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Wesen, die Wahrheit, will er nackt, entblößt sehen, er weiß nur von der kalten Pflicht und Nothwendigkeit, zu gehorchen, weil er muß, und sieht in den Gestalten des Schönen Nichts als eitle Dichtung, Bilder ohne Wesen, bloße Scheinbilder. Das Wesen aber, welches nicht erscheint, ist so viel als Nichts, und was er für das Wirkliche ausgiebt, hat keinen Bestand. Ihm gelten nur die besonderen Zwecke des Lebens und ihre Verwickelungen, der Schein falscher Selbstständigkeit ergöht und bethört ihn. Dagegen ist, was er für Schein und Schatten hält, vom Wesen durchdrungen, das als das Innere die Macht über die Aeußerlichkeit des Lebens ist, aber darin nicht zur Erscheinung kommt. Es wird jedoch, zum Material für die Gestalten des Schönen und der Kunst verwendet, in seiner Aeußerlichkeit der Ausdruck selbst, wodurch der Schein selbstständig wird. Daher, wenn er blickt

,,Verwerfend hin auf Alles, was nur scheint,"

verstummen die Musen, und die Schaar der Liebesgötter entflieht; die. Horen tanzen nicht mehr, und Apoll zerbricht die Leier. Die Welt scheint, was sie ist, ein Grab. Das Wesen ist alsdann nur ein Inneres, ist nicht erscheinend, wie im Schönen und Ideale. Wie Schiller dies Gedicht machte, war er nicht so recht mit seiner Thätigkeit zufrieden. Uebergang von einem Geschäfte zu einem andern, schrieb er an Goethe, war ihm ein harter Stand, und vollends, wo er von Metaphysik zu Gedichten hinüberspringen sollte. Indessen håtte er, so gut als es ginge, eine Brücke gebaut und den Anfang mit einer Epistel gemacht, nämlich mit dieser

Poesie des Lebens, die an die Materie grenzte, welche er verlassen hätte."

Es ist nicht zu viel gesagt, daß nur Barbaren am Schönen, als an dem, was scheint, das Sein und Leben vermissen. Der Schein ist ein Höheres, als das unmittelbare Sein. Schön kommt her von ,,Scheinen", das Schöne existirt nicht unmittelbar, sondern muß, weil es scheint, vom Geiste geschaffen werden. Darum ist es nicht für den natürlichen Sinn, sondern nur für den Geist da. Das Schöne und Ideal entbehrt der gemeinen Wirklichkeit; sein Reich ist das Reich der Schatten, wie

„Ideal und Leben“

in den Horen überschrieben ist. Ideal und Leben verhalten sich wie Schein und Sein einander gegens über. Dies ist zeitlich und wandelbar, jenes der Zeit lichkeit entnommen, ewig:

,,Aber frei von jeder Zeitgewalt,

Die Gespielin seliger Naturen,

,,Wandelt oben in des Lichtes Fluren,
„Göttlich unter Göttern, die Gestalt.
,,Wollt ihr hoch auf ihren Flügeln schweben,
,,Werft die Angst des Irdischen von euch!
„Fliehet aus dem engen dumpfen Leben
,,In des Ideales Reich!"

Das Leben ist, weil irdisch und bedürftig, allseitig bedingt. Zum Ideal durch die Kunst erhobeh, ist es frei von dieser seiner Aeußerlichkeit und Bedingtheit. Der Geist erkennt sich darin selbst als in seinem Gegenbilde:

,,Aber dringt bis in der Schönheit Sphåre ,,Und im Staube bleibt die Schwere

,,Mit dem Stoff, den sie beherrscht, zurück.
,,Nicht der Masse qualvoll abgerungen,

,,Schlank und leicht, wie aus dem Nichts entsprungen,
„Steht das Bild vor dem entzückten Blick.
,,Alle Zweifel, alle Kämpfe schweigen
,,In des Sieges hoher Sicherheit;
,,Ausgestoßen hat es jeden 3eugen
,,Menschlicher Bedürftigkeit.“

Im Leben und Natürlichen ist das Wesen noch verborgen; es erscheint erst in der Kunst, in welcher die finnliche Wirklichkeit überwunden und nicht blos überwunden, sondern verklärt, dem Wesen gleichgemacht wird. Das Gegenständliche hört damit auf, ein dem Geiste Fremdes zu seyn, dieser verhält sich nun im Sinnlichen und Natürlichen, welches er zu sich erhoben hat, wie zu sich selbst. Aber wird das Sinnliche und Natürliche nicht überwunden, soll das Ideal in der sinnlichen Welt durch That und Handlung verwirklicht werden, so ist das unmöglich. Das Ideal ist alsdann unerreichbar wegen der Schranken der Endlichkeit, die nicht aufgehoben werden, ähnlich wie der Mensch, welcher, Gott gegenüber, sich selbst genug zu seyn meint, nicht mit Gott in Einheit und versöhnt ist.

