ภาพหน้าหนังสือ
PDF
ePub

344

Fr. Westberg, Zur Topographie des Herodot.

drücklich eine Tagereise auf 200 Stadien anschlägt, so beträgt ein Weg von 10 Tagereisen 2000 Stadien, ca. 300 km (das Stadion zu 148,85 m). Ein Blick auf die Karte Südrußlands belehrt uns dahin, daß der herodoteischen Abschätzung tatsächlich ein Stadion zu 148,85 m, kein größeres, zugrunde lag. Die Strecke von Kinburn (Mündung des Dnjepr-liman), bis Genitschesk gegenüber der Landzunge von Arabat, welche das Faule Meer oder Siwasch vom Asow'schen Meere abteilt, beträgt gegen 300 km. Ich habe geflissentlich die größte Entfernung, die H. im Sinne gehabt haben mochte, gewählt, da er, wie es scheint, den Siwasch, dessen vormalige Existenz einige Forscher in Abrede stellen, gar nicht kennt. Diese Entfernung nun wird von H. auf 10 Tagereisen geschätzt. Hieraus ist ersichtlich, daß sein Tagesmarsch nicht mehr als 30 km ausmacht. Desgleichen veranschlagt H. auf 10 Tagereisen die Strecke vom Ister bis zum Borysthenes, welche in Wirklichkeit 300 km nicht übersteigt. Der Schluß liegt auf der Hand: Herodots Stadion beträgt 148,85 m. Ist dem so, dann beträgt eine Tagereise nach IV 101 genau 29,77 km, da 148,85 m × 200 29,77 km ist. Dieses stimmt aufs eklatanteste mit H.'s X V 53 Angabe der Tagereise zu 150 (babylonisch-persischen) Stadien überein, da 198,47 m × 150 = 29,77 km ist1). x

Riga.

1) Nach Abschluß des Druckes kam mir die Heft 2 oben S. 207 ff. erschienene Abhandlung von Viedebantt über Eratosthenes, Hipparchos, Poseidonios zu Gesicht. Doch kann ich seinen gelehrten Ausführungen keineswegs beipflichten. Indem ich auch auf meine früheren Beiträge zur Topographie Herodots verweise, beschranke ich mich hier auf die Bemerkung, das Poseidonios' abweichende Längenangaben für den Meridiankreis (nach Strabon 180000 Stadien, nach Kleomedes 240000) ebenso zu erklären sind, wie Herodots abweichende Schätzung einer Tagesreise auf 150 Stadien (V, 53) und 200 Stadien (IV, 101).

345

Historisch-metrologische Forschungen.

Von C. F. Lehmann-Haupt.

21). Die hebräischen Maße und das pheidonische System2).

Die Erforschung der Maße, Gewichte und Münzen eines Volkes soll zunächst der Beurteilung seiner wirtschaftlichen Zustände dienen. Die auf dem Gebiete des Handels, Verkehrs und des Wirtschaftslebens sich bewegenden Angaben des alten und des neuen Testaments wie der hebräischen Autoren bleiben ohne eine Kenntnis der angegebenen und zugrunde liegenden Maßeinheiten unverständlich. Da aber Handel und Verkehr allerorts und zu allen Zeiten nicht auf die Landes- und Volkesgrenzen

1) Vgl. Klio XII 240 ff. (1, I) und XIII 119ff. (1, II).

