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(wegen des unfreundlichen Empfanges) erzeige. Aber Loki greift ihn gerade an seiner friedlichen, zum Vergleich so rasch bereiten Gesinnung an: Du bist im Gefecht der furchtsamste und beim Schuss der scheueste. Da bricht Bragi zornig los:

Wenn ich draussen wär' und drinnen nicht
Bei Ägir sässe im Saal,

Dein Haupt trüg ich in der Hand gar bald:
Das wär für die Lüge der Lohn.

Loki erwidert:

Im Sessel bist kühn du, doch säumig zur That,
Bragi, du Zierde der Bank!

Zum Zweikampf geh', wenn zornig du bist,

Der Dreiste bedenkt sich nicht lang.

Die Skaiden der nordischen Könige sind tapfere Helden, in Liederkunst wie in der Waffenführung gleich geübt. Viele haben ihre Treue in Schlachten bewährt und mit dem Tode besiegelt. Doch kam es auch vor, dass ein Skald sein verlorenes Leben mit einem Gedicht rettete. Bragi Boddason löste sein Leben aus der Gewalt des Schwedenkönigs Bjorn durch eine Drápa, ein Preislied, das er in einer Nacht verfertigt hatte, und ebenso befreite Egill sein Haupt aus der Gewalt König Eiriks. Auf solche Fälle bezieht sich wol Loki, indem er übertreibend und verdrehend den Skald als feig verhöhnt, weil er mit schönen Worten sich dort noch zu befreien wisse, wo der tapfere Mann rettungslos dem Tod verfallen sei. Idun beschwört nun Bragi bei ihren Kindern und Wunschsöhnen, den Loki nicht weiter zu lästern. Da sie sich auf Kinder und Wunschkinder beruft, muss angenommen werden, dass der Lokasenna die Ehe zwischen Bragi und Idun bereits bekannt ist, dass sogar Sprösslinge dieses Bundes vorausgesetzt werden. Wunschsöhne Bragis sind vielleicht die menschlichen Dichter, welche nach ihrem Tod in Walhall wohnten. 1)

Der Skald Egill Skallagrimsson spielt zweimal auf Bragi an, wobei er sich auch auf Mythen bezieht. Leider ist die Überlieferung dermaassen verderbt und ausserdem die Anspielung so kurz und dunkel gehalten, dass die dem Dichter vorschwebenden Sagen gar nicht oder doch nur unsicher und unbestimmt wieder erschlossen werden können. Die Schlussstrophe der Hofuðlausn beginnt: Der König möge sich so seiner Schätze erfreuen, wie

1) Zur Erklärung von Lokas. 16 Bugge, Beiträge 13, 188 ff.

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Bragi seines Auges! Was das bedeutet, ist dunkel. Im Sonatorrek 2 und 3 ist vom Raube des Dichtermetes, den Odin aus Riesenheim entführte, die Rede, wobei der fehllose Bragi auflebte.') Soll damit die Geburt Bragis an dieses Ereigniss geknüpft werden? Gab es eine Sage, welche den Dichtergott Bragi als den Sohn Odins und der Gunnlod, die den Met hütete, ansah? Wie Odin in Liebe bei der Riesenmaid ruhte, als er den köstlichen Met erlangte, hätte er auch den besten Skald Bragi erzeugt. Über blosse Vermutungen kommt die Erklärung der Stelle nicht hinaus, weshalb Bragis Herkunft von Gunnlod immer sehr zweifelhaft bleibt.

Bragi, der Gott, hat jedenfalls Beziehungen zu Bragi Boddason, der, obzwar noch der Sagenzeit verfangen, doch als geschichtliche Gestalt um und nach 800 zu betrachten ist. 2) Bragi Boddason, geschichtlich beurkundet und doch mehrfach in Sage und Dichtung verwoben, steht an der Spitze der langen Reihe norwegischer und isländischer Skalden. Es erhebt sich die Frage, ob Bragi Boddason der Skald nach dem Gotte seinen Namen hat, ob beide Namen etwa unabhängig entstanden und im Wortsinne den vortrefflichsten Skalden, den Dichterfürsten bei Göttern und Menschen bezeichnen, endlich ob etwa der Skald Bragi zur Verherrlichung des Standes unter die Asen versetzt wurde. Alle drei Möglichkeiten lassen sich mit Wahrscheinlichkeitsgründen stützen, keine als sichere Thatsache nachweisen. Dass Bragi weder ein altgermanischer noch ein volkstümlich nordischer Dichtergott war, sondern erst in später Zeit, etwa im 9. Jahrhundert, unter den

1) Die Stelle der Hofudlausn lautet nach Finnur Jónssons Ausgabe njóte bauga sem Brage auga!

