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ist die Orientirung in Zeit und Raum, von der ich Dir oben gesagt habe. Ohne sie würde der Mensch eben so wohl in den Bewegungen der Erde als im Strome der Zeiten sich verlieren. Denn feste Punkte muß er ha= ben, und eine Einheit muß er finden, wenn er in der fteten Bewegung nicht schwindeln, und im Strome der Zeit nicht versinken soll. Feste Punkte sind aber im Raume die genannten Gegenden der Erde, die wir nach Auf- und Untergang bestimmen; und feste Punkte sind in der Zeit für den Tag derselbe Auf- und Untergang, für die Monate der Wechsel des Mondes, und für die Jahre die wiederkehrenden Momente im Zeitkreis nach der Bewegung der Erde um die Sonne. Raum- und Zeitbestimmungen, wie sie in der Natur liegen, find von Gott selbst und gehören zu seiner Weltordnung. Nach ihnen muß sich Alles richten, und so kommt, da sich Alles periodisch wiederholt, in das Leben selbst ein Kreislauf. Der engste Kreislauf ist der tägliche innerhalb vier und zwanzig Stunden. Er liegt im Wechsel des Lichtes und der Finsterniß, des Tages und der Nacht, der Thätigkeit und der Ruhe. Nach den Mondesperioden richten sich die zwölf Monate mit ihren verschiedenen Forderungen an den Menschen; die Eintheilung des Monats nach den verschiedenen Erscheinungen am Monde nach seinem Ab- und Zunehmen gibt die Wochen. Und auch nach der Woche bestimmt sich der Mensch in seiner Thätigkeit, weil es die Ordnung so fordert. Ganz besonders aber ist dieß der Fall bei dem Jahre, das aus zwölf Monaten und

zwei und fünfzig Wochen besteht; denn nach den Jahreszeiten müssen sich am meisten die Arbeiten der Menschen richten, wenn sie geordnet sein sollen, denn gut geordnet und zeitgemäß sind ja nur die verschiedenen Ausdrucksweisen für Eins und Dasselbe.

So also muß der auffer uns in der Natur vorgehende Zeitenwechsel in uns sich wiederholen, wir müssen uns in ihn hineinversegen, in ihn uns hineinleben, und als Kreis unserer Thätigkeit segen. Das heißt aber nichts anderes, als wir müssen in unserm Leben dieselben Abschnitte segen, die die Zeit gesezt hat, wir müssen unsere Thätigkeit nach diesen Bestimmungen anfangen, fortsegen und enden. So verlangt es die Weltordnung, die von Gott selbst gesezt ist.

Allein damit ist es noch nicht aus, sonst stände es übel mit den Menschen. Denn würde sich ihr ganzes Leben nur nach jenen blos äusserlichen Bestimmungen der Zeit und des Raumes richten, dann wäre unser Leben nur ein Naturleben, nicht aber ein geistiges, höheres, edleres; eben so würde es sich spurlos verlieren in der Zeit und wäre kein ewiges, unsterbliches. Darum gibt es neben jener bloßen Naturordnung noch eine höhere Ordnung, die Ordnung nämlich des Geistes, welcher die Naturerdnung selbst untergeordnet ist. Und diese höhere geistige Ordnung im Reiche Gottes ist es, die neben der gemeinen Zeit noch eine heilige Zeit hervorbringt; die Bestimmungen, die hier in der Zeit herrschen, liegen nicht in der Natur, sondern gehen als höhere die Religion an, und sind für die Ewigkeit.

Wie die Ordnung der Natur nach Zeit- und Naumverhältnissen, so ist auch die höhereOrdnung des Geistes, aus der die heiligen Zeiten entspringen, von Gott. Gott hat die Feste geordnet, die wir feiern; darum heißt es bei dem Siraciden XXX*, 7-9.:

Warum ist ein Tag vor dem andern ausgezeichnet,

111.

Da doch im ganzen Jahr jeder sein Licht von derselben Sonne empfängt?

Und die Antwort, die auf diese Frage gegeben wird, ist:

Durch die Weisheit des Herrn wurden fie unterschieden;
Er hat die Fefte, die Tage der Feier, vor den andern aus-
gezeichnet.
Einige von diesen Tagen hat er erhöht,

Die andern zu gemeinen Tagen gemacht.

