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Gewissens. Die Kämpfe Luthers in der Klosterzelle sind typisch für seine ganze Zeit. Die lautere Predigt des Evangeliums war die Antwort auf die Frage von Tausenden. Wie anders jezt in Spanien! Gewissenhaftigkeit, der Hauptcharakterzug von Luthers katholischer Zeit, ist kaum vorhanden. Die Leute wissen nicht mehr, was gut oder böse ist, wie sollen sie sich denn nach Vergebung der Sünden sehnen? Nur zu leicht fassen die Leute es auf, daß die katholische Kirchenlehre falsch, daß ihr Bußsakrament und Ablaß eitel sind. Aber das ist oft nur eine Änderung der Ansicht und nicht eine Sinnesänderung, wie die Schrift von einer solchen spricht. Man kann völlig ungläubige Menschen reden hören, als wären sie protestantische Christen. Auf der Reise empfahl mir ein Herr ein bekanntes atheistisches, Gott und Bibel lästerndes Blatt als gut protestantisch. Und umgekehrt ist gewöhnlich die erste Frage treuer Katholiken, sobald sie den hereje (Reßer) erkennen: „Glauben die Protestanten auch an Gott?" Wenn man das zu ihrem Erstaunen bejaht und sie auf einzelne Differenzen aufmerksam macht, so sind sie oft völlig einverstanden und sagen, sie wollten, in der katholischen Kirche wäre es auch so. Es ist die hierin liegende Gefahr in der ersten Zeit oft praktisch geworden, besonders bei der Aufnahme früherer Priester, die sich für gut protestantisch hielten, weil sie mit der katholischen Lehre und Kirche gebrochen hatten.

Bei diesem Stand der Dinge, der selbstverständlich nur im Allgemeinen gilt, ist gesagt worden, besonders unter den jungen spanischen Theologen ist mir das entgegengetreten die Reformation in Spanien werde einen ganz anderen Ausgangspunkt nehmen als in Deutschland, fie werde nicht einseßen auf dem Gebiet des Glaubens, sondern auf dem des Lebens und müsse demgemäß gepredigt werden. Das ist in dieser Form wenigstens schwerlich richtig. Das Evangelium fann ja nicht anders gepredigt werden, denn als das, was es ist, als die frohe Botschaft von der Vergebung der Sünden. Das aber durch die spanischen Verhältnisse speziell erforderte Moment, die Hervorhebung des evangelischen Lebens kommt zur Geltung, wo es sich um die Aufnahme in die Gemeinde handelt. Es können nicht ganze Städte und Provinzen mit einem Schlage erobert werden, sondern es werden einzelne Seelen mit vieler Arbeit gewonnen. Ein zweites Moment, das die Aussichten für die Zukunft mitbestimmen dürfte.

Steht es so, so könnte man zweifeln, ob es denn auch an der Zeit sei, das Evangelium nach Spanien zu bringen, ob man nicht warten

müsse, bis ein tieferes Heilsbedürfnis das ganze Volk bewege! Aber sehen wir die Sache recht an, so ist Spanien über diese Zeit schon hinaus. Im sechszehnten Jahrhundert war der Boden so, daß die Reformation mit Macht fast das ganze Volk ergriff: „Hättet Ihr noch ein Jahr gewartet, sagte einer der spanischen Märtyrer zu seinen Richtern, so wären wir stärker gewesen als ihr.“ Seit jener Zeit ist auch Spanien gealtert! Ist es in den evangelischen Ländern so, daß die große Menge in Gleichgültigkeit, wenn nicht Schlimmeres versunken ist, dürfen wir uns wundern, daß es in katholischen Ländern nicht besser steht? Als ein Ganzes entscheidet sich ein Volk für eine neue Religion oder Religionsform nur, wenn es noch auf einer jüngeren Entwickelungsstufe steht. So kann bei uns auf dem Lande im Allgemeinen noch von einem christlichen Volksbewußtsein die Rede sein. Ein evangelischer Gemeingeist trägt die Einzelnen. In den Städten dagegen ist das positive Christentum persönlicher, individueller gerichtet. Die raschere Entwickelung treibt einer schrofferen Scheidung entgegen, und auf Seiten des Evangeliums wird immer nur die Minderheit stehen. Soweit aber, dürfen wir hoffen, wird auch die Evangelisation Spaniens gelangen, daß fie eine starke Minorität der besten Elemente des Volkes um das Evangelium sammelt. So wird im Wesentlichen das gleiche Ziel auf entgegengeseztem Wege erreicht.

