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nächst freilich an einem Äußern, wie ja auch dort in Israel zunächst ein Äußeres, der Einzug des Herrn in Jerusalem, eine Hindeutung auf das Innerliche war. Und nun, wie sollte es nöthig sein, daß wir hier an die ganze Reihe aller der äußern Begebenheiten erinnerten, die uns zurufen: die Zeit der Heimsuchung ist herangekommen, die Zeit, da wir zu bedenken haben, was wir sind, was unsere Aufgabe ist? Sie sind uns alle bekannt, diese Ereignisse, darum lasset uns vor allem im Bewußtsein, eine Zeit der Heimsuchung erkenne man vornemlich daran, daß die zu er füllende Aufgabe bestimmt vor die Seele tritt, lafset uns unser Auge auf diese Aufgabe selbst richten!

Und da sprechen wir denn: merke auf, deutsches Volk, und fiehe an deinen Beruf, dazu du berufen bist! Bist du nicht von Alters her erwählt von deinem Gott und Herrn vor vielen Völfern, ein Ausrichter seiner Befehle zu sein? Gedenke daran, wie du der Sauerteig gewesen bist, um die Masse der Völker zu durchdringen und die Welt vor Fäulniß zu bewahren; gedenke daran, wie du auf starken und treuen Schultern das Evangelium Christi durch den Strom der Zeiten getragen hast; gedenke daran, wie du vor allem berufen warst, was kein Weiser und kein König der alten Zeit vermochte, den Bund der Freiheit und der Ordnung zu offenbaren; gedenke daran, wie du bestellet warst, alle Tiefen der Seele, alle Geheimnisse des Gemüths zu enthüllen, was von Süßem und Schönem, Zartem und Heiligem Liebe und Freundschaft bietet. Gedenke daran, wie dir die Geschichte voriger Zeiten eine Weissagung sein kann für die Möglichkeit einer herrlichen, großen Zukunft; gedenke aber auch an alle die Gebrechen und Klippen, an denen du so vielfach gescheitert bist, an den mannigfachen Abfall von deinem Berufe, den du wie Israel dir haft zu Schulden kommen lassen. Gedenke deiner Neigung zu andern Völkern, ja wie du ihnen nicht selten das Heiligthum deines Glaubens und deiner Sitte preisgegeben hast; gedenke deines Mißtrauens gegen die eigenen Brüder, deines Eigensinnes, deiner Kleinlichkeiten und Peinlichkeiten. Jezt ist die Zeit der Heimsuchung angebrochen; bedenkest du auch, was zu dieser deiner Zeit zu deinem Frieden

dient? Oder ist es vor deinen Augen verborgen? Buhlst du mit fremden Göttern, statt dem Gott deiner Väter anzuhangen? Verachtest du dich selbst und deinen Beruf, dazu du berufen bist? Willst du zuerst äußerlich groß sein, che du innerlich umgewandelt bist? Schämst du dich, ein treuer Träger des Evangeliums zu sein? Spottest du über Liebe und Treue im heiligen Familienbande? Statt nur die Abwege zu vermeiden, die dich oftmals von deiner gottgeordneten Bahn abgeführt haben, willst du diese Bahn überhaupt verlassen? Statt dich zu demüthigen und zu reinigen und also dich zu erheben, willst du ohne Buße Erneuerung? Wisse, Friede ist da, wo Übereinstimmung ist mit sich selbst, eine Übereinstimmung, die selbst auf der Einheit mit Gottes Willen beruht. Bedenke, was zu deinem Frieden dient," heißt darum nichts anderes, als: bedenke, wozu du gesezet bist, bedenke, was der Wille Gottes über dich ist, worin deine eigenthümliche Aufgabe besteht! Ihr diene treu; ihr diene in der Gewißheit, daß folche Aufgabe, welch' eine eigenthümliche Seite sie auch habe in Beziehung auf die Welt, doch in ihrem legten Ziele unter das Wort des Herrn fällt: „trachtet zuerst nach dem Reiche Gottes! Laß solches nicht verborgen sein vor deinen Augen, denn es wird sonst die Zeit über dich kommen, daß,,deine Feinde werden um dich und deine Kinder mit dir eine Wagenburg schlagen, dich belagern und allen Orten ängsten und werden dich schleifen und keinen Stein auf dem andern lassen, darum, daß du nicht erfannt haft die Zeit, darinnen du heimgesucht bist!"

