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war schen gegen Abend, und ein kleine deutsches Märchen, welches ich vorher schon unter den Auswanderern bemerkt, stand allein am Strande, wie versunken in Gedanken, und schaute hinaus in's weite Meer. Die Kleine mochte wohl acht Jahre alt sein, trug zwei niedlich geflochtene Haarzöpfchen, ein schwäbisch kurzes Röckchen von wohlgestreiftem Flanell, hatte ein bleichkränkelndes Gesichtchen, große ernsthafte Augen, und mit weichbesorgter, jedoch zugleich neugieriger Stimme frug sie mich: ob das das Weltmeer sei?

Bis tief in die Nacht stand ich am Meere und weinte. Ich schämte mich nicht dieser Thränen. Auch Achilles weinte am Meere, und die silberfüßige Mutter mußte aus den Wellen emporsteigen, um ihn zu trösten. Auch ich hörte eine Stimme im Wasser, aber minder trostreich, vielmehr aufweckend, gebietend und doch grundweise. Denn das Meer weiß alles, die Sterne ver

trauen ihm des Nachts die verborgensten Räthsel des Himmels, in seiner Tiefe liegen, mit den fabelhaft versunkenen Reichen, auch die uralten längst verschollenen Sagen der Erde, an allen Küsten lauscht es mit tausend neugierigen Wellenohren und die Flüsse, die zu ihm hinabströmen, bringen ihm alle Nachrichten, die sie in den entferntesten Binnenlanden erkundet oder gar aus dem Geschwäße der kleinen Bäche und Bergquellen erhorcht haben. Wenn Einem aber das Meer seine Geheimnisse offenbart und Einem das große Welterlösungswort in's Herz geflüstert, dann Ade Ruhe! Ade stille Träume! Ade Novellen und Comödien, die ich schon so hübsch begonnen und die nun schwerlich so bald fortgesett werden!

Die goldenen Engelsfarben sind seitdem auf meiner Palette fast eingetrocknet, und flüssig blieb darauf nur ein schreiendes Roth, das wie Blut aussieht, und womit man nur rothe Löwen malt.

Ja, mein nächstes Buch wird wohl ganz und gar ein rother Löwe werden, welches ein verehrungswürdiges Publikum, nach obigem Geständnisse, gefälligst entschuldigen möge.

Paris, den 17. October 1833.

Heinrich Heine.

Französische Maler.

Gemäldeausstellung in Paris

1831.

Heine, Salon I.

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