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Die andre Stelle im 3. Theile seiner ,,Bedenken" lautet:,,Ich habe oft gedacht, und werde mehr und mehr darin bestärkt, dass eine sehr grosse und Hauptursache des Verderbens der ganzen Christenheit hierinnen stecke, dass die beiden Oberstände entweder jeder allein alle geistliche Macht an sich ziehet (wie die Clerisei in dem Papstthum mit der Papocaesaria thut, bei uns aber fast die Obrigkeit mit der Caesaropapia zu thun anheben will) oder doch, wo es noch am besten hergehen soll, die beide unter sich etlichermassen austheilen, was einmal der ganzen Kirche ist und ja die Untergebenen nicht von ihren juribus zu verdrängen gewesen wären. Besorglich auch dürfte wenig, oder kein Segen zu erwarten sein, so lange wir solche injusti detentores alienorum jurium bleiben. Ach wäre nur noch ein ziemlicher Theil der Verfassung der ersten Kirche übrig, wie sollten wir sobald wiederum ziemlich Viele der ersten gleiche Christen finden, und sehen, und der Herr sein Angesicht zu uns wenden !"

Fasse ich nun schlüsslich die beiden Hauptgrundsätze evangelischer Kirchenverfassung, wie sie sich in Bezug auf eine richtige Würdigung des Wesens der Kirche und ihres Verhältnisses nach Aussen und Innen mir dargestellt haben, zusammen, so bestehen sie in dem einfachen Satze, den schon seit seinem Entstehen das Collegialsystem als sein Fundament aufgestellt und der mit Abstreifung aller fremdartigen Elemente in der neuesten Zeit in D. Puchta und D. Rudelbach die tüchtigsten Vertheidiger gefunden hat: ecclesia est societas libera atque aequalis.

Ich habe damit freilich Grundsätze ausgesprochen, die, was ihren Wortlaut anlangt, electrische Schlagwörter der Zeit geworden sind; denn man kann auf dem überfluthenden Gebiete der politischen und kirchlichen Tagesliteratur fast keinen Schritt thun, ohne nicht im Gedränge solchen Leuten zu begegnen, die um die Gunst der beiden jungfräulichen Gestalten ,,Freiheit und Gleichheit" auf eine weltförmige und höchst unziemende Weise buhlen, und denen es eigentlich nicht darum zu thun ist, mit der Macht der Wahrheit zu verstören die Anschläge und die Höhe, die sich erhebt wider das Erkenntniss Gottes, sondern die mehr darauf ausgehen, alle kirchlichen Zeitschr. f. luth. Theol. I. 1848.

1.

Höhen abzutragen, weil sie durch Uebertragung politischer Ideen auf das kirchliche Gebiet träumen, es werde dann ihrem Ehrgeize auf dem gewonnenen kirchlichen Niveau eine neue Laufbahn eröffnet werden; ihren Tross vermehren zu helfen, ist mir wahrlich nicht in den Sinn gekommen, auch bin ich fern von dem Bestreben derer, welche sich beeilen, ihre Ideen, Vorschläge und Entwürfe auf jedem Wege sofort in die Wirklichkeit und in das Leben einzuführen, ohne im Stillesein und Hoffen dem Gange historischer Entwickelung zu folgen. Befinde ich mich auch durch offene Darlegung dieser Grundsätze im Conflicte mit der gegenwärtigen Gestalt unsrer kirchlichen Verfassung, so würde ich es doch eben so sehr für die grösste Uebereilung als für das höchste Unrecht halten, wenn man dem zu Recht bestehenden Kirchenregimente den schuldigen Gehorsam aufsagen oder eigenmächtig in die Zügel greifen und die im Laufe von Jahrhunderten in einander verwachsenen Lebensfasern von Kirche und Staat ohne glaubensbewusste und besonnene Scheidung der beiden eigenthümlichen Berufssphären plötzlich durchschneiden, oder den Antrag auf Presbyterien und Synoden ohne schriftbegründete Wahrung und Sicherung des kirchlichen Bekenntnisses stellen wollte; denn das hiesse wol nichts Andres, als das Schifflein der Kirche mit allen seinen theuer errungenen Kleinodien dem wogenden Sturme der Elemente Preis geben. Die wahrhaft christliche Forschung hat nichts gemein mit den revolutionären und sich überstürzenden Tendenzen unsrer Zeit, sie geht ihren stillen, bedächtigen Gang, verrichtet unablässig ibren mühsamen aber treuen Zeugendienst, und wartet in Geduld ab, bis die Wahrheit sich Bahn brechen werde, indem sie gläubig auf die Hand des Herrn sieht, der bei seiner Kirche zu sein verheissen hat alle Tage bis an der Welt Ende!

Ueber den nachtheiligen Einfluss, welchen der Pietismus auf die lutherische Kirche ausgeübt hat.

Vorgelesen im Dessauer Pastoral-Kreise von E. Hoppe* 1845.

Göbel äussert in seiner Schrift über die Eigenthümlichkeit der reformirten und lutherischen Kirche, dass die letztere den wohlthätigen Einfluss, den die Bestrebungen Spener's auf sie hätten haben können, in ihrer Starrheit von sich ab

gestossen und zunichte gemacht habe. Mir scheint es, als dürfe man auch von dieser Aeusserung, wie sonst von so manchen seiner Behauptungen, mit Fug und Recht sagen, dass sie der Geschichte widerspricht. Die lutherische Kirche, glaube ich, hat nicht nur den wohlthätigen, sondern die lutherische Theologie hat leider nur allzusehr auch den nachtheiligen Einfluss der Spenerschen Geistesrichtung in sich aufgenommen. Jene, die Kirche, hält ihr Herz allezeit der Wahrheit offen; diese, die Theologie, verschliesst nicht immer die Thür dem Verderben, welches, in einen täuschenden Schein von Wahrheit gehüllt, sich in die Kirche einschleichen will. Die Kirche, nach der Schrift überhaupt eine kleine Heerde, hat auch unter den Theologen nur eine kleine Anzahl rechter Hirten, Hüter und Wächter, die grosse Mehrzahl derselben sind Miethlinge.

