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entschwirrt. Zu diesem Aberglauben von der Tierverwandlung der Seele bieten sich aus alter und neuer Zeit zahlreiche Beispiele von Volkssagen dar.

Die Seele, die zugleich Mare ist, zeigt des Prätorius Weltbeschreibung 1, 40; 2, 161 in Tiergestalt. In Thüringen bei Saalfeld auf einem vornehmen Edelsitze zu Wirbach hat sich Anfangs des 17. Jahrhunderts Folgendes begeben. Das Gesinde schälte Obst in der Stube, einer Magd kam der Schlaf an, sie ging von den Andern weg und legte sich abseits, doch nicht weit davon, auf eine Bank nieder, um zu ruhen. Wie sie eine Weile still gelegen, kroch ihr zum offnen Maule heraus ein rotes Mäuslein. Die Leute sahen es meistenteils und zeigten es sich unter einander. Das Mäuslein lief eilig nach dem gerade geklefften Fenster, schlich hinaus und blieb eine Zeitlang aus. Dadurch wurde eine vorwitzige Zofe neugierig gemacht, so sehr es ihr die Andern verboten, ging hin zu der entseelten Magd, rüttelte und schüttelte an ihr, bewegte sie auch an eine andre Stelle etwas fürder, ging dann wieder davon. Bald darnach kam das Mäuslein wieder, lief nach der vorigen bekannten Stelle, da es aus der Magd Mund gekrochen war, lief hin und her und wie es nicht ankommen konnte, noch sich zurecht finden, verschwand es. Die Magd aber war tot und blieb tot. Jene Vorwitzige bereute vergebens. Im Übrigen war auf demselben Hof ein Knecht vorhermals oft von der Trud gedrückt worden. und konnte keinen Frieden haben, dies hörte mit dem Tod der Magd auf.')

Die Sage vom Binger Mäuseturm (nach Grimm, Deutsche Sagen 1 Nr. 242) zeigt Mäuse als Seelen verbrannter Menschen. Zu Bingen ragt mitten aus dem Rhein ein hoher Turm, von dem nachstehende Sage umgeht. Im Jahr 974 ward grosse Teurung in Deutschland, so dass die Menschen aus Not Katzen und Hunde assen und doch viele Leute Hungers starben. Da war ein Bischof zu Mainz, der hiess Hatto der Andere, ein Geizhals, dachte nur daran, seinen Schatz zu mehren und sah zu, wie die armen Leute auf der Gasse niederfielen und bei Haufen zu den Brotbänken liefen und das Brot nahmen mit Gewalt. Aber kein Erbarmen kam in den Bischof und er sprach:,,Lasset alle Arme und Dürftige sam

1) Einen ähnlichen Typus gewährt Birlinger, Volkstümliches aus Schwaben 1, 103: die Seele kriecht als weisse Maus aus dem Munde einer Magd und wird ein,,schrättele" d. h. ein Alp, der Baum und Ross bedrückt und plagt

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meln in einer Scheune vor der Stadt, ich will sie speisen". Und wie sie in die Scheune gegangen waren, schloss er die Thüre zu, steckte mit Feuer an und verbrannte die Scheune samt den armen Leuten, Jung und Alt, Mann und Weib. Als nun die Menschen unter den Flammen wimmerten und jammerten, rief Bischof Hatto: „Hört, hört, wie die Mäuse pfeifen". Allein Gott der Herr plagte ihn bald, dass die Mäuse Tag und Nacht über ihn liefen und an ihm frassen, und vermochte sich mit aller seiner Gewalt nicht wider sie zu behalten und bewahren. Da wusste er endlich keinen andern Rat, als er liess einen Turm bei Bingen mitten im Rhein bauen, der noch heutigen Tags zu sehen ist, und meinte sich darin zu fristen, aber die Mäuse schwammen durch den Strom heran, erklommen den Turm und frassen den Bischof lebendig auf.')

Eine alte Sage dieser Art bietet Paulus Diaconus 3, 34: Der fränkische König Guntram war eines gar guten, friedliebenden Herzens. Einmal war er auf die Jagd gegangen, und seine Diener hatten sich hierhin und dahin zerstreut; bloss ein einziger, sein liebster und getreuster, blieb noch bei ihm. Da befiel den König grosse Müdigkeit; er setzte sich unter einen Baum, neigte das Haupt in des Freundes Schoos und schloss die Augenlieder zum Schlummer. Als er nun entschlafen war, schlich aus Guntrams Munde ein Tierlein hervor in Schlangenweise, lief fort bis zu einem nahe fliessenden Bach, an dessen Rand stand es still und wollte gern hinüber. Das hatte alles des Königs Gesell, in dessen Schoos er ruhte, mit angesehen, zog sein Schwert aus der Scheide und legte es über den Bach hin. Auf dem Schwerte schritt nun das Tierlein hinüber und ging hin zum Loch eines Berges, da hinein. schloff es. Nach einigen Stunden kehrte es zurück, und lief über die nämliche Schwertbrücke wieder in den Mund des Königs. Der König erwachte und sagte zu seinem Gesellen: Ich muss dir meinen Traum erzählen und das wunderbare Gesicht, das ich gehabt. Ich erblickte einen grossen, grossen Fluss, darüber war eine eiserne Brücke gebaut; auf der Brücke gelangte ich hinüber und ging in die Höhle eines hohen Berges; in der Höhle lag ein unsäglicher

