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XXXIV.

1 Cor. 13, 1-13.

Wenn ich mit Menschen- und Engelzungen redete, und hätte der Liebe nicht: so wäre ich ein tönendes Erz, oder eine klingende Schelle. Und wenn ich weissagen könnte und wüßte alle Geheimnisse und alle Erkenntniß, und hätte allen Glauben, also, daß ich Berge versezte; und hätte der Liebe nicht: so wäre ich nichts. Und wenn ich alle meine Habe den Armen gäbe und ließe meinen Leib brennen; und hätte der Liebe nicht: so wäre es mir nichts nüge. Die Liebe ist langmüthig und freundlich, die Liebe eifert nicht, die Liebe treibet nicht Muthwillen, sie blähet sich nicht, sie stellet sich nicht ungeberdig, sie suchet nicht das Ihre, sie lässet sich nicht erbittern, sie trachtet nicht nach Schaden, sie freuet sich nicht der Ungerechtigkeit, sie freuet sich aber der Wahrheit, fie verträget alles, fie glaubet alles, sie hoffet alles, sie duldet alles. Die Liebe höret nimmer auf, so doch die Weissagungen aufhören werden, und die Sprachen aufhören werden, und das Erkenntniß aufhören wird. Denn unser Wissen ist Stückwerk, und unser Weissagen ist Stückwerk. Wenn aber kommen wird das Vollkommene, so wird das Stückwerk aufhören. Da ich ein Kind war, da redete ich wie ein Kind, und war flug wie ein Kind, und hatte kindische Anschläge; da ich aber ein Mann ward, that ich ab, was kindisch war. Wir sehen jezt durch einen Spiegel in einem dunkeln Wort; dann aber von Angesicht zu Angesicht. Jeht erkenne ich es stückweise, dann aber werde ich es erkennen, gleichwie ich erkannt bin. Nun aber bleibet Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; aber die Liebe ist die größte unter ihnen.

Was sollen wir sagen zu diesen Worten, Gel.? Ist's nicht selbst eine Predigt, eine Predigt aus des Apostels, ja aus des hei

ligen Geistes Mund, eine Predigt, vor welcher jede andere verstummen sollte? Scheint etwas anderes nöthig, als daß wir diesen apostolischen Tert in seiner wunderbaren, unendlichen Einfalt auch einfach auf uns wirken lassen, ihn immer im Herzen bewegen, ihn immer wiederholen, nichts hinwegnehmen, nichts hinzusehen?

Aber es ist nicht blos eine Predigt des Apostels, die wir heute vernehmen, es ist wie ein Psalm, ein Psalm des Neuen Testaments, ein Lied im höhern Chore auf der höheren Stufe des Neuen Bundes! Doch auch dieser Psalm will predigen, er will der Gemeinde zu Corinth einen köstlicheren Weg zeigen, als den Weg der Gaben, der Wunderthaten, des Zungenredens. Wohlan denn, so sind auch für uns des Apostels Worte nicht geredet um unseres Genusses willen, wir sollen nicht etwa die künstlerische Hand bewundern, die ein bezauberndes Bild hinmalt

es ist ja eine apostolische Verfündigung, die wir vernehmen, und apostolische Verkündigung will nicht schildern, søndern offenbaren und darin mahnen, treiben, ja strafen! Einen köstlicheren Weg, haben wir gesagt, will der Apostel seinen Corinthern weisen, als den sie bis dahin gegangen sind; nun so stelle sich sein Wort auch uns auf unserem Wege entgegen, auf dem Wege unserer christlichen Gemeinschaft, und deute auf das, was wir sein, was wir thun, was wir einst werden sollen.

Unsere deutsche Bibel überschreibt unser Tertescapitel: der christlichen Liebe Vortrefflichkeit und Eigenschaften. Ja das ist's, was wir vernehmen: das Lob der Liebe. Und nach einer dreifachen Richtung hin verkündet der Apostel dieses Lob der Liebe: fie giebt allem unserem Thun erst persönlichen Werth, sie gestaltet unser menschliches Dasein erst zu einem gemeinschaftlichen Leben, sie ist das allein Bleibende und Unverwandelte in alle Ewigkeit!

