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zu wünschen übrig läßt, nicht auszurotten ist. Man sieht, wie alle Bedingungen troß einzelner Mängel vorhanden sind, den Kaukasus als eine militärische Position ersten Ranges erscheinen zu lassen.

Aus asiatischen und europäischen Bestandtheilen gemischt ist der Militärbezirk Orenburg, der zum großen Theil die Kirgisensteppe in sich begreift und sich seit dem vorigen Jahrhundert um die gleichnamige Hauptstadt, den Mittelpunkt des Handels zwischen Asien und Rußland, gruppirt hat. Der Uralfluß trennt hier zwei Welten. Auch hier ist die allgemeine Wehrpflicht beschränkt auf die Gouvernements Orenburg und Ufa. Die Occupation hatte durch das Vorschieben kosakischer Linienbataillone stattgefunden, die Folge davon ist eine weitausgedehnte Zerstreuung der einzelnen Truppenkörper, der man jezt durch ein Streben nach Centralisation mehr und mehr entgegenarbeitet. Es ist dies um so nothwendiger, als die Stärke der hier vereinigten Streitkräfte nur eine geringe ist. Die Totalsumme des Kriegsetats beläuft sich auf 40,469 Mann, des Friedensetats auf 19,798 Mann, wobei noch die in Turkestan stehenden Kosaken, 3500 Mann stark, mit eingerechnet sind. Die Kirghis Kaissaken sind hier indeß nicht mit einbezogen, aber auch wenig verwendbar. Der allgemeine Charakter der Grenztruppen läßt sich nicht recht bestimmen, die Leute werden in den öden Forts und Garnisonen zu allen andern Verrichtungen mehr, als zum Militärdienst verwandt und ihre militärischen Qualitäten find im Allgemeinen geringer. Aber auch ihnen ist Ausdauer und Fähigkeit im Ertragen klimatischer Strapazen nicht abzusprechen. Ihren wesentlichsten Bestandtheil bilden die Kosakenheere. Die Officiere sind meist aus Unteroffizieren hervorgegangen, die höheren Chargen werden von anderswoher besetzt. Erst in neuerer Zeit ist für die Ausbildung der Leute und Officiere mehr geschehen und immer noch werden Reformen vorbereitet, besonders auf taktischem Gebiete. Der Gesundheitszustand ist ein guter, auch läßt sich sagen, daß das Generalgouvernement pon Orenburg gleichwie der Kaukasus durch seine Production den Kriegsbedarf seiner Truppen selbst deckt, doch trifft dies nur auf den cisuralischen Theil des Gouvernements, während der ganze asiatische Theil von Norden her versorgt werden muß. Der Ackerbau steht in hoher Blüthe und die Pferdezucht ist noch bedeutender als im Kaukasus. Auf 100 Einwohner rechnet man etwa 62 Pferde. Es fehlt an Kohle nicht und nicht an Salz; Honig wird viel gewonnen, Mastvieh in Menge gezüchtet. Auch der Tuch- und Lederbedarf für militärische Zwecke wird durch die Orenburger Industrie versorgt, während Montirung und Waffen, sowie größere Pulver quantitäten aus Westrußland bezogen werden müssen. Diese günstigen Verhältnisse beziehen sich natürlich nicht mit auf die Kirgisensteppen, welche den Truppen nur perschwindend kleine Ressourcen zu bieten vermögen. Von großer Wichtigkeit ist hier

neben dem Kamel als Zug- und Transportthier das Kirgisenpferd, dessen Verwendbarkeit im chiwesischen Feldzug sich erprobt hat und welches in Zukunft auf dem centralasiatischen Kriegsschauplatz eine Rolle spielen wird.

