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so matt und krank einher, wie ein gebrochener Mensch. Es war dieses wahrhaftig nicht die Wirkung eines plötzlich aufgeregten Patriotismus. Ich fühlte, es war etwas Edleres, etwas Besseres. Dazu ist mir seit langer Zeit alles fatal, was den Namen Patriotismus trägt. Ja, es konnte mir einst sogar die Sache selber einigermaßen verleidet werden, als ich den Mummenschanz jener schwarzen Narren erblickte, die aus dem Patriotismus ordentlich ihr Handwerk gemacht, und sich auch eine angemessene Handwerkstracht zugelegt und sich wirklich in Meister, Gesellen und Lehrlinge eingetheilt, und ihre Zunftgrüße hatten, womit sie im Lande fechten gingen. Ich sage Fechten im schmutzigsten Knotensinne; denn das eigentliche Fechten mit dem Schwert gehörte nicht zu ihren Handwerksbräuchen. Vater Jahn, der Herbergvater Jahn, war im Kriege, wie männiglich bekannt, eben so feige wie albern. Gleich dem Meister, waren auch die meisten Ge=

fellen nur gemeine Naturen, schmierige Heuchler, deren Grobheit nicht einmal ächt war. Sie wußten sehr gut, daß deutsche Einfalt noch immer die Grobheit für ein Kennzeichen des Muthes und der Ehrlichkeit ansieht, obgleich ein Blick in unsere Zuchthäuser hinlänglich belehrt, daß es auch grobe Schurken und grobe Memmen giebt. In Frankreich ist der Muth höflich und gesittet, und die Ehrlichkeit trägt Handschuh und zieht den Hut ab. In Frankreich besteht auch der Patriotismus in der Liebe für ein Geburtsland, welches auch zugleich die Heimath der Civilisation und des humanen Fortschrittes. Obgedachter deutscher Patriotismus hingegen bestand in einem Hasse gegen die Franzosen, in einem Hasse gegen Civilisation und Liberalismus. Nicht wahr, ich bin kein Patriot, denn ich lobe Frankreich?

Es ist eine eigene Sache mit dem Patriotismus, mit der wirklichen Vaterlandsliebe. Man kann sein Vaterland lieben, und achtzig Jahre

dabei alt werden, und es nie gewußt haben; aber man muß dann auch zu Hause geblieben sein. Das Wesen des Frühlings erkennt man erst im Winter, und hinter dem Ofen dichtet man die besten Mailieder. Die Freiheitsliebe ist eine Kerkerblume und erst im Gefängnisse fühlt man den Werth der Freiheit. So beginnt die deutsche Vaterlandsliebe erst an der deutschen Grenze, vornehmlich aber beim Anblick deutschen Unglücks in der Fremde. Ju einem Buche, welches mir eben zur Hand liegt, und die Friese einer verstorbenen Freundin enthält, erschütterte mich gestern die Stelle, wo sie in der Fremde den Eindruck beschreibt, den der Anblick ihrer Landsleute, im Kriege 1813, in ihr hervorbrachte. Ich will die lieben Worte hierhersehen:

"Den ganzen Morgen hab' ich häufige, bittere Thränen der Rührung und Kränkung geweint! O, ich habe es nie gewußt, daß ich mein Land so liebe! Wie einer, der durch Physik den

Werth des Blutes etwa nicht kennt: wenn man's ihm abzieht, wird er doch hinstürzen.“

Das ist es. Deutschland, das sind wir selber. Und darum wurde ich plötzlich so matt und frank beim Anblick jener Auswanderer, jener großen Blutströme, die aus den Wunden des Vaterlandes rinnen und sich in den afrikanischen Sand verlieren. Das ist es; es war wie ein leiblicher Verlust und ich fühlte in der Seele einen fast physischen Schmerz. Vergebens beschwichtigte ich mich mit vernünftigen Gründen: Afrika ist auch ein gutes Land, und die Schlangen dort züngeln nicht viel von christlicher Liebe, und die Affen dort sind nicht so widerwärtig wie die deutschen Affen und zur Zerstreuung

suminte ich mir ein Lied vor. Zufällig aber war es das alte Lied von Schubart:

"

Wir sollen über Land und Meer

Ins heiße Afrika.“.

An Deutschlands Grenzen füllen wir

Mit Erbe noch die Hand;

Und küssen sie, das sei dein Dank

Für Schirmung, Pflege, Speis' und Trank,

Du liebes Vaterland."

Nur diese Worte des Liedes, das ich in meiner Kindheit gehört, blieben immer in meinem Gedächtniß und sie traten mir jedesmal in den Sinn, wenn ich an Deutschlands Grenze kam. Von dem Verfasser weiß ich auch nur wenig, außer daß er ein armer deutscher Dichter war, und den größten Theil seines Lebens auf der Festung saß und die Freiheit liebte. Er ist nun todt und längst vermodert, aber sein Lied lebt noch; denn das Wort kann man nicht auf die Festung sehen und vermodern lassen.

Ich versichere Euch, ich bin kein Patriot, und wenn ich an jenem Tage geweint habe, so geschah es wegen des kleinen Mädchens. Es

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