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Auch Kant sehen wir in den Streit hineingezogen. Um sich von dem Verdachte des Spinozismus zu reinigen, schrieb er ,,Ueber das Orientiren." Kant scheint den Spinoza niemals recht studirt zu haben; er gesteht selbst zu, dass es ihm ebenso wie Mendelssohn gehe und er sich Jacobi's Auslegung so wenig als den Text des Spinoza verständlich machen könne. 95 Dies ist wohl auch der Hauptgrund, dass Kant trotz seiner schwärmerischen Vorliebe für Mendelssohn's Genie und sein Jerusalem so energisch das ihm von den Berlinern übertragene Schiedsrichteramt zurückwies. 96 Der ,,entlarvte Moses Mendelssohn" des seiner Zeit berüchtigten Atheisten Schulz ist zwar ein Werk gegen Mendelssohn und dessen Freunde, (ein Werk, durch das er Mendelssohn zu Tod geärgert zu haben wähnte), 97 hat aber mit der Jacobischen Streitsache nichts gemein.

In vorstehender Streitfrage hatten die Berliner Freibeuter in der Philosophie, denen Gefühl und Religion etwa galt, was der blaue Tabaksdunst dem gewöhnlichen Philister gilt, an Jacobi ihren Mann gefunden; da sie aber einmal zur Bekämpfung des veralteten Köhlerglaubens ausgezogen waren und nicht ohne gut bestandenes Abenteuer heimkehren wollten, so versuchten sie eine halb verrostete Streitfrage mit Lavater wieder blank zu fegen.98 Die Herausgeber der Berliner Monatsschrift und der allg. deutschen Bibliothek hatten seit mehreren Jahren schon nichts Besseres zu thun, als vor Gefahren zu warnen, die nach ihrer Meinung der damals erworbenen und von ihnen beförderten Aufklärung drohten, und sie hatten insbesonders einer grossen Verschwörung nachgespürt, in welche selbst Protestanten, theils mit Absicht eingegangen, theils als blinde Werkzeuge verflochten sein sollten. Den stärksten Verdacht äusserten sie in letzterer Hinsicht wider Lavater.99 Dies trieben sie in einer Weise, dass Jacobi an die Gräfin

95 IV, 89. 96 IV, 202. 97 IV', 297. 98 Mit Lavater's Charakter war eine grosse Sucht Proselyten zu machen verknüpft, wodurch er schon früh in einen Conflikt mit den Berliner Aufklärern kam. Die Veranlassung gab Lavater's Uebersetzung von Bonet's Palingenesie, herausgegeben 1768, darin er in der Vorrede M. Mendelssohn zur Widerlegung oder zur Anerkennung des Christenthums aufforderte (v. Bippen Eutiner Scizzen p. 250). Die Reibungen hörten seitdem nie gänzlich auf und es bedurfte nur eines frischen Zündstoffes, um die Parteiwuth glühender als je auflodern zu lassen. 99 Vgl. II, 457 sq. Bis ich schreibt Lavater an Jacobi - nicht einen persönlichen Gott habe, mit dem ich vertraulich correspondiren kann wie mit Dir, der mir so determinirt antwortet, wie Du, habe ich keinen! Aber der Gott, der sich zeigen kann, ist so zu sagen nur

Julie R** (1788) schrieb:,,Es ist ohne Beispiel, wie mit dem Mann umgegangen wird und man muss ihn bewundern, dass er es so erträgt." 100 In ähnlicher Weise verfuhren sie gegen den protestantischen Geistlichen Dr. Stark, indem sie denselben beschuldigten, er habe wirklich die katholische Priesterweihe empfangen und mit den Jesuiten sich verbunden. Als es endlich zur selben Zeit den Geistersehern Cagliostro und Schröpfer gelang, sich bei Vornehmen und Mächtigen Eingang zu verschaffen, war es für sie völlig ausgemacht, dass nun ihre längst prophezeite, mittelst geheimer Gesellschaft über ganz Europa sich ausdehnende Verschwörung der Kinder der Finsterniss wider die Kinder des Lichts dem Ausbruch nahe sei. 101

Schon in der Schrift,,Wider Mendelssohns Beschuldigungen“ finden wir eine Stelle, darin Jacobi, was Lavatern und seinen Anhängern vorgeworfen worden, als den Aufklärern selbst zukommend zurückweist. 102 Als der Streit sich erneute, beschäftigten Stark's Apologie und die Originalschriften der Illuminaten Jacobi's Geist ausserordentlich. 103 Wer die Proselytenmacher sind und das

eine Silhouette Gottes, des unanschaubaren, nur ein relativer Gott, ein Gott für Personen (v. Bippen 1. c. p. 254). Wer so schreibt ist nicht im Geschmacke der Aufklärer. Auch Göthe schildert Lavater in Wahrheit und Dichtung (s. W. XLVII, 139 sq.).