1) Vielleicht gehört auch die Geschichte vom Rattenfänger zu Hameln (Grimm, Deutsche Sagen 1 Nr. 245) hierher, nur muss Verwirrung eingerissen sein. Die Ratten waren ursprünglich selber die Kinderseelen, die der Spielmann in den Berg lockte.

Schatz und Hort der alten Vorfahren. Da erzählte der Gesell ihm alles, was er unter der Zeit des Schlafes gesehen hatte, und wie der Traum mit der wirklichen Erscheinung übereinstimmte. Darauf ward an jenem Ort nachgegraben und in dem Berg eine grosse Menge Goldes und Silbers gefunden, das vor Zeiten dahin verborgen war.1)

Wenn Tote in Tiergestalt als schwarze oder feurige Hunde, als Schweine, als schnaubende und tobende Pferde und Stiere oder sonst irgendwie spukén, so haben wir bereits eine Weiterbildung der ursprünglichen Vorstellung, welche die Seele als fliegendes oder kriechendes Tierlein aus dem Munde entweichen lässt. Der Seele wird überhaupt jede erdenkliche Verwandlungsfähigkeit zugeschrieben. Dadurch haftet an allen Tieren aber auch etwas Gespenstisches, Unheimliches, denn sie können verwandelte, verzauberte Seelen sein. So erzählt die Ynglingasaga Kap. 7 von Odin: „Odin wechselte die Gestalt; da lag der Körper wie schlafend oder tot, er aber war da Vogel oder Tier, Fisch oder Wurm, und fuhr in einem Augenblick in fern gelegene Lande, in seinen Geschäften oder in denen Anderer."

In den nordischen Quellen heisst der Geist, die Seele des Menschen hugr. Solche mannahugir, Menschenseelen, erscheinen aber in eigner Gestalt. Odins Raben Huginn und Muninn, Denkkraft und Erinnerung, durchfliegen Tag für Tag die ganze Welt, um dem Gotte Bericht zu erstatten von allem, was geschieht. Ursprünglich war wol Odins in Rabengestalt verzückte Seele, sein hugr, gemeint. Die Tiergestalt der Seele scheint im einzelnen Fall oft mit Rücksicht auf die Eigenschaften und Stimmungen des betreffenden Menschen gewählt zu sein. Die hugir angesehener und tapferer Männer treten in der Gestalt eines Bären, Adlers oder Wolfes, eines starken Stieres, in romantischen Sagen als Löwen und Leoparden auf, die Seelen listiger Leute in der Gestalt von Füchsen, die Seelen schöner Frauen als Schwäne. Ein Isländer träumte von Wölfen, welche ihn und sein Gefolge anfielen.,,Das sind mannahugir", so wird der Traum gedeutet (pordar saga hređu 37).

1) Vgl. Grimm, Deutsche Sagen 2, Nr. 433; dieselbe Geschichte, nur dass die Seele als Rauchwölkchen (bláleitr gufuhnoðrinn) erscheint, findet sich auf Island; vgl. Maurer, isländ. Volkssagen der Gegenwart S. 81 ff. Jón Arnason, íslenzkar þjóðsögur 1, 356 f.

Die Seele als Wiedergänger.

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Die germanische Sage berichtet von vielen Träumen, in denen das zukünftige Schicksal sich enthüllt. Die handelnden Personen oder besser ihre Seelen erscheinen darin gewöhnlich in Tiergestalt. Kriemhild träumt noch mitten in den Ehren und dem Glanz ihrer Jugend, bevor noch Siegfried auf dem Hofe zu Worms erschienen, ihr künftiges Geschick, wie sie einen schönen Falken gezogen, den ihr zween Aare mörderisch ergreifen; und ihre Mutter, der sie den Traum vertraut, gibt ihm die rechte, traurige Deutung.1)

Die Seele geht auch in menschlicher Gestalt um, als ,,zweites Gesicht" oder als Gespenst, der Volksglaube erblickt leibliche Erscheinungen Lebender und Toter. Die nordische Sprache bezeichnet Totenerscheinungen als Wiedergänger (an. aptryanga, neuisl. apturgaungur, dän. gjenganger, schwed. återgångare), als Geister, die aus dem Reich des Todes zu den Lebenden zurückkehren. Die altisländischen Sagen sind voll von Gespenstergeschichten. Die nhd. Sprache gebraucht die Worte Gespenst und Spuk; die gemeingermanische Bezeichnung, welche noch im Norden fortlebt, war draugaz (an. draugr, neunord. draug, as. gidrog, ahd. gitroc). Die neuisländischen Ausdrücke uppvakningar (Aufweckungen) und sendíngar (Sendungen) beziehen sich auf solche Gespenster, die mit Zauber aufgeweckt und Andern zum Schaden zugesandt werden. Für gewöhnlich spuken die Draugen in eigner Sache. Die Lebenden müssen trachten, sie zur Ruhe zu bringen.

