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wahrscheinlich. Kauffmanns Versuch, ältere Bestandteile, Züge des grossen germanischen Waldesgottes an ihnen nachzuweisen, gewann kein sicheres Ergebniss.

XI. Hönir.

Über Hönir schwebt undurchdringliches Dunkel, weil die Überlieferung der mit ihm verknüpften Mythen teilweise unverständlich ist und weil auch der Name des Gottes keiner befriedigenden Deutung sich fügt. Er erscheint bei der Weltschöpfung, beim Wanenkrieg, nach dem Weltende im neuen Paradies, aber meistens als stumme, thatenlose Person, welche andern das Handeln überlässt.') Hönir gehört zur wandernden Götterdreiheit Odin, Hönir, Lodurr oder Loki. Die Götter verleihen dem ersten Menschenpaar Hauch (ond), Seele (6), Gebärde, Wärme, blühende Farbe (lá, læte, lito góþa). Hönir verleiht die Seele, den Geist des Menschen. Mit Odin und Loki ist Hönir auf der Fahrt, wie sie mit dem Riesen Thjazi, dem Räuber der Idun zusammentreffen und wie sie bei Hreidmar einkehren, nachdem sie seinen ottergestaltigen Sohn erlegt. In einem färöischen Lied, das vielleicht auf eine ältere verlorene nordische Sage zurückgeht, treten wiederum Odin, Hönir und Loki auf. Ein Bauer verliert im Brettspiel seinen Sohn an einen Riesen und muss ihn hingeben, wenn er ihn nicht vor dem vielkundigen Unhold zu verstecken vermag. In dieser Not werden Odin, Hönir, Loki nach einander angerufen; Odin lässt in einer Nacht einen Acker heranwachsen und heisst den Knaben des Bauern mitten im Acker eine Ähre, mitten in der Ähre ein Gerstenkorn sein. Als nun der Riese, das schneidende Schwert in der Hand, den Arm voll Getreides rafft, da schlüpft ihm das Gerstenkorn von der Faust heraus und Odin bringt den Bauersleuten den Sohn zurück. Hönir weist diesen an, als sieben Schwäne über den Sund fliegen und zwei sich niederlassen, mitten im Nacken des einen eine Feder zu sein; als aber der Riese den Schwan fängt und ihm den Hals abschlägt, fliegt die Feder heraus. Loki, der letzte Helfer verwandelt den Knaben zu einem Korn im Rogen eines Flunders;

1) Über Hönir Vol. 18 u. 63; seine Namen SE. 1, 266 f. Die Stellen der Haustlong, die sein Verhältniss zu Odin und Loki voraussetzen, SE. 1, 308, 310, 314; Hönirs Vergeiselung an die Wanen Ynglingasaga Kap. 4.

denselben Fisch erangelt nachher der Riese und zählt jedes Korn im Rogen. Das rechte entschlüpft ihm aus der Faust, und als er dem spurlos über den Sand hinfliehenden Knaben nachwatet, lässt Loki ihn sich in einen zu diesem Zweck erbauten Bootschuppen verrennen und schlägt ihn tot. So ist der Bauernsohn gerettet.) Will man einen tieferen Sinn aus dem Liede deuten, so hat Uhland am ehesten Recht, wenn er in dem dreifach verwandelten Bauernsohn den in die Natur gelegten schöpferischen Trieb erkennt, welchen die Riesen bedrohen, die Götter beschirmen. Die drei Nahrungsquellen des friedlichen nordischen Bauern, Ackerbau, Seevögeljagd, Fischfang sind gleichsam drei mächtigen Göttern unterstellt. Aber schwerlich ist schon in älterer Sage eine solche Verteilung der betreffenden Berufszweige an Odin, Hönir, Loki erfolgt. Da wäre sicherlich Thor für Odin als Beschützer der Landwirtschaft gewählt worden. Die Verbindung scheint vielmehr dem Schöpfer des färöischen Liedes zuzuschreiben zu sein. Darum ist es gewagt, daraus dass Hönir über die Schwäne Gewalt hat, auf sein ursprüngliches Wesen schliessen zu wollen, weil man Gefahr läuft, die Erfindung eines einzelnen späteren Dichters für uralten Mythus zu nehmen.

