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Wenn ich bei ihr vorüberging, sagte ich immer unwillkürlich: Liebes Kind!

Leider finden wir Scheffers Manier in allen seinen Bildern, und wenn sie seinem Faust und Gretchen angemessen ist, so mißfällt sie uns gänzlich bei Gegenständen, die eine heitere, flare, farbenglühende Behandlung erforderten, 3. B. bei einem kleinen Gemälde, worauf tanzende Schulkinder. Mit seinen gedämpften, freudlosen Farben hat uns Scheffer nur einen Rudel fleiner Gnomen dargestellt. Wie bedeutend auch sein Talent der Portraitirung ist, ja, wie sehr ich hier seine Originalität der Auffassung rühmen muß, so sehr widersteht mir auch hier seine Farbengebung. Es gab aber ein Portrait im Salon, wofür eben die Scheffersche Manier ganz geeignet war. Nur mit diesen unbestimmten, gelogenen, gestorbenen, charakterlosen Farben konnte der Mann gemalt werden,

dessen Ruhm darin besteht, daß man auf seinem Gesichte nie seine Gedanken lesen konnte, ja, daß man immer das Gegentheil darauf las. Es ist der Mann, dem wir hinten Fußtritte geben könnten, ohne daß vorne das stereotype Lächeln von seinen Lippen schwände. Es ist der Mann, der vierzehn falsche Eide geschworen, und dessen Lügentalente von allen aufeinander folgenden Regierungen Frankreichs benuzt wurden, wenn irgend eine tödtliche Perfidie ausgeübt werden sollte: so daß er an jene alte Giftmischerin erinnert, an jene Lokusta, die, wie ein frevelhaftes Erbstück, im Hause des Augustus lebte, und schweigend und sicher dem einen Cäsar nach dem andern und dem einen gegen den andern zu Dienste stand mit ihrem diplomatischen Tränklein. Wenn ich vor dem Bilde des falschen Mannes stand, den Scheffer so treu gemalt, dem er mit seinen Schirlingsfarben sogar die vierzehn falschen Eide in's

Gesicht hinein gemalt, dann durchfröstelte mich der Gedanke: wem gilt wohl seine neueste Mischung in London?

Scheffers Heinrich IV. und Ludwig Philipp I., zwei Reitergestalten in Lebensgröße, verdienen jedenfalls eine besondere Erwähnung. Ersterer, le roi par droit de conquête et par droit de naissance, hat vor meiner Zeit gelebt; ich weiß nur, daß er einen henry-quatre getragen, und ich kann nicht bestimmen, in weit er getroffen ist. Der andere, le roi des barricades, le roi par la grâce du peuple souverain, ist mein Zeitgenosse, und ich kann urtheilen, ob sein Porträt ihm ähnlich sieht oder nicht. Ich sah leßteres, ehe ich das Vergnügen hatte, Se. Majestät den König selbst zu sehen, und ich erkannte ihn dennoch nicht im ersten Augenblick. Ich sah ihn vielleicht in einem allzu sehr erhöhten Seelenzustande, nämlich am ersten Fest=

tage der jüngsten Revolutionsfeier, als er durch die Straßen von Paris einherritt, in der Mitte der jubelnden Bürgergarde und der Juliusdekorirten, die alle wie wahnsinnig die Parisienne und die Marseiller Hymne brüllten, auch mitunter die Carmagnole tanzten. Se. Majestät der König saß hoch zu Roß, halb wie ein gezwungener Triumphator, halb wie ein freiwilliger Gefangener, der einen Triumphzug zieren soll; ein entthronter Kaiser ritt symbolisch oder auch prophetisch an seiner Seite; seine beiden jungen Söhne ritten ebenfalls neben ihm, wie blühende Hoffnungen, und seine schwülstigen. Wangen glühten hervor aus dem Walddunkel des großen Backenbarts, und seine und seine süßlich grüßenden Augen glänzten vor Lust und Verlegenheit. Auf dem Schefferfchen Bilde sieht er minder kurzweilig aus, ja fast trübe, trübe, als ritte er eben über die Place de grève, wo sein

Vater geköpft worden; sein Pferd scheint zu straucheln. Ich glaube, auf dem Schefferschen Bilde ist auch der Kopf nicht oben so spit zulaufend, wie beim erlauchten Originale, wo diese eigenthümliche Bildung mich immer an das Volkslied erinnert:

Es steht eine Tanne im tiefen Thal,

Ist unten breit und oben schmal.

Sonst ist das Bild ziemlich getroffen sehr ähnlich; doch diese Aehnlichkeit entdeckte ich erst, als ich den König selbst gesehen. Das scheint mir bedenklich, sehr bedenklich für den Werth der ganzen Schefferschen Portraitmalerei. Die Portraitmaler lassen sich nämlich in zwei Klassen eintheilen. Die einen haben das wunderbare Talent, gerade diejenigen Züge aufzufassen und hinzumalen, die auch dem fremden Beschauer eine Idee von dem darzustellenden Gesichte geben, so daß er den Charakter des unbekannten Originals gleich

Heine, Salon I.

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