedienen sich, den Walküren gleich, der Rosse. Bei den Menschen aber werden Gottheiten feierlich im Wagen umhergeführt, wie die Nerthus und Freyr in Schweden. Altertümlicher ist gewiss das Wagengespann; die berittenen Götter entstammen wiederum deutlich der germanischen Heldenzeit, die Kämpfe werden zu Fuss oder zu Ross, nur äusserst selten und schwerlich auf echt heimischer Sage begründet zu Wagen wie z. B. in der Brawallaschlacht ausgefochten. Wenn die Götter ausreiten oder ausfahren, so erbebt die Erde. Aus den Mähnen und vom Gebiss der Götterrosse träufelt befruchtender Thau aufs Gefilde herab. Die Götter reiten und fahren durch die Lüfte und auf dem Wasser, wie auf dem Lande. Wenn sich die Götter, meist in unscheinbarer Gestalt, unter die Menschen mischten, so erschienen und verschwanden sie plötzlich. Fürs Verschwinden gebraucht die nordische Sprache das Wort hverfan, Ópinn hvarf þá, Odin verschwand da, heisst es am Schlusse des Grimnirliedes. Vermutlich galt überhaupt das gemeingermanische Zeitwort hwerban hiefür. Die Verwandlungsfähigkeit haben die Götter mit allen überirdischen Wesen gemeinsam, jedoch machen sie verhältnissmässig selten und dann mehr in zauberischer Weise davon Gebrauch. Die Götter werden im allgemeinen als heiter, wolgemut (teitr, gladr) und mild (blidr, sváss, hollr) geschildert. Sie sind dem Menschen gnädig gesinnt. Dem Thor lacht vor Freude das Herz in der Brust (hló hugr í brjósti), aber sein Zorn bricht oft auch furchtbar hervor. Wenn er unwillig zürnt, lässt er die Brauen über die Augen sinken, macht finstere Brauen und schüttelt den Bart. Für Odin ist neben aller Heldenschaft doch auch Tücke und Hinterlist Freund und Feind gegenüber bezeichnend. Das Leben der Götter verläuft wie das der Menschen. Sie befragen

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das Loos, führen Kriege, halten festliche Gelage, üben sich in den Waffen, halten Gericht, ergötzen sich am Brettspiel und lassen sich in Liebeshändel ein. Verzehrende Sehnsucht erfasst Freys Gemüt; Odin ist in allen Liebesränken wol erfahren. Die Götter haben auch Gefolgsleute und Diener. Skirnir ist Freys Schuhknecht, Fulla der Frigg Kammermagd. Über die Macht der Götter treffen wir abweichende Anschauungen. Sie sind die Lenker des Schicksals, das ja metodo und regano giskapu ist, andererseits ist aber auch das Schicksal unabhängig und selbständig gedacht (wurdgiskapu). In der nordischen Sage sind die Götter dem Verhängniss unterworfen. Die germanischen Götter und Wurd verhalten sich wol ähnlich zu einander wie die griechischen und die Moira. Das Schicksal gilt bald als Willensäusserung der Götter, bald steht es selbständig neben, ja über den Göttern. Regnator omnium, Allwalter, war der Semnonengott, die Bezeichnung lässt unumschränkte Allmacht vermuten. Die den Göttern zugemessene Macht sehen wir so geteilt, dass einer an der Spitze der übrigen steht, denen besondere Ämter und Verrichtungen zugewiesen sind. Die Rangverhältnisse der Götter waren aber keineswegs gleichmässig geordnet, gerade hier treten bedeutende Unterschiede im Laufe der Jahrhunderte und bei den einzelnen Völkerschaften hervor, indem der Vorrang unter den Göttern wechselte, bald bei Tiuz, bald bei Wodan, bald bei Freyr, bald bei Thor stand. Mithin ist auch die Anzahl der germanischen Götter keine fest bestimmte, sondern eine ewig wechsel volle. Für die älteste Zeit erkennen wir drei Hauptgötter, deren Verehrung bei den meisten Stämmen sehr wahrscheinlich ist. Wieviele Götter aber die einzelnen Stämme daneben verehrten, lässt sich nicht feststellen. Die Zwölfzahl der Götter spielt weder im deutschen, noch im nordischen Glauben eine Rolle. Zuerst gedenkt ihrer das Hyndlalied 30:

Elf noch lebten vom Asenstamme,

Als Baldrs Leiche auf den Brandstoss sank.

Die Stelle steht in dem Abschnitt, der als kurze Woluspa (Volospo en skamma) bezeichnet wird und wol erst der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts zugehört.') Die Zwölfzahl entstammt gelehrter Nachahmung des antiken Götterkreises. Sie wird von

1) Zum Alter der Volospó en skamma vgl. Finnur Jónsson, Litteraturs historie 1, 204.

Snorri Sturluson in der Ynglingasaga Kap. 2 u. 7 und in der Gylfaginning Kap. 20 (SE. 1, 82) wiederholt, ist aber so wenig begründet, dass die Anzahl der wirklich bezeugten Asen damit gar nicht übereinstimmt. Wir haben es sicher mit einem späten gelehrten Versuche des 12./13. Jahrhunderts zu thun, der keine weitere Beachtung verdient.

