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Und wie wir bei jedem Gange gewiffe Wendungen, Abschnitte, Stufen unterscheiden, so führt uns der Weg nach Emmaus von einer Stufe zur andern bis hinan zur vollen, seligen Erkenntniß des Auferstandenen. Solcher Abschnitte und Wendungen unterscheiden wir vier in unserem Emmausgang: zweifelnde Trauer, unterweisenden Unterricht, sehnenden Wunsch, seligen Genuß.

Herr Jefu, führe uns den seligen Gang an deiner Seite! Erzeige dich auch uns, die wir demüthig darum bitten, als Anfänger und Vollender des Glaubens! Amen.

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L. Zwei Jünger des Herrn fie gehörten wohl zu den Siebenzig ziehen hinweg von Jerusalem. Was soll sie noch zurückhalten in der Stadt, der Prophetenmörderin? Sie hatten gehofft und geharrt; noch am Kreuze vielleicht, denken sie, offenbart der Meister seine Herrlichkeit. Aber vergebens. Am Kreuze erblaßt er; der Erblaßte wird in ein Grab gelegt und ein Stein darauf gewälzt; so scheinen denn unter diesem Steine alle Hoffnungen und Erwartungen begraben, Gewiß, nur Eines founte darum der Gegenstand jener Jüngergespräche sein: das Kreuz auf Golgatha, aber freilich nur als ein Zeichen der Schmach, als die Ursache verlorener Hoffnungen und quälendsten Schmerzes. „War er's werden sie sich untereinander gesagt haben war er's, der Verheißene? war er es nicht? So vieles passet auf ihn, trifft auf ihn, daß er der Gesalbte des Herrn gewesen; so manches stimmt doch wieder nicht. Schien er doch ein Mann nach dem Herzen Gottes, voller Wunder und Gnade; wie vielen hat er wohlgethan, wie viele hat er geheilt und gerettet, wie war seine Rede gewaltig -- und doch, wenn er wirklich der Sohn Gottes, gewesen, warum hat er keine Macht gehabt über feine Feinde, warum hat er sich verrathen, warum sich schmähen, geißeln, kreuzigen lassen ?.. Wo ist nun sein Reich? Wo ist Israels Herrschaft? Wo sind die Verheißungen Gottes und ihre Erfüllung ?

Das war die zweifelnde Trauer, welche, die Seelen der wandernden Jünger beschwerte. Gel., können wir mit ihnen

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wandern, also, daß auch wir diese zweifelnde Trauer theilen? Ift das Gefühl, das sie durchdringt, unserem Herzen ein fremdes, unverständliches? Freilich, wenn wir sagen: auch wir kennen diese zweifelnde Trauer, da legen wir ein Bekenntniß unserer Schuld und unserer Schwäche ab. Es sollte ja nie, wer in der Christenheit steht, seine Seele von einer Wolke des Zweifels trüben lasfen. Ja selig, der von früh an unter dem Schirme eines gläubigen Vertrauens sich entfaltet, findlich und demüthig, mit offe nem Auge und stillem Sinne, mit einem Herzen, das tüchtig ist zu prüfen und zu unterscheiden, und mit treuem Gedächtniß für die unergründliche Liebe des Erlösers, umgeben von Gleichgesinnten, da von dem Angesichte des Einen in's Angesicht des andern das Licht des Friedens und der Freudigkeit strahlt, da Einer den andern hebt und trägt! So gut wird es aber nicht allen. Zwar allen, die in der Gemeinschaft der Kirche stehen, tritt der Erlöser nahe von Anfang an; aber wie oft ungekannt und ungeahnet, gleich wie dort den Jüngern der Auferstandene ungekannt genahet war. Diese Welt, die uns umgiebt, die auf uns einwirkt, an der wir groß werden, wie wenig sie auch ganz durchdrungen und verkläret ist vom Geiste Christi, sie ist doch seiner Einflüsse nicht ganz und gar ledig; die Liebe des Gefreuzigten, der Friede des Auferstandenen strömt über sie ungesehen, selbst ungewünschet, trägt uns, nährt uns mannichfaltig. Hat nicht der Herr in Kraft seiner Auferstehung geordnet, daß mit seinem Geist in seinen Namen alle Creatur getauft werden soll? — Aber es handelt sich um etwas Höheres und Größeres, als um das uns selbst verborgene Nahesein des Herrn; aus der allgemeinen Vorstellung, gleichsam aus der Dämmerung der ersten Ahnung soll es sich emporheben zu είς ner bestimmteren Erkenntniß. Die Sehnsucht nach Erlösung und die Person Christi müssen sich zusammenschließen; nur dann wird der Blick helle, welcher uns den wunderbaren Fremdling, der uns schon auf den ersten Gängen unseres Lebens begleitete, erkennen läßt. O, es giebt Zeiten, da es nicht genügt, - was freilich das Noth wendigste und Unentbehrlichste ist ein Gläubiger zu sein, das