Der jüngste der drei asiatischen Militärbezirke ist Turkestan, etwa erst seit zehn Jahren völlig in russischem Besitz. Die Grenzen nach Chiwa und dem Aralsee hin werden auf den russischen Karten weislich nie angegeben. Jm Beginn des Jahres 1873 ist unter anderen auch Samarkand hinzugekommen und das Ganze als Provinz Turkestan dem General von Kauffmann unterstellt worden, der, da ihm zugleich die diplomatische und politische Vertretung des weiten an Buchara grenzenden Landes anvertraut ist, hier eine exceptionelle Stellung einnimmt. Der Generalgouverneur waltet hier rein despotisch; Militär- und Civilverwaltung find in nichts getrennt, der Charakter militärischer Occupation noch nirgend verwischt. Ständige Gesandte der Chanate von Buchara und Chokand weilen in seiner Hauptstadt Taschkend und zahlreiche Agenten kleinerer Fürsten, sodaß diese Unabhängigkeit von Petersburg bei der Langsamkeit und Unsicherheit aller Communication wohl geboten erschien. So kommt es, daß der Generalgouverneur den Namen „Halbsultan“ bei den umwohnenden Stämmen führt. Der neue Verwaltungsplan, den man eben für Turkestan ausarbeitet, wird diese Verbindung der Militär- und Civilgewalt nicht alteriren, da sie den asiatischen Anschauungen so sehr entspricht. Ihrem Werthe nach stehen die Streitkräfte des turkestanischen Militärdistriktes in der Mitte zwischen denen der obengenannten Provinzen. In Orenburg fehlen noch alle regulären Elemente, im Kaukasus herrschen sie in einer Weise vor, daß die dortigen Truppen einen der besten Bestandtheile der russischen Feldarmee bilden, in Turkestan sind beide fast gleichmäßig vertheilt. Es beläuft sich ihre Stärke hier auf etwas über 25,000 Mann, deren größter Theil zur militärischen Occupation und zur Bewachung der Grenzen des Landes nach Süden und Südosten dauernd verwandt werden muß, so daß nur sehr wenige Tausend zur freien Verfügung des Generalgouverneurs stehen. Stumm berechnet die Zahl dieser verfüg baren Mannschaften auf etwa 7500, was nach europäischen Begriffen allerdings sehr gering, für die asiatischen Verhältnisse aber völlig hinreichend ist. Fanden doch im gesammten chiwesischen Feldzug etwa nur 12,000 Mann Verwendung, die sich auf fünf Colonnen vertheilten. Nie waren seit der ersten Expedition unter Bekowitsch gegen Chiwa im Jahre 1717 mehr als 4-5000 Mann ausgezogen, so daß diese Streittruppen sicher ihren Zweck erfüllen können. Die wichtigste Rolle bei der Feldartillerie spielen die Raketenbatterien, deren Wirkung auf der Furcht beruht, welche der Lärm und die Feuerentwicklung dem Steppenbewohner einflößen. Hunderte von Reitern wurden durch ein paar solche Geschosse in regellose Flucht getrieben.

In der Kosakenreiterei erkennt unser Gewährsmann eine sehr zweckmäßige und kunstvolle Combination aller drei Waffengattungen, Cavallerie, Artillerie und Infanterie, wie sie für irreguläre Verhältnisse und Anforderungen kaum irgendwo anders so gelungen ist und wie sie namentlich für den Steppenkrieg sehr tauglich erscheint"; durch das Fußgefecht und eben durch den combinatorischen Charakter wird es den Kosakenheeren möglich, die ihnen an Zahl, Gewandtheit, Pferdematerial und Terrainkunde überlegenen asiatischen Reiterschaaren der Usbeken, Kirgisen und Turkmenen zu überwinden.