100 III, 508. 101 Man vergleiche J. v. Müller's Briefe aus jener Zeit an seinen Bruder und andere Freunde über denselben Gegenstand (s.W. V. u. XVI. Bd.). J. G. Schlosser schrieb, um die Untauglichkeit und Verwerflichkeit der Waffen, deren man sich bediente, um den angeblich von allen Seiten hereinbrechenden Aberglauben abzuschlagen, darzulegen, mehrere Aufsätze und nahm in einem derselben mit gutem Scherze Cagliostro gegen die Berliner Monatsschrift in Schutz (II, 459). 102 vgl. IV, 254. 103 Man darf diesen Eindruck aber keineswegs als einen angenehmen sich denken. Er sieht in Stark einen heuchlerischen rohen Menschen, den doppelzüngigen Gleissner, als welchen ihn das Büchlein über Stark von der Frau v. der Recke darstellt (II, 502 sq.; IV, 418 Anm. Briefw. I, 460. 474 sq.). Er erklärte sich in seiner Schrift über den frommen Betrug blos insofern für Stark, als er erstens die ganze Geschichte vom einbrechenden Katholizismus für ein Hirngespinnst hielt; zweitens insofern die gegen Stark gebrauchten Mittel abscheulich waren (id.). „Ich kann Ihnen, schreibt er an Hamann, nicht sagen, welch ein grauenvolles Mitleiden ich gerade da mit diesem Unglücklichen empfinde, wo er die widrigsten Eindrücke auf mich machte. . . . Gegen Verläumdungen ist der beste, der rechtschaffenste Mensch nicht gesichert. Jetzt nehmen sie einen Stark, der wahrscheinlich ein harter ehrgeiziger planvoller Mensch ist; der soll nun alle seine Thorheiten, alle scine Vergehungen beichten. . . . Was muss aus einem solchen Mann in einer so verzweifelten Lage werden?" (IV', 418 Anm.).

ganze dessous des cartes, schreibt er an Lavater, 104 liegt in diesen Originalschriften, besonders aber im Nachtrag, klar zu Tage. Ich verschmachte, und Hamann mit mir, im Warten der Dinge, die aus diesem kommen sollen. Und als zu Anfang des Jahres 1788 der II. Theil von Starkens Apologie erschien, war es ihm, als müsste er in diesem Augenblicke etwas thun. Schlosser's Erklärung gegen die Berliner Monatsschrift in Betreff Cagliostro's entschied. Indem Jacobi von dieser Erklärung ausging, schrieb er in das Februarheft des deutschen Museum (1788) seine,, Betrachtungen über den frommen Betrug und über eine Vernunft, welche nicht die Vernunft ist." 105 Der esoterische Theil dieser Schrift reduzirt sich auf eine gedrängte Darstellung der Grundprinzipien seines ,,David Hume." 106 Das Exoterische aber besteht in der Inschutznahme der geoffenbarten christlichen Lehre gegenüber dem Versuche der Aufklärer, Theismus und Hexenwesen, päpstliche Influenz, Krypto-Jesuitismus und Aberglauben überhaupt in Verbindung zu bringen. 107 Nicht der Theismus, sondern allein der Papismus und Verfolgungsgeist der Aufklärer schreibt Jacobi an Schlosser 108 ist es, welcher in diesem Streite aufgedeckt und angegriffen werden musste, um dawider die Sache der Vernunft, derjenigen nemlich, die die ganze ungetheilte Erkenntnisskraft des Menschen ist, auf das Gründlichste zu vertheidigen und in ihren Rechten zu behaupten. Es muss zu Felde gezogen werden gegen das philosophische Papstthum der Vernunft, gegen jene Vernünftler, die Vernunft und Theismus, statt Vernunft und Atheismus identifiziren. 109 ,,Es wäre zu wünschen - sagt er an einer andern Stelle und endlich an der Zeit, dass diesen Selbstgöttern von der rechten Stelle aus entgegengewirkt und ihnen vor den Augen der Welt die grosse Narrenkappe aufgesetzt würde. " 110 Innere Tiefe kämpfte hier gegen leere Aeusserlichkeit. Das durch die Form geknechtete Wesen zerriss bei Jacobi diese Form und überstürzte, voll Wollust am Leben, die Freiheit zur Willkür. So ist auf beiden Seiten Recht und Unrecht zugleich; denn die Wahrheit in ihrer Ausschliesslichkeit tritt eben nur da hervor, wo Wesen wie Form gleiche Berechtigung haben. Freilich wenn es nur gelten würde, sich für die eine oder

104 Briefw. I, 433. 105 Briefw. I, 444.

107 II,

106 Sieh folg. Abschnitt.
108 II, 493.

109 II, 492.

464 sq. 486. 487; IV, 276. 419 Anm.; Briefw. I, 479. 110 IV, 272.

andere Partei zu entscheiden, - dann gäb' es kein Bedenken; denn die eine lebt und strebt, während die andre vor einer Kiste todten Pack's Wache hält. Als der Streit (wie mancher andere) ins Leere sich verlor, kam die französische Revolution und restaurirte die Welt.

VI.