Geheimniß des Glaubens und eines in solchem Glauben versöhn

ten Herzens zu besigen, sondern wo man auch wissen muß, warum dieser Glaube etwas so unentbehrliches ist, wo man, um zu dies sem Wissen zu gelangen und einen Segen dieses Wissens zu gewinnen, dem Gedanken nicht ausweichen darf: „wie müßte dir zu Muthe sein, welche Gestalt müßte die Welt haben, wenn niemals Christus, wenn niemals ein Evangelium in ihr wäre verkündet worden ?"

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Jezt, Gel., jezt ist solch eine Zeit in der Christenheit, da sich jeder zu fragen hat: wie stehe ich zu Christo? bin ich für ihn, bin ich wider ihn? ist er für mich an dem Kreuze also verschieden, daß hinfort kein Gedächtniß seines Namens für mich mehr ist, oder ist er, der Auferstandene, auch für mich auferstanden, und ist mir durch seine Auferstehung sein Kreuz verklärt und zu einem Quell meiner Versöhnung und Seligkeit geworden? Ja, wahrlich, jezt ist solche Zeit. Und da hören wir freilich manche, die nichts wissen wollen von solchem Evangelium. Nun denn, das Eine wollen wir diese fragen: wie ist's euch zu Muthe, wenn ihr solche Reden aussprechet? Saget ihr sie mit leichtem, spottendem Sinne, oder mit Trauer im Herzen? mit Spott, daß man sich eine Erlösung denken wolle und sie sogar nothwendig finde, oder mit Trauer, daß zwar Erlösung als nothwendig sich erweise, daß Erlösung des Menschengeschlechtes der höchste Gedanke sei, der in eines Menschen Brust kommen könne, aber der rechte Erlöser sei noch nicht da? - Dort, als jene Jünger nach Emmaus wanderten, Zweifel im Herzen, das Trauerwort auf den Lippen: „und wir hofften, er fellte Israel erlösen“ glaubet ihr nicht, daß nicht mancher Sadducäer in seinem Pallaste dasselbe Wort ausgesprochen hat: „er hat Israel erlösen wollen!? Aber mit welch ungeheuerem Unterschiede! Hier mit spottendem Leichtsinne, der solche Erlösung für eine Thorheit hält, dort bei den Jüngern mit dem tiefsten, innersten Schmerze einer getäuschten Hoffnung. Wohlan denn, die Stimmen, die in unsern Tagen laut werden: er ist nicht der Erlöser! - find es Sadducäerstimmen, oder sind es Stimmen trauernder, hoffnungsloser Jünger? Rühmet, die ihr solches redet, rühmet ihr euch eurer Zweifel? sehet ihr sie an als Zeichen eines

