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Also spricht der betende Christus, Gel. Denn, wenn nur Gottesgeist erkennt, was in Gott ist; wenn nur der betenden Seele, die das Zeugniß Gottes in sich hat, die Geheimnisse des ewigen Lebens sich öffnen: wie wird erst der betende Chriftus, er, der ausgegangen ist vom Vater, die lauterfte und klarste Anschauung der göttlichen Gedanken in sich tragen! Wenn der, der von sich sagen kann: „ich und der Vater sind Eins" seine Augen betend gen Himmel hebt: o, das sind ganz besondere Augenblicke, ,,da die Engel Gottes auf- und niederfahren auf des Menschen Sohn!" Und wenn sich in dem Augenblicke die Seele des Erlösers in Gebet auflöst, da er an dem Ende seines prophetischen Berufes steht, in dem Augenblicke, nachdem er in den wundersamsten, lieblichsten Worten des Troßtes und der Liebe zu seinen Jüngern geredet hatte; wenn diese liebende Seele, ganz eingetaucht in ihren erlösenden Beruf, ganz Auge für die Zukunft des göttlichen Reiches, hinströmt in die heilige Fluth des Gebets: wahrlich, Gel., wenn wir auch souft nicht wüßten, daß alles, was der Herr sagt, Gotteswort ist: die Worte seines Gebetes sind ges wiß Gotteswort, hier werden gewiß Gedanken Gottes uns offenbar!

Wohlan denn, so lasset uns aus dem Worte des betenden Heilands die Gedanken des himmlischen Vaters über das Leiden feines Sohnes erfahren. „Vater, die Stunde ist da, daß du deinen Sohn verklärest, auf daß sich dein Sohn auch verkläre." Die Stunde ist da, das ist die Stunde der Leiden; somit ist der Gedanke des himmlischen Vaters über diese Stunde kein anderer, als: das Leiden Christi ist Verklärung des Sohnes, wie des Vaters.

1. Von der Betrachtung des Kreuzes her hat der Apostel Paulus sagen gelernt: was bei den Menschen eine Thorheit ist, das ist bei Gott Weisheit". Dieselbe Stunde, auf welche der Prophet deutet, wenn er spricht: er hat sein Leben in den Tod gegeben und ward unter die Übelthäter gerechnet“ (Jes. 53, 12.); dasselbe Kreuz, an welches das Volk hohnlachend hinaufruft: „wenn du Gottes Sohn bist, so steige herab!", das als ein Holz des Fluches und der Schande aufgerichtet stand: das ist für den Va

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ter im Himmel ein Zeichen seines verklärten Sohnes. Wie mag das zugehen? fragen wir verwundert. Ja, wenn uns der Heiland auf seine Auferstehung hingewiesen und gesagt hätte: siehe hier die Stunde meiner Verklärung! — das könnten wir augenblicklich fassen. Aber der schmachvolle Tod am Kreuz wie kann dieser Verklärung sein? Nun wissen wir freilich: also find des Heilands Tod und Auferstehung nicht von einander getrennt, daß, wenn der Heiland betet: die Stunde ist da, daß du deinen Sohn verkläreft, nicht auch die Stunde der Auferstehung mit eingeschlossen sei; dennoch lasset uns das göttliche Geheimniß nicht schwächen noch mindern, lasset es uns festhalten, es zu begreifen suchen: der Tod Jesu ist dem Vater die Verklärung des Sohnes!

Und in der That, das Kreuz verkläret den Sohn, wenn auders Verklärung des Sohnes da ist, wo wir des Sohnes Herrlichkeit, des Sohnes Pflicht, des Sohnes Recht erkennen.