Im Sonatorrek 3 heisst es, nachdem von der Entführung des Trankes die Rede war:

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In „nockvers" vermutet Bugge Verderbniss für „ngltvers", Nachtaufenthalt, ,,á notivers nokkva umschreibt im Bett. Die älteren Deutungen bei Sveinbjörn Egilsson Lex. poet. 604 f. Bragis Erzeugung durch Odin und Gunnlod lesen aus den Worten heraus Gisli Brynjúlfsson, antiquarisk tidsskrift 1855/7, S. 148 ff. und Bugge, Beiträge 13, 195 ff.

2) Über Bragi Boddason Uhland, Schriften 6, 281 ff.; SE. 3, 307 ff. Gering, kvæþa brot Braga ens gamla, Halle 1886; Bugge, bidrag til den ældste skaldedigtnings historie, Christiania 1894, wo die Echtheit der dem Bragi zugeschriebenen Gedichte mit starken Gründen angefochten wird.

Skalden aufkam, wird ziemlich allgemein angenommen. Ist ihm doch nirgends eine in den Grund der Mythen eingreifende Wirksamkeit zugewiesen. Odin ist das göttliche Urbild des Sängers, er ist der Urquell dichterischer Begeisterung. Neben ihm ist für Bragi kein Raum. Bragi bedeutet der Fürst, der Erste. Das Wort begegnet als Eigenname wie als Appellativum, wenigstens in der Mehrzahl bragnar, die Fürsten, Helden und in der starken Form bragr.) Bragi kann ebenso der erste unter Dichtern wie unter Kriegsleuten wie unter Göttern (Thor ist ásabragr) heissen. In der altnordischen Sprache ist aber Bragi gewöhnlich der Dichterfürst. Bragi könnte auch als Beiname oder später gebildete Bezeichnung des ältesten und berühmtesten der Skalden aufgefasst werden. Mogk glaubt, Bragi könnte ein Beiname Odins gewesen sein und nach und nach als Sondergestalt, etwa wie Freyr, Baldr, Heimdallr aus Tiuz, sich entwickelt haben. Falls aber der Skald Bragi samt seinem Namen, der Sängerahn im wallenden Bart, als zweifellos der Wirklichkeit angehörig gelten darf, hat die von Uhland und Mogk vertretene Ansicht, dass Bragi bei den Asen selbst kein andrer sei als der nach Asgard erhobene Bragi der Alte, Boddis Sohn, am meisten Wahrscheinlichkeit für sich. Bragi erscheint in Gesellschaft des Sigmund, Sinfjotli, Hermod. Sind nun diese Helden, geschichtliche und sagenhafte, nach ihrem Erdenlauf zu Odins Mahl und Ehrendienst berufen, warum nicht auch, auf seine Weise, ein berühmter Skald? Das Bild von Walhall, Odin und die Einherjer, der König und seine Gefolgschaft wird erst vollständig durch den Hofskalden, der hochgeehrt nahe beim Herrn seinen Sitz erhält. Was überhaupt von Thaten Bragis verlautet, lässt ihn ausschliesslich als dienstthuenden Hofbeamten erscheinen. Darum wird sein Ursprung auch in irdischen Verhältnissen zu suchen sein, und dass die Skalden den ersten

1) Bragi als Heldenname Helgakv. Hund. 2, 18; SE. 1, 522; im Ortsnamen Bragalund Helgakv. Hund. 2, 8; bragnar steht für *bragar, dem alten regelrechten Plural zum Singular bragi, Noreen, An. Gramm.2 § 334, 4. bragr im Sinne von princeps in bragr ása, kvenna, karla u. s. f. bei Uhland, Schriften 6, 294; Mogk, Beiträge 14, 82 ff. Ags. brego, der Herrscher, wird gleich angewandt, vgl. J. Grimm, Myth. 215; es steht im Wurzelablaut zu an. bragr, Sievers, Beiträge 11, 355. bragafull, Bragibecher, ist nur falsche Lesart minderwertiger Handschriften statt bragarfull. Vgl. Gudbrand Vigfusson, Dictionary S. 76; Mogk, Beiträge 14, 83; man darf nicht mit Uhland a. a. O. 279 ff. dem feierlichen Odins, Freys, Njords Vollhorn einen entsprechenden Bragibecher gegenüber stellen.

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und ältesten ihrer Schar zu diesem Ehrenamt erkoren, ist wol begreiflich. Wird ihm Idun, die Hüterin der verjüngenden Äpfel vermählt, so besagt das poetische Bild wol nur, dass Idun seinem Alter Kraft und Jugendfrische wahrt. In ihren Hauptmythen ist. Idun aber unvermählt.

XIII. Requalivahanus.

Deo Requalivahano Q. Aprianus fructus ex imperio
pro se et suis v. s. l. m.

