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sind uns über 300 Zeichennamen bekannt geworden. Von diesen sind etwa 200 einfache Zeichennamen, die entsprechenden Zeichen gelten also als einfache, nicht als zusammengesetzte; die übrigen Zeichennamen sind zusammengesetzt, drücken also aus, daß die entsprechenden Zeichen als Komposita betrachtet werden. Diese Zeichen sind nun in der Tat meist Zeichengruppen, die aus mehreren, zwei, drei, vier, ja fünf einzelnen Zeichen bestehen; zum Teil sind es solche, die auch als Silbenzeichen, zum Teil solche, die lediglich als Ideogramme in Gebrauch sind. Der Form nach sind die Namen der zusammengesetzten Zeichen Aussagesätze in sumerischer Sprache. In diesen Aussagesätzen spricht sich die Meinung des babylonischen Schriftgelehrten über die Entstehung der betreffenden Zeichen aus, indem er sie teils als Doppelsetzung eines Zeichens, als Gunierung (s.S.18) eines einfachen Grundzeichens oder als Komposition aus mehreren verschiedenen Zeichen erklärt. Vielfach sind aber auch die Namen nach rein äußerlichen Momenten gewählt, die nichts mit der Entstehung des Zeichens zu tun haben.

In der Hauptsache lassen sich fünf Regeln festlegen, die bei der Bildung der Zeichennamen angewendet werden.

1. Einfache Zeichen erhalten ihren Namen von ihrem Lautwert, mehrdeutige Zeichen häufig von der sumerischen Aussprache desjenigen Sinnwertes, der ursprünglich mit dem Zeichen verknüpft war. Z. B. Al:allu, Chal: challu, Gal: gallu; das Zeichen Tar, Kud, Sil trägt den Namen silu, weil seine Grundbedeutung „Straße" die sumerische Aussprache Sil hat.

2. Wenn ein Lautwert durch mehrere Zeichen repräsentiert wird, so fügte man einen zweiten Wert des betreffenden Zeichens zur Unterscheidung bei. So haben z. B. vier Zeichen den Lautwert ara, unter diesen wird das Zeichen für alâku gehen, unterschieden durch Beisetzung des weiteren Lautwertes gub (sumerisch= gehen) und führt den Namen ara.gub (d. h. ara, welches,,gehen“ bedeutet).

3. Der Name spielt auf die Gestalt des Zeichens an. Vgl. Brünnow, List, S. 572 II.

4. Bei zusammengesetzten Zeichen deutet der Name auf die einzelnen Teile des Zeichens. Vgl. Brünnow, 1. c. V und VI. 5. Die Gunuformen werden als Gunu einfacher Zeichen be

nannt: z. B. aragub-gunu, igi-gunu etc.

2. Die Entstehung der Keilschrift.

Einstimmigkeit herrscht darüber, daß wenigstens ein Teil der Keilschriftzeichen auf bildliche Darstellungen zurückgeht. In engstem Zusammenhang damit steht die Frage nach der ursprünglichen Richtung der Zeichen, und auch hier kann ein stichhaltiger Grund nicht geltend gemacht werden gegen die Annahme, daß die sicher bestimmbaren Bilderzeichen ursprünglich entgegen der, später allgemein, bei der Benützung von Ton als Schreibmaterial von Anfang an herrschenden Übung vertikal gedacht waren. Ein großer Rest von Zeichen bleibt dadurch freilich noch völlig unaufgeklärt.

Die am unmittelbarsten ins Auge springenden Bilderzeichen sind auf der am Schlusse beigegebenen Schrifttafel zusammengestellt. Man hat nun freilich, so namentlich Hommel, noch eine beträchtliche Zahl anderer Zeichen als Bilder zu erklären versucht; der Phantasie ist hier ein weiter Spielraum eröffnet. Aber auch für die größte Findigkeit bleibt noch ein überaus großer Rest, der jeder Erklärung spottet. Irgend ein Minimum von Anschaulichkeit muß eben doch jedes Bild bewahrt haben, wenn es als solches glaubhaft sein soll. Heute noch muß daher für die als Bilder nicht zu erklärenden Zeichen eine andersartige Erklärung wenigstens als möglich anerkannt werden.

Die Schwierigkeiten werden sich mit dem uns vorliegenden Material überhaupt nicht lösen lassen. Die Distanz zwischen den ersten Schreibversuchen der vorhistorischen Zeit und den ältesten uns heute zugänglichen Inschriften ist eine viel zu große, die zurückgelegte Entwicklung eine viel zu intensive und mannigfache. Über die einzelnen Phasen dieser Entwicklung können wir lediglich Vermutungen aufstellen, die ich folgendermaßen formulieren möchte:

1. Die ältesten Schreibversuche stellen eine reine Bilderschrift dar, die, ohne Mittel, grammatische Verhältnisse auszudrücken, lediglich Begriffszeichen verwendete.