Wenn am Dunkel der Nacht des Lichtes Herrlichkeit sich mißt, ist dann nicht die Nacht der Leiden Christi der dunkle Grund, woraus das Licht seiner Herrlichkeit nur um so leuchtender hervorglänzt? Wenn wir den Erlöfer sagen hören: wie ist mir so bange", oder: meine Seele ist betrübt bis in den Tod", oder gar: „Vater, ist's möglich, so gehe dieser Kelch an mir vorüber“; wenn diese Bangigkeiten sich steigern bis zu den Worten am Kreuze: mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen!": so muß uns dieß freilich auffallend erscheinen, zumal, wenn wir die Gestalten der Märtyrer uns vor die Seele rufen, die in ungebeugtem Muthe das Schwerste erduldeten, um ihres Glaubens zu le= ben. Aber, Gel., vergessen wir nur nicht zu fragen, wer gab denn jenen Märtyrern die Kraft, ihre Schmerzen zu tragen? wer gab ihnen Todesmuth und Todesfreudigkeit? Eben der Blick auf das Kreuz. Es muß also an dem Kreuze, es muß inmitten seiner Schrecken doch Herrlichkeit zu schauen sein! Ja nicht blos inmitten, sondern durch diese Schrecken selbst hindurch. Warum denn umlagern Schauer die Seele des Erlösers? Eben weil diese gewohnt ist an das Licht des ewigen Lebens bei Gott, weil sie nur die Klarheit des ewigen Friedens keunt.

Wenn das Herz,

welches nur Fülle des seligen Lebens um sich wogen sah, nun Wellen des Todes umrauschen, ist's dann zu verwundern, wenn es in die Worte ausbricht: „mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?" So kann nur der Sohn zum Vater rufen, der Sohn, der seine Seele droben hat in den Herrlichkeiten des Vaterhauses. So kann nur der rufen, der arm geworden ist, obwohl er ursprünglich den Reichthum des göttlichen Lebens in sich hegt und bewegt. Wenn der Märtyrer in hochgehendem, freudigem Muthe zu seinem Tode schreitet, da ist's, weil er zum Leben einzugehen gedenkt, weil er Kräfte der zukünftigen Welt schmeckt, weil er von niederer Stufe auf die höhere, durch die Liebe seines Gottes verbürgte, von seinem Glauben geahnte und ersehnte Stufe tritt. Aber Christus, der Sohn Gottes, kommt ja von dieser höheren Stufe herab, seine Erscheinung ist ja eine Entäußerung seines ewigen Seins (Philipp. 2, 7.); er tritt während seines Erdenwandels heraus aus den Kräften der ewigen Welt, wie aus einem Eigenthume in die Fremde dieser Welt, ihrer Sünde und ihres Todes; darum bebt er und Schauer ergreifen seine Seele, aber solches Beben, solche Schauer sind gerade die redendsten Zeugnisse ursprünglicher Gottesherrlichkeit.

Aber eines Sohnes Sache ist nicht blos, ein Abglanz des Vaters zu sein; soll der Sohn verkläret, soll er in seiner tiefsten, innersten Wahrheit erkannt werden, so muß auch des Sohnes Pflicht sich offenbaren. Und solche Pflicht spricht in Einem Worte sich aus: sie heißt Gehorsam! „Er erniedrigte sich selbst und ward gehorsam bis zum Tode, ja bis zum Tode am Kreuz (Phil. 2, 8.). Wohlan, sprechet, wo giebt es eine herrlichere Sohnesgestalt, als die des Heilands, der an seinem Kreuze blutet? Wir haben's ja heute schon gesungen:

Mein Kind, sprach er, geh, nimm dich an
Der Kinder, die ich ausgethan

Zu Straf und Zornesruthen!

„Leg' auf, sprachst du von Herzensgrund,

Mein Vater, ich will's tragen;

Mein Wollen hängt an deinem Mund,

Mein Wirken ist dein Sagen."

Als die Jünger dem Meister wehren wollen, sich in den Tod dahinzugeben, da sagt er: „es muß also gehen, wie würde sonst die Schrift erfüllt". Der Rath des Vaters, der sich in der Schrift enthüllet, ist Eines mit dem Gehorsam des Sohnes gegen diese Schrift. Der Gehorsam des Sohnes bedingt die freie Ausführung des von Ewigkeit gefaßten Beschlusses, macht diesen Beschluß nicht zum starren Verhängniß, sondern zu dem Plane der ewigen Liebe. Des Vaters ewige Gedanken fordern zu ihrem Vollzuge den freien Gehorsam, der ganz und gar aufgeht in jene Gedanken, sie als die eigenen erfaßt und doch nur in dem Bewußtsein eines Dienstes, einer Sendung handelt; solch freien Gehorsam fann nur der Sohn leisten. Der gehorsam war bis zum Tode am Kreuz, der hat sich als den rechten Sohn dargestellt; und Jesum als den Sohn erkennen, heißt ihn in seiner Verklärung er kennen!

