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angelegt, als das meinige, seine Welt ist nicht die meinige, unfre Vorstellungsarten scheinen wesentlich verschieden. Indessen schließt sich aus einer solchen Zusammenkunft nicht sicher und gründlich. Die Zeit wird das Weitere lehren.“ Goethe hatte ein lebhaftes Interesse für alles was Natur hieß, für die Anschauung und das Wirkliche. Sein Element war das Object. Seine solide Manier war, wie Schiller sagt, immer vom Object das Gefeß zu empfangen, und aus der Natur der Sache heraus ihre Regeln abzuleiten. Gestalt, Körper war ihm alles, doch nur als Ausdruck des Allgemeinen, der Idee. Er verlor sich nie in Gedanken über die Natur, sondern erblickte sie in ihren Gebilden. Diese Gabe der Intuition wirkte wohlthätig und umbildend auf die Naturwissenschaft, aus welcher er den Nebel der Reflexion vertrieb. Die Farbenlehre, die Metamorphose der Pflanzen sind ein ewiges Denkmal, von seinem Genius der Natur gefeßt. Physik, Chemie, Mineralogie und Geschichte der Erde, Physiologie und vergleichende Anatomie bis zur Wolkenbildung herab beschäftigten ihn unaufhörlich. Er suchte alles Einzelne in dem großen Ganzen der Natur zu erkennen, und Schiller sah mit Erstaunen, wie er von den einfachsten Organisationen Schritt vor Schritt zu den mehr verwickelten aufstieg, um endlich die verwickeltste von allen, den Menschen, praktisch aus den Materialien des ganzen Naturgebäudes zu entwickeln. Und wie die Natur war er selber, ruhig und still in sich arbeitend, voll schöpferischer Kraft, glücklich und sicher in allem, was er unternahm. Ein Liebling der Natur hatte diese ihn an Gestalt und Schönheit auch ausnehmend wohl ge

bildet. In der Kunst hatte er ebenfalls mehr Sinn für die Anschauung, als für die empfindende Seite derselben. Während Musik ihn weniger anzog, liebte er Architektur, Sculp tur und Malerei, und zeichnete selbst nach der Natur Landschaften. Er war ganz Blick, ein durchaus sphärischer Mensch, der allenthalben Begrenzung und Gestalt in schönster Individualität fehen wollte.

Ganz anders Schiller, der, obwohl er Medicin studirt hatte, für Natur und Naturanschauung wenig Empfäng lichkeit zeigte. Für ihn war, nach Streicher, wenn er arbeitete, die Außenwelt so gut als gar nicht vorhanden, er war wie,,durch einen Krampf" in sich zurückgezogen. Auf seiner gemeinschaftlichen Wanderung mit Streicher an der Bergstraße hin, mußte dieser ihn auf jede schöne Aussicht aufmerksam machen, so sehr war er in sich verloren. Was ihn interessirte, war nicht die Natur, sondern der innerliche Mensch. Sein Element war das Subject. Darum beschäftigte er sich vorzugsweise mit Geschichte und Philosophie. Und wie der Gedanke, war er, unruhig, in steter Bewegung und Reflerion. Der Bau seiner Glieder", sagt Goethe,,,jede seiner Bewegungen war stolz, aber sein Auge war sanft. Und wie sein Körper, war sein Talent. Er griff in einen Gegenstand kühn hinein, und betrachtete und wendete ihn hin und her, und fah ihn so und so an, und handhabte ihn so und so. Er sah seinen Gegenstand gleichsam nur von außen an, eine stille Entwickelung aus dem Innern war nicht seine Sache. Sein Talent war mehr desultorisch, deshalb war er auch nie entschieden und konnte nie fertig werden.

Er war ein wunderlich großer Mensch. Alle acht Tage war er ein Anderer und Vollendeterer; jedesmal, wenn ich ihn wieder sah, schien er mir vorgeschritten an Belesenheit, Gelehrsamkeit und Urtheil."

