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„Zukunft hast du mir gegeben,

„Doch du nahmst den Augenblick,
,,Nahmst der Stunde fröhlich Leben;

,,Nimm dein falsch Geschenk zurück."

Nichts schmerzt wohl mehr, als Gottes Stimme und Werkzeug zu seyn. Dazu gehört die größte Entåußerung. Es ist schrecklich, wie Kassandra, in die Zukunft, und noch dazu Nichts als Unglück und Verderben zu sehen.

,,Frommt's den Schleier aufzuheben,

,,Wo das nahe Schreckniß droht?
,,Nur der Irrthum ist das Leben,
,,Und das Wissen ist der Tod.

,,Nimm, o nimm die traur'ge Klarheit,
,,Mir vom Aug' den blut'gen Schein!
„Schrecklich ist es, deiner Wahrheit
,,Sterbliches Gefäß zu seyn.“

Sie sagte Troja's Schicksal vorher, noch ehe die Griechen den Zug unternahmen, und empfand also den Schmerz über das herannahende Unglück schon im Voraus. Ihr eignes Unheil, was auf's Innigste damit verflochten war, mußte sie gleichfalls vorhersehen, ohne demselben entfliehen zu können.

,,Nicht die Blicke darf ich wenden,
,,Wissend, schauend, unverwandt
„Muß ich mein Geschick vollenden,
Fallen in dem fremden Land.“

,,Und noch hallen ihre Worte,
,,Horch! da dringt verworr'ner Ton
Fernher aus des Tempels Pforte,
,,Todt lag Thetis großer Sohn!
,,Eris schüttelt ihre Schlangen,

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„Alle Götter fliehn davon,

,,und des Donners Wolken hangen

,,Schwer herab auf Ilion.“

Das Verderbniß, die Kunde von Achilles Tod, naht schon, während sie noch begeistert in die Zukunft blickt. Die Troer hatten nur zum Scheine in die Bedingung des Achilles eingewilligt. Als Achill deshalb zum Feste kam, wurde er von dem hinter der Statue des Apollo versteckt gewesenen Paris mit einem Pfeile verwundet. Sterbend flehte der Held, daß Polyrena nach Troja's Falle auf seinem Grabe geopfert werden möchte, was auch geschah.

Aber Kassandra wurde nach dem Brande Troja's dem Agamemnon als Beute übergeben. Wie sie vorausgesehen hatte, fiel sie in fremdem Lande von der Hand der Klytemnestra, der Gemahlin des Agamemnon. Auch dieser fiel durch Klytemnestra.

Von diesem Gedichte meint die Staël, daß es leichter ins Französische übersetzt werden könne, als die andern Gedichte Schillers. In Kassandra könne man das Unglück erkennen, welches die Ahnung der Zukunft dem Menschen bereitete. Gewiß würden alle diejenigen, welche eine höhere Seele und einen leidenschaftlichen Charakter hätten, von dem Schmerz der Ahnenden mit ergriffen. Schiller hätte es verstanden, unter einer poetischen Form eine große Idee der Moral darzustellen, daß das Vorgefühl sein eignes Opfer werde, wenn es nicht das Opfer Andrer würde. Die in die Zukunft blickende Seele Kassandra's überflöge in wenigen Augenblicken Leben und Tod, und könnte nur im Himmel Ruhe finden.

Nicht bloß die Scherin, selbst

"Ceres,"

die Göttin, klagt über den Verlust ihrer geliebten Tochter, der Persephone, welche Pluto in des Orkus dunkle Nacht hinab geführt.

Schiller hat den Mythus der Persephone hier an ders, als die Alten symbolisirt. Bei diesen war Persephone das Symbol der keimenden Pflanze, da umgekehrt in dem Schiller'schen Gedichte die Pflanze und ihr Leben Symbol der Tochter der Ceres ist. Pluto raubte sie, als sie im Thale von Enna Blumen pflückte. Die Mutter suchte sie Tag und Nacht, wor über die Erde wüste und öde wurde. Da verrieth ihr die Nymphe Arethusa den Aufenthalt der Tochter und bat sie um Schonung für die Erde. Sogleich begab fich die göttliche Mutter zum Olymp und forderte vom Zeus die geliebte Tochter zurück. Dieser willfahrte auch unter der Bedingung, wenn sie noch Nichts in der Unterwelt genossen haben würde. Sie hatte aber den Kern eines Granatapfels gegessen. Der Spruch des Zeus war daher, daß sie abwechselnd in der Unterwelt bei Pluto, ihrem Gemahle, die eine Hälfte des Jahres, und die andre Hälfte auf der Oberwelt bei der Mutter zubringen solle.