Nachdem Hönir das erste Menschenpaar beseelte und begeistigte, erscheint um so seltsamer die Rolle, welche ihm beim. Friedensschluss zwischen Asen und Wanen zugeteilt wird. Die Asen gaben gegen Freyr und Njord den Hönir als Geisel und sagten, er tauge sehr wol zum Häuptling. Er war ein grosser und überaus schöner Mann. Mit ihm sandten die Asen den Mann, der Mimir hiess; der war der Allerklügste. Dafür gaben die Wanen den Kwasir hin. Als Hönir nach Wanenheim kam, wurde er sogleich zum Häuptling gemacht. Mimir gab ihm allen Rat ein, Wenn Hönir bei Dingversammlungen oder Verhandlungen zugegen und Mimir abwesend war, und eine schwierige Sache vor ihn gebracht wurde, antwortete er immer auf dieselbe Weise: Mögen andre raten! Da ahnten die Wanen, dass sie beim Geiseltausch von den Asen getäuscht wurden. Sie ergriffen Mimir, enthaupteten ihn und schickten seinen Kopf an die Asen zurück. So berichtet die Ynglingasaga im 4. Kapitel. Darnach ist Hönir zwar schön

1) Das färöische Lied,,Lokka táttur“ bei V. U. Hammershaimb, färöiske kväder, Kopenhagen 1851, Bd. 1, 140 ff. Zur Erklärung des Liedes Uhland, Schriften 6, 193 ff.; 7, 367 ff. Eine deutsche Übersetzung gibt auch Simrock, Mythologies 106 ff.

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und stattlich, aber schwach im Geiste und unselbständig im Urteil. Er braucht stets Mimirs Beirat, sonst weiss er sich nicht zu helfen.

Hönir heisst bei den Skalden Sitz-, Fahrt-, Redegenosse Odins. Auf seine Bundesgenossenschaft mit Odin und Loki spielt namentlich Thjodolf in der Haustlong an. Die Namen,,der schnelle Ase“, „Langfuss",,,Lehmkönig" (aurkonungr, oder „Nässekönig“, der sich im Lehm, in der Nässe aufhält) entstammen wahrscheinlich verlorenen Sagen und sind für uns, nachdem einmal die betreffenden Geschichten verloren gingen, vollkommen unverständlich. Im neuen Paradies kehrt auch Hönir wieder. Er wird „den Looszweig kiesen"), d. h. ihm wird wieder sein altes Loos, unter den Asen zu weilen, zu teil. Möglicherweise soll aber auch damit gesagt sein, dass Hönir dann in der Welt das Loos zieht, durchs Loos die Zukunft erforscht und das Schicksal entscheidet.

Viele Erklärungsversuche sind umsonst an dem rätselhaften Gott gemacht worden.2) Einigen gilt Hönir als Ausfluss des höchsten Gottes der Germanen. Ein Sonnenwesen scheint er Weinhold. Uhland will den Namen auf ein verlorenes Zeitwort *hanan *hôn (mit canere verwandt) zurückführen. Der Name bedeute einen Schall und das hänge mit seiner Gabe an die ersten Menschen, ópr, Dichtkunst, Gesang zusammen. Auf Uhlands Etymologie greifen auch Detter und Heinzel 3) wieder zurück, Hönir wird zu einem Zeitwort hona, canere, gestellt, Hönir bedeutet Sänger, es ist ein ursprünglicher Beiname Odins. Hönir und Bragi gleichen sich in manchen Dingen. Müllenhoff nimmt den Hönir für einen Wassergott. Dazu könnte auch Uhlands Erklärung des Namens, wenn auch in anderem Sinne dienen: Hönir der Schallende, Rauschende, wie lat. canorus gebraucht wird.

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zur Auslegung der Stelle Müllenhoff, Altertumskunde 5, 100 f.; Gering, Edda S. 15, Anm. 1; Kauffmann, Beiträge 18, 189 erklärt, dass Hönir in der zukünftigen Welt jedem Einzelnen sein Loos zuteilt.

2) Über Hönir vgl. Weinhold, ZfdA. 7, 24 ff, wozu Mogk, Grundriss 1, 1086, der an den slavischen Hennil, Hainal, den Gott der Morgenröte, denkt; Uhland, Schriften 6, 188 ff.; Müllenhoff, Altertumskunde 1, 34; Hoffory, Gött. gel. Anz. 1888, S. 161; Nachrichten d. Gött. Gesellschaft, Dec. 1888; Eddastudien 108 ff.; Kauffmann, Beiträge 18, 175 u. 189; Rödiger, ZfdPh. 27, 9 f.; Detter u. Heinzel, Beiträge 18, 542 ff.

3) Beiträge 18, 547 ff.