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Das Wort,,Traum" geht auf eine urgermanische Form „draugwmós" draumas" zurück. 2) Zu Grunde liegt die idg. Wurzel dhreugh, skr. druh schädigen, woraus ags. bedreogan, ahd. triugan, trügen sich entwickelt haben. Weiter gehört an. draugr, ahd. troc, gitroc, as. gidrôg Totenerscheinung, Gespenst hierher. Die Gespenster gehen ja in den meisten Sagen feindselig und schädigend um, so sind sie auch mit ihrem altgermanischen Namen als böse Unholde bezeichnet. Der Begriff,,Traum" ist aus etymologischen und sachlichen Erwägungen von den „Draugen“ nicht zu trennen. Traum bedeutet die Thätigkeit und Erscheinung der Draugen. Die

1) Die zahlreichen nordischen Träume, worin die Seelen in Tiergestalt erscheinen, verzeichnet W. Henzen, Über die Träume in der altnordischen Sagenlitteratur, Leipzig 1890, S. 34 ff.

2) Über die Etymologie des Wortes,,Traum" vgl. W. Henzen, Über die Träume in der altnordischen Sagenlitteratur, Leipzig 1890, S. 1 ff.

Gestalten, welche der Träumende erblickt, besonders sofern sie Züge Verstorbener tragen, gelten der menschlichen Einbildungskraft als Besuche gespenstischer Wesen, als Draugenerscheinungen, Traum ist ursprünglich Gespenstertraum. Den Zusammenhang zwischen Seelenglauben und Traum bestätigt diese Etymologie aufs beste. Auch die ursprüngliche Konstruktion des Zeitwortes träumen deutet darauf hin, dass der Traum auf die unmittelbare Thätigkeit der Gespenster, der Seelengeister zurückgeführt wurde. Es heisst früher stets mir träumte, nie subjektiv ich träumte, im Altnordischen noch deutlicher,,mik dreymdi", z. B. madr hefir mik dreymt, ein Mann ist mir im Traum erschienen. Die Erklärung des Wortes Traum weist somit auf die vielen wilden Völkern ganz geläufige Vorstellung hin, dass Seelengeister von aussen kommen, um den Schlafenden, der sie als Traumbilder sieht, heimzusuchen und zwar häufig als quälende Druckgeister in feindseliger Absicht.

Der Gespensterglaube entwickelt zahllose Sagen, je nachdem die Erscheinung gedeutet wird. Die Draugen sind oft nur ohne besondern Grund auf Schaden aus, meist aber weiss die Sage anzugeben, warum sie umgehen. Ungesühnte Schuld, Rachsucht, Liebe rauben dem Toten die Ruhe und nötigen ihn zur Wiederkehr. Auch übermässige Sehnsucht der Überlebenden ruft Draugen herbei. So in der Lenorensage 1), deren ältester germanischer Typus in' der schönen nordischen Dichtung von Helgi und Sigrun begegnet. In den Kreis der Gespenstersagen ist auch das wilde Heer) hereingezogen, mit dem die verschiedenartigsten Vorstellungen verflochten sind. Die eines gewaltsamen Todes verstarben, Kampftote, Gerichtete, nach christlichem Glauben die Seelen Ungetaufter, ziehen im wilden Heer. Wenn zur Nachtzeit der brausende Sturm den Umzug der Geisterschar anzeigt, erblickt die Phantasie die eigenen Schreck gestalten leibhaftig vor sich. Dem Heere wird gern ein besonderer Führer gesetzt, in der Heidenzeit der Sturmdämon Wode, in der christlichen Zeit irgend eine geschichtliche oder sagenhafte Persönlichkeit wie Dietrich von Bern, Karl der Grosse, Karl V., König Abel, König Waldemar. Das Heer wird auch als Jagdzug gedacht, ein gespenstischer Jäger

1) Vgl. Wackernagel, Kleinere Schriften 2, 399 ff.; E. Kuhn, in Jahns Volkssagen aus Pommern S. VIII.

2) Über das wilde Heer Uhland, Schriften 7, 605 ff.; eine Zusammenstellung der verschiedenen Sagenformen bei E. H. Meyer, German. Mythologie, S. 236 ff.

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