1. Wir alle befinden uns in einem mannigfachen Thun begriffen. Es gilt, inneres Leben zu äußern. Und wie mannigfach ist diese Äußerung! Da lebt in uns ein Gefühl, das hervorbrechen, das die Welt umfassen und diese in sich auflösen will, da

lebt in uns ein Wissensdrang, eine Geistesmacht, welche die Dinge erkennen und beherrschen möchte, da lebt in uns der Wunsch des frischen, thatkräftigen Eingreifens in die Dinge, die Sehnsucht der Hingebung, der Todesmuth des Opfers.

Und wie reich und mächtig kann solches Leben sich gestalten! Wie hoch können die Wellen des Gefühls steigen, wie tief kann die Macht der Erkenntniß und des Geistes dringen, wie weit die Freudigkeit des Opfers sich erstrecken! Mit Menschen und mit Engelzungen können die Entzückungen des Gefühls reden; was Begeisterung erfaßt, was der von der Herrlichkeit der Erde und des Himmels erfüllte Sinn schaut, die verborgene Tiefe des Menschenherzens, die heilige Musik, die durch das Weltall hindurchklingt und den erhabenen Zusammenhang aller Dinge fühlbar macht, die geheime. Sehnsucht der Natur, die Hoffnung und Vorempfindung der Ewigkeit: das alles kann suchen, in vorher nie gekannten Lauten und Worten auszuströmen! Und der Geist wie hat auch er ein unbegränztes Feld! Es giebt eine Weissagung, eine Einsicht in das wundervolle Band, das Vergangenheit und Zukunft umschlingt; es giebt ein Ahnen von Geheimnissen, d. i. von Punkten, an welchen Gottes schöpferische Wirksamkeit bestimmter und ergreifender sich ankündigt, als anderwärts; es giebt eine Erkenntniß, die den Ursprung der Dinge bis in die Tiefen der Gottheit zurückverfolgt; es giebt einen Glauben, der Berge versezt, der sich die Wunderkraft Christi aneignet und das vor Mens schen unmöglich scheinende möglich macht! Und die Freudigkeit des Opfermuthes -Sie scheut hat auch sie eine Schranke? keinen Verlust, stückweise giebt sie alles, nach, und nach hin, um dem Armen zu helfen; sie scheut keinen Schmerz, auch den empfindlichsten, auch den bohrendsten nicht, auch wenn sie die Zerstörung des Leibes in der Pein aller Fibern und Nerven fühlen sollte, sie läßt „den Leib brennen," nur um die Freiheit der Wahrheit aufrecht zu erhalten, nur um gut nicht bös, bös nicht gut nennen zu müssen!

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Wie, Gel., ist solches nicht möglich? sind nicht möglich solche Erhebungen des Gefühls, solche Erforschungen des Gedankens,

