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heit betrachten, oder werden wir, wie in allen großen Erscheinungen des Lebens derselben, einen Kern ewiger Wahrheit auch in jenem festzuhalten und dabei zugleich die Ehre unseres Geschlechts zu retten versuchen? Gewiß, nicht der Historiker, nicht der Philosoph, überhaupt keiner, der noch an das Zeugniß des Bewußtseins der Menschheit glaubt, wird das erstere behaupten und das legtere verwerfen wollen dann aber wird das Urtheil über die neueste Wandlung in den Ansichten von Strauß nur ein verwerfendes sein können.

Der kühne Kritiker erweist sich in seinem „Bekenntniß“ als vollständig abgefallen von seinen früheren philosophischen Anschauungen, von seiner eigenen mit so viel Geist und Wissenschaft ausgeführten Auffassung der Person Christi; er ist daran von der Höhe der Geschichts- und Religionsphilosophie des neunzehnten Jahrhunderts herabzusteigen und zu Voltaire und dem lange verlassenen, von ihm selbst einst als antiquirt erachteten Standpunkt des Wolfenbütteler Fragmentisten zurückzukehren. Auf diesem Wege wollen und können wir ihm nicht folgen. In der Frage aber: ob auch der hochgebildete Culturmensch des neunzehnten Jahrhunderts sich noch einen Christen nennen könne, möge die Erklärung Goethe's berücksichtigt werden. "In den Evangelien,“ sagt Goethe, ist der Abglanz einer Hoheit wirksam, die von der Person Christi ausging und die so göttlicher Art, wie nur je auf Erden das Göttliche er schienen ist. Fragt man mich, ob es in meiner Natur

sei, ihm anbetende Verehrung zu erweisen, so sage ich: durchaus! Ich beuge mich vor ihm als der göttlichen Offenbarung des höchsten Princips der Sittlichkeit.“

II.

Der zweite Abschnitt bespricht die Frage vom Ursprung und Wesen der Religion und bestreitet hiebei insbesondere den Glauben an einen persönlichen Gott und an eine individuelle Fortdauer des Menschen nach dem Tode. Ein großer Theil dieser Erörterungen ist schon in des Verfassers in den Jahren 1840 und 1841 erschienenem Werk die christliche Glaubenslehre in ihrer geschichtlichen Entwicklung" niedergelegt, und in dem vorliegenden Buch nur in einen knapperen Ausdruck und in eine mehr populäre Form gebracht.

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Die Religionsanlage, sagt Strauß, fehlt den Thieren mit der Vernunft, die Ausbildung der Religionen in der Geschichte geht mit dem Culturwerthe der Völker Hand in Hand. Ginge es jedoch dem Menschen immer nach Wunsch, so wäre in ihm schwerlich der Gedanke an höhere Wesen aufgestiegen; der sehr interessirte Trieb nach Wohlbefinden hat ursprünglich zur Religion geführt. Die Natur steht dem Menschen unheimlich gegenüber, sie kümmert sich nicht um sein Wohl und Wehe; indem er

dieß nicht erträgt, kann er sich vor ihr nur dadurch retten, daß er sie zu einem menschenähnlichen Wesen macht. Die Kräfte der Natur werden personificirt, und diese selbstgeschaffenen Götter sucht nun der Mensch durch Cultushandlungen sich freundlich zu stimmen. Aber nicht bloß gegen die Mächte der Natur, sondern auch gegen die Gewaltthätigkeit seines eigenen Geschlechts und endlich gegen die Sinnlichkeit und Willkür der eigenen Individualität, welche sein höheres Streben gefährden, sucht der Mensch sich zu schüßen, stellt daher hinter die Forderungen der allgemeinen Ordnung und des Gewissens als Rückhalt eine gebietende Gottheit und personificirt allgemeine sittliche Verhältnisse.

Auf die Ideen von Hume und Epikur geht diese Erklärung zum großen Theil zurück, welche im Verlaufe der Darstellung noch aus Schleiermacher und Feuerbach ergänzt wird, indem die Religion einerseits im Abhängigkeitsgefühl des Menschen, andrerseits in dessen Bedürfniß sich dieser Abhängigkeit zu entwinden, gegen die Götter zu reagiren und sich gegen sie in Freiheit zu seßen, begründet sein soll.