Hoffory leitet Hönir aus urgermanischem *hohnijaz ab; Tiuz hohnijaz sei, wie etwa Zeug zuzreios, der schwangleiche Himmelsgott. Kauffmann denkt an hód (ahd. huota) und findet den Begriff Hüter in Hönir; es ist der grosse Waldesgott der Germanen, aus dem nach Kauffmann soviele Götter hervorgingen. Roediger sucht dem Hönir mit natursymbolischer Auslegung nahe zu kommen. Er sieht einen Wolkengott in ihm. Die Wolke ist Gefährte des Sturmes, wie Hönir und Odin zusammen gehen. Wolken sind Schwäne im blauen Himmelssee. Die Wolke ist hohl und leer, wie Hönir ein Hohlkopf. Aber der Wassergott Mimir vermag ihr Gehalt zu geben, den Regen. Die erregbare menschliche Gemütsstimmung wird mit den wechselnden Wolkengebilden verglichen; nach dem altdeutschen Ezzolied gibt Gott dem Menschen ,,von den wolchen daz muot", wie Hönir den Menschen beseelt. So lässt sich immerhin manches für Hönir als Wolkenwesen sagen, mehr als für die übrigen Erklärungsversuche. Der Name soll aus *hauhnijaz (zu *hauhni, dän. höine die Höhe) stammen und bedeuten: der in der Höhe lebt. Etymologische Namenerklärungen, welche zum Verständniss des mit dem Namen behafteten Wesens dienen sollen, haben immer besondere Schwierigkeiten, zumal wenn die Wortwurzel nicht klar ist. Soviel Erklärer soviel Erklärungen! Trotz allem bleibt Hönir rätselhaft nach wie vor. Da er bei der Menschenschöpfung auftaucht und in der neuen Welt wiederkehrt, liegt offenbar sein Ursprung in der Weltlehre, d. h. Hönir ist wol aus der Fremde zugewandert. Sicher wird auch Hönir noch einmal auf diese Art befriedigende Deutung finden, wenngleich E. H. Meyers Versuch, Hönir aus Henoch abzuleiten, verfehlt erscheinen muss.

XII. Bragi der Dichtergott.')

Snorri berichtet in der Gylfaginning Kap. 26: Bragi ist einer der Asen. Er ist ausgezeichnet durch Weisheit, besonders aber durch Redeklugheit und Sprachgewandtheit. Am meisten ist er jedoch in der Dichtkunst erfahren und daher wird auch diese nach ihm bragr genannt, wie auch Männer oder Frauen, die sich vor andern durch dichterische Begabung hervorthun, den Namen

1) Über Bragi vgl. Uhland, Schriften 6, 277 ff.; Mogk, Beiträge 12, 383 ff. ; Bugge, Beiträge 13, 187 ff.; Mogk, Beiträge 14, 81 ff.

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bragarmenn führen. Die Gemahlin Bragis heisst Idun. Als Benennungen Bragis führt die Snorra Edda 1, 266 an: Gemahl der Idun, der Skaldenkunst Urheber, der langbärtige Ase, Odins Sohn. Als der Langbärtige (sídskeggja) erinnert Bragi an den Gott der Dichter, an Odin, der ebenso Sidskeggr und Langbardr, Tief- und Langbart heisst.

Als Odins Hofskalde, welcher in Walhall den Ehrendienst als Begrüsser der Gäste mit dem Willkommentrunke versieht, erscheint Bragi im Preislied auf Eirik. Odin bespricht sich mit dem klugen Bragi über die Herankunft dieses Heldenkönigs, vor dem es tost und kracht, als kehrte Baldr zurück zu Odins Sälen, und schickt Sigmund und Sinfjotli zu seinem Empfang entgegen. Im Lied auf Hakon den Guten werden Hermod und Bragi aufgerufen, ihm entgegen zu gehen und Bragi reicht ihm feierlich den Becher zum Willkomm: „Aller Einherjer Frieden sollst du haben; empfange Bier bei den Göttern. Acht Brüder hast du schon hier innen, o Bekämpfer der Jarle". Snorri gibt einem Abschnitt der Edda. eine Einkleidung, welche den Bragi als Gesellschafter beim Gelage und trefflichen Sagenerzähler erscheinen lässt. Odin hatte den Ägir zu einem Gastmahl nach Walhall entboten. Dem Ägir wurde der Platz neben Bragi gewiesen, sie tranken und unterhielten sich zusammen. Bragi erzählte von vielen Begebenheiten, die sich bei den Göttern zugetragen hatten. So legt Snorri einen grossen Teil der Göttersage dem Bragi in den Mund und macht den kunstreichen Skald zu einem ebenso ausgezeichneten Sagenerzähler. In Skaldschaft und Saga ist aber der Nordleute höchste Geistesthätigkeit beschlossen. Bragi ist der Skalden bester 1), Denkrunen sind auf seiner Zunge eingeritzt.2)

Als Loki unter die bei Ägir versammelten Asen tritt und Aufnahme heischt, ergreift Bragi zuerst das Wort. Wie er willkommene Gäste in Wallhall grüsst, so verweigert er dem unlieben Loki Sitz und Stätte beim Gelage; denn die Asen wissen, wem sie Zutritt zum Festmahl verstatten. Auch hier also gebärdet sich Bragi als berufener und bestellter Sprecher der Götter. Odin selbst muss freilich trotzdem Loki auf dessen Mahnung einlassen; da entbietet der Böse allen Göttern und Göttinnen Gruss, bloss nicht dem Bragi. Der will ihm Ross, Schwert und Ringe aus seinem Reichtum gewähren zur Busse, damit er nicht den Asen Missgunst 1) Grímn. 44.

2) Sigrdr. 16.

Golther, Germ. Mythologie.

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