Die Marine des Turkestaner Militärbezirkes auf dem Aralsee und auf dem Amu- und Sir Darja beläuft sich auf 19 Schiffe mit etwa 22 Geschüßen. Ungemein rasch haben sich die Turkestaner Truppen in ihren Garnisonen heimisch gemacht, die Hiße, der Staub und das bösartige Ungeziefer der mittelasiatischen Städte ist von ihnen leicht überwunden worden, ein fröhliches Lagerleben hat sich überall ausgebildet. Und wenn der Winter wenig Arbeit und wenig Vergnügen bietet, im Sommer fehlt es nicht an Abwechslung. Die Tigerjagd ist eine der Hauptpassionen der Officiere. Wenn man die Dislocationstabelle der Turkestaner Truppen bei Stumm vergleicht, so muß man die Unerschrockenheit der Russen der numerischen Ueberlegenheit des Feindes gegenüber wohl bewundern. Der Dienst ist in der nassen Jahreszeit sehr anstrengend und die Gesundheitsverhältnisse sind sehr ungünstig, es herrscht hier die größte Sterblichkeit von allen Militärbezirken Rußlands. Die Flußniederungen sind immer Stätten des Fiebers, die Temperaturunterschiede find grell, Wasser und Nahrung schlecht. Die Production für den Militärbedarf zeigt die größten Extreme, so jedoch, daß er nirgends auch nur annähernd durch das Land selbst befriedigt wird. Der Gesammtbedarf der Truppen, alles Kriegsmaterial muß aus Europa bezogen werden; ein einziger Kanonenschuß, der in Taschkend abgefeuert wird, kostet der Regierung 12 Rubel. Die Kosten der Verwaltung sind ungeheuer, sie betrugen in fünf Jahren 29 Millionen Rubel, von denen die Provinz selbst nur 10 Millionen aufbrachte.

Wenn wir die russischen Operationsbasen in Mittelasien, ein Gebiet von 46,000 Quadratmeilen mit 91⁄2 Millionen Einwohner, zusammenfassend betrachten, so finden wir einen Kriegsetat von 264,000 Mann mit 424 Geschüßen, eine Macht, die geschult, ausdauernd, landkundig wohl im Stande ist, ihre Position zu behaupten, wie ihren Willen durchzuseßen. Man kann den Stimmführern für die militärische Reorganisation Indiens, die hin und wieder im Parlament auftauchen, nur die volle Berechtigung zu ihren Klagen zugestehen: mit einer ganz anderen Energie tritt Rußland an diesen Flanken der Civilisation auf, als England, dessen großsprecherische Politik in neueren Zeiten doch allzusehr des realen Hinterhaltes entbehrt.

Wir glaubten in Kurzem gerade diese Verhältnisse an der Hand unsers Buches andeuten zu sollen, da gerade ihre Darstellung auf meist noch unbekannten Quellen beruht, da gerade sie für die in diesen Tagen wieder oft genannte mittelasiatische Frage von großem Interesse und von maßgebender Bedeutsamkeit sind.

Nicht als ob mit diesen militärischen Dingen der Inhalt des Buches erschöpft wäre, dessen Werth neben dem gründlichen Studium gedruckter, åber dem des Russischen nicht kundigen Leser unzugänglicher Quellen, neben dem Verkehr Stumms mit den maßgebenden Persönlichkeiten des Feldzugs, hauptsächlich auf der eigenen Anschauung und Erfahrung des Verfassers beruht. Nicht gerade Neues dürfte der erste Abschnitt enthalten, welcher die Geschichte der mittelasiatisch europäischen Beziehungen darstellt, er war indeß der Vollständigkeit wegen wohl nicht zu umgehen; reich ist das statistische und geographische Material, welches von einigen Karten unseres unübertrefflichen Kiepert zu klarster Anschauung gebracht wird, bedacht. Der Glanzpunkt der trefflichen Arbeit scheint uns die Schilderung des Gouvernements Turkestan zu sein. Jedermann wird sich an der klaren und frischen Darstellung nur erfreuen können.

In den tiroler Bergen.

Von Gustav Dahlte.

Hatte im vorigen Jahre die Romantik des pragser Sees mich an das Ufer des einsamen, von stolzen Felskoloffen umgürteten Gewäffers gelockt, dessen Spiegel im Frühlicht wie im Abendsonnenschein durch märchenhaften Farbenzauber das Auge verwirrt, so wollte ich diesmal den zweiten Arm des stillen Thals nach dem Bade Altprags verfolgen, das als Sammelpunkt von pusterthaler und etschländischen Bauern, von Waldbesizern, Handelsleuten, italienischen Nobili, deutschen Gelehrten, Bürgerfrauen und Edeldamen, die Annehmlichkeiten einer buntgemischten Gesellschaft zu den Reizen der Bergwelt fügt. Um den Staub der Heerstraße zu meiden und freieren Ausblick auf die Umgebungen zu gewinnen, überschritt ich bei Welsberg die Rienz und das Bahngeleise, folgte dem ebenen, vielfach gewundenen Wiesensteige bis zur Vertiefung des Seitenthals und traf hier auf grünem, von Gebüsch bekränzten Rasen eine Arbeiterfamilie, die nach dem Mittagsmahl Siesta hielt. Das fahle Gesicht des schlafenden Mannes trug die Spuren der Erschöpfung und war dem halberloschenen Feuer zugewendet; seine abgezehrte, mit grauem Hemd und Leinenbeinkleid, verblichenem Hut und groben Holzschuhen dürftig

