ภาพหน้าหนังสือ
PDF
ePub

eine große Verkennung der eigenthümlichen Natur romantischer Poesie war. Aber später kam man wieder davon zurück. Es ist eine falsche Meinung und Vorstellung, als wenn der Reim als Rhythmus der modernen Kunst zufällig sey. Den Rhythmus der Alten in seiner ganzen Bedeutung wieder einzuführen, ist vergebliche Mühe. Es wäre gerade so, als wollte man in allem Ernst das antike Leben zu dem unsrigen machen. In dieser äußerlichen Form ist der verschiedene Charakter der alten und neuen Poesie gerade bestimmt ausgedrückt. Wegen des Subjektiven und der Innerlichkeit des Geistes, welcher sich in der alten Welt noch nicht so ausgebildet hatte, wurde der Reim eine nothwendige Ausgeburt der modernen Welt und ihrer Poesie.

Der Sånger und Dichter hebt uns zum Höchsten empor, was seine Seele erfüllt. Er verkehrt mit den Göttern, die zu ihm in seine Wohnung herabkommen. Wie sollte ihn das nicht zur

„, Dithyrambe“

begeistern? Der Sterbliche kann den Göttern Nichts geben, kann nur empfangen, und von den Göttern nichts Irdisches, sondern nur Göttliches, Himmlisches erwarten. Und die Götter sind nicht neidisch, sie erhören seine Bitte, verleihen ihm das unsterbliche Leben.

Deswegen war er auch bei der

,,Theilung der Erde"

nirgends zu finden. Wo könnte er anders gewesen seyn, als bei den Göttern, im Himmel, bei'm Zeus?

,,Mein Auge hing an deinem Angesichte,

An deines Himmels Harmonie mein Ohr;
,,Verzeih dem Geiste, der, von deinem Lichte
,,Berauscht, das Irdische verlor!

,,Was thun! spricht Zeus; die Welt ist weggegeben,
,,Der Herbst, die Jagd, der Markt ist nicht mehr mein.
,,Willst du in meinem Himmel mit mir leben,

,,So oft du kommst, er soll dir offen seyn.“

Schiller schrieb an Goethe, daß er dies Gedicht in Frankfurt auf der Zeile vom Fenster aus lesen möge, wo das Terrain dazu sey. Goethe fand den Theil des Dichters allerliebst, treffend und tröstlich, und bemerkte, daß, wenn auch die Dichter bei der Theilung der Erde zu kurz gekommen wären, denselben doch ein wichtiges Privilegium geschenkt worden sey, nämlich daß man ihnen ihre Thorheiten am meisten bezahlte.

Aber der Dichter lebt auch auf Erden. Er muß sich der Welt fügen, er mag wollen oder nicht. Seine himmlische Kunst kann ihm wenig im Leben helfen. Deshalb zwingt ihn wohl die Noth, sein Musenroß selbst zu Markte bringen und verhandeln zu müssen. Er muß zusehen, wie sich sein

,,Pegasus im Joche"

ausnimmt, und muß dies selbst erfahren und empfinden. Denn er ist selbst der Pegasus. Er muß für irdische Zwecke dienstbar seyn und die Flügel seines Ge= nius sinken lassen. Er kann noch von Glück sagen, wenn ihm in der größten Noth und Sorge ein Apoll erscheint, der seinen Hippogryphen ausspannt und ihn erlöst. Das edle Thier schwingt sich alsdann wieder zum Himmel empor :

„Ein Geist, ein Gott, erhebt es sich,
„Entrollt mit einemmal in Sturmes Wehen

Der Schwingen Pracht, schießt brausend himmelan,
,,Und eh' der Blick ihm folgen kann,

,,Entschwebt es zu den blauen Höhen.“

Wenn der Sänger im Himmel lebt, stammt auch die Poesie daher. Der Himmel ist ohne alle Beziehung auf die Erde nicht zu denken, obwohl der Himmel nicht immer auf Erden zu finden ist. Sie, die Poesie, kommt als

„Mädchen aus der Fremde,“

aus einer andern Welt, gleich den Göttern, welche den Sånger auf der Erde heimsuchen.