11. Ist die Gefahr so groß, ist die Zeit der Heimsuchung so ernst, so tritt wohl um so dringender die Frage vor uns: was fordert diese Zeit der Heimsuchung von uns? Der Fortgang unseres Tertes antwortet darauf. „Und er ging in den Tempel und fing an auszutreiben, die darinnen verkauften und kauften und sprach zu ihnen: es stehet geschrieben, mein Haus ist ein Bethaus, ihr aber habt es gemacht zu einer Mördergrube.“ An den Tempel zu Jerusalem hatten sich Buden der Käufer und Verkäufer angeschlossen, und also hatte sich das unselige und selbstsüchtige Leben des irdischen Verkehrs mitten in das Heiligthum ein

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gedrängt. War dieß nicht ein rechtes Sinnbild der ganzen Volks gesinnung? An dem Orte, wo die reinste Hingebung an Gott stattfinden sollte, also das reinste Vergessen seiner selbst da ist nun Jagen nach eigenem Gewinn und Vortheil! Da, wo im Gebete die reinste Liebe leben soll, also die Gesinnung, die nicht das Ihre sucht, sondern was des andern ist: da ist in der gewinnsüchtigen und selbstsüchtigen Gesinnung natürlich auch Haß; und ein Tempel, in welchem Haß wohnt, ist ja freilich kein Bethaus, sondern, insofern der Haß ein geistiger Todtschlag ist, eine Mördergrube!

Solches alles ist das Gegentheil von dem, was die Zeit der Heimsuchung von uns fordert. Was fordert sie denn? Sie spricht sich mit Einem Worte aus, diese Forderung; sie heißt: Selbstverläugnung! Israel will sein Leben behalten und verliert es; Jerusalem macht seinen Tempel zu einem Wechselhaus, und sein Tempel wird gebrochen! Denn also spricht der Herr im Alten Bunde durch den Mund des Propheten: „So will ich immer und ewiglich bei euch wohnen an diesem Orte im Lande, das ich euern Vätern gegeben habe. Aber nun verlasset ihr euch auf Lügen, die fein nüge find. Daneben seid ihr Diebe, Mörder, Ehebrecher und Meineidige und räuchert dem Baal und folget fremden Göttern, die ihr nicht kennt. Darnach kommet ihr denn und tretet vor mich in diesem Hause, das nach meinem Namen genannt ist und sprechet: es hat noch keine Noth mit uns, weil wir solche Gräuel thun? Haltet ihr denn dieses Haus, das nach meinem Namen genannt ist, für eine Mördergrube? Siehe, ich sehe es sehr wohl, spricht der Herr" (Jer. 7, 7-11.).

Gel. in flaren Zügen ist uns in der sinnbildlichen Handlung unseres Heilands, die unser Tert schildert, vorgezeichnet, was diese Zeit der Heimsuchung, in die wir gestellt sind, von uns fordert. Es kann auch für uns nichts anders gelten, als: Selbstverläugnung! Der Tempel unseres Vaterlandes darf zu keinem Wechselhaus, zu keiner Mördergrube werden. Wer sich nicht selbst vergiffet über das gemeinsame Vaterland, der schlägt neben dem Altare eine Wechselbude auf, neben seinen Betheuerungen für des

Vaterlandes Größe und Kraft hat er doch nur Rücksicht auf den eigenen Vortheil. Selbstverläugnen, sich selbst vergessen, ist aber ein großes, weites Wort. Dieses Selbst begreift auch die Lieblingsmeinungen, begreift auch die Partheirichtung in sich. In der That, sich gegenseitig beobachtende, belauschende Partheien, da eine die Schwäche und Blöße der andern ausbeutet, da die eine nur gewinnen kann, wenn die andere verliert, das heißt in den Tempel des Vaterlandes Käufer und Verkäufer hereinlassen und Wechseltische aufrichten. Sich gegenseitig hassende Partheien, die im Angesichte ihres Vaterlandes ihren Haß nicht ablegen, fie rufen das Gericht des apostolischen Wortes auf sich: wer seinen Bruder hasset, der ist ein Todtschläger." D, es gilt hier nicht zu sagen: für mich ist die Wahrheit es ist nichts mit der Wahrheit, wenn sie leidenschaftsvoll ausgesprochen wird, wenn sie unfriedsam macht.

