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Israel, daß ein segnender Friede uns krönen, aber auch die Wagenburg unserer Feinde uns umgeben kann. Unsere Waffen dagegen sind nicht etwa nur Stahl und Eisen, sondern noch vielmehr innerliche und geistige, Kräfte des Evangeliums, Selbstverläugnung und Eintracht! Es sind die Waffen jener ächten und freien Wissenschaft, die so wenig entheiligt werden darf, wie der Tempel in Israel! Lasset uns auch hier bitten: Herr, gieb, daß wir nicht fallen unter das Gericht deiner Thränen!“ Amen.

XXIV.

Ev. Matth. 12, 37.

Aus deinen Worten wirst du gerechtfertiget werden, und aus deinen Worten wirst du verdammet werden.

Lasset uns zuerst den Zusammenhang uns vergegenwärtigen, in welchem die verlesenen Tertesworte geredet sind. Es sind strafende Worte gegen die Pharisäer und Schriftgelehrten, die Christus redet, ernste Worte in Verbindung mit noch ernsteren. Es hatten die Pharisäer im Angesichte der wunderbaren Thaten, die der Erlöser vollbracht, den ärgsten aller Gedanken gefaßt: „er treibet die Teufel nicht anders aus, denn durch Beelzebub, der Teufel Obersten." Ach, das war nicht Sünde wider des Menschen Sohn und Lästerung seiner Person, das war ein Angriff auf sein Werk, das war eine Verkehrung des ganzen Rathschlusses der göttlichen Gnade, das war eine Verläugnung des heiligen Geistes, eine Verläugnung von Seiten derer, welche sich doch sonst so gern zu Trägern des heiligen Geistes machten. Der Mund der Pharisäer war ja sonst voll von schönen und guten Worten, an ihrem Sagen war nichts auszusehen; „alles, was sie euch sagen, das ihr halten sollet, das haltet und thut es, aber nach ihren Werken sollt ihr nicht thun," spricht der Herr, und so ist dieß eben ihre Heuchelei, daß in ihrem Herzen etwas anderes wohnt, als über ihre Lippen geht. So sind es unnüße Worte, die sie reden, und darüber werden sie Rechenschaft ablegen müssen am jüngsten Gerichte. Ihre eigenen Worte, auf welche sie sich so viel zu gute gethan, werden ihre Richter sein. Aus deinen Worten wirst du gerechtfertiget, aus deinen Worten wirst du verdammet werden."

Gel. an Worten fehlt es uns in diesen unseren Tagen auch nicht, auch nicht an guten, edlen, schönen, wahren Worten. Es

ist eine gewisse Summe von Erkenntniß unter uns verbreitet; es gelten gewiffe Regeln der Rechtschaffenheit, die man anerkennt, und so sehr freilich in manchem Herzen die Bosheit sich angefüllet hat, also, daß auch der Mund davon übergeht; so sehr da und dort die Frechheit gestiegen ist, daß man auch die Worte, die edlen, schönen und wahren Worte, verspottet und verhöhnt gewisse Worte wagt sich doch auch der frevelndste Muth nicht; er mag sie anders deuten, ja sie zum Vorwand des Entgegengeseyten nehmen, aber er hält doch ihren Schall und Namen fest.

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Es sind dieß Worte, die wie mit Zaubergewalt die Herzen anfaffen, die tausendfach geredet sind und die immer aufs neue von den Dächern herab, auf den Straßen und Märkten verkündet werden. Da ist es wohl der Mühe werth, daß wir sehen, ob wir nicht unnüge Worte reden, unnüge, weil sie zu keiner That werden, unnüße, über welche wir als über heuchlerische am jüngsten Tage Rechenschaft abzulegen haben. Da wollen wir das Wort des Herrn in's Herz schließen und es wirken lassen: „aus deinen Worten wirst du gerechtfertiget, aus deinen Worten wirst du verdammet werden.

Was sind denn dieß für Worte, die also unter uns gebraucht werden, die also herrschen, daß sie anzuzweifeln, sie zu bespötteln der legte Rest, die leiseste Ahnung des Schamgefühls abhält? Ich denke, niemand unter uns widerspricht, wenn als solche Worte genannt werden: Wahrheit, Liebe, Freiheit.

Nun denn, aus deinen Worten wirst du gerechtfertiget, aus deinen Worten wirst du verdammet werden.

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1. Wahrheit ist das Eine Wort, das als ein Panier aufgepflanzt wird, worum die Kinder unseres Geschlechtes sich sammeln. Und fürwahr, ein großes, ein anbetungswürdiges Wort! Wahrheit zu suchen welch ein Werf, an das alle unsere Kräfte zu seßen kein zu geringer Preis ist! Wahrheit zu finden weld) eine köstliche Perle, eine einzige, aber auch eine unschäßbare! Klagen wir darum nicht, wenn selbst Unruhe, Streit, Niederlage nicht zu trennen ist von der Wahrheit. Sie regt auf das erschlaffte Gewissen, sie stürmt einher gegen die feige Trägheit, sie

untergräbt das auf Eitelkeit und Hohlheit gebaute Ansehen, sie reißt nieder das Vorurtheil, sie zerstört den Schein, sie haßt ihr Widerspiel, die Lüge, fie kommt, einer Welt, die im Argen liegt, nicht Frieden zu bringen, sondern das Schwert.