2. Die Notwendigkeit, die grammatischen Verhältnisse erkennen zu lassen und abstrakte Begriffe in größerem Umfange auszudrücken, hat eine Ergänzung des Zeichenmaterials gefordert, die in Ermangelung naheliegender Bilder zur Anwendung gewisser ad hoc erfundenen Strichzeichen führte.

3. Dieser Prozeß kann nicht anders denn als ein willkürlicher Akt eines Schrift-,,Erfinders" aufgefaßt werden, wenigstens in seinem Anfangsstadium. Die Ausgestaltung im einzelnen mag sich durch lange Generationen hindurch gezogen haben, ist aber in für uns vorhistorischer Zeit längst abgeschlossen gewesen.

4. Wieviel aus dem uns bekannten ältesten Zeichenmaterial auf die „Urbilder" der ersten Schreibversuche, oder auf die neugeschaffenen Zeichen zurückgeht, kann jedenfalls mit unserem Material nicht entschieden werden. Bei der Untersuchung der anderen Zeichen wird man den Fingerzeichen der späteren babylonischen Gelehrten Vertrauen trotz aller gebotener Skepsis entgegenbringen dürfen.

Absichtlich habe ich das Schreib material bisher völlig außer Betracht gelassen, weil ihm ein Einfluß auf die Entwicklung der Schrift von der ausschließlichen Verwendung von Begriffszeichen zum Schriftsystem nicht zuerkannt werden kann, außer höchstens in formaler Beziehung, und da erst bei der Entwicklung des fertigen Schriftsystems zur Technik der Keilschrift, also in einer der historischen Zeit verhältnismäßig nahe liegenden Periode. Darüber vgl. unten Nr. 3.

Die wichtigste Frage ist nun die nach den Hilfsmitteln, die zur Vervollkommnung der Ausdrucksfähigkeit der Schrift gedient haben mögen. Delitzsch hat sich bei seinen einschlägigen Untersuchungen von den Meinungen der späteren Schriftgelehrten, wie sie in den Zeichennamen und in der Anordnung der Syllabare zum Ausdruck kommen, die Richtung weisen lassen. Ob wir auf diesem Wege wirklich dazu gelangen, Einblick zu gewinnen in den Prozeß der werdenden Schrift, muß trotz einzelner frappierender Fälle dahingestellt bleiben. Jedenfalls aber erfahren wir auf diesem Wege, wie sich die babylonischen Schriftgelehrten der historischen Zeit die Entstehung einer großen Anzahl von Zeichen gedacht haben, und ich kann nicht finden, daß das alles ohne Interesse wäre. Bei der Unsicherheit, die in der Erklärung noch herrscht, muß ich mir ein ausführliches Eingehen versagen und mich mit der Aufzählung einiger Beobachtungen begnügen, die in einigen Fällen sicher, in anderen wahrscheinlich das Richtige treffen; für Einzelheiten sei auf Delitzschs Untersuchungen verwiesen.

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Das beliebteste Mittel zum Ausdruck von Begriffen, die sich nicht unmittelbar durch ein konkretes Bild verdeutlichen lassen, ist ihre Auflösung in ihre Bestandteile. So wird Träne geschrieben mit den Zeichen für Wasser und Auge, Regen = Wasser + Himmel, Sohn = Kindmännlich, Tochter Kind + weiblich. Diese Begriffe werden durch Aneinanderreihung der betreffenden Zeichen ausgedrückt, ohne daß es zur Bildung eines äußerlich einheitlichen Zeichens käme. In vielen Fällen ist es aber auf diese Weise zur Neubildung einheitlicher Zeichen gekommen, die im Verlaufe der Entwicklung oft kaum mehr ihre Entstehung erkennen lassen, Weber, Literatur.

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z. B. feindlich Auge böse, Hirte Stab + tragen, Öl + Fett + Baum, Herrin = Weib + groß, König = groß + Mensch. Besonders beliebt war die Ineinanderschreibung von Zeichen zum Zwecke der Differenzierung; so schrieb man in das Zeichen für Mund die Zeichen für Speise, Wasser, Zunge ein, um die speziellen Begriffe: essen, trinken, Sprache auszudrücken.