Die Wohnstätte der Götter ist im lichten Himmel oder auf hohen Bergen gedacht, die in den Himmel hinein ragen und weite Überschau gewähren. Ásgardr, godheimr (Götterheim), heilakt land (heiliges Land), ragna sjot (Göttersitz), hodd goda (Götterbezirk) lauten die Bezeichnungen bei den nordischen Dichtern. Auf den Himmel weisen unmittelbar die Namen uppheimr, upplond, wie in mhd. Gedichten der Himmel oberland heisst, wo die uppregin hausen. Tiuz und die tirar gehören schon des Namens halber in den Himmel. Wodan, Odin und Freyr schauen vom himmlischen Hochsitz aus auf die Welt herab. Von den Namen der Götterwohnungen, welche das Grimnirlied aufzählt, bezeichnen einige den weiten glänzenden Himmel (Breidablik, Glitnir, Bilskirnir). Auf himmelhoch ragendes Gebirg deutet Heimdalls Wohnsitz Himinbjorg. Die Götterberge brauchen nicht immer als Kultstätten, sie können auch als Wohnsitz gedacht sein. Nach der SE. liegt Asgard inmitten der Erde, wol als hochragender Götterberg, dessen Gipfel durch die Wolkendecke in ewig heitere Klarheit ragt. Auch der Göttersitz Olymp ist Berg und Himmelsraum zugleich.

Die einzelnen Götter.

I. Tiuz.

1. Des Gottes Art und sein Kult.

Der idg. Deus, der Gott des strahlenden Himmels und Tages, wurde auch bei den Germanen verehrt. In den ältesten Zeiten, von denen die Geschichtsquellen spärliche Kunde gewähren, war Tiuz noch Erster der Götter. Die Mythen vom indogermanischen

1) Über die Form des idg. *dien-dien- (zur Wurzel diu) Brugmann, Grundriss der vergl. Grammatik d. idg. Spr. II S. 451; an. Týr < Tieuz Noreen An. Gr.2 § 68, 7; ags. Tiw, Tíg zu erschliessen aus überliefertem TínesTigesdæg, Sievers Ags. Gr. § 250, 1 Anm. 2; das Fries. gewährt Tiesdi, Tisdei,

Tiuz als oberster der Götter.

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Himmelsgotte lassen noch deutlich die Naturerscheinung als Hintergrund der Sagenbildung erkennen. Mit Friede und Fruchtbarkeit segnet der Himmel die Erde. Einige Sagen und der Kult, den die Schweden noch lange Zeit dem Gotte widmeten, zeigen auch den germanischen Gott in seiner natürlichen Wirksamkeit. Sofern er nicht davon losgelöst wurde, darf sein Wesen auch aus der zu Grunde liegenden Vorstellung gedeutet werden. Daneben entwickelte sich aber eine völlig neue Seite seiner Thätigkeit, welche bei den meisten Stämmen fast einzig überwog. Nachdem Kampf und Kriegsfahrt zur ersten und wichtigsten Lebensaufgabe der Germanen geworden war, wandelte sich die leuchtende, in erhabener Ruhe über den Wolken in lichten Himmelshöhen thronende Gestalt des idg. Göttervaters zum schwertfrohen Helden. Denn sein eigen Ebenbild in höchster Vollkommenheit malt sich ein Volk in seinem Gotte aus. Der Gott steht in Beziehung zur Hauptbeschäftigung seines Volkes, er lenkt das Schicksal, das Los der Schlachten. Tiuz wurde zum Kriegsgott. In dieser Eigenschaft lernten ihn die Römer kennen, welche ihn als Mars umschrieben. Bei den Tencterern') ist er der vornehmste der Götter. Auch die Rheinländer, die im ersten Jahrhundert n. Chr. bereits dem Wodan sich zuwandten, brachten doch auch dem Tiuz besondere Tiere,

Richthofen, Afries. Wb. 1084; ahd. Zio, Ziu, aus überliefertem Ziestag, Graff, Ahd. Sprachschatz 5, 358, 361, mhd. zistag, Lexer, Mhd. Wb. III 1136, schwäb. zisteg, zeisteg, Schmeller, Bair. Wb. II 1071. Zu den Verderbnissen in zinstag, dingstag, dienstag Grimm, Deutsches Wb. II 1119, Andresen, ZfdA. 30, 415, Kluge, Etym. Wb. unter Dienstag. Ob die ahd. Glosse ziu, turbines hergehört? J. Grimm, Myth. 184 erklärte,,Wetter der Schlacht",,Mars trux oder saevus". In Deutschland sind keine Orts- oder Eigennamen mit Sicherheit auf Zio zurückzuführen. Ziolf Förstemann II, 1658 gehört nicht her. Über Ciesburg Ciuuari vgl. S. 205 Anm. Tewesley in England neben Thursley (Thunresleah) und Wanborough (Wódenesbeorh) weist vielleicht auf ags. Tiwesleah; Kemble, the Saxons in England I, 351. Ganz anders erklärt Bremer (Indogerm. Forschungen 3, 301 f.) den Namen. Auf Grund von ags. Tin, afries. Tì an. tífar, mhd. zistac setzt er urgerm. Tiwaz lat. divus, aind. dēva, air. dia, lit. devas in der Bedeutung „Gott, göttlich" an. Ahd. Zio wurde zu Zi und Zio (Braune Ahd. Gr. § 108 Anm. 2, § 43, Anm. 6). Ein Zusammenhang mit dem griech. lat. aind. Himmelsgott sei ausgeschlossen; vgl. auch Kögel, Geschichte der deutschen Litteratur I, 1, S. 14 Anm.

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1) Tac. Hist. IV 64 igitur Tencleri, Rheno discreta gens, missis legatis mandata apud concilium Agrippinensium edi iubent, quae ferocissimus e legatis in hunc modum protulit: redisse vos in corpus nomenque Germaniae communibus deis et praecipuo deorum Marti grates agimus.

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