,,Aber flüchtet aus der Sinne Schranken
In die Freiheit der Gedanken,

,,und die Furchterscheinung ist entflohn,
„Und der ew’ge Abgrund wird sich füllen;
,,Nehmt die Gottheit auf in euern Willen
,,Und sie steigt von ihrem Weltenthron.
Des Gesetzes strenge Fessel bindet
,,Nur den Sklavensinn, der es verschmäht;
,,Mit des Menschen Widerstand verschwindet
,,Auch des Gottes Majestät."

So lange der Mensch Gott widersteht und sich nicht zu Gott erhebt und entäußert, ist er in die Schranken der Endlichkeit gebannt, wenn er auch noch so moralisch gut wäre. Alsdann erst, wenn ihm nicht mehr die Welt, und wenn er sich selbst nicht mehr genug ist, sondern sich frei von der Welt und sich selbst macht, zu Gott sich erhebend, ist er in der wahren Freiheit, hat er seine wahre Bestimmung erreicht. Diese Erhebung ist auch der Grund der Erhebung und Verklårung des Sinnlichen, des Seins zum Scheine und Schönen, worin das Aeußerliche mit dem Gedanken · versöhnt ist:

„Sanft und eben rinnt des Lebens Fluß
Durch der Schönheit stille Schattenlande,
,,Und auf seiner Wellen Silberrande
„Malt Aurora sich und Hesperus.
,,Aufgelöst in zarter Wechselliebe,

In der Anmuth freiem Bund vereint,
,,Ruhen hier die ausgeföhnten Triebe,
,,Und verschwunden ist der Feind.“

Schiller wünschte, daß Humboldt dies Gedicht in geweihter Stille lese und Alles, was profan sey, ent ferne; daß er sich mit seiner Frau einschließen und derselben das Gedicht vorlesen möge. Es wäre ihm eins seiner liebsten Gedichte, und er wäre nicht wenig mit dieser Arbeit zufrieden, wenn er gleich nicht läugnen wollte, daß sich gegen Einzelnes noch Erinnerungen machen ließen. So viel wüßte er und hätte er erfahren, daß die Bestimmtheit der Begriffe der Einbildungskraft unendlich vortheilhaft wäre, und wenn er nicht den sauern Weg durch seine Aesthetik gemacht hätte, dies

Gedicht nie zu der nunmehrigen Klarheit und Leichtigkeit gelangt seyn würde.

Humboldt gestand, daß von dem Tage, an welchem er anfing, dies Gedicht zu lesen, ihn dasselbe im eigent lichsten Verstande ganz besessen, und er nichts Underes gelesen, kaum etwas Anderes gedacht habe. Kein anderes Gedicht. hätte er sich so zu eigen machen können, und er fühlte lebhaft, wie es ihn noch sehr lange und anhaltend beschäfftigen werde. Es enthielte einen solchen Umfang und eine solche Tiefe der Ideen, daß es selbst unaufhörlich Ideen erweckte. Jeden Gedanken stellte es mit der größten Klarheit hin, in dem Umrisse jedes Bildes verriethe sich die Meisterhand, und die Phantasie würde unwiderstehlich hingerissen, aus dem eignen Innern, was ihr vorgezeichnet würde, herauszuarbeiten Es wäre ein Muster der didaktisch - lyrischen Gattung, und der beste Stoff, die Erfordernisse dieser Dichtungsart und die Eigenschaft, die sie im Dichter voraussehte, zu entwickeln. Es wäre darin die größte Pråcision des Begriffes mit der höchsten poetischen Individualität gepaart, und die völlige sinnliche Klarheit in der Darstellung erreicht.

Er erblickte darin die höchste Reife des Schiller'schen Genius, indem es das treuste Abbild von Schillers Wesen wäre. Das Lesen dieses Gedichtes erweckte in ihm dieselben Empfindungen, wie ein Gespräch mit dem Dichter selbst, in den gewichtigsten Momenten. Er empfand darin denselben Ernst, dieselbe Würde, eine. aus der Fülle der Kraft entspringende Leichtigkeit und Anmuth, und dieselbe Tendenz, wie in der Unterhal

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