Was in dieser Erklärung sogleich auffallen muß, das ist, daß, obwohl Vernunftanlage und Bedürfniß als die beiden Factoren für den Ursprung und die Entwicklung der Religion angesezt werden, doch die erstere über dem zweiten anfänglich ganz zurückgestellt wird, so daß die Vernunft als völlig unthätig in diesem Proceß erscheint und darum auch kein Vernunftgehalt in der primitiven

Religion erkennbar wird. Abhängigkeitsgefühl und Selbsterhaltungstrieb charakterisiren nicht minder das Thier als den Menschen, und wenn im Gegensaß zu diesen für die Entstehung der Religion nicht der größere Nachdruck auf die Vernunftanlage des Menschen gelegt und weiter gezeigt wird, worin dieselbe besteht und was ihre Forderungen sind, so wird kaum zu begreifen sein, warum nicht auch das Thier und nur der Mensch allein Religion habe. Liegt aber der Grund der Religion in der Vernunft, so ist das Bedürfniß nur der äußere Hebel um sie zu entwickeln, so müssen auch in der rohesten Gestaltung derselben schon die Spuren ihrer eigentlichen Abkunft offenbar werden, so wird auch in derselben nicht bloß eine Aeußerung der Selbstsucht, sondern die Wahrheit der Existenz einer höchsten Macht, von der der Mensch sich nicht nur physisch abhängig, sondern der. gegenüber er sich auch moralisch verantwortlich fühlt, sich fundgeben.

Strauß selbst spricht davon, daß wir die Anlage zum Guten und Vernünftigen, das wir in der Welt erkennen, in uns selbst finden, daß wir uns demselben im Innersten verwandt und daher in der Abhängigkeit frei fühlen. Nun, warum sollte es nicht das unmittelbare Gefühl von dieser Verwandtschaft sein, welches schon den rohen Naturmenschen treibt eine vernünftige und sittliche Macht in der Ordnung der Welt zu ahnen und ahnend zu vers ehren, wie findisch und verwirrt sich hierin auch seine Vorstellungen und Handlungen gestalten mögen? Ent

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springt aber die Religion dem Zeugniß der Vernunft, so begegnen wir in aller Naturvergötterung nur dem Versuch die Ahnung einer höchsten, alles durchwaltenden Macht an äußeren Erscheinungen zu befestigen. „Alle Völker wissen," sagt Hegel, „daß das religiöse Bewußtsein das ist, worin sie Wahrheit besigen, und sie haben die Religion immer als ihre Würde und als den Sonntag ihres Lebens angesehen." Uebrigens ist Schleiermacher's Be= griff von der Religion nur ganz äußerlich und keineswegs erschöpfend angegeben, wenn man nur sagt, er habe sie aus dem Abhängigkeitsgefühl oder als Abhängigkeitsgefühl im Allgemeinen erklärt. „Die Betrachtung des Frommen," sagt Schleiermacher, ist das unmittelbare Bewußtsein von dem allgemeinen Sein alles Endlichen im Unendlichen und durch das Unendliche, alles Zeitlichen im Ewigen und durch das Ewige. Dieses suchen und finden in Allem, was lebt und sich regt, in allem Werden und Wechsel, in allem Thun und Leiden und das Leben selbst im unmittelbaren Gefühl nur haben und kennen als dieses Sein, das ist die Religion. Ihre Befriedigung ist, wo sie dieses findet und wo sich dieß verbirgt, da ist für sie Hemmung und Aengstigung, Noth und Tod. Und so ist sie freilich ein Leben in der unendlichen Natur des Ganzen, im Einen und Allen, in Gott, lebend und besigend Alles in Gott und Gott in Allem." — Und Fichte's Tiefsinn, sittliches Gefühl und religiöse Ergriffen-heit haben der Schleiermacher'schen Bestimmung der Religion noch neue wesentliche Züge hinzugefügt. Er

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