So fingen sie, jeder auf seine Weise an, gleich den andern zu betrachten. Goethe hielt unmittelbar an dem Eindruck Schillers als Individuum fest, während Schiller die Summe von Goethes Existenz zusammen rechnete, und über ihn reflectirte. Goethe fand es betrübend, daß ein so außerordentlich begabter Mensch, als Schiller, sich mit philoso= phischen Denkweisen herumquålte, die ihm nichts helfen könnten. Und Schiller sah es ungern, daß Goethe sich so viel mit der Natur und der bildenden Kunst beschäftigte. Wenn Goethen die Politik und Religion ein trübes Element für die Kunst war, so wurde Schiller davon angezogen. Während Goethe in der Natur allenthalben Nothwendigkeit und Vernunft erblickte, konnte er in der Geschichte nichts als Willkür und Zufall sehen. Aber auch Schillern war die Ger schichte nur „ein Magazin für seine Phantasie“, indem die Gegenstände sich gefallen lassen mußten, was sie unter seiinen Händen wurden. Er fragte, ob nicht die innere Wahrheit, die er die philosophische oder die Kunstwahrheit nannte, und welche in ihrer ganzen Fülle in einer poetischen Darstellung herrschen sollte, nicht eben so viel Werth hätte, als die historische? Daß der Mensch in solcher Lage so empfinde, handle und sich ausdrücke, wäre ein großes wichtiges Factum für den Menschen, und das müßte die poetische Kunst leisten. Die innere Uebereinstimmung, die Wahrheit würde gefühlt und

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eingestanden, ohne daß die Begebenheit wirklich vorgefallen zu seyn brauchte. Man lernte auf diesem Wege die Menschen und nicht den Menschen kennen, die Gattung und nicht das sich so leicht verlierende Individuum. In diesem großen Felde wäre der Dichter Herr und Meister; aber der Geschichtschreiber wåre oft in den Fall geseht, diese wichtige Art von Wahrheit seiner historischen Richtigkeit nachzusehen, oder ihr mit einer großen Unbehülflichkeit anzupassen, welches noch schlimmer wäre. Ihm fehlte die Freiheit, mit welcher sich der Künstler mit schöner Leichtigkeit und Grazie bewegte, und am Ende håtte er weder die eine noch die andre befriedigt.

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So lebten denn beide in ganz entgegengeseßten Interessen, die jeder für das Wahre hielt. Wenn Schiller ausdrücklich die Gattung, das Allgemeine für das Wahre und Wirkliche erklärte, und das Individuum als ein sich Verlierendes, Verschwindendes, so war Goethen dagegen das Allgemeine etwas Leeres, Vages, das ohne das Einzelne, Individuelle keine Realität hätte. Sie sprachen sich darüber offen gegen einander aus, als über eine Herzensangelegenheit, was ge= genseitiges Vertrauen erweckte, und die innigste Annäherung alsdann zur Folge hatte. Sie fühlten bald, daß trok des Unterschiedes und Gegensaßes doch eine Uebereinstimmung möglich wäre. Schillers ideelle Tendenz," gestand Goethe ein, ,,konnte sich meiner reellen gar wohl nåhern, und weil beide vereinzelt doch nicht zu ihrem Ziel gelangen, so trafen zuleßt beide im lebendigen Sinn zusammen.“

Als Goethe Schillern in Jena wieder sah, glaubte er, daß dieser keine vier Wochen mehr leben würde; so krank und

elend sah er aus. Aber Goethes Umgang hatte auf Schillern den wohlthätigsten Einfluß. Er überließ sich nun wieder regelmäßig dem Schlaf zur Nachtzeit und arbeitete am Tage. Goethe veranlaßte ihn, häufig nach Weimar zu kommen, welche Ausflüge für seine Gesundheit vom besten Erfolg waren. Goethes freundliches Benehmen und die ihm eigne Art, den Eigenheiten des kranken Freundes bald nach= zugeben, bald sie scherzhaft zu beseitigen, trugen alles zu deffen Erheiterung bei. Daran knüpften sich denn Unterhaltungen über Kunst und Wissenschaft. Das erste Gespräch, was sie mit einander gehabt haben sollen, war über die Nas fur. Schiller klagte darüber, daß die gewöhnliche Naturerkenntniß die Natur blos zerstückele. Goethe stimmte ein. Aber dieser fing nun an, dem Freunde seine höhere Naturansicht zu entwickeln, wornach das Einzelne von dem Allge= meinen durchdrüngen, und das Ganze in den Theilen gegenwärtig erkannt wurde. Schiller hörte aufmerksam zu, aber sagte, nachdem Goethe geendet hatte: Das ist nur eine Idee! Darauf meinte Goethe später, daß es ihm lieb wäre, wenn er Ideen hätte, ohne es zu wissen, upd sie mit Augen såhe.

Nun waren sie über ihren Gegensaz im Reinen. Natur und Geschichte brachte sie nicht zusammen, aber die Kunst. Sie hatten sich viel über Kunst und Kunsttheorie unterhalten, und sich die Hauptideen mitgetheilt, zu welchen sie auf _ver= schiedenen Wegen gelangt waren. Was Goethe in der Naturerkenntniß erarbeitet, das bewirkte Schiller in der Betrachtung des Schönen und der Kunst, das Sinnliche und Natürliche dem Gedanken versöhnend. Beide warfen also

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