,,In einem Thal bei armen Hirten

,,Erschien mit jedem jungen Jahr,
,,Sobald die ersten Lerchen schwirrten,

,,Ein Mädchen schön und wunderbar.“

Zu den Menschenkindern auf der Erde kommt dies himmlische Mädchen, Lieder spendend, die nie ausgehen, so wenig als im Frühling und Sommer die immer wechselnden Blumen:

,,Sie brachte Blumen mit und Früchte, „Gereift auf einer andern Flur,

In einem andern Sonnenlichte, „In einer glücklichern Natur."

Ihre Gaben sind Blüthen und Früchte zugleich. Der Dichter und Künstler ist der Glückliche, indem er der Wirkung seiner göttlichen Kunst und Phantasie unmittelbar gewiß seyn kann. Nicht so der Denker und Philosoph. Alle können sich des schönen Gesanges und der Poesie erfreuen. Am meisten ein liebend Paar, wel

ches selbst schon poetisch gestimmt ist und uns aus dem prosaischen Leben poetisch entgegenkommt.

,,Willkommen waren alle Gåste : „Doch_nahte sich ein liebend Paar, Dem reichte sie der Gaben beste,

,,Der Blumen allerschönste dar.“

Nachdem sie die Welt beschenkt und beglückt hat, verschwindet sie nur gar zu bald wieder:

,,Doch schnell war ihre Spur verloren, „Sobald das Mädchen Abschied nahm.“ Dies ist der

Abschied vom Leser,"

nämlich der Abschied des Dichters und seiner Poesie vom Publikum. Mit diesem Gedichte schloß Schiller den Musenalmanach vom Jahre 1796. Er charakterisirt darin seine Lieder auf die schönste Weise, er vergleicht sie den Blumen, die in Saamen schießen:

Der Lenz entflicht! die Blume schießt in Saamen, ,,Und keine bleibt von allen, welche kamen."

Die lyrische Poesie ist wie ein Blumenfeld, das immer andere Blüthen treibt. In schönster Frühlingszeit blühen die Blumen, aber sie verblühen schnell. Auf den Frühling folgt der Sommer und Herbst, die Zeit der Früchte; die Lieder werden in dem glücklichsten Augenblicke geboren, wie die Blumen ihre Knospen treiben in der schönsten Jahreszeit. Die Lieder haben gleichfalls ihre Blüthenzeit, die ihre Geburtszeit ist, die sich nur dann erneuert, wenn wir sie wieder empfinden, aber sonst Früchte sind und bleiben.

„Nicht länger wollen diese Lieder leben,
,,Als bis ihr Klang ein fühlend Herz erfreut,
„Mit schönern Phantasien es umgeben,
,,3u höheren Gefühlen es geweiht;

3ur fernen Nachwelt wollen sie nicht schweben,

,,Sie tönten, sie verhallen in der Zeit.
,,Des Augenblickes Luft hat sie geboren,

,,Sie fliehen fort im leichten Tanz der Horen."

Wie aber Sturm und Ungewitter oft die Blüthen und Blumen trifft, so wurden auch die Lieder Schil lers in einer stürmischen Zeit geboren. Er ist tief betrübt bei dem

[ocr errors]

Antritt des neuen Jahrhunderts “

und bekümmert um die Freiheit der Völker; denn zwei mächtige Nationen kämpften zu Wasser und zu Lande um die Herrschaft der Welt. Er weiß keinen andern Trost, als:

In des Herzens heiligstille Räume

„Mußt du fliehen aus des Lebens Drang!
Freiheit ist nur in dem Reich der Träume,
„Und das Schöne blüht nur im Gesang.”

Das wirkliche Leben ist prosaisch; der kalte Verstand regelt dasselbe und mißhandelt oft genug die

fragend:

,,Poesie des Lebens,"

,,Wer möchte sich an Schattenbildern weiden,

,,Die mit erborgtem Schein das Wesen überkleiden ?" Das Schöne und die Poesie ist ihm Schein und Schatten, es gehört ja nicht dem gewöhnlichen Leben an, wie das, was er das Wirkliche nennt. Selbst das

« ก่อนหน้าดำเนินการต่อ
 »