Wenn von dem Zustand des katholischen Spaniens im ganzen gesprochen wird, so vergesse man aber nicht die Tausende Einzelner, die von Gewissensangst gequält nach dem Evangelium dürsten. Wenn Spanien in seinen gebildeten Vertretern dem Indifferentismus näher steht, wie Deutschland, so vergesse man nicht, daß es in Spanien weit größere Volksschichten giebt als in Deutschland, die noch unberührt von aller falschen Bildung einer großen, gemeinsamen religiösen Bewegung fähig find. Ja es giebt nach dem Urteil solcher, die Land und Leute aus langjähriger Erfahrung kennen, keinen Ort in Spanien, an dem nicht eine evangelische Gemeinde sich gründen ließe, wären die Arbeiter da, sie zu gründen.

Und troß aller Nachtseiten, es ist ein edles Volk, von dem der Reisende mit Wehmut Abschied nimmt. Auch in seine Verkommenheit hinein hat es sich edle Züge bewahrt. Darum ist es doppelt schmerzlich zu sehen, wie der Fluch der katholischen Mißwirtschaft auf ihm lastet. Wer das Gebet Luthers: Gott möge die evangelische Christenheit mit Haß gegen den Papst erfüllen, verstehen will, der gehe nach Spanien. Die römische Kirche hat Spanien um seine Mannesjahre betrogen.

Darum erquickt man sich immer wieder von Neuem an den evangelischen Schulen, in denen ein verjüngtes Spanien heranwächst. In den Gemeinden ist es ja oft nur „das Thörichte, das Schwache, das Verachtete vor der Welt", was erwählt ist. Hier in den Schulen ist frisches, junges und echt spanisches Leben, das nun in rechte Bahnen gelenkt — will's Gott reichen Früchten entgegensproßt. Die Schulen sind der Glanzpunkt der Mission. Wie wichtig sie sind haben jezt auch die Jesuiten gelernt. Selbst Sonntagsschulen haben sie kürzlich eingerichtet ein Triumph für die evangelische Sache. Aus den evangelischen Schulen wird so hoffen wir evangelisches Leben in das Land eindringen, so daß Kreise entstehen, die von Grund aus evangelisch sind. Ob es über Kreise hinauskommen wird? Gott weiß es. Er kann auch über unsere protestantischen Länder, er kann über das ganze altgewordene Europa einen Geistesfrühling kommen lassen, daß die Erfahrungen der ersten Zeit sich erneuern: „der Herr aber that hinzu täglich, die da selig wurden, zu der Gemeinde,“ „und wurden hinzugethan an einem Tage bei dreitausend Seelen."

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Zum „Vifariat“ in der evangelischen Kirche.

Vom

Oberpfarrer a. D. Slevogt.

Es ist etwas über 1 Jahr her, daß Herr Pastor Couard seinen. gehaltvollen Vortrag über das Bedürfnis der praktischen Ausbildung unserer jungen Theologen für das Pfarramt und die Befriedigung desselben vornehmlich durch das Vikariat im evangelischen Vereine zu Berlin hielt. Wir haben den Vortrag, abgedruckt in der kirchlichen Monatsschrift, welcher sich durch Gründlichkeit und Anschaulichkeit auszeichnete, wiederholt durchgelesen und stimmen seinen lehrreichen Ausführungen in allen seinen Teilen bei. Niemand konnte sich wohl mehr darüber freuen, daß endlich einmal seitens der kirchlichen Behörden Schritte geschehen waren, um eine tüchtige Vorbereitung der theologischen Kandidaten auf ihr hochwichtiges Amt anzubahnen, als Schreiber dieses, welcher sich mit dem geehrten Vortragenden in solcher Freude eins weiß. Was parallelifierend der Herr Verfasser über das Vikariat in der römischen Kirche anführt, haben wir mit Interesse gelesen und für uns Evangelische manches Anregende und Beherzigenswerte darin ge