bekleidete Gestalt stand mit der gefälligen Erscheinung seiner jugendlichen Frau und eines blühenden Mädchens, deffen glattgescheiteltes Haar in feinen Ringeln die sonnverbrannte Stirn umwob, in grellem Gegensay. Auf die Frage nach der Entfernung des nächsten Ortes sprang die Kleine mit den Worten: „Mutter, ich zeig dem Herrn den Weg“ hastig auf, ging mir, bald pfadlos, bald auf erkennbarem Geleise, bis in die Nähe von Schmieden voran und plauderte so vertraulich von ihrem Schicksal, als wollte sie einem Freunde Lust und Leid ihres Daseins offenbaren.

„Wir sind vorige Woche zweimal in Schmieden gewesen,“ erzählte die zehnjährige Barbara, „die Mutter Gottes um Regen für die Felder zu bitten und ihr dann für den Regen zu danken: unser nettes Caplanchen Sie werden ihn wohl kennen — hat die Procession geführt. Ich weiß, daß meine Schutzpatronin bald mit einem Thurm, bald mit einem Becher in der Hand abgebildet wird, und hab auch im Bildstöckl die heilige Katharina geschaut, die der Kaiser für ihren Glauben rädern lassen wollte und, als das Rad zerbrach, mit dem Schwert hinrichten ließ.“ „Wer hat Dir diese Legenden erzählt?" „Der geistliche Herr in der Schule zu Gries."

„Haben Deine Aeltern dort gewohnt ? “ „Wissen Sie,“ fuhr das Mädchen treuherzig fort, ich bin ein lediges Kind und kenne meinen Vater nicht; die Mutter hat erst im vorigen Jahre geheirathet und mich, als ich noch klein war, zu einem Bauern in Gries am Brenner gegeben. Da fand ich harte Arbeit, schmale Kost, war im Sommer Hirtin und durfte nur im Winter zur Schule gehen.",,Was hast Du denn gelernt?" „Nur lesen und schreiben — fürs Rechnen ist mein Kopf zu klein, das hab ich nimmer fassen können . . . aber in Gries werden bei der Prüfung auch nur kleine Bildchen, so für acht oder neun Kreuzer das Stück, vertheilt und in Welsberg bekommen die fleißigen Kinder große Prämien, Bücher mit Heiligengeschichten und schönere Bilder . . . da können sie wohl mehr und leichter lernen." So ausdruckslos Barbaras rundliches Gesicht im Schweigen blieb, so belebt erschienen die Züge im Fluß der Rede und wenn sie die Worte nur langsam aneinander reihte, so fehlte doch den Säßen weder Zusammenhang noch richtiger Sinn. Rührend, wie die leise Klage über den Druck der Dienstbarkeit in Gries, war ihre Erzählung von der Werkthätigkeit in ihrem jezigen Heim, des Stiefvaters gutherzigem Sinn, ihre Anerkennung der Mutterliebe. „Im Winter spinnt die Mutter Wolle, ich spule das Garn und der Vater wirkt Decken oder gemusterte Fußteppiche, die er bald nach Bruneck, bald an tefferegger Händlerinnen aus dem Hause verkauft.“

Der Hintergrund des pragser Thales kam in Sicht. Neben der vielzackigen Felsentrone des Dürrenstein trat die gegenüberliegende, am Fuße von Nadelholz beschattete Halde des Herstein, und weiterhin die Matte von

Im neuen Reich. 1875. I.

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