Unterdessen waren Jacobi's,,David Hume über den Glauben" und Kant's Kritik der reinen Vernunft erschienen. Jacobi hatte im Streite mit M. Mendelssohn erklärt, dass es ein Wissen ohne Beweise gebe, welches dem Wissen aus Beweisen als nothwendige Bedingung vorausgehe. Die Gegner warfen ihm deshalb vor, dass er ,,ein Vernunftfeind sei, ein Prediger des blinden Glaubens, ein Verächter der Wissenschaft und zumal der Philosophie." Gegen dies Gerede und zur streng wissenschaftlichen Begründung seiner Glaubensphilosophie schrieb Jacobi seinen,,David Hume über den Glauben (Breslau 1787)" oder, wie er dies Gespräch in der 2. Auflage nannte,,,Idealismus und Realismus." Er sucht darin nachzuweisen: 1) Was wir von wirklichen Dingen wissen, ist uns durch Empfindung gegeben; 2) Vernunft für sich ist das blosse Vermögen, Verhältnisse deutlich wahrzunehmen, d. h. den Satz der Identität zu formiren und darnach zu urtheilen; er als Realist ist zu dem Ausspruche gezwungen, alle Erkenntniss könne einzig allein aus dem Glauben kommen, weil Dinge gegeben sein müssen, ehe Verhältnisse eingesehen werden können.2

Vorerst begründet Jacobi seinen Realismus. Durch Vernunftschlüsse, sagt er, treffen wir nur auf Empfindungen, Vorstellungen und Ursachen derselben bis ins Unendliche, nie aber gewinnen wir auf diesem Wege das Ding selbst, das uns erscheint, das Ursache ist. Die Gültigkeit der sinnlichen Evidenz geht über jeden Vernunftschluss hinaus. Dass uns Dinge als ausser uns erscheinen, bedarf freilich keines Beweises; dass aber dennoch diese Dinge nicht blosse Erscheinungen in uns und als Vorstellungen von etwas ausser uns gar nichts sind, dass sie auch als solche sich auf wirklich äusserliche, an sich vorhandene Wesen beziehen und von ihnen genommen sind:3 Zweifel hiegegen können durch Vernunftgründe im

1 II, 3. 4. 2 David Hume I. Ausg. p. V. VI. 3 Hiedurch kennzeichnet sich der Standpunkt Jacobi's gegen die Erkenntnisslehre sowohl Kant's und seines Dinges an sich, als Fichte's und seiner Erscheinungswelt.

strengsten Verstande nicht gehoben werden. Diese Ueberzeugung wird immer eine unmittelbare Gewissheit sein, eine Gewissheit im Glauben.5 Ein Gefühl der Seele selbst bejaht das Wirkliche und unterscheidet seine Vorstellung von den Erdichtungen der Einbildungskraft. Realist im Sinne Jacobi's ist also derjenige, der unmittelbar an die Wirklichkeit der Aussenwelt und an eine wahrhaft wunderbare und doch naturgemässe Offenbarung der Dinge selbst glaubt, wenn auch das eigentlich Mittelbare zwischen uns und den Dingen ewig uns unbekannt bleiben wird,7 und wenn auch im Momente der Wahrnehmung Gegenstand und Bewusstsein in Eins zusammenfallen. Ich erfahre, dass ich bin und dass Dinge ausser mir sind, in demselben ungetheilten Augenblick.8

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Diese Gründe verstärkt eine genaue Unterscheidung des principium generationis vom principium compositionis des objektiven Werdens von dem subjektiven Erkennen. Nur zu gerne wird ,,Grund und Folge" mit „,Ursache und Wirkung" verwechselt, d. h. das erstere dem letztern gleich gesetzt, dadurch aber das subjektive Bewusstwerden des Mannichfaltigen in einer Vorstellung oder das Werden eines Begriffs (für das Subjekt) mit dem Werden der Dinge selbst indentifizirt. Wir vergessen dabei, dass für die wirkliche Folge der Dinge nicht eine Identität darzulegen, sondern dass der Grund des Geschehens, das Innere der Zeit, kurz das principium generationis dasjenige ist, was eigentlich erklärt werden sollte. Das Unbegreifliche ist eben das Successive des objektiven Werdens selbst, und der Satz des zureichenden Grundes, weit entfernt uns dasselbe zu erklären, könnte uns verführen, die Realität aller Succession zu leugnen. 10 Der Grund eines Dinges und die Ursachen von demselben Dinge sind nicht identisch. Ein Ding ergründen heisst zur Einsicht seiner Prädikate kommen; aber auch die gründlichste Einsicht verschafft uns durch sich selbst keine Kenntniss der Ursache. Wir selbst, als sich selbst bestimmende Wesen, offenbaren uns a priori, was Ursache ist; ohne unser Selbstbestimmungsvermögen hätten wir auch nicht die geringste Kenntniss von einer Ursächlichkeit. 11

Nur in Folge eines solchen ursächlichen Vermögens besitzt der Mensch Vernunft und zwar jene Vernunft, die ihn vom

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