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Pfingstwochen viele, die rathschlagen in Sachen unseres bürgerlichen und wissenschaftlichen und kirchlichen Lebens; o, daß der wahrhaftige Pfingstgeist, der Geist der Erkenntniß und Weisheit, der Gottesfurcht und der dienenden Bruderliebe sie alle überschattete, daß er zur Feuer- und Wolkensäule würde, die vor allen Zügen in ein ersehntes Land voranschritte! Als ein Prediger tritt Pfingsten mitten unter alles Volk und will es taufen mit Feuer und heis ligem Geift. Auf uns kommt es an, ob wir williglich unter diese Taufe uns stellen oder nicht.

Wohlan denn, so lasset es uns aussprechen: heiliger Geißt thut uns Noth. Von zwiefacher Seite wollen wir dieß Wort - betrachten, einmal: inwiefern bedürfen wir der Ausgießung des - heiligen Geistes, und sodann: unter welcher Bedingung werden wir dieselbe erlangen?

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I. Gel., wer unsere Zeit fragen möchte: was willst du? gar verschiedene Antworten würde ein solcher erhalten. Es gäbe eine Mannichfaltigkeit von Zungen, die nicht leicht in Eine Harmonie zu bringen wäre. Und so bilden sich denn gar verschiedene Urtheile über diese unsere Zeit; dem Einen ist sie der Anbruch des, goldenen Weltalters, der Aufgang der Erfüllung aller Sehnsucht, dem andern der Anfang einer hereinbrechenden Verwilderung, einer legten schweren Zeit. Was soll die Predigt sagen? Sie kann nicht anders, als sprechen: es kömmt auf uns an, was unsere Tage uns bringen; eine Entscheidungszeit ist gekommen, sie kann uns zum Guten, sie kann uns zum Schlimmen ausschlagen. Es kommt darauf an, ob wir das Große auch groß, das Freie auch frei behandeln, ob, wenn alles allein oder doch vorzugsweise durch den Geist und für den Geist geschehen soll, dieser Geist der heilige Geist ist oder nicht. — Und fragest du weiter, welche die Güter seien, nach denen wir uns sehnen und ftreben, daß fie unser voller, unser seliger Besig würden: freilich ihre Namen kann gar oft die Heuchelei im Munde führen, aber es find doch ächte, heilige, aller Sehnsucht und Anstrengung werthe Güter, fie heißen Wahrheit und Friede. Es giebt eine Wahrheit. Es sollen die Dinge gestaltet werden nicht nach der Willkühr einzelner

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Meinungen, sondern nach der ihnen eingeborenen Natur; man soll in allen unseren Einrichtungen, Bewegungen, Gestaltungen unseres öffentlichen und häuslichen Lebens die Wahrheit erkennen, d. h. es soll alles frei nach seinem innersten, von Gott gegebenen Wesen sich entfalten. O, Gel., es wäre vielleicht schon manches gewonnen, wenn wir statt des oft so zauberisch wirkenden, so taus sendfach mißverständlichen und mißverstandenen Wortes Freiheit" das Wort „Wahrheit uns vor die Seele stellten. Sie sind ja freilich innerlich Eines, diese beiden göttlichen Mächte. „Die Wahrheit wird euch frei machen" heißt es, weil sie eines mit der Freiheit ist. Aber bei der Wahrheit begreifen wir doch eher, daß es bei ihr sich handelt um ein Unterwerfen unter fie, um einen Gehorsam gegen sie, um ein nach ihr sich Richten und Fügen. Die Freiheit glaubt ein jeder ohne Mühe auf seinem Wege pflücken zu können; von der Wahrheit ahnt jeder eher, daß sie nur durch Arbeit und Treue zu erringen sei.

