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als die Räuber ihn in der Wüste angegriffen, gesagt habe: die Kraniche, die gerade über ihn wegflogen, würden im Nothfall seine Råcher seyn. Er wurde erschlagen. Nachher sagte einer der Mörder, als er in der Stadt Kraniche erblickte: Siehe da, die Kraniche des Jbykus! Da dies einer hörte, und man weiter nachforschte, kam die Mordthat an den Tag, und die Mörder wurden bestraft."

Auch Plutarch erzählt die Geschichte. „Zu Lacedámon, sagt er, wurde der Tempel der Athene Chalkökos geplündert, und man fand darin eine leere Flasche. Unter dem zusammengelaufenen Volke sagte einer: Ich will euch sagen, was ich von dieser Flasche halte. Ich glaube, daß die Tempelräuber zuvor Schirlingssaft, und dann Wein getrunken haben, um vermittelst des Weines die Kraft des Giftes unwirksam zu machen; wenn sie aber ergriffen würden, vor der Folter eines leichten und schmerzlosen Todes zu sterben. Diese Worte erregten allgemein den Verdacht, daß der so redete, ein Mitschuldiger seyn müßte. Er wurde sogleich umringt, und gestand zulekt, von Seiten bedrängt, daß er selbst einer von den Tempelräubern wåre. Und wurden nicht die Mörder des Jbykus eben so entdeckt? Während sie im Theater faßen, und zufälliger Weise Kraniche vorüberzogen, sagten sie zu einander: Siehe da, die Rächer des Jbykus! Diese Worte fielen den Zunächstsißenden auf, und da man den Ibykus schon lange vermißt hatte, zeig ten sie die Sache bei der Obrigkeit an. Sie wurden der That überführt und hingerichtet. Diese Strafe brachten nicht die Kraniche über sie, sondern die Ge

allen

schwäßigkeit ihrer Zunge, die sie gleich einer Erinnys oder Strafgöttin zwang, den Mord zu verrathen.“

Aber nach Schiller kommt die böse That weder durch die Kraniche ans Licht noch durch die Geschwäßigkeit der Zunge. Vielmehr ist es die Macht der tragischen Kunst, die das Gewissen der Mörder erweckt, und den Sånger und Künstler råcht. Es ist der Gesang der Erinnyen, welche, mit der Kunst und Poesie im Bunde, die waltende Nemesis sind.

In Betreff des Chors hat Schiller die Eumeniden des Aeschylus vor Augen gehabt. Der Inhalt dieser Tragödie ist die Sühne des Orestes von dem Morde seiner Mutter Klytaemnestra und dessen Befreiung von den Furien, die ihn bis in den Tempel Apollos zu Delphi, und selbst nach Athen verfolgten. Unser Dichter hat diesen alten Chor sehr glücklich für die Balladenform zu benußen gewußt.

Den Stoff der Ballade hat Schiller eigentlich von Goethe. Erst wollte Goethe selbst die Kraniche zu ei ner Ballade verarbeiten, überließ sie aber nachher Schillern. Goethe sagte bei dieser Gelegenheit, daß Schiller den jedesmaligen fremden Stoff sich ganz anzueignen, und selbstständig zu verarbeiten wüßte. Auf Goethes Rath nahm er einige Veränderungen vor. Er gab dem Anfang der Ballade, den Goethe nicht ausführlich genug fand, eine größere Breite, und fügte mehrere Strophen hinzu. Der Schluß wurde von Goethe ge billigt, welcher zugleich bemerkte, daß der Künstler selbst am besten wissen müßte, wiefern er sich fremder Vorschläge bedienen könnte. Sonst fand er die Ballade wohl gerathen. Den Uebergang zum Theater hielt er

für sehr schön und den Chor am rechten Plaß. Diese Wendung einmal erfunden, håtte die Fabel nicht entbehren können. Wenn er, Goethe, an seine Arbeit noch denken möchte, würde er den Chor gleichfalls aufnehmen. Die Kraniche müßten als Zugvögel ein ganzer Schwarm seyn, die sowohl über den Ibykus als über das Theater wegflögen. Kommend als Naturphänomene würden sie sich neben die Sonne stellen, und neben andere regelmäßigen Erscheinungen. Auch würde dadurch das Wunderbare hinweggenommen wer den, daß es nicht eben dieselben zu seyn brauchten; es wäre vielmehr nur eine Abtheilung des großen wandernden Heeres, und das Zufällige machte eigentlich das Ahnungsvolle und Sonderbare in der Geschichte aus.