2) Der vorliegende im Jahre 1910 niedergeschriebene Aufsatz war ursprünglich, zusammen mit einer Darlegung K. Reglings über die Münzen, für das Handwörterbuch, Die Religion in Geschichte und Gegenwart bestimmt, konnte aber, weil für den verfügbaren Raum zu umfangreich, dort nicht aufgenommen werden. Ich hatte zunächst die Absicht, ihn für die Klio umzuarbeiten und mehr auf das pheidonische System zu stellen, fand aber, daß gerade in der vorliegenden Fassung mancherlei naturgemäß zur Sprache kam, das ich sonst doch, sei es zur Erleichterung des Verständnisses, hätte recapitulieren, sei es im Hinblick auf Publikationen des Jahres 1912, besonders die von O. Viedebantt, hätte hereinziehen müssen. Da ich außerdem hoffe, meine Gesamtbehandlung der Metrologie in einem der Handbücher von Geffckens Bibliothek der klassischen Altertumswissenschaft in Bälde zu veröffentlichen, so daß es jetzt mehr darauf ankommt, daß Materialien und Bausteine überhaupt als wie sie vorgelegt werden, so lasse ich in der Hauptsache den Text unverändert. Die Anmerkungen sind sämtlich neu hinzugefügt: die umfangreicheren von ihnen sind an den Schluß als Exkurse verwiesen, deren Kenntnis jedoch für das Verständnis des Ganzen wesentlich ist. Für die Längenmaße begnüge ich mich mit kurzen Andeutungen, da sich in der Klio Gelegenheit zu eingehenderer Diskussion der Abweichungen zwischen O. Viedebantts und meinen Anschauungen, von selbst ergeben wird. Meine Ausführungen, wie sie hier als Ganzes erscheinen, waren zum Abdruck in einem früheren Hefte dieser Zeitschrift bestimmt (s. Hermes 47 [1912] S. 586 Anm. 3) und konnten Viedebantts Erörterungen über die Längenmaße in seiner Abhandlung Eratosthenes, Hipparchos, Poseidonios, (ob. S. 207 ff. und bes. 232 ff., der ich den Vortritt gelassen habe, (vgl. S. 207 Anm. 1), nicht mehr berücksichtigen. Die neuen Ermittelungen über die Beziehungen zwischen hebräischem und pheidonischem Hohlmaß habe ich bereits in meinem auf dem Athener Orientalistenkongreß (Actes II p. 134 ff.) gehaltenen Vortrag kurz besprochen. Vergleiche meine Abhandlung Vergleichende Metrologie und keilinschriftliche Gewichtskunde, ZDMG 1912 S. 688 f. [82] f.

Klio, Beiträge zur alten Geschichte XIV 3.

23

beschränkt bleiben, sondern großenteils international sind, und da vielfach mit den Waren einerseits die kulturellen Errungenschaften, andererseits auch die Maße und Maßsysteme aus der Fremde übernommen werden, so verspricht die vergleichende Betrachtung der Maße und Gewichte bedeutsame Aufschlüsse über die kulturelle Abhängigkeit und Beeinflussung des einen Volkes vom andern. Da Palästina und Israel politisch und kulturell abwechselnd und gleichzeitig von Babylonien und Äpypten beeinflußt wurde, so wäre zu erwarten, daß dieser zwiefache Einfluß sich auch auf dem Gebiete der vergleichenden Metrologie bekundete. Das ist in der Tat der Fall. Daß die babylonischen Einflüsse überwiegen, ist für den, der die Geschicke Israels im Rahmen der Weltgeschichte zu betrachten gewohnt ist, schon an sich nicht überraschend. Hinzu kommt aber, daß auf dem Gebiete des Handels und der ihn regelnden inneren (Rechts-) und äußeren (Maß-) Normen Babylonien für das gesamte Altertum vorbildlich gewesen ist, so daß sich babylonische Einflüsse auf metrologischem Gebiete auch bei antiken Völkern deutlich zeigen, die lange nicht so eng mit dem Zweistromlande und dem Nillande in Verbindung gestanden haben, wie es für Palästina selbstverständlich ist. Babylonien ist die Heimat so gut wie sämtlicher antiker Maß- und Münzeinheiten und Systeme. So hat sich ergeben, daß die Wertbestimmungen der Maß-, Gewichts- und Münzeinheiten der einzelnen antiken Völker ihre sicherste Stütze in der vergleichenden metrologischen Betrachtung zu erblicken hat. Ein Rückblick auf das babylonische System, das Zeit- und Raummessung in sinnreicher und großartiger Weise vereinigt, ist daher unerläßlich 1).

Die bei den Babyloniern hervortretende mathematische Begabung muß schon früh zur Idee der zahlenmäßig prästabilierten Harmonie des Weltalls als Grundlage der gesamten Weltanschauung geführt haben. Ebenso scheint die Kugelgestalt des Himmelsgewölbes Gegenstand priesterlicher Geheimlehre gewesen zu sein. Im Volke herrschten natürlich weit primitivere Anschauungen.