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Und fann die Wahrheit sich offenbaren, ohne daß sie uns nicht Frieden brächte? Kann es eine Sehnsucht nach Wahrheit geben, die nicht auch eine Sehnsucht nach Frieden wäre? D, wie schmücken die Weisen und Dichter von jeher diesen Frieden mit den glänzendsten Farben ihrer Phantasie aus! Daß diese Erde ein Garten Goftes werde, von unserem Menschengeschlechte bebauet und bewahret: das ist die Sehnsucht, deren Bürgschaft der Erfüllung in höheren Worten, als in denen der Dichter und der Weisen liegt, in den Wor ten der Schrift selbst, in den Worten, mit welchen sie im Alten Bunde anhebt, da sie uns das Paradies schildert, in den Worten, mit wel chen sie den Neuen Bund schließt, indem sie den neuen Himmel und die neue Erde beschreibt. D, ist nicht jeder Frühling, ist nicht jede fruchtende Fülle des Sommers ein Ruf an uns: „habt Friede unter einander!"? Wenn wir jest durch unsere Felder gehen unt überall winken uns die Segen Gottes entgegen und überall if eine Fülle des Lebens ausgeschüttet und eine Freude des Lebeni sprießt tausendfältig daraus hervor: dringt nicht daraus mächtig der Ruf an uns: habt Frieden unter einander, streitet nicht au euerem Wege unter einander, genießet in Frieden, macht euch de

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Segens Gottes, würdig durch den Geist des Friedens!? Zieht nicht diese Sehnsucht durch unser aller Herzen? Ist es jezt, nicht unfere ernste Arbeit geworden, daß wir ein einiges Volk sein wols len? Wahrlich, da kann alle Zwietracht und Feindschaft uns diese Sehnsucht nur größer, diese Arbeit nur dringender und verantwortungsvoller machen!

Doch, Gel., find wir nicht zu lange von unseren Tertesworten entfernt gewesen? Aber alles, was bis dahin geprediget ist, was zunächst aus dem Blicke aus der Zeit herausgepredigt ist, das ist zugleich geprediget aus dem Blicke in den Tert. Sind es nicht die beiden großen Verheißungen, die sich wie Berge der Zuflucht aus den Troftesworten des Herrn an seine Jünger hervorheben, das Eine Wort: ich will den Vater, bitten und er soll euch einen andern Tröster geben, daß er bei euch bleibe ewiglich, den Geist der Wahrheit, welchen die Welt nicht kann empfahen", und das andere: „den Frieden lasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch. Nicht gebe ich euch, wie die Welt giebt. Euer Herz erschrecke nicht und fürchte sich nicht“?

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Der Herr, unser Heiland, kam zu uns als die lebendige Wahrheit, als der Friede in Person. Was er redet, ist Wahrheit; was er thut, gilt, auch wenn es schneidend und angreifend erscheint, dem Frieden. Wer ihn schaut, der schaut die menschgewordene Wahrheit, den menschgewordenen Frieden. Denn das ist ja sein Eigenes und Unterscheidendes, daß er als des Vaters eingeborener Sohn in diese Welt tritt. Darum ist er der Wahrhaftige, denn die Wahrheit ist in Gott; der, welcher den Vater schaut, der schaut die Wahrheit; der, welcher nicht seine Worte, sondern des Vaters Worte redet, redet die Wahrheit. Und des Vaters eingeborener Sohn ist auch der Friedenreiche. Denn Gott ist ein Gott des Friedens; der, welcher mit dem Vater verbunden ist in unauflöslicher Gemeinschaft, fann auch nur den tiefsten, reinsten Frieden im Herzen hegen. Also stellt Chriftus, der Gottes- und Menschensohn, an seiner Person die vollendete Wahrheit und den vollendeten Frieden dar.

Aber er ist ja nicht blos für sich gekommen, seine einzelne und einzige Persen soll kein verschwindendes Bild unter uns sein.

Was er einmal gelebt in unserem Menschengeschlechte, das muß unverloren sein; o, nicht blos dieß; sein von ihm unter uns, mit uns gelebtes Leben ist wie ein Samenkorn, das er unserer Erde anvertraut und aus welchem nun der Baum des Reiches Gottes emporwächst, des Reiches der Wahrheit und des Friedens. Darum besteiget er die Höhe von Golgatha, darum wird ihm ein Grab unter uns bereitet; darum bricht er durch dieses Grab, darum hebt er sich hinauf zur Höhe des Himmels zur Rechten des Vaters. Sein ganzer Hingang von Golgatha bis Bethanien findet darum Statt, damit er seinen heiligen Geist sende. In seinem heiligen Geiste lebt er sein Leben fort unter uns, der heilige Geist erinnert an alles das, was er gesagt hat. Der heilige Geist ist sein erstes Wiederkommen zu uns, ist sein ewiges Bleiben unter uns. Der heilige Geist ist die Ausbreitung, daß ich so sage, die Vergrößerung und Allgemeinheit seines Lebens; darum sagt er: „ich gehe zum Vater, denn der Vater ist größer, denn ich“. Seine Rückkehr zum Vater ist die Möglichkeit, daß sein Leben in seinem und des Vaters Geist nach allen Seiten hin sich ausdehne. Es ist dasselbe Wort, das Christus redet: „ich gehe zum Vater, denn der Vater ist größer, denn ich", wie es das Wort ist, das er zu den Jüngern gesagt hat: „ihr werdet größere Werke thun, denn ich“.