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wenn die Sprich

solche Hingebungen der That? Wohl ist alles dieses möglich und kann dennoch keinen Werth haben! In der That, alle diese Gaben und Talente haben keinen persönlichen Werth Liebe fehlt! - Giebt's ein größeres Lob der Liebe? aus das Höchste und Tiefste, was ein Menschenherz ahnen und fühlen kann, mache es möglich, daß du jene unaussprechlichen Worte, von welchen wir neulich den Apostel haben berichten hören *), daß er sie im dritten Himmel vernommen habe und daß kein Mensch sie nachsagen könne, mache es möglich, daß du sie aussprechest und du hast keine Liebe, so bist du ein tönendes Erz oder eine klingende Schelle. Wie die Glocke nur dann einen Laut von sich giebt, wenn sie von außen berührt wird, selbst aber ist „herzlos, ohne Mitgefühl:" so bist du ohne Liebe nichts als ein Instrument, das von außen her bewegt wird, selbst ohne Herz und Gefühl, selbst hohl und leer, andern vielleicht ein Erregen, dir selber ohne Segen! Ohne Liebe bist du eine Sache, keine Person. Oder blicke hindurch durch aller Zeiten wunderbare Verkettung, schaue in das Weben der schöpferischen Kräfte, die vom Himmel zur Erde herniedersteigen, erkenne, „was die Welt im Innersten zusammenhält," entfalte alle Wunderkräfte des Glaubens und du hast keine Liebe: so bist du nichts. hast wohl vieles, aber du bist nichts. Du hast Gedanken und Kräfte, oder sie haben dich vielmehr, aber wo bist du? Wo ist dein ewiges Theil, das höher steht, als Gedanken und Kräfte? Dieß muß die Probe deines Daseins werden, daß du keine Langeweile eines leeren Daseins fühlst, auch wenn du alles wüßtest und alles vermöchtest! Ach, unsere Arbeit, unsere Vielgeschäftigkeit, unsere Raftlosigkeit ist oft nur die Hülle, die den Abgrund des innern Nichts, der innern Öde verdeckt; gar mancher wirft fich in den Strom des Wissens, in die aufreibende Thätigkeit des Berufes, nur um seinem eigenen innern Nichts zu entfliehen. — Ohne Liebe bist du eine Sache, keine Person. Ja selbst die That, welche doch ganz das Ausehen einer Liebesthat hat, die That der Auf

*) 2 Cor. 12, 4 in dem Episteltert auf den Sonntag Sexagefimä.

Du

opferung, auch sie kann doch nur ihr Schein und nicht sie selber sein. Gieb Allmosen auf Allmosen, daß dein ganzes Vermögen dahinschmilzt, gieb dein höchstes irdisches Gut, deinen Leib, dahin

und du hast keine Liebe, so wäre es dir nichts nüge. „Nichts nüße," sagt der Apostel. Denn sonst hat ja jede That der Hingebung den Segen, den Nugen, daß sie doppelt bereichernd zu dem Opferer zurückkehrt, das Gesez der Liebe heißt ja: wer sein Leben verliert, der wird es behalten. Die Verheißung der Liebe heißt ja: wer verläßt Häuser oder Brüder oder Schwestern oder Vater oder Mutter oder Weib oder Kinder oder Äcker um meines Namens willen, der wird es hundertfältig nehmen" (Matth. 19, 29). Wo aber die That der Liebe ohne ihren Sinn vollbracht wird, wie kann da ihr „Nußen" gewonnen werden? Der Se= gen wird nicht erzwungen durch das äußere Zeichen der That, sondern er ist Frucht des Herzens, der Gesinnung. Liebe bist du Sache, keine Person.

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Ohne

Giebt's ein größeres Lob der Liebe? Sie allein giebt persönlichen Werth. Sie schafft das wahre Dasein. Ohne Liebe find wir wandelnde Masken, sind wir Puppen, die an den vielfachsten Dräthen und Seilen von den verschiedensten Mächten hinund her gezogen werden, aber wir bewegen uns selbst nicht, wir find nicht wir selbst, wir sind nicht frei. Freiheit ohne Liebe ist Heuchelei.

So lasset uns denn diesem köstlicheren Wege der Liebe auch in unserer christlichen Gemeinschaft folgen! Gemeinde des Herrn, bedenke, was du an der wahren Liebe hast! Was hilft es dir, wenn von Alters her die Worte deiner Lehrer und Väter wie mit Menschenzungen zu dir ertönten, wenn deine Lieder und Gefänge wie Engelsstimmen durch dich hinflingen, wenn du ausgerüstet bist mit einer heiligen und tiefsinnigen Wissenschaft, wenn du Kräfte in dir birgst, die die Welt überwinden können, wenn du nach deinen Ordnungen den Dienst der Barmherzigkeit pflegst und das Blut der Märtyrer ehrst- und es stehen dir keine persönlichen, gegenwärtigen Kräfte zu Gebot? Dieß ist der Zu ruf des Apostels an uns, ein Zuruf, mächtig unterstügt durch die

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