Diese Inschrift trägt ein Stein aus dem 2. Jahrh. n. Chr., der 1883 in der Nähe von Blatzheim bei Cöln aufgefunden wurde.2) Der Name des Gottes ist aus germanischen Wortstämmen gefügt. Seine Bedeutung und etwaige Beziehung auf einen der uns sonst bekannten Götter zu erschliessen, ist noch nicht geglückt. Trotz allen gelehrten und geistvollen Erklärungsversuchen zeigt sich auch hier die Unmöglichkeit, aus den allein von Inschriften gebotenen, allgemeinen Benennungen irgendwie sichere, brauchbare Ergebnisse für die Geschichte der germanischen Mythologie zu gewinnen. Der erste Wortstamm ist zweifellos germ. *rekwaz (got. riqis; an. røkkr) Finsterniss, Dunkelheit. Derselbe Stamm ist auch sonst in gotischen Eigennamen nachzuweisen: Reccared, Reccesuinth, Requisindus, Riccifrida, Riccila u. ä. (vgl. Kögel, AnzfdA. 18, 59). Schwieriger ist der zweite Stamm festzustellen. Die Erklärer gehen schon darin auseinander, dass sie das Suffix -hanus teils mit der Latinisierung des germanischen Wortes in Zusammenhang bringen, teils der ursprünglichen Wortbildung zuweisen, d. h. dass sie entweder auf einen germanischen Stamm livan- oder livahan- schliessen. Die Wurzel stellen Holthausen und Kauffmann zu an. lifa, Leben und ähnlichen Bildungen, und nehmen liba,,lebend" wie in den Eigennamen Heriliva, Gundiliva, die im Heere, im Kriege Lebende, oder libahs „lebensvoll“, „,lebendig" an. Requalivahanus ist der in der Finsterniss als Herrscher waltet, der im Dunkel wohnt. Im Ahd. begegnet das ähnlich gebildete Eigenschaftswort ubarlibo ,,überlebend". Später dachte Holthausen an *liwa im Sinne von

1) Den Stein machte Zangemeister in den Bonner Jahrbüchern des Vereins von Altertumsfreunden im Rheinlande, Heft 81, 78 ff. bekannt; ebenda gibt Holthausen eine Deutung; vgl. ferner Holthausen, Beiträge 16, 342 ff.; Much u. Schröder, ZfdA. 35, 375 ff.; Kauffmann, Beiträge 18, 190 ff.; Rödiger, ZfdPh. 27, 12 f.; v. Grienberger, Beiträge 19, 528 ff.

Hinterlassenschaft, Erbe, zum Zeitwort lihwan, leihen, übrig lassen. Requalivahanus ist, dem die Finsterniss überlassen wird, der die Finsterniss als Hinterlassenschaft besitzt, dem die Finsterniss als Erbe anfiel. Much vermutet ein germanisches Eigenschaftswort liwaz, liwahaz, farbig, nach irischem li die Farbe, gall. Livius, Livo, lat. livor, liveo, lividus. Requalivahanus bedeutet wie mhd. vinstervar den, der die Farbe der Finsterniss trägt, den Dunkelfarbigen. An einen Ortsnamen endlich denkt v. Grienberger. Das latinisierte Adjectiv requalivânus meint einen Gott von Requaliva. In liwa sei ein germanisches Wort für Gewässer enthalten, und so ist Requaliva wie Schwarzleo einfach Schwarzbach, Schwarzwasser, Schwarzach, Schwarzensee oder dgl. ein Gewässer von dunkler Farbe oder ein Gewässer im finstern, schattigen Walde.

Wenn schon die Namendeutung über unsichere Vermutungen nicht hinausgelangt und nur einen sehr allgemeinen Sinn ergibt, so ist es mit der mythologischen Auslegung noch viel schlimmer bestellt. Dass Requalivahanus im Finstern haust, muss angenommen werden. Die nächstliegende Beziehung geht unstreitig auf Tod und Unterwelt. Zeus und Pluto heissen ozórios, sofern sie in der Finsterniss leben. Das Beiwort kann aber manchen Göttern zukommen, etwa Wodan als dem Walgott, so lang er die Seelen der Toten im dunkeln Schooss der Berge bei sich versammelt, oder Baldr, der zur Hölle stieg. Einen germanischen Pluto, der der Finstere hiesse, wie Hel die Schwarze, kennen wir nicht. Am wenigsten ist Kauffmanns Auslegung begründet, der im Requalivahanus den grossen Waldesgott der Germanen, aus dem auch Widar und Wali,,,der Starke von oben", den die Volospó̟ geheimnissvoll erwähnt, Mitothin, Ullr und viele andere stammen sollen, erkennen will. Requalivahanus ist für uns völlig rätselhaft. Es ist ein Beiname, der etwa dem griech. ozórios entspricht. Ob er einem der uns sonst bekannten germanischen Götter gebührt oder einem Gotte, von dem wir sonst gar nichts wissen, ist nicht festzustellen.

XIV. Loki.

1. Lokis Wesen und Namen.

Loki ist der Beschliesser, der Endiger.) In seinem Namen offenbart sich seine Art, sein Streben geht auf das Weltende. Er

1) Loki verhält sich zu luka, schliessen, wie broti zu brjóta, skoti zu

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