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Dies ist ein schönes Bild der Wahrheit. Wie die Harmonie eine Einheit ist, von unterschiedenen Tönen, der Regenbogen eine Einheit von verschiedenen Farben, so ist die Wahrheit eine ungetheilte Einheit, die in sich unterschieden ist, keine abstracte Einheit, dem farblosen Lichte vergleichbar, sondern dem schattigen Lichte. Im reinen Licht sehen wir so viel als in der Finsterniß, Nichts. Dies ist der vor der Wahrheit hängende Schleier, welchen der Jüngling hinwegnehmen möchte:

„Nach Wahrheit streb' ich ja allein, und diese „Gerade ist es, die man mir verhüllt?

,,Das mache mit der Gottheit aus, verseßt Der Hierophant. Kein Sterblicher, sagt sie, „Rückt diesen Schleier, bis ich selbst ihn hebe. ,,Und wer mit ungeweihter schuld'ger Hand Den heiligen, verbotnen früher hebt,

,,Der, spricht die Gottheit - Nun?,,Der sieht die Wahrheit." ,,Ein seltsamer Orakelspruch! Du selbst,

„Du håttest also niemals ihn gehoben ?

„Ich? Wahrlich nicht! Und war auch nie dazu

,,Versucht." Das fass' ich nicht. Wenn von der Wahrheit „Nur diese dünne Scheidewand mich trennte ,,Und ein Geseg, fällt ihm sein Führer ein, ,,Gewichtiger, mein Sohn, als du es meinst, „Ist dieser dünne Flor → für deine Hand

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3war leicht, doch zentnerschwer für dein Gewissen."

Voll Gedanken geht der Jüngling nach Hause; die Wißbegier läßt ihn nicht ruhen, noch rasten. Er rafft sich vom Lager auf, und geht um Mitternacht nach dem Tempel. Kaum hat er die Mauer erstiegen, fo dringt er auch ins Innere des Tempels ein. Vergebens warnt ihn die treue Stimme seines Gewissens; er muß und will die Wahrheit sehn. Er hebt den

Schleier wirklich aber die Priester fanden ihn am andern Morgen besinnungslos und bleich am Fußgestell der Isis hingestreckt. Die Heiterkeit seines Lebens war dahin, und er bekannte nie, was er gesehn hatte. Ein tiefer Gram brachte ihn früh ins Grab.

,,Weh dem, das war sein warnungsvolles Wort,
„Wenn ungestůme Frager in ihn drangen,

,,Weh dem, der zu der Wahrheit geht durch Schuld;
„Sie wird ihm nimmermehr erfreulich seyn.“

Sein ist die Schuld; denn er nimmt sich die Wahrheit eigenmächtig, die er sich zugleich hätte geben lassen sollen. Kein Sterblicher, sagt die Gottheit, rückt den Schleier, bis ich selbst ihn hebe. Wer aus eigner Machtvollkommenheit erkennen will, wie hier der Jungling, hält zugleich an sich selbst fest. Er erhebt und entäußert sich nicht wirklich zu Gott, damit Gott sich zu ihm herablasse. Er kommt zwar zu Gott, aber ohne Gott, nicht mit Gottes Hülfe.

Man kann sonst über dies Gedicht allerlei Gedanken haben, als da sind: man foll Gott nicht erkennen wollen, weil Gott überhaupt nicht erkannt werden könne; es müsse beim Glauben bleiben; man solle die Schranken der Erkenntniß nicht freventlich durchbrechen wollen, und was dergleichen Redensarten mehr sind.

Wahrscheinlich hat Schiller den Stoff des Gedichtes aus Plutarch, welcher in der Schrift über Isis und Osiris sagt: „das Heiligthum der Athene in Sais, die von einigen für die Isis gehalten wird, hatte die Inschrift: Ich bin das All, das gewesen ist, welches ist und seyn wird; noch nie hat ein Sterblicher meinen

Schleier gelüftet." Herder fand dies Gedicht in aller und jeder Hinsicht genügend.

Der Mensch, welcher wähnt, Gott und die Welt aus und durch sich selbst erkennen zu können, muß sich zuleht gestehen, daß dies wirklich nicht der Fall ist, daß er Gott nicht weiß. Deshalb bleibt ihm nichts übrig, als zu glauben.

"Die Worte des Glaubens"

sprechen den Inhalt der Erkenntniß zwar als das Wes sentliche und Wahre aus, aber doch als etwas aus, das man nicht wissen könne. Was es an sich sey, foll unerforschlich seyn und bleiben. Aber es soll doch darum nicht weniger gewiß seyn. Diese Worte sind Gott, Tugend, Freiheit:

„Der Mensch ist frei geschaffen, ist frei,

,,Und wurd' er in Ketten geboren."