Nach meinem Urtheil, schrieb Goethe an Schiller, würden die Kraniche schon von dem wandernden Jbykus erblickt; sich als Reisenden vergliche er mit den reisenden Vögeln, sich als Gast mit den Gåsten, zöge daraus eine gute Vorbedeutung, und riefe alsdann, unter den Hånden der Mörder, die schon bekannten Kraniche, seine Reisegefährten, als Zeugen an. Wenn man es vortheilhaft fånde, könnte er die Züge schon bei der Schifffahrt gesehen haben. Es dürfte wohl gerathen seyn, aus diesen Kranichen ein langes und breites Phänomen zu machen, welches sich wieder mit dem langen verstrickenden Faden gut verbinden würde.

Auch war Goethe die Veranlassung, daß Schiller die Stimmung des Volks hervorhob, in welche es durch den Chor versekt wurde, nachdem die Erinnyen sich zurückgezogen hatten. Ferner hatte Goethe den Wunsch, daß von den ernsten Betrachtungen des Guten zu der

gleichzeitigen Berstreuung des Ruchlosen übergegangen würde, und alsdann der Mörder zwar dumm, laut und roh, aber doch in dem Kreise der Nachbarn vernehmlich seine gaffende Bemerkung ausriefe. Alsdann entstünden zwischen dem Mörder und den nächsten Zuschauern Håndel, wodurch das Volk aufmerksam gemacht würde. Alles würde durch den Zug der Kraniche ins Natürliche gespielt, und die Empfindung dadurch erhöht. Da die Mitte so sehr gelungen, wünschte er nur, daß noch einige Verse an die Exposition möchten verwendet werden, weil die Ballade ohnedies nicht lang wäre. Alles das, verbunden mit der sonst glücklichen Behandlung, müßte dem Ganzen Rundung und Vollständigkeit geben.

Schiller ging auf alle Erinnerungen Goethes nicht ein. Er glaubte sich dadurch ein Detail aufzubürden welches die Masse geschwächt, und die Aufmerksamkeit vertheilt hätte. Der blos natürliche Zufall müßte die Katastrophe erklären. Dieser führte den Kranichzug über das Theater hin; der Mörder, welchen das Stück wirklich nicht gerührt und zerknirscht hätte, wäre in der Mitte der Zuschauer; es hätte ihn an seine That und also auch an das erinnert, was dabei geschehen; er wåre davon frappirt, und in diesem Augenblicke müßte ihn die Erscheinung der Kraniche überraschen. Denn er wäre ein roher, dummer Mensch, über welchen der momentane Eindruck alle Gewalt hätte; unter diesen Umständen wäre der laute Ausruf natürlich; die wirk liche Entdeckung der That als Folge des Schrei's håtte er absichtlich nicht umständlicher darstellen wollen. Denn sobald nur der Weg zur Auffindung des Mörders ge

öffnet sey, wäre die Ballade aus. Das Weitere wåre nichts mehr für den Poeten. Er håtte nach näherer Besichtigung des Stoffs mehr Schwierigkeit gefunden, als er erwartet habe. Die beiden Hauptpunkte schienen ihm, erstens eine Continuität in die Erzählung zu bringen, welche die rohe Fabel nicht hätte, und zweitens die Stimmung für den Effect zu erzeugen.

Aber nach den Winken, die Goethe ihm gegeben, war es ihm recht wieder fühlbar, wie lebendige Erkennt niß auch beim Erfinden so viel thåte. Die Kraniche wären ihm nur aus den wenigen Gleichnissen bekannt geworden, zu welchen Goethe die Gelegenheit gegeben, und dieser Mangel einer lebendigen Anschauung hätte ihn den schönen Gebrauch übersehen lassen, der sich von diesem Naturphånomen machen ließe.

Schiller hatte die Ballade an Böttiger geschickt, um von diesem zu erfahren, ob nicht darin etwas den antiken Gebräuchen Widersprechendes gefunden würde. Böttiger fand Zeit und Local angemessen dargestellt, und war sehr damit zufrieden. Er gestand aber, daß er nie hätte begreifen können, wie sich überhaupt aus dem Jbykus habe etwas machen lassen, ein Geständniß, welches Schillern sehr belustigte, und ihn zu dem Urtheil veranlaßte, daß es den Mann gut characterisirte. In ähnlicher Hinsicht klagte Goethe über prosaische Naturen, denen er, wie z. B. Garve in seinen Briefen, gern erlauben wollte, vor den sogenannten unsittlichen Stoffen zurückzuschaudern, wenn sie nur ein Gefühl für das höhere Poetisch-Sittliche hätten, wie im Polykrates und Ibykus, und davon entzückt würden.

Nach Humboldts Meinung tragen die Kraniche des

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