Noch nicht völlig klar ist eine Gruppe von Zeichen, die die babylonischen Schriftgelehrten als gunu-Formen einfacher Zeichen erklären, Zeichen, die sich von gewissen anderen nur durch Zusätze, meist in drei oder vier wagerechten oder senkrechten Strichen bestehend, unterscheiden. Die dreizehn von den Babyloniern als gunu charakterisierten Zeichen, die sich, wie Delitzsch nachweist, noch vermehren lassen, müssen nicht unbedingt als Potenzierungen des im Grundzeichen ausgedrückten Begriffs aufgefaßt werden; meist decken sie sich vielmehr inhaltlich vollständig mit dem Grundzeichen, sie können wohl auch als vollständigere Ausführung des entsprechenden Bildes angesehen werden.

Noch weit problematischer ist, was Delitzsch als „Motive“ der Zeichenbildung glaubt auffassen zu können, d. h. Strichkompositionen, die zur Differenzierung von Grundzeichen in einem bestimmten Sinne dienen. Aber auch hier muß zugegeben werden, daß es auffallend ist, wenn z. B. das Motiv der Vegetation in den Zeichen für Rohr, Garten, Anpflanzung, Wald sich gleichermaßen findet wie in dem Zeichen für „zeugen“, bei dem wenigstens der hier in Betracht kommende Bestandteil sicher nicht auf eine bildliche Darstellung zurückgeführt werden kann.

Für die Prinzipienfrage der Entstehung der Keilschrift ist ohne Belang die Frage nach der Entwicklung der Schrifttechnik, die Entwicklung im Gebrauch der gebogenen Linie, der geraden Linie und des Keils, die aufs innigste mit der Frage nach dem Schreibmaterial zusammenhängt.

Es ist von vornherein klar, daß eine Bilderschrift in großem Umfange sich der gebogenen Linien bedient hat. Freilich sind uns aus jener Zeit der ersten Schreibversuche keinerlei inschriftliche Zeugnisse überliefert. Die sog. „,Hieroglyphentafel" 1 aus Assurbanipals Bibliothek, in der man meist die ältesten Bilderformen der Keilschriftzeichen" hat sehen wollen, lehrt uns im allerbesten Falle kennen, wie ein spätgeborener Schriftgelehrter

1 Näheres siehe bei Delitzsch, Entstehung etc. S. 199 ff.

sich aus archaischen Zeichen etwaige Urformen herauskonstruiert hat. Die Urbilder der bearbeiteten Zeichen waren dem Schreiber offenbar vollständig unbekannt, sonst wären seine Gebilde ihnen doch wenigstens einigermaßen ähnlich geworden.

Viel wichtiger sind für die Erkenntnis des Verhältnisses der Schriftzeichen zu den möglicherweise zugrundeliegenden Bildern die sog. Monuments Blau und die Täfelchen von Djocha, mehrere Tafelfragmente, die unter allen Denkmälern, die wir kennen, tatsächlich die ältesten Zeichenformen aufzuweisen scheinen und die krumme Linie noch ausgiebig verwenden.

3. Das Material.

Als Material1 kann für die Zeit der Bilderzeichen unter Anwendung krummer Linien alles Mögliche in Betracht kommen, irgendetwas Sicheres läßt sich darüber nicht ausmachen. Dagegen muß in der Folgezeit, die zur Aufgabe der krummen Linien führte, ein Material im Gebrauch gewesen sein, das die Anwendung krummer Linien erschwerte, also Holz oder Knochen. In der Periode, in der diese Materialien vorherrschten, muß sich die ausschließliche Anwendung gerader Linien vollständig und unausrottbar eingebürgert haben; sie muß also bis in eine Zeit hinabreichen, in der die ursprünglichen Bilderzeichen schon mehr und mehr in Vergessenheit gerieten; diese Phase der Entwicklung fällt also wohl auch zusammen mit der Ausgestaltung des Schriftsystems, der Ergänzung des alten Bildermaterials durch ad hoc gewählte Strichzeichen. Dies ist die einzige plausible Erklärung für die Tatsache, daß in der dritten Periode, in der der weiche Ton, Stein und Metall als Schreibmaterial aufkamen, die eine Anwendung der krummen Linie wohl gestattet und damit die Andeutung erkennbarer Bilder wohl ermöglicht hätten, nie wieder auf die krumme Linie zurückgegriffen worden ist. Erst in dieser Periode umfängt uns das Licht der Geschichte, stützen uns urkundliche Zeugnisse. Das herrschende Material ist von nun ab der weiche, ungebrannte Ton, und dieser hat die Schrifttechnik grundlegend beeinflußt durch die Ausprägung des charakteristischen Elementes des Keils, welcher nunmehr für die ganze Entwicklungszeit der Schrift ihr wesentliches Merkmal ist, der auch auf einem Material wie Stein oder Metall, bei dem er eigentlich widersinnig ist, stets

1 Hierzu und zum Folgenden vgl. Peiser in MVAG, 1897, S. 23 ff:

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