So wissen wir also, was wir an dem heiligen Geiste haben. Gleichwie wir nur durch den heiligen Geist Jesum einen Herrn nennen können, so ist auch die Erkenntniß Chrifti wiederum eine Erkenntniß des Geistes; so haben wir an der Gestalt Christi einen Maaßstab für alles, was sich als heiligen Geist ausgiebt; so ist das Wort Christi und das apostolische Wort von Christo_beides, Erzeugniß und Prüfungsstein des heiligen Geistes, so find wir aufgefordert und befähigt, zu unterscheiden zwischen Geist und Geist, zwischen Geist der Welt, eigenem Geist, ja Geist der Bosheit- - und heiligem Geifte.bens

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Daß nun heiliger Geist ausgegoffen sei, das feiern wir heute. Es ist ein neuer, höherer Geburtstag des Herrn selbst. Pfingsten ist eine Rückkehr, eine Antwort auf Weihnachten. Wahrheit und Friede sind nun in Einer Person vollendet, und nicht nur dieß,

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sondern diese Person theilt die Gaben ihres Lebens aus, macht sie zum Gemeingute aller, die sich um sie sammeln. Wahrheit kannst du gewinnen, den Inbegriff aller Wahrheit, denn welch' höheren Inhalt derselben giebt es, als Versöhnung, Vereinigung mit Gott? Zugang kannst du haben zu dem Schöpfer Himmels und der Erden, hineinschauen darfst du in das Herz der ewigen Liebe, wandeln in der Offenbarung dieser Liebe! Friede kannst du spüren, die ganze Innigkeit und Süßigkeit, den ganzen Muth und die Festigkeit desselben, Eines sein in deinem Herrn, Eines mit deinen Brüdern!

O, Gel., wer sieht nicht, es thut Noth, daß wir Pfingsten feiern, nicht etwa mit Worten und äußeren Geberden, sondern in der That und in der Wahrheit, also daß wir uns wirklich versenken in die Fülle des Geistes, die von jener Quelle ausströmt? Die Wahrheit, die wir suchen und erforschen, ist vorhanden, wir brauchen sie nur anzuwenden und in's Leben überzuführen; der Friede, nach dem wir streben, ist da, wir brauchen nur seine Quellen zu erschließen und seine Ströme zu leiten über alle die mannichfachsten Felder unserer verschiedensten Thätigkeiten. Darum geht die Mahnung der Predigt an alle Welt: so du dich erneuern und verändern willst, gehe nicht vorüber an der erneuerten Lebenskraft des heiligen Geistes. Vergiß nicht, daß es ein Pfingsten giebt; wirke und schaffe in Kraft des heiligen Geistes, in aller Liebe und Treue, in aller Geduld und Sanftmuth, in aller Kraft und Freudigkeit, in aller Ordnung und Stätigkeit, in aller Demuth und Hoffnung; achte auf seinen Wink, betrübe ihn nicht, sei stark in ihm, in der Bewahrung des Guten, in der Überwindung des Bösen. O, es giebt noch so arge Mächte, gegen die wir ritterlich kämpfen müssen; eine falsche, teufelische Weisheit, eine Weisheit, die sich mit Unrecht Sprache und Bekenntniß der Wahrheit nennt, weil sie aus den Tiefen selbstsüchtigen Sinnens und Trachtens gestiegen ist. Hütet euch vor solchen Gögen. Es giebt solche, die sich als die Geister der Freiheit und der Liebe bekennen und ihre Botschaft als das wahre Evangelium verkünden: prüfet, ob solche Geister von Gott sind oder ob sie nicht vielmehr aus dem Eigenen reden. Es giebt viele, die da Friede" reden, wo

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