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Aber noch mehr! es giebt nicht blos einen Sohnesdienst, es giebt auch ein Sohnesrecht. Etwas anderes ist der Sohn, etwas anderes der Knecht. ́„Und Moses zwar war treu in seinem ganzen Hause, als ein Knecht, zum Zeugniß deß, das gesagt sollte werden; Christus aber, als ein Sohn über sein Haus; welches Haus sind wir, so wir anders das Vertrauen und den Ruhm der Hoffnung bis an das Ende fest halten“ (Hebr. 3, 5. 6.). Der Sohn des Vaters ist unser Herr. Sein sind wir, seitdem der Gedanke über uns Menschen von der ewigen Weisheit und Liebe gefaßt ist. Aber jede Herrschaft und Macht will bestätigt und besiegelt sein; sie muß ihr Recht an uns erweisen, und dieß um so mehr, wenn sie bestritten, wenn ihr widersprochen wird. Und es heißt ja von unserem Herrn: „er kam in sein Eigenthum, und die Seinen nahmen ihn nicht auf“ (Ev. Joh. 1, 11.). So hat er uns erst wieder erwerben, erst aufs neue uns wieder gewinnen müssen. Siehe, diese durchgrabenen Hände sind die Waffen, mit denen er uns besiegt; diese Schmerzen des Todes sind der köftliche Preis, mit welchem er uns auslöst. Dieses in den Tod sich neigende Haupt senkt sich für uns, daß wir sein würden; dieses Opfer mit starkem Geschrei und Thränen und Flehen ruft uns, als

eine heilige Gemeinschaft um sich uns zu schaaren. Wenn Christus erhöhet sein wird, will er alle zu sich ziehen; solche Erhöhung ist aber zunächst Erhöhung an das Kreuz, und von der Höhe dieses Kreuzes gehet das Wort aus: „sehet, welch' eine Liebe hat euch der Vater erzeigt, daß wir Gottes Kinder sollen heißen" (1 Joh. 3, 1.). Kinder werden wir durch den Sohn, der sein Leben für uns hingiebt und durch die Kraft solcher Liebe in seine Gemeinschaft uns zieht. Nun denn, fühlest du, wie Christus gerade durch seinen Tod ein Recht auf dich gewonnen hat? wie die am Kreuze duldende Liebe auch die dein Herz besiegende ist? wie das Holz des Kreuzes zum stärksten Fundament für den Königsthron Christi wird? Fühlst und erkenneßt du solches, so hast du Chriftum in feinem Sohnesrechte erkannt und anerkannt, und in seinem Sohnesrechte ihn anerkennen, heißt ihn schauen in seiner Verklärung.

II. Aber, Gel., wie fönnte der Sohn verkläret werden, ohne daß dadurch nicht auch der Vater perkläret würde? Ist denn der Sohn nicht Ebenbild und Spiegel des Vaters? Die Stunde des Leidens, die den Sohn verkläret, ist darum auch die Verklärung des Vaters. „Die Stunde ist da, da du den Sohn verklärest, auf daß dich dein Sohn auch verkläre."

Wie denn verkläret der Sohn den Vater? „Ich habe das Werk vollendet, spricht er, das du mir gegeben hast, ich habe deinen Namen offenbart." Den Namen des Vaters zu offenbaren, das ist Christi Werk; der geoffenbarte Name des Vaters ist des Vaters Verklärung. Ein Name kann uns beides sein, eine Verhüllung und eine Offenbarung. Der Name Gottes kann uns eitler Schall sein, aber auch ein Wort, in welchem alle Heiligkeit und Liebe als unmittelbarstes Lebensgefühl, als innerste Lebenskraft sich in die Seele senkt. Der heilige Gott, der Gott der Liebe, o, das sind Namen Gottes, deren Erkenntniß, deren in's Herz geschriebene Züge, deren im Herzen lebende Kräfte Gottes Verklärung weithin leuchten lassen. Es ist ein so bekanntes, ein so nahes Wort, aber wer denkt seine unendliche, seine wundersame Bedeutung aus, so wir sagen: Gott ist verkläret als unser Vater! Tilge alles aus deinem Gedächtnisse, was du je von den Namen

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