*) Eduard Hoppe starb am 11. März 1846 als Pfarrer in Pötnitz und Jonitz bei Dessau.

Da Spener gern die Anzahl der Miethlinge gemindert hätte, ging es so sonderlich zu, dass gerade diese am Ende mit auf seine Seite traten, und sich an ihm dermassen stärkten, dass sie zuletzt gar die treuen Knechte übermochten und die Kirche schier ihrem Untergange nahe brachten.

,,Gegen eine todte Rechtgläubigkeit hat Spener gekämpft,“ so bezeichnet man im Allgemeinen das Ganze seiner Bestrebungen. Ein rühmlicher Kampf, wenn man auf das „,todte" sieht; ein bedenklicher Kampf, wenn man auf die Rechtgläubigkeit sieht; beides zusammen, wenn man auf die Art und Weise sieht, wie der Kampf von Spener und seinen Freunden begonnen, und von seinen Nachtretern fortgeführt worden ist. Es kann meines Erachtens einem unbefangenen Beobachter nicht entgehen, dass das Gleichniss vom Unkraute unter dem Weizen auf diesen Kampf seine besondere Anwendung findet. Die Knechte, die das Unkraut ausgäten wollen, meinen es gut; aber der Herr verbietet es ihnen dennoch, weil er weiss, dass, wenn sie es auch noch behutsam machen, doch immer Weizen mit ausgerauft wird. Wer wollte verkennen, wie wohl es Spener gemeint hat und wie säuberlich er bei seiner Arbeit daher gefahren ist. Aber eben damit, dass er es so wohl und treu gemeint hat, und so säuberlich daher gefahren ist, hat er dem Weizenfelde vielleicht nur noch grössern Schaden gethan. Wenn die böse Welt mit Knütteln des Spottes und Schimpfes auf die Kirche und ihre Diener losschlägt, so ist das höchstens für einige schwache unmündige Glieder der Gemeinde gefährlich; denn die Gereifteren lassen sich weder durch das Dasein und Wesen der Miethlinge, noch durch die feindselige Welt an der Kirche irre machen, wissend, dass man das Unkraut sammt dem Weizen mit einander muss stehen lassen bis zur Ernte. Wenn aber ein hochgeachteter Diener des Wortes mit rechtschaffenem Sinn und in edler Weise den Schaden des geistlichen Standes *)

*) Man unterscheide den Schaden des geistl. Standes von dem Schaden der Kirche; dieser besteht aus dem unreinen Samen, welcher ausgestreut wird. Luther war berufen, den Samen zu reinigen.

angreift, so kann es leicht kommen, dass er den Schaden nur ärger macht. Auf wie vielerlei Art dieses geschehen kann, soll hier nicht erörtert werden; wir bleiben bei Spener stehen.

Es war ihm nicht Leben genug in der evangelischen Christenheit. Und war es denn wirklich so? Wer wollte behaupten, dass jemals Leben genug in der Christenheit gewesen wäre! Aber im Vergleich mit andern, z. B. mit unsern jetzigen Zeiten, möchte man doch versucht sein zu fragen: War es denn zu Spener's Zeit nicht lebendig genug in der evangel. Kirche? In dieser Zeit sind die alten verstäubten, jetzt hier und da wieder hervorgesuchten, zahlreichen Gebet- und Erbauungsbücher beim täglichen Morgen- und Abendsegen gelesen worden in so vielen Häusern, dass man sie noch jetzt nur in sehr wenigen nicht findet. In dieser Zeit sind die zum Theil kostbaren Hausbibeln, Bibelwerke und Postillen von den Hausvätern gekauft und hernach auf Kind und Kindeskind vererbt worden, die neuerdings grossentheils in die Krämerbuden gewandert, doch aber immer noch in den Häusern mancher Bürgers- und Landleute anzutreffen sind. In dieser Zeit erklangen die geist- und lebenvollen Lieder ausgezeichneter Sänger aus allen Ständen in den Kirchen und Häusern, und auf den Kanzeln ward das Wort, welches Geist und Leben ist, so rein und unverfälscht verkündigt, wie es kaum zu irgend einer Zeit in gleichem Maass und Umfang geschehen ist.....

,,Ja, wird hier eingewandt, man hat zwar damals die kirchliche Lehre rein und orthodox gepredigt, aber meistens aus todten Herzen, trocken und kalt, ohne Geist, Leben und Kraft, einseitig-dogmatisch, oder unzeitig eifernd, strafend, zankend, mit Hauen und Stechen gegen andere Confessionen streitend u. s. f. Und die nothwendige Folge davon war, dass die Gemeinen zwar im Allgemeinen wohl wussten, was die Lehre ihrer Confession sei; aber es war und blieb meistens ein todtes Wissen, ohne wahre Herzensfrömmigkeit, ein kalter Lippendienst, ein blosses Aussenwerk ohne innerliches Leben."

Kann ich dies alles zugeben, ohne meiner vorher begonnenen Lobrede auf die Zeit, in welche Spener eintrat, geradezu zu widersprechen? Ich glaube wohl, dass ich es kann. Ja,

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