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hellen Sinnes und eines ftarken Geistes? Aber wahrlich, es kann doch nichts Freudiges und Erhebendes sein, zu zweifeln an einer Heilandsliebe, an einer Heilandskraft, einer Heilandsgnadė. Man sollte doch meinen, schon bei dem blosen Gedanken: es ist einer unter uns, der es sich als Arbeit vorgeseht hat, seine Brüder zu erlösen, sie frei zu machen von Fluch und Verderben, frei zu machen also, daß die Seele aufjauchze in Friede und Freude, daß sie Leben fühle und volles Genüge; zu erlösen also, daß dem Übel an die Wurzel gegriffen, daß die Sünde erkannt werde in ihrem tiefsten Wesen als Abfall von dem lebendigen Gott, als Bruch des ewigen Rechtes, als der Leute Verderben; zu erlösen nicht mit Schwertes Gewalt, nicht mit der Fackel des Aufruhrs, sondern mit dem Schwerte des Geistes und dem Feuer der Liebe durch dienende, selbstverläugnende Hingabe des eigenen Lebens - Gel., man sollte meinen, schon bei diesem bloßen Gedanken, es gelte die Freiheit, die höchste Freiheit, die Freiheit, die über Tod und Grab reicht bis hinein in die Ewigkeit: da müßte der glühendste Wunsch emporsteigen: o, wäre er nur wirklich, dieser Gedanke, diese Erlösung, diese Freiheit daß sie nur nicht sei ein bloßes Ideal, ein schönes Bild! - und siehe, der Auferstandene tritt dir entgegen und sagt dir: dein Wunsch ist erfüllt, das Ideal ist Wirklichkeit, das Bild ist Leben! Der Auferstandene sagt es; denn durch die Auferstehung ist das Heilandsleben vollendet; der Auferstandene offenbart das Leben vollster Freiheit, das los ist von irdischer Beschränkung; die Auferstehung des Herrn ist eben darum das Wunder aller Wunder, weil sie das Ziel alles Lebens, die freie Herrschaft des Geistes über das Gefeß der Natur verkündet; daß kein Tod herrsche, daß der Tod und sein hartes‹ Regiment sich nicht dränge in alle deine Ideale eines seligen Lebens, deine süßesten Hoffnungen dir nicht zerstöre, daß es ein flares und be stimmtes Ziel gebe, wohin das Menschenleben ausmünden kann, oein herrliches und unvergleichliches Ziel! Chriftus in und durch seine Auferstehung ist der lebendige Bürge und Zeuge, weil Bringer und Schöpfer davon! Nein, an dem Erlöser zweifeln wollen ohne die blutendste Trauer, daß es dann fehlen würde un

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serem Leben am Herzen, unseren Gedanken an ihrem Gipfelpunkte, das kann nur ein Sadducäersinn. Aber getrost! Jesus von Nazareth ist unser Christ. Golgatha bezeugt es und sein durchbros henes Grab. Charfreitag und Ostern in Einen Kranz geschlungen dieß ist das Siegel unseres Erlösers. Wollen wir solches gewißlich festhalten; wollen wir es uns klar und unentreißbar in das Herz schreiben, was wir an dem Auferstandenen haben, daß er unsere Weisheit sei und unsere Gerechtigkeit, unsere Heiligung und Erlösung: wohlan, so begleiten wir die Jünger nach Emmaus, fühlen ihren trauernden Zweifel mit, denken uns hinein in ihr Wort und wir hofften, er sollte Israel erlösen"; dann werden wir nicht in falsche Sicherheit uns einwiegen, dann werden wir einen heilsamen Schrecken gewinnen bei dem Gedanken, daß wir, so Christus uns fehlte, einer Welt glichen ohne Sonne; dann werden wir uns stärken zu treuem Bekenntniß, zu ritterlichem Kampfe gegen Unglauben und Sünde. O, lasset es uns nach; sprechen und nachfühlen; 45

Was wär' ich ohne dich gewesen, hold me
Was würd ich ohne dich nicht sein?
Zu Furcht und Ängsten auserlesen
Stünd ich in weiter Welt allein.
Nichts wüßt' ich sicher, was ich liebte,
Die Zukunft wär' ein dünkler Schlund,
Und wenn mein Herz sich tief betrübte,
Wem thät' ich meine Sorge kund?

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II. So war ja auch das Herz der Jünger, die dort nach Emmaus wanderten, tief betrübt, und wir lesen die Frage in ihrer Seele: wem thue ich meine Sorge kund?" Stehe aber, solcher Frage ward die höchste Antwort zu Theil, die es geben konnte; der Herr selbst antwortete. Wir vernehmen seinen unterweis senden Unterricht. Der Text seiner Antwort und seiner Unterweisung lautet: „mußte nicht Christus solches leiden, um zu seiner Herrlichkeit einzugehen? Und die Auslegung dieses Tertes in des Herrn Mund war der Hinweis auf Gesez und Prophe ten. Worüber also die Jünger zweifelten, woran fie Anstoß

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