Die 365 Tage des scheinbaren Sonnenumlaufs werden zu 360 abgerundet: Einteilung der Sonnenbahn, bald auch des Himmelsäquators und jedes größten Kreises in 360 Grad. Dem Sonnenjahr entsprechen ca. 12 Mondumläufe: Einteilung der Ekliptik in 12 Teile (Tierkreisbilder) zu 30 Grad. Der Mond braucht 27 Tage, bis er, von einem Gestirn ausgehend, dasselbe wieder erreicht (siderischer Monat): Einteilung der Mondbahn in die 27 Mondstationen, die von Babylonien nach Indien und China vorgedrungen sind. Vor dem beobachtenden Auge dreht sich das Himmelsgewölbe in einem Volltage (von 24 Stunden unserer Rechnung) einmal vorbei. Da nun ein Tierkreisbild den zwölften Teil des Himmelsbogens einnimmt, dreht es sich in einem zwölftel Volltag (gleich zwei von unseren Stunden) vor dem Auge vorbei. So war die babylonische Doppelstunde gewonnen, das älteste Zeitmaß, das allmählich genau fixiert und durch primitive Mittel (Sand-, Wasseruhren), von der Himmelsbeobachtung unabhängig, festgehalten werden konnte. Ein kleineres, natürliches, am Himmel vorhandenes Maß bot die Zeit

1) Zum Folgenden s. Babyloniens Kulturmission einst und jetzt (1904) S. 39 ff. Israel, seine Entwicklung im Rahmen der Weltgeschichte (1911) S. 255 f.

spanne, in der Sonne oder Mond im täglichen oder nächtlichen Laufe um ihren eigenen scheinbaren Durchmesser am Himmel weiterrücken. Da bei totalen Sonnenfinsternissen die Sonne durch die Mondscheibe verdeckt ward, so konnte zwischen beiden kein wesentlicher Unterschied bestehen. Zunächst wohl durch schätzende Vergleichung der Vollmondscheibe mit bekannten, nach Himmelsgraden bestimmten scheinbaren Sternentfernungen ward erkannt, daß der Mondund somit auch der Sonnendurchmesser ca. einen halben Grad groß ist. Wenn nun auf den Himmel 2 · 360 = 720 Sonnendurchmesser entfallen, so kommt auf ein Tierkreisbild der zwölfte Teil, also 60 Sonnendurchmesser. In Zeit ausgedrückt rückt also in einer Doppelstunde die Sonne sechzigmal um ihren eigenen Durchmesser am Himmel weiter: die Doppelstunde hat 60 Doppelminuten. Diese Erkenntnis wurde später durch kompliziertere Mittel, wie Sternbedeckungen, Wasserwägungen erhärtet.

So waren am Himmel zwei Zeitmaße erkannt, die im Verhältnis 60 1 standen, - die Grundlage des Sexagesimalsystems, das seinen Siegeslauf über die ganze bekannte Kulturwelt antrat und dessen Einwirkungen von Island bis nach China, wo noch heute mit Zyklen zu 60 Jahren gerechnet wird, verfolgbar sind. Wo wir der 60 (im Französischen: soixantedix etc.), der 120 (im deutschen Großhundert), der 600 (bei den Römern) als Rundzahlen, als Einschnitt im Zahlensystem begegnen, spricht babylonischer Kultureinfluß zu uns.

Das gilt auch für das Alte Testament: wenn beim Jahwisten die normale Lebenszeit des Menschen auf 120 Jahre angegeben wird (Gen 6, 3), wenn nach dem Priesterkodex (Gen 7, 6 u. 11) die Sündflut im 600 sten Lebensjahre Mosis begann und 150 (600: 4) Tage andauerte (Gen 7, 29; 8, 3); wenn Salomos Haushalt täglich 60 Kor Mehl und 30 Kor Feinmehl beanspruchte (1. Kön 5, 2), wenn er bei seinen Bauten 3600 (60 × 60) Aufseher beschäftigt haben soll (2. Chron. 2. 1 u. 17), so bewegen sich diese Angaben, einerlei, ob sie Tatsächliches oder nur Vorgestelltes und Erdichtetes wiedergeben, im Rahmen des babylonischen Sexagesimalsystems und bezeugen, da Zahlen und Maße nicht allein, sondern im Zusammenhang des Waren- und Gedankenaustausches zu wandern pflegen, die Einwirkung der babylonischen auf die israelitischen Anschauungen.