Und nun wird es Dir ganz klar sein, was ich Dir im Allgemeinen über das Kirchenjahr, die heilige Zeit, bisher sagen wollte. Was Dir aber oben von mir bemerkt worden ist, daß unser äufferes Leben sich hineinleben müsse in die Zeitordnung der Natur, das gilt nur um so mehr auch von der höhern Zeit und von dem höhern Leben. Denn das wäre weit gefehlt, wenn wir das kirchliche Jahr mit seinen heiligen Festen, Lehren und Handlungen als bloße Erinnerungsanstalt an Vergangenes ansehen und behandeln wollten. Das Heilige hat eine ewige Gegenwart unter uns, und diese Gegenwart ist lebendig. Die

kirchlichen Handlungen, die sich nach den heiligen Zeiten richten, müssen wir ansehen wie Handlungen Gottes in der Zeit, durch welche der Mensch ins Göttliche immer mehr erhoben, von der Endlichkeit befreit, und dem Verklärungszustande zugeführt wird. Darum wiederholen sich auch stets in der Kirche die göttlichen Geheimnisse, und der Mensch wird durch die ewige Feier derselben in jeder Zeit eingeladen, Besiz· vom Ewigen zu ergreifen.

Auf diese Weise sind die Feste der Kirche nicht nur, wie treffend schon ein Anderer gesagt hat, jährlich wiederkehrende Evangelisten, welche die Thaten des großen Gottes in der Menschheit unaufhörlich verkünden, sondern indem sie Glauben, Hoffnung und Liebe lehren, fachen sie diese auch in uns an, und erziehen so, wenn wir nur wollen, aus himmlischem Keime ein wahrhaft göttliches Leben.

Aus all dem Bisherigen wirst Du nun, o Freund! die Idee, der heiligen Zeit und ihre Bedeutung für unser geistiges Leben begriffen haben. Wir müssen hiebei, wie Du siehst, auf diejenigen Verhältnisse zurückgehen, die der menschlichen Natur eingeboren find, welche Natur, als eine höhere, die Bestimmung hat, in der Zeit für die Ewigkeit sich zu entwickeln. In der Idee des Menschen als eines an und für sich nicht der Endlichkeit angehörenden Wesens liegt daher zugleich schon die nothwendige Idee einer heiligen Zeit, in welcher der Geist mitten in der Endlichkeit sein ewiges Dasein entfaltet und für das

Staudenmaier. Geist 20. III. A.

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unsterbliche Leben sich bildet. Was vom Menschen gilt, das gilt auch von der Menschheit, die nur der große Mensch ist, mit demselben Bedürfniß, mit derselben höhern Beziehung, und mit derselben göttlichen Bestimmung. Die Menschheit, in die Kirche aufgenommen, welche jenes Bedürfniß befriedigt und jene Beziehung und Bestimmung zum Ewigen vermittelt und verwirklicht, erscheint als Gemeinde Gottes. Damit aber die Kirche jene Vermittlung und Verwirklichung des höhern Lebens, wodurch die Menschheit in ihrer ursprünglichen und wahren Idee erscheint, vornehmen könne und in entsprechender Weise darzustellen vermöge, ist sie selbst auf heilige Tage und festliche Zeiten angewiesen und zwar gerade auf jene, die den Kreis ihres Jahres bilden. Die Idee des Kirchenjahres ist daher wie eine heilige, so auch eine nothwendige Idee.

Merkwürdig ist die zarte Verwandtschaft, die Analogie der christlichen Festzeit mit der Zeitenfolge im Naturleben. Ich werde Dich darauf im Fortgange stets aufmerksam machen. Ohnehin ist in Jedem von uns eine Saite, die mehr oder weniger angeschlagen wird, wenn von der Natur, die uns umgibt, die Rede ist. Jeder wohl kennt Augenblicke in seinem Leben, in welchen er mit Allem, was da um ihn ist und lebt, zarte Verwandtschaft fühlte, in welchen ihm der entfernt funkelnde Stern, so wie die nahe sinnige Pflanze, die liebliche Blume, ja selbst der leblose Stein theuer war, Augenblicke, in welchen wir allen Wesen

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