Und damit haben wir das andere ausgesprochen, was die Zeit der Heimsuchung von uns fordert. Nicht bloß Selbstverläugnung, sondern, was in und mit der Selbstverläugnung noch verbunden ist: Eintracht. Wie schließt unser Tert? Er erzählt: „und er lehrete täglich im Tempel. Aber die Hohenpriester und Schriftgelehrten und die Vornehmsten im Volk trachteten ihm nach, daß sie ihn umbrächten und fanden nicht, wie sie ihm thun sollten, denn alles Volk hing ihm an und hörete ihn!“ Also ein Bild der Zwietracht zwischen den Führern und dem Volke! Wie konnte da die Erwägung, das Bedenken sich nahe stellen, was zum Frieden dient? Wie konnte da die Zeit der Heimsuchung verstanden werden? Eine solche Zeit zu verstehen, einer solchen Zeit Forderung zu erfüllen, erheischt die ganze Kraft eines gemeinschaftlichen Lebens. Aber ein gemeinschaftliches Leben ist nur in der Verbindung von Obrigkeit und Volk. Die Vorsicht und Leitung der Obrigkeit, die Kraft und Bewegung des Volkes muß zusammenwirken, wenn die Geburt einer neuen Zeit nicht ihr Tod sein will. Ohne den Vorgang der Führer giebt es nur eine leidenschaftliche Bewegung der Menge, die heute „Hofiannah" schreit und morgen: kreuzige!!

Eine ernste Lehre auch für unsere Tage! Eine ernste Aufforderung zur Eintracht! Eine Stimme des Evangeliums, die sich richtet an die Führer und Vornehmsten des Volkes, so wie an dieses selbst! Es kann ja freilich hier nicht so sein, wie es zu den Zeiten des Heilands war; er in der Mitte, die Führer gegen ihn, das Volk für ihn. Wie sehr unsere Zeit eine Zeit der Heimsuchung ist: einmal nur kann eine solche Entscheidungsstunde schlagen, wie sie in der Offenbarung Christi hervortrat! Aber jede Zeit der Heimsuchung hat doch das Eigene, daß es sich bei ihr um eine Frage handelt nach Heil oder Unheil, nach Licht oder Finsterniß! Und so gehe denn die Stimme des Evangeliums an die Mächtigen und Vornehmen und spreche: stoßet nicht zurück, was sich reget im Volfe; machet keinen Riß und Zwiespalt unter einander, suchet nicht durch arge oder gewaltthätige Künste zu fahen und zu vertilgen, was sich als Wahrheit darstellt, oder was sich zunächst wenigstens als Wahrheit ausgiebt. Prüfet unpartheiisch und friedsam, prüfet die Zeichen der Zeit, prüfet den Got teswillen, prüfet, was das Beste sei der Stadt, prüfet, was da wohlgefällig dem Herrn! Und nicht minder gehe die Stimme des Evangeliums an das Volk und spreche: seid nicht mißtrauisch und erschweret nicht das gottgeordnete Amt der Obrigkeit durch Murren und Widerstand! O, daß an jedes Herz, daß an Hoch und Nieder, an Obrigkeit und Volk das Wort des Apostels dringe: ist bei euch Ermahnung in Christo, ist Trost der Liebe, ist Gemeinschaft des Geistes, ist herzliche Liebe und Barmherzigfeit, so erfüllet meine Freude, daß ihr Eines feid, Eines Sinnes seid, gleiche Liebe habt, einmüthig und einhellig seid, nichts thut durch Zank oder eitle Ehre, sondern durch Demuth achtet euch unter einander einer den andern höher, denn sich selbst (Philip. 2, 12)!“

In diese Zeit der Heimsuchung seid auch ihr, gel. Jünglinge, mitten hineingestellt, und es thut wohl Noth, gerade heute daran zu erinnern, da wir uns dem Schluffe unserer Arbeitszeit nähern. Wohlan, so gedenket, welches Vaterlandes Söhne ihr seid, gedenket des Berufes desselben in treuen und frischen Herzen! Gedenket, daß wir an einem Scheidewege stehen, ähnlich wie dort

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