Von diesen mancherlei Kämpfen und Beunruhigungen, die im Gefolge der Wahrheit fürwahr nicht selten find, lassen wir uns nicht abhalten, ihr in's Antlig zu schauen. Du ringst nach Wahrheit, du rufest nach allen Seiten hin; Wahrheit über alles! Feind der ganzen Welt, Freund der Wahrheit! du achtest nicht, wenn dein Fuß schonungslos zertritt, was zwar ein langes, aber lügenhaftes Dasein gehabt hat, so du nur Wahrheit gewinnst: wohlan denn, einst, wenn der überschauende Blick der ewigen Gerechtigkeit auf deine Tage zurückfällt, da wirft du gerichtet werden nach deinem eigenen Worte. Wahrheit war dein Wort; nach dem Geseße der Wahrheit wirst du gerichtet werden.

Und was ist denn das Gesez der Wahrheit? Es ist das Feste, Gewisse, Haltbare, Unveränderliche. Wir suchen es also nicht in den Gefühlen unseres Herzens, die in buntem Wellentanze sich hin- und herbewegen. Wir finden es in dem geordne ten Wechsel des natürlichen Lebens doch nur widerscheinend oder wie einen fernen Nachhall eines hinter ihm wohnenden ewigen, ureigenen Wesens. Wahrheit muß einen festen Ort haben; Wahr heit muß bleiben, auch wenn die Erde vergeht und die Himmel sich wandeln. Über uns hinaus geht es also, wenn es zur Wahrheit geht; über diese Erde, über unser Herz hinaus. Und siehe, diese Wahrheit über uns ist uns dennoch nicht unzugänglich; sie ist auch eine Wahrheit für uns! Sie, die droben im Heiligthume wohnt, neigt sich herab und senkt sich als ein Samen der Wiedergeburt und der Unvergänglichkeit in das Herz des Suchenden und Bittenden. Wahrheit über uns als ein heiliges Ziel, dem wir entgegenstreben, Wahrheit für uns, als ein Besig, dessen Unterpfand wir jezt schon in uns tragen dürfen, wenn wir in redlicher Arbeit darum uns gemüht; Wahrheit über uns und dieselbe Wahrheit für uns, in Demuth und Muth, in Unterwürfigkeit und Freudigkeit: diese Wahrheit ist die Wahrheit des Evangeliums, diese Wahr

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heit ist die Wahrheit des ächten Menschendaseins; dieß wird einst die Frage sein, die an dich, der du Christ und Mensch dich nennest, wird gerichtet werden, die Frage der ewigen Wahrheit selbst, die Frage, ob ihr Wort nur auf deiner Zunge lebte, oder zur That und Wirklichkeit ward.

II. Das zweite Wort, das unsere Seele einnimmt, ist das Wort der Liebe. Das Reich der Liebe soll gegründet werden, alle sollen sein Kinder Eines Vaters, alle Glieder Eines Leibes, sich gegenseitig dienend in freundlicher Handreichung, niemand soll ausgeschlossen sein von den gemeinsamen Gütern des Lebens. Ach, was ließe sich schöner ausmalen, als dieses Gemälde? Was fönnte auch ein heißerer Wunsch sein, als daß dieses Bild in Wirklichkeit träte? Nichts mögen wir lieber begrüßen, als daß in unsern Tagen so allgemein erkannt wird, daß die Herstellung dieses Reiches der Liebe unsere eigentliche Aufgabe sei. Indem so viel und so allgemein in diesen unseren Tagen von Liebe gesprochen wird, so sollte man denken, es könne nicht anders sein, diese unsere Erde müßte sich schon längst als Wohnfig und Schauplag vollendeter Liebe erwiesen haben. Ach, Gel., ich fürchte, das Wort Liebe möchte gerade dasjenige sein, wodurch wir uns am meisten unser Urtheil sprechen: ich fürchte, die Liebe möchte einst zu vielen sagen, die da sprechen: habe ich nicht in deinem Namen viele Worte geredet und viele Thaten gethan - ,,weichet von mir, ich habe euch noch nie erkannt!"

Aber was müssen wir denn thun, wenn uns das Wort der Liebe nicht verdammen will? Was ist denn das Gesez der Liebe, nach welchem wir gerichtet werden? Ihr kennet alle die Beschreibung der Liebe, welche der Apostel Paulus seinen Corinthern giebt. Lasset uns ein kühnes Wort sagen. Ständen diese Worte nicht in dem theuern Bibelbuche, wären sie uns zugewehet wie auf einem zufälligen Blatte, wir würden sagen müssen: das ist Gottes Wort; wer es zuerst geredet hat, er hat es von dem Herrn empfangen, die Liebe selbst in ihrer ewigen Gestalt hat sich ihm geoffenbaret. Wenn ich mit Menschen und Engelzungen redete und hätte der Liebe nicht, so wäre ich ein tönendes Erz oder eine

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