Er weiß sich aber trotz seiner Freiheit mit der Natürlichkeit behaftet, mit der Sinnlichkeit in Zwiespalt, in Entzweiung. Er kann die Tugend üben, und auch nicht üben. Sinnlichkeit und Vernunft, Nothwendigkeit und Freiheit sollen übereinstimmen ; deshalb muß er annehmen, daß Gott ist, daß ein heiliger Wille ist. Denn der Zwiespalt, die Entzweiung ist das Unvollkommene, Menschliche.

,,und die Tugend, fie ist kein leerer Schall,
,,Der Mensch kann sie üben im Leben,

„Und sollt' er auch straucheln überall,

„Er kann nach der göttlichen streben,

,,Und was kein Verstand der Verständigen sieht,
"Das übet in Einfalt ein kindlich Gemüth.“

„Und ein Gott ist, ein heiliger Wille lebt,
,,Wie auch der menschliche wanke;
„Hoch über der Zeit und dem Raume schwebt
,,Lebendig der höchste Gedanke,

Und ob Alles im ewigen Wechsel kreis't,
,,Es beharret im Wechsel ein ruhiger Geist."

Wirklich ist das alles nicht; die Freiheit nicht, wegen der Sinnlichkeit, womit sie im Zwiespalt ist; die Tugend nicht, weil wir immer nur nach derselben sollen streben können; Gott nicht, da Gott nicht zugleich in der Welt und Zeitlichkeit, sondern blos über Raum und Zeit erhaben gedacht wird. Ueber das Sollen kommt dieser Glaube nicht hinaus. Darum ist derselbe wesentlich

"Hoffnung.“

Der Mensch soll in der irdischen Welt und Zeitlichkeit Gott nicht wissen, soll Tugend und Freiheit nicht verwirklichen können. Die Realitåt von allem dem ist aber eine Forderung, die er nicht abweisen kann. Sie geht aus der Aeußerlichkeit und Bedingtheit, aus der Unvollkommenheit der Welt selbst hervor. Da sie in dieser Welt nicht gefunden wird, muß er hoffen, daß sie in jener Welt statt finden werde. Er kann sich in dieser zeitlichen Welt derselben nur annåhern, und die Hoffnung fortwährend nåhren. Deswegen hofft er immer Verbesserung, wenn gleich die Welt dieselbe Welt bleibt; diese Hoffnung geleitet ihn durch's Leben:

,,Denn beschließt er im Grabe den müden Lauf:

,,Noch am Grabé pflanzt er

die Hoffnung auf.“

Die Hoffnung geht über das endliche Leben hinaus. Sie ist die Hoffnung auf Unsterblichkeit und gründet sich auf Gott, Freiheit, Tugend:

,,Es ist kein leerer schmeichelnder Wahn,
,,Erzeugt im Gehirne des Thoren;
,,Im Herzen kündet es laut sich an:

,,3u was Beßerm sind wir geboren;
,,Und was die innere Stimme spricht,

,,Das täuschet die hoffende Seele nicht."

Da Gott, Freiheit, Tugend wesentlicher Natur sind, geben sie dem Menschen Werth und Gehalt. Aber wegen des Sollens ist die Verwirklichung dieses Inhalts ein Wahn.

Die Worte des Wahns“

drücken dies näher aus. Es soll ein Wahn seyn, wenn man glaubt, das Rechte und Gute werde über das Böse siegen; es werde dem Edlen und Rechtschaffenen auf Erden glücklich gehen. Ferner, daß Sinnlichkeit und Vernunft, deren Einheit die Wahrheit ist, je übereinstimmen werden; daß diese je erkannt werden könne.

,,So lang' er glaubt, daß dem ird'schen Verstand

,,Die Wahrheit je wird erscheinen

Ihren Schleier hebt keine sterbliche Hand;

„Wir können nur rathen und meinen.“

Da die Wahrheit nicht wirklich seyn soll, ist es unmöglich, daß das Wesen erscheinen kann. Zwar soll es seyn, aber nur in unserm Denken und Vorstellen; in der Welt soll es nicht zu finden seyn.

,,Drum, edle Seele, entreiß dich dem Wahn,

"

„Und den himmlischen Glauben bewahre;

„Was kein Ohr vernahm, was die Augen nicht sahn,

,,Es ist dennoch das Schöne, und Wahre!

„Es ist nicht draußen, da sucht es der Thor;

„Es ist in dir, du bringst es ewig hervor.“

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