funden. Aehnlich wie dort sollte bei uns Evangelischen der Anfang mit der Erziehung der jungen Theologen viel früher, als gewöhnlich gemacht werden. Wenn sich der Jüngling für das Studium der Theologie entscheidet, sollte seitens des Gymnasialdirektors oder des Schulrats untersucht werden, ob derselbe auch für den gewählten Beruf körperlich und geistig geeignet sei, ob er die nötige Fassungskraft ob er ein vorzügliches Gedächtnis, ob er Fleiß und Ausdauer besize ob zugleich sein sittlicher Charakter vertrauenerweckend sei, ob sein Aeußeres nichts Abstoßendes und ob er redegewandt die Sprache in seiner Gewalt habe, ob er mit wohllautendem Organe und richtiger Betonung vorzutragen vermöge. Wo das alles nicht zutrifft, muß dringend von dem Studium der Theologie abgeraten werden, noch ehe dasselbe auf der Universität begonnen hat. Wir gedenken eines jungen Mannes, welcher allerdings schon die Universität bezogen hatte, um daselbst Theologie zu studieren, aber schon am Schlusse des ersten Symesters eine Predigt hielt, um zu erfahren, ob er die zum Predigtamte notwendigen Gaben und Fähigkeiten besite. Nach gehaltener Predigt ersuchte er den alten, ehrwürdigen Pastor, den er vertreten hatte, um sein aufrichtiges, unparteiisches Urteil und ließ sich schließlich dasselbe schriftlich aufzeichnen. Er hatte sich fest vorgenommen, wenn es sich erwiese, daß er die zum Predigtamte notwendige Befähigung nicht befize, wenn also die Entscheidung des alten, gewissenhaften Herrn zu seinen Ungunsten ausfalle, sofort ein anderes Studium zu ergreifen. Wir können ein solches Verfahren nur als empfehlenswert bezeichnen. Selbst dann ist eine solche offene Aussprache und Beurteilung noch nicht zu spät, wenn der alte Pastor, bei dem der Kandidat nach beendigter Universitätszeit eingetreten ist, um sich unter seiner Leitung auf das Pfarramt vorzubereiten, sieht, daß der junge Mann alle die Gaben und Fähigkeiten, die wir oben angedeutet haben, nicht besigt. Es ist besser, noch rechtzeitig sich für eine andere Carriere zu entscheiden, als später im geistlichen Amte ein Stümper und unfruchtbarer Baum zu sein.

Wir sind nicht Pessimisten, die alles schwarz sehen, aber auch nicht Optimisten, die an Ereignissen, Zuständen und Einrichtungen nur die Lichtseite wahrnehmen. Wir sind Realisten, welche die Dinge nehmen, wie sie sind, und mit Thatsachen rechnen. So find uns auch bei aller Freude über die Errichtung und Förderung des Vikariats manche Bedenken aufgestiegen. Wir hoffen, daß einsichtsvolle, praktische

Männer sie uns überwinden helfen, oder uns eines Besseren belehren. Verseßen wir uns in mediam rem! Ein junger Theologe ist bei dem bejahrten Pastor eingezogen. Unter seiner Leitung will er sich rüsten, um später selbständig eine geistliche Stelle zu verwalten mit Erfolg und zur Ehre Gottes. Er hat sich einen Schaß von theologischen Kenntnissen angeeignet und sein Examen wohl bestanden. Nicht bloß Kenntnisse, sondern auch einen frommen Eifer für seinen Beruf hat er mitgebracht. Er unterzieht sich unverdrossen den Unterweisungen und Anordnungen des alten Herrn. An seiner Hand und unter seiner Aufsicht arbeitet.

1. Der Vikar (Kandidat) im Pfarramt.

Er ist stets bereit, den Pfarrer zu vertreten und manche von seinen Obliegenheiten und Lasten auf seine Schultern zu nehmen. Er predigt ab und zu für den alten Herrn, er erteilt für ihn bisweilen Konfir= mandenunterricht, hält auch wohl hie und da eine Religionsstunde in der Schule, vornämlich, wenn Kränklichkeit eine Aushülfe nötig erscheinen läßt. Bei alledem tritt seine akademische Vorbildung hervor und namentlich diejenige Richtung, welche er sich bisher auf der Universität und durch die sich anschließenden Studien und Seminarien angeeignet hat. Wenn er auch nicht gerade in verba magistri schwört, so hingen doch der ganze Gang seiner Studien und die daraus resultierenden Überzeugungen wesentlich von seinen Lehrern und Vorgeseßten ab. Es ist nun möglich, daß der alte Herr zu den Füßen Tholucks oder Luthars gesessen und der junge Herr die Vorlesungen von Pfleiderer und Harnack besucht hat. Ihre theologischen Richtungen werden (vielleicht weit) auseinandergehen. Die dogmatische Differenz wird bald in der wissenschaftlichen Diskussion erkennbar werden und leicht, wenn die Herren nicht recht auf der Hut find, die Diskussion zu einer Disputierübung machen. Liegt dem älteren daran, den jüngeren zu seiner theologischen Anschauung herüberzuziehen und für sein System. zu gewinnen, so erregt er leicht den Schein der Proselytenmacherei. Selbst in den öffentlichen Vorträgen spiegelt sich die dogmatische Divergenz ab und wird gewiß nicht selten von einzelnen geförderten Zuhörern herausgehört. Uns ist ein Beispiel bekannt, daß sogar eine von christlichem Geiste durchdrungene fromme Bauerfrau, welche gewohnt war, die vernommene Heilsverkündigung „zu behalten und in ihrem Herzen zu bewegen", herausfühlte, daß, wie sie sich ausdrückte, der alte Herr einen anderen Glauben predigte, als der jungsche.

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