Aus dem Styr kommt nur die Tochter einer Göttin wieder, die strenge Hand der Parzen verschont blos die Seligen. Mutter und Tochter sind wohl eine Seit lang geschieden; aber geschieden ist darum noch nicht, was getrennt ist. In der Erinnerung füßem Weh symbolisirt die göttliche Mutter ihre unmittelbare

Empfindung. Wenn der Herbst kommt mit der reifen Frucht, und Blatt und Blume sich entfärben, senkt sie das Korn in das Nächtliche der Erde, was die Ge= liebte umfångt. Im Lenz, wenn dasselbe neu geboren wird, bringt es Kunde und Botschaft vom Styr zurück, und Liebe aus dem Reiche der Schatten. Das Leben der Blumen und Pflanzen gehört sowohl dem Styr an, als dem Aether, in der Wurzel nach dem Dunkel gehend, in der Blüthe nach dem Lichte. Darin will die göttliche Mutter ihre wehmüthige Empfin dung angeschaut wissen:

In des Lenzes heitrem Glanze

,,Lese jede zarte Brust,

„In des Herbstes welkem Kranze

,,Meinen Schmerz und meine Lust."

Unstreitig muß dies Lied, welches über den Schmerz des geliebten Kindes trauert, den tiefsten Eindruck machen. Es spricht des Herzens Empfindung schön aus, und mildert die Trauer zu sanfter Wehmuth. So befänftigte es den Schmerz der Freundin Schillers, Sophie la Roche's, über den Tod ihres geliebten Sohnes. Darum wollte auch der Dichter von da an dasselbe höher halten und mit mehr Liebe daran hangen. Er dankte den Musen, welche das schönste Band zwischen denen zu flechten wissen, die sich ihrem Dienste weihen. Herder rühmte dies Gedicht wegen der schönen Reime, die sich in demselben wie Seiden- und Goldfäden spånnen.

Goethen erinnerte es an verschiedene Versuche, die er sich vorgenommen hatte, um jene Idee, welche Schil ler so freundlich aufgenommen und behandelt, weiter

zu begründen. Einige waren auch ganz unvermuthet geglückt, und er machte sogleich weitere Anstalt, eine Anzahl Pflanzen im Finstern zu erziehen und alsdann seine Erfahrungen mit den schon bekannten zu vers gleichen.

Das Leben verliert überhaupt seine unmittelbare Wirklichkeit und Gegenwart, wenn es auch noch so schön ist. Allgemeine Klage erhebt sich darüber in der

,,Nänie,"

dem Klage- und Lobgesange der Todten. Götter und Menschen weinen über das unabwendbare Verhängniß. Aphrodite konnte dem schönen Knaben die Wunde nicht stillen, und Thetis, die göttliche Mutter, den Helden Achilles nicht vom Tode erretten. Darum steigt sie mit allen Töchtern des Nereus aus dem Meere, klagend

über den geliebten Sohn:

,,Siehe, da weinen die Götter, es weinen die Göttinnen alle, ,,Daß das Schöne vergeht, daß das Vollkommene stirbt."

Das griechische Leben war unmittelbare Wirklichkeit, über welche Unmittelbarkeit der griechische Geist nicht hinaus konnte. Götter und Menschen haben an derselben ihre Schranke. Darum die Klage, daß die unmittelbare Gegenwart und Wirklichkeit vergehen muß. Der Geist weiß sich noch nicht in sich selbst frei, darüber erhaben. Er hat sich in seiner Innerlichkeit noch nicht als das Wesen erfaßt.

Ueber die unmittelbare Wirklichkeit hinaus ist er blos abgeschieden, eine

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