Angaben wie der, daß der einem der zwölf Vögte Salomos unterstellte Bezirk sechzig große Städte umfaßt habe (1. Kön 4, 13), begegnet man im Orient noch heute: als ich im Jahre 1899 Midjâd, die Hauptstadt des gleichnamigen Regierungsbezirkes im nördlichen Mesopotamien, berührte, wurde mir versichert, der Bezirk zähle 360 Ortschaften. Ein zerstörtes Kurdenschloß im türkischen Armenien sollte 360 Zimmer enthalten, sein einstiger Gebieter 360 Dörfer beherrscht haben: lediglich sexagesimale runde und zugleich übertriebene Schätzungen wie in alter so in heutiger Zeit, aber um so nachdrücklichere Zeugen für die Dauerbarkeit des babylonischen Kultureinflusses, so gut wie jedes Zifferblatt unserer Uhren mit ihrer 60-Teilung des Stundenkreises. Denn gleichwie der Mond vierundzwanzigmal

23*

den Weg zwischen Neumond und Vollmond zurüklegt, so traten an Stelle der 12 Doppelstunden die 24 Stunden des Volltages, für die die Sechzigteilung beibehalten wurde, womit unsere Zeiteinteilung gegeben war.

Zeit- und Raummessung wurden verknüpft: Ein rüstiger Fußgänger macht in einer Minute 120 (zweimal 60!) Schritte zu dreiviertel Doppelelle, also 90 Doppelellen; in vier Minuten gleich 160 Tag (1 Grad) legt er 360 Doppelellen (1 Doppelstadium) zurück; in der Doppelstunde macht er 10800 Doppelellen resp. 21600 Ellen. So ward die Doppelstunde ein irdisches Maß. Aus ihm und seiner Hälfte entwickelten sich die antiken Wegemaße. An Stelle der Doppelelle, die in ihrer Länge dem Sekundenpendel (992,33 mm, rund 990 mm) für den 30. Breitengrad entsprach und möglicherweise nach ihm bemessen war, trat bald die Elle, als deren Hälfte, rund 495 mm. Neben der gemeinen Elle war ein um größeres Maß, die königliche Elle, im Gebrauch. Als Fußmaß galt den Verhältnissen am menschlichen Körper entsprechend das Maß von / der Doppelelle =2, der Elle, 330, genau 330,77 mm. Das Maß von 360 königlichen 2/3 Ellen umfaßte, da diese 10, der gemeinen Elle betrug, 540 10 600 Fuß. Faßte man, was sehr nahe lag, das Stadium von 360 gemeinen Ellen seinerseits als ein Maß von 600 Fuß auf, so ergab sich ein Fuß von 9 des gemeinen Fußes 297 mm; dieses Maß tritt später als solonisch-attisches und römisches Maß auf.

10

[ocr errors]

Den Babyloniern war, da sie die Wassermessungen zur Zeitbestimmung verwandten, früh klar geworden, daß es dasselbe ist, ob man die Höhe zweier Wassersäulen vergleicht oder den Inhalt der betreffenden Gefäße oder das Gewicht ihres Wasserinhalts, und damit war ihnen der Zusammenhang zwischen den Kategorien: Länge. Hohlmaß und Gewicht aufgegangen. Das Zehntel der Doppelelle ergab wie bei uns das Dezimeter die Kante des Würfels, der das normale Hohlmaß bildete, wie unser Liter das Kubikdezimeter ist. Mit Wasser von bestimmter Temperatur gefüllt, ergab dieses Hohlmaß das Normalgewicht (analog unserm Kilogramm), die schwere babylonische Mine gemeiner Norm 982,4 g und deren 60-faches das dazu gehörige Talent'). Ihre Hälfte, die zugehörige

1) Diese Beziehung entspricht allein der grundlegenden Forderung. die ich von vornherein als unerläßlich für die Erkenntnis der Bildung eines ursprünglichen (in diesem Falle des babylonischen) Systems aufgestellt habe und die den Grund und Eckstein aller methodischen Forschung auf metrologischem Gebiet zu bilden hat. „Es muß diejenige Längen einheit des ursprünglichen Systems in ihrem genauen, ursprünglichen und systematischen Betrage nachgewiesen werden, aus deren Kubus als einer Hohlmaßeinheit sich eine Einheit des ursprünglichen babylonischen Gewichtsystems in ihrem ursprünglichen und genauen Betrage ergibt“ (BMGW S. 306). O. Viedebantt, dessen von der Kategorie der Hohlmaße ausgehende selbständige Forschungen eine so erfreuliche Bestätigung für meine Entdeckung eines Nebeneinanderbestehens

« ก่อนหน้าดำเนินการต่อ
 »